5A_474/2023 22.05.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_474/2023  
 
 
Urteil vom 22. Mai 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bovey, 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Iten, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Cornelia Dippon, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Zivilkammer, vom 24. Mai 2023 (ZKBER.2022.87). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1987, schweizerischer Staatsangehöriger) und B.________ (geb. 1988, kenianische Staatsangehörige) heirateten 2020. Sie sind die Eltern des Sohnes C.________ (geb. 2021), kurz vor dessen Geburt sie sich trennten. Die Mutter hat zwei weitere Kinder. Der Sohn D.________ (geb. 2014), welcher zuvor bei seinem Vater lebte, bis dieser im Januar 2021 verstarb, steht unter ihrer Obhut. Die Tochter E.________ (geb. 2009) wurde fremdplatziert und lebt bei Pflegeeltern.  
 
A.b. Mehrere Monate vor der Heirat, am 8. Februar 2020, hatte zwischen den Parteien eine Auseinandersetzung stattgefunden, anlässlich derer die Mutter dem Vater mehrere Messerstiche zufügte. Die Staatsanwaltschaft eröffnete deswegen ein Strafverfahren gegen die Mutter (vgl. hinten lit. C.b). In dessen Rahmen wurde am 8. Juni 2020 ein psychiatrisches Gutachten über sie erstellt, welches ihr eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typus (ICD-10: F60.30), diagnostizierte.  
 
A.c. Mit Verfügung vom 28. Januar 2021 ordnete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Region Solothurn für C.________ eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB an.  
 
B.  
 
B.a. Am 7. April 2021 ersuchte die Mutter beim Richteramt Bucheggberg-Wasseramt um Erlass von Eheschutzmassnahmen.  
 
B.b. Gestützt auf eine Vereinbarung der Eltern stellte der Amtsgerichtspräsident nebst anderem den Sohn der Parteien am 16. Juli 2021 vorsorglich unter die alleinige Obhut der Mutter und bestätigte die von der KESB errichtete Beistandschaft, wobei er die Aufgaben der Beistandsperson leicht abänderte. Da die Ehegatten erklärten, ihre Ehe auflösen zu wollen, wandelte er das Eheschutzverfahren in ein Scheidungsverfahren um.  
 
B.c. Mit Urteil vom 20. April 2022 schied der Amtsgerichtspräsident die Ehe der Parteien. Nebst anderem beliess er den Sohn unter der gemeinsamen elterlichen Sorge und stellte ihn unter die Obhut der Mutter. Ferner regelte er den persönlichen Verkehr zwischen Vater und Sohn, verpflichtete den Vater zur Leistung von Kindesunterhalt und bestätigte die für den Sohn errichtete Erziehungsbeistandschaft. Die Erziehungsgutschriften rechnete er vollständig der Mutter an.  
 
C.  
 
C.a. Am 10. Juli 2022 fand erneut eine Auseinandersetzung zwischen den Eltern statt, aufgrund derer die Mutter mit Strafbefehl vom 4. Oktober 2022 rechtskräftig wegen Tätlichkeiten zu einer Busse von Fr. 200.-- verurteilt wurde. Der Vater wurde mit Strafbefehl vom selben Tag der Beschimpfung und Tätlichkeiten für schuldig befunden und mit einer Geldstrafe von 5 Tagessätzen bestraft. Er erhob dagegen Einsprache.  
 
C.b. Im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 8. Februar 2020 (vgl. vorne lit. A.b) verurteilte das Amtsgericht die Mutter am 6. Februar 2023 wegen fahrlässiger Körperverletzung und qualifizierter einfacher Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr und ordnete eine ambulante Behandlung an.  
 
D.  
In der Zwischenzeit hatte der Vater gegen das Scheidungsurteil Berufung an das Obergericht des Kantons Solothurn erhoben. Dieses führte am 18. April 2023 eine Instruktionsverhandlung durch und wies sein Rechtsmittel mit Urteil vom 24. Mai 2023 ab. Der Berufungsentscheid wurde dem Vater am 25. Mai 2023 zugestellt. 
 
E.  
 
E.a. A.________ (Beschwerdeführer) wendet sich mit Beschwerde in Zivilsachen vom 26. Juni 2023 an das Bundesgericht. Er beantragt in der Hauptsache, in Aufhebung des Urteils des Obergerichts sei der gemeinsame Sohn der Parteien unter seine Obhut zu stellen. Ferner verlangt er, es sei der persönliche Verkehr zwischen Sohn und Mutter zu regeln und B.________ (Beschwerdegegnerin) zur Bezahlung von Kindesunterhalt zu verpflichten, während die Erziehungsbeistandschaft nach erfolgter Obhutszuteilung an ihn selbst aufzuheben sei. Schliesslich seien ihm die Erziehungsgutschriften hälftig anzurechnen. Eventualiter stellt er das Begehren, die Sache sei zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.  
 
E.b. Mit Verfügung vom 28. Juni 2023 wies der Präsident der urteilenden Abteilung das mit der Beschwerde gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung ab.  
 
E.c. Die Beschwerdegegnerin reichte am 7. Juli 2023 spontan ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ein.  
 
E.d. Am 21. Dezember 2023 legte der Beschwerdeführer unaufgefordert das Urteil des Richteramts vom 28. November 2023 ins Recht, welches ihn von den Vorwürfen der Beschimpfung und der Tätlichkeiten gemäss Strafbefehl vom 4. Oktober 2022 (vgl. vorne lit. C.a) freigesprochen hat. Ohne dass ihm hierfür Frist gesetzt worden wäre, reichte er mit Eingabe vom 1. Februar 2024 eine entsprechende Rechtskraftbescheinigung ein.  
 
E.e. Mit Vernehmlassung vom 11. April 2024 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Auch die Vorinstanz stellt das Begehren, die Beschwerde sei abzuweisen, hat indessen auf eine Stellungnahme verzichtet. Der Beschwerdeführer hat am 30. April 2024 repliziert und die Beschwerdegegnerin am 13. Mai 2024 dupliziert.  
 
E.f. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten eingeholt.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist der Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz, die auf Rechtsmittel hin die Nebenfolgen einer Scheidung beurteilt hat (Art. 75 BGG). Umstritten sind sowohl vermögens- als auch nicht vermögensrechtliche Belange, sodass die Beschwerde in dieser Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) insgesamt keinem Streitwerterfordernis unterliegt (BGE 137 III 380 E. 1.1). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat diese rechtzeitig erhoben (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). Unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen ist die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG) grundsätzlich zulässig. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in Zivilsachen können Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst sich aber grundsätzlich nur mit formell ausreichend begründeten Einwänden. In der Beschwerde ist deshalb in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), was eine Auseinandersetzung mit dessen Begründung erfordert (BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 140 III 86 E. 2). Erhöhte Anforderungen gelten, wenn verfassungsmässige Rechte als verletzt gerügt werden. Das Bundesgericht prüft deren Verletzung nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip). Es prüft nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen (BGE 142 III 364 E. 2.4 mit Hinweisen). Sodann ist das Bundesgericht an den festgestellten Sachverhalt grundsätzlich gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann einzig vorgebracht werden, sie seien offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (BGE 148 V 366 E. 3.3 mit Hinweisen), oder sie würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen. Ausserdem muss in der Beschwerde aufgezeigt werden, inwiefern die Behebung der vorerwähnten Mängel für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweis). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Nach Erlass des angefochtenen Entscheids entstandene (sog. echte) Noven sind von vornherein unzulässig (BGE 149 III 465 E. 5.5.1 mit Hinweisen).  
 
2.2. Das vom Beschwerdeführer nach Ablauf der Beschwerdefrist und damit ohnehin verspätet eingereichte Urteil des Richteramts vom 28. November 2023 sowie die der Replik beigelegte Medienmitteilung des Bundesrats vom 22. Januar 2024 können als echte Noven bei der Beurteilung der Beschwerde keine Berücksichtigung finden.  
 
3.  
In der Hauptsache geht es dem Beschwerdeführer darum, die alleinige Obhut über den Sohn zu erlangen. 
 
3.1.  
 
3.1.1. Das Wohl des Kindes hat für die Zuteilung der Obhut an den einen oder den anderen Elternteil Vorrang vor allen anderen Überlegungen, insbesondere vor den Wünschen der Eltern. Vorab ist deren Erziehungsfähigkeit zu klären. Ist sie bei beiden Elternteilen gegeben, kann die Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse ausschlaggebend sein. Diesen Kriterien lassen sich weitere Gesichtspunkte zuordnen, so die Bereitschaft eines Elternteils, mit dem andern in Kinderbelangen zusammenzuarbeiten, oder die Forderung, dass eine Zuteilung der Obhut von einer persönlichen Bindung und echter Zuneigung getragen sein sollte (Urteil 5A_224/2022 vom 13. Dezember 2022 E. 3.1 mit Hinweisen; vgl. BGE 142 III 617 E. 3.2.3, 612 E. 4.3; 136 I 178 E. 5.3). Wesentlich sein kann ferner der Grundsatz, Geschwister nach Möglichkeit nicht zu trennen. Ist aber bei Geschwistern, zum Beispiel aufgrund eines Altersunterschiedes, von unterschiedlichen Bedürfnissen und insbesondere von verschiedenen emotionalen Bindungen und Wünschen auszugehen, steht einer Trennung der Kinder nichts entgegen (Urteil 5A_730/2020 vom 21. Juni 2021 E. 3.3.1.1 mit Hinweisen). Die Möglichkeit der Eltern, die Kinder persönlich zu betreuen, spielt hauptsächlich dann eine Rolle, wenn spezifische Bedürfnisse der Kinder eine persönliche Betreuung notwendig erscheinen lassen oder wenn ein Elternteil auch in den Randzeiten (morgens, abends und an den Wochenenden) nicht bzw. kaum zur Verfügung stünde; ansonsten ist von der Gleichwertigkeit von Eigen- und Fremdbetreuung auszugehen (zum Ganzen: Urteil 5A_361/2023 vom 24. November 2023 E. 4.1.1 mit Hinweisen; vgl. BGE 144 III 481 E. 4.6.3 und E. 4.7). Je nach Alter ist auch den Äusserungen der Kinder bzw. ihrem eindeutigen Wunsch Rechnung zu tragen (vgl. BGE 142 III 481 E. 2.7; zit. Urteil 5A_224/2022 E. 3.1). Während bei älteren Kindern zunehmend die Wohn- und Schulumgebung sowie der sich ausbildende Freundeskreis wichtig werden, sind kleinere Kinder noch stärker personenorientiert (BGE 142 III 481 E. 2.7). Entsprechend können im Zusammenhang mit dem wichtigen Kriterium der Stabilität und Kontinuität die Beurteilungsfelder je nach Lebensalter des Kindes variieren (Urteil 5A_744/2023 vom 21. Februar 2024 E. 3.1).  
 
3.1.2. Beim Entscheid über die Obhut ist das Sachgericht in vielfacher Hinsicht auf sein Ermessen verwiesen (Urteil 5A_533/2023 vom 17. Januar 2024 E. 3.2 mit Hinweis). Das Bundesgericht schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (BGE 142 III 617 E. 3.2.5, 612 E. 4.5; je mit Hinweisen).  
 
3.2.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz verwies für ihren Entscheid zunächst auf die Erwägungen des Amtsgerichtspräsidenten. Diesem zufolge seien grundsätzlich beide Parteien geeignet, die Obhut über den gemeinsamen Sohn auszuüben. Die Stabilität der örtlichen und familiären Verhältnisse spreche für eine Obhutszuteilung an die Beschwerdegegnerin, denn der Sohn lebe seit der Geburt zusammen mit seinem älteren Halbbruder bei ihr. Um selber einen eindeutigen Wunsch zu kommunizieren, sei der Sohn noch zu jung. Zugunsten der Beschwerdegegnerin falle ins Gewicht, dass sie ihn zu einem grösseren Teil persönlich betreuen könne, als dies beim Beschwerdeführer der Fall sei. Auch die Tatsache, dass bei einer Obhutszuteilung an sie die beiden Halbbrüder zusammen aufwachsen könnten, stelle einen Pluspunkt auf ihrer Seite dar. Der Beschwerdeführer befürchte gestützt auf das im Rahmen des gegen die Beschwerdegegnerin geführten Strafverfahrens erstellte Gutachten, dass der Sohn in ihrer Obhut in seiner geistigen und körperlichen Unversehrtheit gefährdet wäre. Das Gutachten sei indessen nicht erstellt worden, um abzuklären, ob die Beschwerdegegnerin geeignet sei, die Obhut über ihre Kinder auszuüben. Es mache daher keine Aussagen zu den Kindern der Beschwerdegegnerin und deren Fähigkeit, diese zu betreuen. Im Gutachten sei nirgends die Rede davon, dass die älteren Kinder der Beschwerdegegnerin aufgrund eines bestimmten Verhaltens von dieser traumatischen Erlebnissen ausgesetzt oder durch ihr Verhalten gefährdet gewesen wären. In Auseinandersetzung mit dem Inhalt der beigezogenen KESB-Akten und verschiedenen Berichten neueren Datums (der Erziehungsbeiständinnen, der Familienbegleiterin und betreffend Aussagen der Hebamme) seien ebenfalls keine Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung zu erkennen. Zusammenfassend würden deshalb die Argumente für eine Obhutszuteilung an die Beschwerdegegnerin überwiegen.  
 
3.2.2. Sodann erwog die Vorinstanz, der Amtsgerichtspräsident habe bei seinem Entscheid über die Zuteilung alle nach der Rechtsprechung dafür massgebenden Kriterien geprüft. An seiner Würdigung sei nichts auszusetzen und es könne grundsätzlich vollumfänglich auf seine Erwägungen verwiesen werden. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringe, vermöge daran nichts zu ändern. Mit seiner Berufung stelle er im Wesentlichen die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin infrage, im Rahmen der Parteibefragung vor dem Instruktionsrichter habe er diese indessen nicht mehr bestritten. Zusätzlich zu den vom Amtsgerichtspräsidenten bereits erwähnten Berichten zeichneten auch der Schlussbericht zur Familienbegleitung vom 30. Dezember 2022 und die Zeugenaussagen der Erziehungsbeiständin sowie der Besuchsbegleiterin anlässlich der Instruktionsverhandlung ein positives Bild. Das im Strafverfahren erstellte Gutachten äussere sich nicht zur Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin, sodass für die Frage der Obhut nichts zu ihren Ungunsten daraus abgeleitet werden könne. Ihre Therapie verlaufe positiv, woran auch die rechtskräftige Verurteilung wegen Tätlichkeiten (Strafbefehl vom 4. Oktober 2022) nichts ändere. Auch der Beschwerdegegner sei wegen derselben Auseinandersetzung verurteilt worden. Dass die Strafsache gegen ihn wegen seiner Einsprache bis anhin noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, ändere daran ebenfalls nichts. Alles in allem bleibe es dabei, dass nicht nur der Beschwerdeführer, sondern genau gleich auch die Beschwerdegegnerin als erziehungsfähig zu qualifizieren sei. Es sei nicht anzunehmen, dass der Beizug von KESB-Akten, welche die beiden vorehelichen Kinder beträfen, an diesem Ergebnis zu ändern vermöchte.  
 
3.3. Vorliegend ist unbestritten, dass sowohl das Kriterium der Stabilität der Verhältnisse als auch der Grundsatz, Geschwister nicht zu trennen, für eine Obhutszuteilung an die Beschwerdegegnerin sprechen, zumal der Sohn der Parteien seit seiner Geburt zusammen mit seinem Halbbruder bei der Beschwerdegegnerin lebt (zur Bedeutung des Kriteriums der gelebten Betreuungssituation bei Trennung der Eltern vor der Geburt vgl. Urteil 5A_67/2021 vom 31. August 2021 E. 3.4, in: FamPra.ch 2021 S. 1102). Der Beschwerdeführer stellt indessen die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin infrage, welche unabdingbare Voraussetzung für die Obhutszuteilung ist.  
 
3.4. In diesem Zusammenhang rügt er, die Vorinstanz habe das im Rahmen des Strafverfahrens erstellte Gutachten (vgl. Sachverhalt lit. A.b) willkürlich gewürdigt. Sie habe verkannt, dass die darin festgestellten Verhaltensauffälligkeiten auch Auswirkungen auf die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin hätten und das Wohl des gemeinsamen Sohnes gefährden könnten.  
 
3.4.1. Der Beschwerdegegnerin wurde mit dem fraglichen Gutachten eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typus (ICD-10: F60.30), diagnostiziert. Das Vorliegen einer psychischen Erkrankung spricht nicht per se gegen eine Obhutszuteilung an den entsprechenden Elternteil. Einer solchen steht nichts im Wege, wenn die psychische Störung entweder keinen Einfluss auf die Erziehungsfähigkeit hat oder aber deren konsequente Therapierung die Erziehungsfähigkeit in genügendem Masse (wieder-) herzustellen vermag, was grundsätzlich Krankheits- und Behandlungseinsicht voraussetzt (vgl. zur Thematik LUDEWIG ET AL., Richterliche und behördliche Entscheidungsfindung zwischen Kindeswohl und Elternwohl: Erziehungsfähigkeit bei Familien mit einem psychisch kranken Elternteil, in: FamPra.ch 2015 S. 562 ff., namentlich S. 587 f., S. 595, S. 600 f., S. 603 und S. 606 ff.).  
 
3.4.2. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass sich die Beschwerdegegnerin in psychotherapeutischer Behandlung befindet und das Helfernetz ihr ein grosses Engagement für die Kinder attestiert. Eine vertiefte Abklärung dessen, ob bzw. in welchem Ausmass die Diagnose der Beschwerdegegnerin ihre Erziehungsfähigkeit beeinträchtigen könnte, nahm die Vorinstanz indessen nicht vor. Sie begnügte sich damit, auf die Berichte bzw. Aussagen der Erziehungsbeiständinnen, der Familien- und der Besuchsbegleiterin sowie der Hebamme abzustellen, welche keine Kindeswohlgefährdung durch die Beschwerdegegnerin ausmachen konnten.  
 
3.4.3. Angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles ist unerfindlich, weshalb die Vorinstanz diese Angaben als genügend erachtete. Zwar wies sie zu Recht darauf hin, dass das im Rahmen des Strafverfahrens in Auftrag gegebene Gutachten nicht zum Zweck erstellt wurde, die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin abzuklären. Sie zog daraus indessen die falsche Schlussfolgerung, dass die Erkenntnisse des fraglichen Gutachtens für die Beurteilung der Obhutsfrage unbeachtlich seien. Stattdessen hätte sie folgern sollen, dass sich eine Begutachtung der Beschwerdegegnerin hinsichtlich ihrer Erziehungsfähigkeit aufdrängt, denn angesichts der aktenkundigen, massiven Gewalt gegenüber dem Beschwerdeführer kann nicht einfach über die der Beschwerdegegnerin mittels Gutachten attestierten Probleme im Bereich der Impulssteuerung, der Emotionalität, der Aggressivität und der Aggressionsbereitschaft sowie der Beziehungsfähigkeit (vgl. Gutachten, S. 42) hinweggesehen werden. Wie der Beschwerdeführer zu Recht unterstreicht, können derartige Defizite einen Einfluss auf die Erziehungsfähigkeit haben. Aus dem angefochtenen Entscheid ergibt sich nicht, dass die Fachpersonen, auf deren Aussagen die Vorinstanz massgeblich abstellte, über hinreichende Qualifikationen verfügen würden, um die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin mit Blick auf ihre Diagnose zuverlässig beurteilen zu können. In diesem Zusammenhang ist namentlich auf die gutachterliche Feststellung hinzuweisen, dass gerade bei der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung ein "Übersehen" der Störungsmerkmale sehr viel leichter geschehen könne, da die Betroffenen im Kontaktverhalten unauffällig seien und selbst in der gutachterlichen Untersuchung sehr kompetent auftreten könnten; ihre Problematik, die vor allem durch Beziehungskrisen getriggert werde, zeige sich in dieser Situation nicht (Gutachten, S. 44 f.). Deshalb ist unerheblich, dass beispielsweise die Hebamme die Beschwerdegegnerin öfter sah als der Gutachter. Es hätte eine in psychischen Erkrankungen sachverständige Person beigezogen werden müssen, welche mit der fraglichen Diagnose vertraut ist und hätte beurteilen können, ob die Beschwerdegegnerin in Belastungssituationen in der Lage ist bzw. (prognostisch) sein dürfte, ihren Erziehungsaufgaben gerecht zu werden. Es ist sicherlich erfreulich, dass sich die beiden Söhne gemäss den Auskünften des Helfernetzes in der Obhut der Beschwerdegegnerin prächtig entwickeln, doch muss eine latente Gefährdung ebenfalls ausgeschlossen werden. Unter diesen Umständen und mit Blick auf die in Kinderbelangen geltende Untersuchungsmaxime (Art. 296 Abs. 1 ZPO) ist deshalb irrelevant, ob die Aussage des Beschwerdeführers anlässlich der Instruktionsverhandlung, wonach die Beschwerdegegnerin im Grossen und Ganzen schon in der Lage sei, den Sohn kindgerecht zu erziehen, mit der Vorinstanz so zu verstehen wäre, dass er ihr die Erziehungsfähigkeit nicht (mehr) absprechen wollte.  
 
3.5.  
 
3.5.1. Sodann erblickt der Beschwerdeführer Willkür in der Sachverhaltsfeststellung und eine Verletzung seines Beweisanspruchs darin, dass die Vorinstanz nicht die KESB-Akten aller Kinder der Beschwerdegegnerin beigezogen hat. Die beiden älteren Kinder seien immer wieder Zeugen der Gewaltausbrüche der Beschwerdegegnerin geworden. Die Vorinstanz verkenne, dass das Miterleben von Gewalt für die Kinder nie ohne Auswirkungen bleibe.  
 
3.5.2. Anders als der Beschwerdeführer meint, ergibt sich aus dem Gutachten nicht mit hinreichender Klarheit, dass die beiden älteren Kinder der Beschwerdegegnerin in der Vergangenheit bei Gewaltausbrüchen zugegen gewesen wären. Demgegenüber ist dem Beschwerdeführer darin zuzustimmen, dass die Vorinstanz mit Bezug auf die Kinder D.________ und E.________ vertiefte Abklärungen hätte vornehmen müssen angesichts der Tatsache, dass für sämtliche Kinder der Beschwerdegegnerin die Kindesschutzbehörden involviert werden mussten, sie die Obhut über ihre zwei ältesten Kinder nicht bzw. nicht dauernd innehatte und sie offenbar auch heute noch auf eine engmaschige Begleitung bzw. Entlastung angewiesen ist. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sowie der Beschwerdegegnerin drängte sich der vom Beschwerdeführer beantragte Beizug der KESB-Akten betreffend D.________ und E.________ gerade auf, um festzustellen, mit welchen Problemen sich die Beschwerdegegnerin in der Vergangenheit konfrontiert sah, und für den Vergleich, ob sie diese heute zu bewältigen vermag. Auch ist die Frage berechtigt, ob die beiden älteren Kinder in der Vergangenheit Handgreiflichkeiten oder Wutausbrüche miterlebt haben, worüber die KESB-Akten möglicherweise Aufschluss geben könnten.  
 
3.6.  
 
3.6.1. Zuletzt wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz Willkür vor, da sie übersehen habe, dass die von der Beschwerdegegnerin begangene, mit Strafbefehl vom 4. Oktober 2022 geahndete Tätlichkeit (vgl. Sachverhalt lit. C.a) zum Nachteil des gemeinsamen Sohnes der Parteien erfolgt sei, und dies als nicht relevant abgetan habe.  
 
3.6.2. Seine Rüge erweist sich als gerechtfertigt. Die Erwägungen im angefochtenen Entscheid erwecken den Anschein, dass die Vorinstanz davon ausging, Opfer der Tätlichkeit sei der Beschwerdeführer gewesen ("[a]uch der Ehemann wurde wegen derselben Auseinandersetzung verurteilt [...] wegen Beschimpfung und Tätlichkeiten", indessen, worauf der Beschwerdeführer zu Recht hinweist, zum Nachteil der Beschwerdegegnerin und nicht des Kindes). Bei korrekter Sachverhaltsfeststellung hätte die Vorinstanz im Rahmen der Beurteilung der Obhutsfrage zwingend begründen müssen, weshalb ein strafrechtlich relevantes Verhalten gegenüber dem Sohn für die Zuteilung unerheblich sein sollte. Die Beschwerdegegnerin irrt, wenn sie ausführt, ihre Erziehungsfähigkeit habe damit nichts zu tun.  
 
3.7. Aus dem Gesagten folgt, dass die Vorinstanz den Sachverhalt willkürlich feststellte, indem sie einerseits notwendige Abklärungen unterliess und andererseits einzelne Beweismittel offensichtlich falsch würdigte. Ferner weist der Beschwerdeführer zu Recht darauf hin, dass selbst dann, wenn bei der Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin keine Einschränkungen zu verorten wären, letztendlich entscheidend ist, bei welchem Elternteil das Kind am besten aufgehoben ist. Es handelt sich vorliegend nicht um die Abänderung einer Obhutsregelung, sondern um einen erstmaligen Entscheid über die Obhut. Die Vorinstanz hat sich mit Bezug auf die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdegegnerin darauf konzentriert, dass keine Kindeswohlgefährdung vorliege. Ob beim Beschwerdeführer in dieser Hinsicht allenfalls (leichte) Vorteile auszumachen wären, was die Beschwerdegegnerin verneint, thematisiert der angefochtene Entscheid nicht.  
 
3.8. Die Beschwerde ist deshalb im Eventualstandpunkt gutzuheissen, zumal das Bundesgericht über die Angelegenheit nicht reformatorisch entscheiden kann. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie ein Erziehungsfähigkeitsgutachten über beide Eltern einhole, die KESB-Akten von D.________ und E.________ beiziehe und über die Obhutszuteilung sowie gegebenenfalls die weiteren Kinderbelange neu entscheide. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zur persönlichen Betreuung angesichts des Alters des Sohnes von nun drei Jahren - vorbehältlich besonderer Bedürfnisse des Kindes - keine für den Obhutsentscheid bedeutende Rolle mehr spielt (vgl. vorne E. 3.1). Angesichts des Verfahrensausgangs erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Rügen des Beschwerdeführers betreffend die übrigen Kinderbelange.  
 
4.  
Im Ergebnis ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Die Rückweisung der Sache zu erneuter Abklärung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen, und zwar unabhängig davon, ob sie beantragt und ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1 mit Hinweis). Dementsprechend wird die Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann indes entsprochen werden, denn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür sind erfüllt (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 24. Mai 2023 wird aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie den Sachverhalt hinsichtlich der Erziehungsfähigkeit beider Elternteile weiter abkläre und über die Angelegenheit neu entscheide. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und es wird ihr Rechtsanwältin Cornelia Dippon als unentgeltliche Rechtsbeiständin beigegeben. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
 
4.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'500.-- zu entschädigen. 
 
5.  
Rechtsanwältin Cornelia Dippon wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet. 
 
6.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Mai 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller