8C_115/2022 18.08.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_115/2022  
 
 
Urteil vom 18. August 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin N. Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Erdös, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Dezember 2021 (UV.2021.00062). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1968 geborene A.________ war als Bauleiter bei der Firma B.________ angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) gegen die Folgen von Unfällen sowie Berufskrankheiten versichert, als er am 22. Oktober 2012 von drei Personen tätlich angegriffen wurde. Dabei erlitt er gemäss dem Austrittsbericht des Klinik C.________ vom 24. Oktober 2012 insbesondere je eine Unterarm-, Nasenbein- und Rippenfraktur. Die Suva erbrachte in der Folge die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Mit Verfügung vom 12. Mai 2016 stellte sie alsdann die Ausrichtung weiterer Versicherungsleistungen per 1. Juli 2016 ein. Die dagegen erhobene Einsprache hiess die Suva teilweise gut. Sie werde die gesetzlichen Leistungen betreffend die unfallbedingte Schädigung der Nase weiterhin erbringen. Hinsichtlich der geklagten Kopfschmerzen und neuropsychologischen Defizite, die bildgebend nicht hätten objektiviert werden können, verneinte die Suva mangels eines adäquaten Kausalzusammenhangs eine Leistungspflicht (Einspracheentscheid vom 14. September 2018).  
 
A.b. Mit den Eingaben vom 4. Februar und 4. September 2019 ersuchte A.________ um Wiedererwägung, eventuell Revision des unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Einspracheentscheids vom 14. September 2018, was die Suva ablehnte (Verfügung vom 17. Dezember 2020 und Einspracheentscheid vom 5. Februar 2021).  
 
B.  
Soweit das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auf die dagegen erhobene Beschwerde eintrat, wies es diese und das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung mit Urteil vom 21. Dezember 2021 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, der vorinstanzliche Beschluss und das vorinstanzliche Urteil vom 21. Dezember 2021 seien aufzuheben. Es sei festzustellen, dass er Revisionsgründe im Sinne von Art. 17 ATSG geltend mache. Die Suva sei zu verpflichten, den Rentenanspruch erneut zu prüfen und ihm eine unbefristete Invalidenrente zuzusprechen. Ihm sei für das vorinstanzliche Verfahren ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ihm sei eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. Ferner ersucht A.________ um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer stellt unter anderem auch ein Feststellungsbegehren, wonach die Geltendmachung von Revisionsgründen festzustellen sei. Diesem Antrag kommt keine selbstständige Bedeutung im Vergleich zu seinen anderen Begehren zu, weshalb kein schutzwürdiges Interesse an den beantragten Feststellungen besteht (BGE 132 V 18 E. 2.1). Auf das Feststellungsbegehren ist nicht einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 145 V 304 E. 1.1).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung besteht keine Bindung an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 97 Abs. 2 i.V.m. Art. 105 Abs. 3 BGG; vgl. BGE 140 V 136 E. 1.2.1).  
 
3.  
 
3.1. Strittig und zu prüfen ist in erster Linie, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie einen Revisionsgrund im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG verneinte.  
 
3.2. Die hierfür massgeblichen rechtlichen Grundlagen wurden im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG).  
Hervorzuheben ist Folgendes: Betrifft der Revisionsgrund eine materielle Anspruchsvoraussetzung, deren Beurteilung massgeblich auf Schätzung oder Beweiswürdigung beruht, auf Elementen also, die notwendigerweise Ermessenszüge aufweisen, so ist eine vorgebrachte neue Tatsache als solche in der Regel nicht erheblich. Ein (prozessrechtlicher) Revisionsgrund fällt demnach überhaupt nur in Betracht, wenn bereits im ursprünglichen Verfahren der untersuchende Arzt und die entscheidende Behörde das Ermessen wegen eines neu erhobenen Befundes zwingend anders hätten ausüben und infolgedessen zu einem anderen Ergebnis hätten gelangen müssen. An diesem prozessualrevisionsrechtlich verlangten Erfordernis fehlt es, wenn sich das Neue im Wesentlichen in (differenzial-) diagnostischen Überlegungen erschöpft, also auf der Ebene der medizinischen Beurteilung anzusiedeln ist (BGE 144 V 245 E. 5.3). 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz erwog, im (in Rechtskraft erwachsenen) Einspracheentscheid vom 14. September 2018 sei unter Berücksichtigung der Computertomografie vom 22. Oktober 2012, der Magnetresonanztomografien vom 29. Januar 2013 und 5. September 2014, welche keine strukturellen Unfallfolgen gezeigt hätten, von organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beeinträchtigungen ausgegangen worden. Die Beschwerdegegnerin habe in Anwendung der einschlägigen Adäquanzkriterien einen Kausalzusammenhang verneint. Demgegenüber werde in den neu eingereichten Berichten ein hirnorganisches Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma genannt, wobei keine neuen bildgebenden Befunde erhoben worden seien. Entsprechend sei lediglich von einer anderen Würdigung des bekannten Sachverhalts auszugehen. Aus den neuen Berichten ergäben sich keine neuen Befunde, welche im ursprünglichen Verfahren zwingend zu einer anderen Ermessensausübung hätten führen müssen. Es fehle an erheblichen neuen Tatsachen oder Beweismitteln. Ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 53 Abs. 1 ATSG sei nicht gegeben.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer bestreitet die vorinstanzliche Feststellung nicht, dass organische Unfallfolgen bildgebend nicht sichtbar seien. Entgegen der von ihm vertretenen Ansicht ist somit eine organische Hirnverletzung nach wie vor nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad ausgewiesen. Daran ändern die neuen Einschätzungen in den Berichten der Psychiatrischen Klinik D.________ vom 12. Dezember 2018 und 11. Juni 2019 sowie des dipl. analyt. psych. E.________ vom 22. Februar 2021 nichts, worin eine Verletzung des Frontalhirns aufgrund von neuropsychologischen Abklärungsergebnissen postuliert wurde. Denn solche Untersuchungen können den Nachweis einer organischen Hirnverletzung nicht erbringen (vgl. BGE 138 V 248 E. 5.1; Urteil 8C_123/2016 vom 12. April 2016 E. 4 mit Hinweisen). Die Vorinstanz verletzte somit kein Bundesrecht, indem sie zum Schluss kam, es lägen keine neuen Befunde vor, bei deren Kenntnis der im ursprünglichen Verfahren untersuchende Arzt bzw. die ursprünglich entscheidende Behörde zu einer anderen Ermessensausübung hätten gelangen müssen. Entsprechend stellte das kantonale Gericht zutreffend fest, dass die Voraussetzungen von Art. 53 Abs. 1 ATSG nicht erfüllt sind.  
 
4.3. Ebenso wenig vermag der Beschwerdeführer durchzudringen, soweit er sich auf Art. 17 Abs. 1 ATSG beruft. Er legt nicht dar, inwiefern sich der als unfallkausal eingestufte Gesundheitszustand seit dem in Rechtskraft erwachsenen Einspracheentscheid vom 14. September 2018 verändert haben soll.  
 
5.  
Die Vorinstanz verletzte entgegen den Rügen des Beschwerdeführers auch kein Bundesrecht, indem sie sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mangels Bedürftigkeit abwies. Es ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht die Ausgaben des Beschwerdeführers in einem ersten Schritt ausgehend vom Grundbetrag gemäss den Richtlinien für die Berechnung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums ermittelte. Sie hat nämlich zusätzlich einen Freibetrag von Fr. 400.- (d.h. von einem Drittel des Grundbetrages) und weitere tatsächliche Ausgaben für den Mietzins inkl. Autoabstellplatz, die Krankenkassenprämie, die Steuern, den Beitrag für Nichterwerbstätige und die ungedeckten Gesundheitskosten berücksichtigt (vgl. BGE 135 I 221 E. 5.1; Urteil 2C_250/2021 vom 3. November 2021 E. 4.2). Ein Verstoss gegen Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich und in der Beschwerde wird auch nicht substanziiert begründet, inwiefern damit den Gegebenheiten im vorliegenden Einzelfall nicht hinreichend Rechnung getragen wurde. Der Beschwerdeführer legt insbesondere nicht dar, inwiefern allfällige Ersatzanschaffungen für Mobiliar, Fahrrad, Handy, PC oder Kosten für medizinische Massnahmen nicht gedeckt werden können. Zutreffend verneinte das kantonale Gericht mit Blick auf einen ermittelten monatlichen Überschuss von Fr. 484.- die Bedürftigkeit. Denn der Beschwerdeführer ist damit in der Lage, seine vorinstanzlichen Parteikosten, welche sich gemäss der eingereichten Kostennote auf Fr. 2281.09 belaufen, innerhalb weniger Monate zu tilgen (vgl. BGE 141 III 369 E. 4.1 mit Hinweisen). 
 
6.  
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde insgesamt als offensichtlich unbegründet und ist deshalb im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels (Art. 102 Abs. 1 BGG) zu erledigen. 
 
7.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist wegen Aussichtslosigkeit der Begehren abzuweisen (Art. 64 BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. August 2022 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Möckli