4A_410/2022 15.12.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_410/2022  
 
 
Urteil vom 15. Dezember 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Kiss, May Canellas, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
beide vertreten durch 
Advokat Dr. Jascha Schneider-Marfels, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
C.________ B.V., 
vertreten durch Rechtsanwälte 
Dr. Reto Vonzun und Benjamin Suter, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Sicherheit für die Parteientschädigung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung, vom 5. August 2022 (P 22 11, ZA 22 6). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 25. August 2021 hiess das Kantonsgericht Nidwalden die am 7. Februar 2014 eingereichte Klage der C.________ B.V. (Klägerin, Beschwerdegegnerin) betreffend aktienrechtliche Verantwortlichkeit gegen A.________ (Beklagter 1; Beschwerdeführer 1) und B.________ (Beklagter 2; Beschwerdeführer 2) gut. Es verpflichtete die Beklagten, der D.________ AG unter solidarischer Haftbarkeit EUR 100'000.-- und mehrere Beträge, ausmachend rund Fr. 5.7 Mio., nebst verschiedenen Zinsbetreffnissen zu bezahlen. 
 
B.  
Gegen dieses Urteil erhoben die Beklagten Berufung an das Obergericht des Kantons Nidwalden und verlangten die Aufhebung des angefochtenen Urteils. 
Die Klägerin hatte Fristansetzung zur Einreichung eines Gesuchs um Sicherstellung ihrer Parteientschädigung verlangt, sollte gegen das Urteil vom 25. August 2021 Berufung erhoben werden. 
Innert mehrfach erstreckter Frist stellten die Beklagten am 11. Juli 2022 je ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren und begehrten die Abweisung des Sicherstellungsgesuchs. 
Die zuständige Prozessleitung traf am 5. August 2022 drei Verfügungen: 
 
- Verfügung P 22 12, mit der sie das Gesuch des Beklagten 1 um unentgeltliche Rechtspflege abwies. 
- Verfügung P 22 13, mit der sie das Gesuch des Beklagten 2 um unentgeltliche Rechtspflege abwies. 
- Verfügung P 22 11, mit der sie das Sicherstellungsgesuch der Klägerin guthiess und die Beklagten verpflichtete, je eine Sicherheit von Fr. 137'700.-- zu leisten. 
 
C.  
Die Beklagten fochten alle drei Verfügungen beim Bundesgericht an (Verfahren 4A_404/2022; 4A_406/2022; 4A_410/2022). 
Im vorliegenden Verfahren 4A_410/2022 ist die Verfügung P 22 11 (betreffend Sicherstellung der Parteientschädigung) angefochten; die Beschwerdeführer beantragen, diese Verfügung aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Mit Verfügung vom 22. September 2022 wurde festgehalten, dass der Beschwerde im Sinne von BGE 138 III 163 aufschiebende Wirkung zukommt. Ausserdem wurde das vorliegende Verfahren bis zum Entscheid des Bundesgerichts über die Beschwerden in den Verfahren 4A_404/2022 und 4A_406/2022 sistiert. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
D.  
Mit Urteilen vom 17. Oktober 2022 wies das Bundesgericht die Beschwerden in den Verfahren 4A_404/2022 und 4A_406/2022 (betreffend die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege) ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Nachdem in den konnexen Verfahren 4A_404/2022 und 4A_406/2022 entschieden worden ist, ist auch das vorliegende Beschwerdeverfahren fortzusetzen. 
 
2.  
 
2.1. Mit der angefochtenen Verfügung hiess das Obergericht, Gerichtsleitung, als obere, aber erste kantonale Instanz das Sicherstellungsgesuch der Beschwerdegegnerin für das Berufungsverfahren gut. In einer solchen Konstellation ist die Beschwerde an das Bundesgericht grundsätzlich zulässig, obwohl die Vorinstanz nicht als Rechtsmittelinstanz (Art. 75 Abs. 2 BGG) entschied.  
 
2.2. Bei der angefochtenen Verfügung handelt es sich um einen selbständig eröffneten Vor- und Zwischenentscheid, gegen den die Beschwerde im vorliegenden Fall gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG und unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Vorbringen in der Beschwerde zulässig ist (siehe BGE 142 III 798 E. 2.3 für Zwischenentscheide betreffend Sicherheit für die Parteientschädigung und BGE 133 IV 335 E. 4 sowie 129 I 129 E. 1.1 für Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege).  
Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 261 E. 1.4; 133 III 645 E. 2.2). In der Hauptsache geht es um eine Zivilrechtsstreitigkeit mit einem Streitwert von weit über Fr. 30'000.--. Demnach ist die Beschwerde in Zivilsachen gegeben (siehe Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). 
 
2.3. Die Beschwerde hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführer stellen keinen materiellen Antrag, sondern verlangen einzig Rückweisung an die Vorinstanz. Das ist an sich ungenügend. Immerhin wird aus der Beschwerdebegründung klar, dass sie um Abweisung des Sicherstellungsgesuchs ersuchen.  
 
3.  
Ein Berufungskläger hat auf Antrag der berufungsbeklagten Partei für deren Parteientschädigung unter anderem dann Sicherheit zu leisten, wenn er Prozesskosten aus früheren Verfahren schuldet (Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO; zur Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Rechtsmittelverfahren BGE 141 III 554 E. 2.5.1). 
Indes umfasst die unentgeltliche Rechtspflege die Befreiung von Sicherheitsleistungen (Art. 118 Abs. 1 lit. a ZPO). 
 
4.  
Die Vorinstanz hielt fest, dass die beiden Beschwerdeführer Prozesskosten aus früheren Verfahren schuldeten. Der Tatbestand von Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO sei mithin gegeben. 
Das Obergericht verwies weiter darauf, dass die Gesuche der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege mit Verfügungen P 22 12 und P 22 13 vom 5. August 2022 abgewiesen worden seien. 
Die Beschwerdeführer - so schloss die Vorinstanz - seien folglich zur Leistung von Sicherheiten für die Parteientschädigung zu verpflichten. 
 
5.  
Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer. Sie stellen aber nicht in Abrede, dass eine Prozesskostenschuld aus einem früheren Verfahren besteht (Art. 99 Abs. 1 lit. c ZPO). Sie kritisieren auch die Höhe der Sicherheitsleistung (Art. 100 ZPO) und deren Modalitäten (Art. 101 ZPO) nicht. Ihre Vorbringen beschränken sich auf die Rüge, dass das Obergericht ihre Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege zu Unrecht abgewiesen und sie im Sinne eines "Folgefehlers" zur Leistung der Sicherheiten verpflichtet habe (Art. 118 Abs. 1 lit. a BGG). 
Das Bundesgericht hat mit Urteilen 4A_404/2022 und 4A_406/2022 vom 17. Oktober 2022 erkannt, dass die Vorinstanz die Gesuche der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege bundesrechtskonform abgewiesen hat. Damit ist der Kritik, welche die Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren gegen die Sicherstellungspflicht erheben, der Boden entzogen. 
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich (mit Blick auf die Urteile 4A_404/2022 und 4A_406/2022) als offensichtlich unbegründet. Sie ist im Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren haben die Beschwerdeführer explizit nicht um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. Sie werden ausgangsgemäss unter solidarischer Haftbarkeit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Der Beschwerdegegnerin ist kein Aufwand entstanden, für den sie nach Art. 68 Abs. 2 BGG zu entschädigen wäre. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt, unter solidarischer Haftbarkeit. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Nidwalden, Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle