8C_574/2023 09.01.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_574/2023  
 
 
Urteil vom 9. Januar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Beat Marfurt, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Arbeitsfähigkeit; Neuanmeldung; Revision), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 11. Juli 2023 (200 23 100 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1969 geborene A.________ arbeitete vom 5. März 1991 bis 31. Januar 2007 in der B.________ AG. Am 31. Mai 2007 meldete er sich bei der IV-Stelle Bern zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 30. November 2009 verneinte diese seinen Rentenanspruch, da der Invaliditätsgrad 24 % betrage. Auf seine Beschwerde hin sprach ihm das Verwaltungsgericht des Kantons Bern von Februar 2008 bis Ende Februar 2009 eine Dreiviertelsrente zu (Urteil vom 28. Mai 2010).  
 
A.b. Am 17. November 2011 meldete sich der Versicherte erneut bei der IV-Stelle zum Leistungsbezug an. Diese holte u.a. ein polydisziplinäres Gutachten des Zentrums für Medizinische Begutachtung (ZMB), Basel, vom 23. März 2021 ein. Mit Verfügung vom 23. Dezember 2021 sprach sie dem Versicherten ab 1. April 2019 eine Dreiviertelsrente zu (Invaliditätsgrad 60 %).  
 
A.c. Am 9. Mai 2022 machte der Versicherte bei der IV-Stelle eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands geltend. Die Verwaltung zog diverse Arztberichte und Stellungnahmen der Dr. med. C.________, Fachärztin für Neurologie FMH, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der IV-Stelle, vom 13. Juli und 30. Dezember 2022 ein. Mit Verfügung vom 6. Januar 2023 lehnte sie eine Rentenerhöhung ab, da keine fortwährende Verschlechterung des Gesundheitszustands erstellt sei und der Invaliditätsgrad weiterhin 60 % betrage.  
 
B.  
Die hiergegen vom Versicherten erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab (Urteil vom 11. Juli 2023). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Urteils sei die Sache an die IV-Stelle, eventuell an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. 
Das Bundesgericht verzichtet auf den Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1). Da die Beschwerde an das Bundesgericht ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich diese grundsätzlich nicht auf einen rein kassatorischen Antrag beschränken. Anders verhält es sich, wenn das Bundesgericht im Falle einer Gutheissung in der Sache ohnehin nicht selbst entscheiden könnte, insbesondere weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 136 V 131 E. 1.2, 133 III 489 E. 3.1). Aus der Beschwerdebegründung, die zur Interpretation des Rechtsbegehrens beigezogen werden kann (BGE 137 II 313 E. 1.3), geht hervor, dass die Vorinstanz laut Auffassung des Beschwerdeführers weitere Abklärungen hätte tätigen müssen. Somit ist auf die Beschwerde einzutreten (vgl. auch SVR 2023 IV Nr. 17 S. 57, 8C_150/2022 E. 1). 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Rechtsfrage ist, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob die Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1) erfüllt wurden. Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 142 V 342, veröffentlicht in SVR 2016 IV Nr. 41 S. 131). 
 
 
3.  
Streitig ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung eines Rentenrevisionsgrundes bundesrechtskonform ist. 
 
3.1. Am 1. Januar 2022 traten im Zuge der Weiterentwicklung der IV revidierte Bestimmungen im IVG (SR 831.20) sowie im ATSG (SR 830.1) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535), dies mitsamt entsprechendem Verordnungsrecht. Die Vorinstanz erkannte richtig, dass die strittige Verfügung vom 6. Januar 2023 das im Mai 2022 gestellte Revisionsgesuch betreffe, weshalb die Prüfung nach den seit 1. Januar 2022 geltenden Normen zu erfolgen habe (lit. b Abs. 1 und 2 der Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 19. Juni 2020; BGE 146 V 364 E. 7.1, 144 V 210 E. 4.3.1).  
 
3.2. Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG) und die bei der IV-Neuanmeldung der versicherten Person analog anwendbaren Revisionsregeln (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 3 IVV; BGE 141 V 9 E. 2.3 und 585 E. 5.3) richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend die Aufgabe der Arztpersonen im Rahmen der Invaliditätsbemessung (BGE 140 V 193 E. 3.2, 132 V 93 E. 4; zur Aufgabe der RAD im Speziellen vgl. Art. 54a IVG; SVR 2023 IV Nr. 49 S. 166, 9C_389/2022 E. 5.2 f.) und den Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 143 V 124 E. 2.2.2, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a und E. 3b/ee). Darauf wird verwiesen.  
Zu wiederholen ist, dass auch reine Aktenbeurteilungen beweiskräftig sind, sofern ein lückenloser Befund vorliegt und es im Wesentlichen nur um die fachärztliche Beurteilung eines an sich feststehenden medizinischen Sachverhalts geht, mithin die direkte ärztliche Befassung mit der versicherten Person in den Hintergrund rückt. Dies gilt grundsätzlich auch in Bezug auf Berichte und Stellungnahmen der RAD (SVR 2020 IV Nr. 38 S. 133, 9C_651/2019 E. 4.3 mit Hinweis). 
 
4.  
Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, in der strittigen Verfügung vom 6. Januar 2023 habe sich die IV-Stelle massgeblich auf die Aktenbeurteilungen der RAD-Ärztin Dr. med. C.________ vom 13. Juli und 30. Dezember 2022 gestützt. Diese erfüllten die Beweisanforderungen an Aktenberichte, weshalb darauf abzustellen sei. Dass Dr. med. C.________ keine klinische Exploration des Beschwerdeführers vorgenommen habe, sei nicht zu beanstanden, da sie sich aufgrund der vorhandenen Unterlagen ein gesamthaft lückenloses Bild habe verschaffen können. Ihre Folgerungen, dass beim Beschwerdeführer nicht mit einer längerdauernden gesundheitlichen Verschlechterung zu rechnen bzw. eine solche nicht ausgewiesen sei, seien überzeugend. Weiter begründete die Vorinstanz, weshalb die Einwände des Beschwerdeführers und die von ihm angerufenen Arztberichte an diesem Ergebnis nichts zu ändern vermöchten. Zusammenfassend liege - so die Vorinstanz weiter - keine relevante Veränderung des Gesundheitszustands im Sinne eines Revisionsgrundes vor. Ein solcher sei auch in erwerblicher Hinsicht nicht erstellt und werde nicht geltend gemacht. Demnach erübrige sich eine Bemessung des Invaliditätsgrades. Die strittige Verfügung vom 6. Januar 2023 sei somit nicht zu beanstanden. 
 
5.  
Der Beschwerdeführer bringt vor, der Homepage der IV-Stelle sei zur Tätigkeit der RAD Folgendes zu entnehmen: "Im Rahmen von eigenen Untersuchungen oder in Zusammenarbeit mit den Eingliederungspersonen haben sie direkten Kontakt mit den versicherten Personen. Aus den vorhanden Unterlagen und eventuell eigener Befunderhebung setzen sie ein Puzzle zusammen, das eine faire Beurteilung der versicherten Person ermöglicht." Die reine Aktenbeurteilung der Dr. med. C.________ sei somit im Hinblick auf die Verschlechterung seiner gesundheitlichen Probleme nicht lege artis. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass praxisgemäss auch der RAD reine Aktenbeurteilungen vornehmen dürfen (vgl. E. 3.2 hiervor). Zu beachten ist indessen, dass den RAD-Berichten der Beweiswert versicherungsinterner ärztlicher Feststellungen zukommt. Falls auch nur geringe Zweifel an deren Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit bestehen, sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 145 V 97 E. 8.5; Urteil 8C_296/2023 vom 14. November 2023 E. 4). 
 
6.  
Der Beschwerdeführer wendet ein, Dr. med. C.________ erscheine keineswegs als unbefangen, da sie verschiedene Aspekte seines Gesundheitsschadens ausser Acht gelassen habe. Dieser Einwand ist unbehelflich, da ihre Aktenbeurteilungen vom 13. Juli und 30. Dezember 2022 rechtsgenüglich sind (vgl. E. 7 ff. hiernach). 
 
7.  
Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Berichte des behandelnden Arztes Dr. med. D.________ vom 24. Februar (richtig: März) 2022 und 3. März 2023. Er macht im Wesentlichen geltend, letzterer Bericht stütze sich auf diejenigen des Spitals E.________, Notfallzentrum, vom 20. März 2022 (betreffend seine Hospitalisation vom 19. bis 20. März 2022) und des Spitals E.________, Klinik für Neurologie, vom 10. Oktober 2022. Dr. med. D.________ sei am 3. März 2023 klar zum Schluss gekommen, dass beim Beschwerdeführer eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit bestehe. Willkürlich sei die vorinstanzliche Argumentation, er habe als behandelnder Arzt im Zweifel zu seinen Gunsten ausgesagt. Vielmehr habe Dr. med. D.________ am 3. März 2022 (richtig: 2023) sehr wohl die gemäss der RAD-Ärztin Dr. med. C.________ angeblich allein massgebliche ungenügende Behandlung des Schlaf-Apnoe-Syndroms mittels Maske und einen Zusammenhang mit der beklagten Müdigkeit bestätigt. Er habe die Situation also keineswegs beschönigt. Er habe aber auch nachvollziehbar ausgeführt, dass es zu gehäuften Notfallsituationen gekommen sei, was sich auch mit dem Bericht des Spitals E.________ vom 10. Oktober 2022 decke, worin die Fortführung und sogar Steigerung der anfallsunterdrückenden Therapie empfohlen worden sei. Dr. med. C.________ habe, was von der Vorinstanz nicht erwähnt worden sei, am 30. Dezember 2022 festgehalten, laut dem Bericht des Spitals E.________ vom 10. Oktober 2022 (Sprechstunde vom 12. September 2022) hätten eine leichte Verminderung des Vibrationssinnes an den unteren Extremitäten sowie ein abgeschwächter Achillessehnenreflex bestanden und sei die Erhöhung des Medikaments Zonegran auf 300 mg empfohlen worden. Obwohl diese Aspekte und der potenziell sehr gefährliche Epilepsieanfall offensichtlich auf eine Verschlechterung des Gesundheitsschadens hindeuteten, habe Dr. med. C.________ sie ausser Acht gelassen und eine Verschlechterung verneint. Ihre Einschätzung sei somit klar widersprüchlich zu ihren Schlussfolgerungen, weshalb darauf nicht abgestellt werden könne. 
 
8.  
 
8.1. Dr. med. C.________ waren die Berichte des Spitals E.________ vom 20. März und 10. Oktober 2022 sowie des Dr. med. D.________ vom 24. März 2022 bekannt. In der Stellungnahme vom 13. Juli 2022 legte sie dar, da der epileptische Anfall des Beschwerdeführers vom 19. März 2022 innert relativ kurzer Zeit habe behandelt werden und er am Folgetag nach Hause habe gehen können, sei nicht mit längerfristigen Folgen im Sinne einer längerdauernden gesundheitlichen Verschlechterung zu rechnen. In der Stellungnahme vom 30. Dezember 2022 gab Dr. med. C.________ an, bezüglich der bekannten neurologischen Symptomatik des Beschwerdeführers sei Ursache für seine erhöhte Müdigkeit die Malcompliance der nächtlichen Maskentherapie. Es fänden sich keine Hinweise auf eine verschlechterte Kognition. Die mögliche beginnende Polyneuropathie bei vollständig normalen Gangprüfungen führe zu keinen neuen funktionellen Einschränkungen. Bei den neu geklagten Beinschmerzen handle es sich um eine rein subjektive Symptomatik, die nach ca. 2 bis 3 Minuten Gehen auftrete. Der Beschwerdeführer scheine deswegen bisher keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen zu haben; eine Behandlungsaktivität sei auch nicht ausgewiesen, was den Leidensdruck in Frage stelle. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands lasse sich somit nicht begründen.  
 
8.2. Zur Epilepsie-Problematik stellte die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführer sei aufgrund eines Anfalls vom 19. bis 20. März 2022 zur Überwachung im Spital E.________ hospitalisiert gewesen. Hierbei habe die CT-Angio-Untersuchung keine Auffälligkeiten gezeigt. Im Verlauf habe sich das neurologische Zustandsbild mit anschliessend gutem "Kraftgrad" normalisiert. Die neurochirurgischen Abklärungen betreffend VP-Shunt hätten keinen Hinweis auf einen Hydrocephalus bzw. eine schlechte Shunt-Lage offenbart; laborchemisch habe auch kein Hinweis für einen Infekt bestanden. Der Beschwerdeführer habe sich denn auch bereits am Tag nach der Aufnahme im Spital vollständig adäquat gezeigt und habe wunschgemäss nach Hause entlassen werden können (Austrittsbericht des Spitals E.________ vom 20. März 2022). Laut dem Bericht des Spitals E.________ vom 10. Oktober 2022 sei - so die Vorinstanz weiter - anlässlich der Kontrolle vom 12. September 2022 anamnestisch festgestellt worden, dass es dem Beschwerdeführer von der Epilepsie her gut gehe und er keine neuen Anfälle oder Attacken bemerkt habe. In der krankenspezifischen Vorgeschichte sei im hier interessierenden Zeitraum einzig ein einmaliger tonisch-klinischer Anfall festgehalten worden. Die EEG-Untersuchung vom 12. September 2022 habe keine epileptischen Signale gezeigt und sei im Vergleich zu derjenigen vom 3. Februar 2021 im Wesentlichen unverändert gewesen. Empfohlen worden sei die Fortführung und Steigerung der medikamentösen Therapie und Wiederaufnahme der nächtlichen Schlafapnoe-Behandlung. Eine Arbeitsunfähigkeit habe das Spital E.________ im Bericht vom 10. Oktober 2022 nicht bescheinigt.  
Mit diesen einlässlichen und schlüssigen vorinstanzlichen Feststellungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht substanziiert auseinander. In diesem Lichte ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz zum Schluss kam, Dr. med. C.________ sei beizupflichten, dass hinsichtlich der Epilepsie-Problematik keine relevante Veränderung eingetreten sei (vgl. auch E. 9 hiernach). 
 
8.3. Auch gegen die schlüssige Begründung der Dr. med. C.________ vom 30. Dezember 2022, weshalb bezüglich der neu aufgetretenen Beinschmerzen nicht von einer relevanten Verschlechterung des Gesundheitszustands auszugehen sei (E. 8.1 hiervor), bringt der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Einwände vor. Entgegen seinem pauschalen Vorbringen hat Dr. med. C.________ insbesondere nicht ausser Acht gelassen, dass bei ihm eine leichte Verminderung des Vibrationssinnes an den unteren Extremitäten sowie ein abgeschwächter Achillessehnenreflex vorlagen.  
 
8.4.  
 
8.4.1. Bezüglich des vom Beschwerdeführer vorinstanzlich aufgelegten Berichts des Dr. med. D.________ vom 3. März 2023 erwog das kantonale Gericht, dieser Arzt habe weiterhin eine ungenügende Behandlung der Müdigkeitsproblematik mittels Maske beschrieben und einen Zusammenhang mit der geklagten Müdigkeit bestätigt. Eine Wiederaufnahme der Masken-Behandlung sei auch im Bericht des Spitals E.________ vom 10. Oktober 2022 empfohlen worden. Zudem seien die von Dr. med. D.________ am 3. März 2023 erwähnten "unklaren Anfälle" mit wiederholten Notfallbehandlungen etc. im Vergleichszeitraum nicht dokumentiert.  
Schon die ZMB-Gutachter seien - so die Vorinstanz weiter - aber am 23. März 2021 von erhöhter Müdigkeit sowie multifaktoriell bedingten Einschränkungen ausgegangen und hätten dem Beschwerdeführer die Fahreignung abgesprochen. Ebenso überzeuge, wenn Dr. med. C.________ festgehalten habe, die möglicherweise beginnende Polyneuropathie führe bei vollständig normalen Gangprüfungen zu keinen neuen funktionellen Einschränkungen. Hinzu komme, dass es sich bei der Polyneuropathie ohnehin einzig um eine Verdachtsdiagnose handle. Sie sei damit nicht fachärztlich einwandfrei diagnostiziert, weshalb ihr schon aus diesem Grund keine Relevanz zukomme. Mit Blick darauf begründeten die Berichte des Dr. med. D.________ keine auch nur geringen Zweifel an den Beurteilungen der Dr. med. C.________. Soweit Dr. med. D.________ am 24. März 2022 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit attestiert habe, habe er dies nicht begründet. Seine weitere Feststellung, es sei keine Arbeit möglich, werde dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer in einem Beschäftigungsprogramm der Genossenschaft F.________ mitwirke. 
 
 
8.4.2. Auch mit diesen schlüssigen vorinstanzlichen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht substanziiert auseinander. Soweit er einwendet, Dr. med. D.________ sei am 3. März 2023 klar von einer 100%igen Arbeitsunfähigkeit ausgegangen, ist dies unbehelflich. Dr. med. D.________ legte zwar dar, aktuell sei eine Beschäftigung in der Genossenschaft F.________ aufgrund der neuropsychologischen Ausfälle und der Müdigkeit "kaum" möglich und der Transport "teilweise" gefährlich. Mit diesen bloss vagen Formulierungen ist aber eine Verschlechterung der im ZMB-Gutachten vom 23. März 2021 festgestellten 60%igen Arbeitsunfähigkeit in adaptierter Tätigkeit (E. 4.1 hiervor) bzw. deren Unverwertbarkeit nicht erstellt (vgl. BGE 146 V 271 E. 4.4; siehe auch Urteil 8C_369/2021 vom 28. Oktober 2021 E. 5.3).  
 
9.  
Insgesamt bringt der Beschwerdeführer keine Einwände vor, die auch nur geringe Zweifel an den Aktenbeurteilungen der RAD-Ärztin Dr. med. C.________ vom 13. Juli und 30. Dezember 2022 zu erwecken vermöchten. Er zeigt nicht auf und es ist nicht ersichtlich, inwiefern die nach Würdigung der Beweise ergangene vorinstanzliche Beurteilung, wonach keine relevante Veränderung seines Gesundheitszustands bzw. kein Revisionsgrund vorlag, in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich unrichtig, willkürlich oder sonstwie bundesrechtswidrig sein soll (nicht publ. E. 6.3 des Urteils BGE 141 V 25, veröffentlicht in: SVR 2015 KV Nr. 8 S. 29, 9C_535/2014; Urteil 8C_381/2022 vom 27. Dezember 2022 E. 10.1). Insbesondere ist in den Stellungnahmen der Dr. med. C.________ keine Widersprüchlichkeit zu erkennen. Da von weiteren medizinischen Abklärungen nach willkürfreier Einschätzung keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte die Vorinstanz davon absehen. Dies verstösst weder gegen den Untersuchungsgrundsatz noch gegen die Ansprüche auf freie Beweiswürdigung sowie Beweisabnahme (Art. 61 lit. c ATSG) und rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5; Urteil 8C_296/2023 vom 14. November 2023 E. 6.3.1). 
 
10.  
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden (Art. 64 BGG). Er hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. Fürsprecher Beat Marfurt wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 9. Januar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar