5A_826/2023 30.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_826/2023  
 
 
Urteil vom 30. November 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, Poststrasse 25, 3071 Ostermundigen, 
 
Stockwerkeigentümergemeinschaft C.________. 
 
Gegenstand 
Zahlungsbefehle, Rechtzeitigkeit des Rechtsvorschlags, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 13. Oktober 2023 (ABS 23 235, ABS 23 236). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführer sind Gesamteigentümer einer Stockwerkeinheit. Die Beschwerdeführerin 1 wird in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, von der Stockwerkeigentümergemeinschaft C.________ für Fr. 23'093.05 nebst Zins betrieben. Der Beschwerdeführer 2 wird in der Betreibung Nr. yyy desselben Betreibungsamtes von derselben Gläubigerin für Fr. 23'093.05 nebst Zins betrieben. Das Betreibungsamt stellte in beiden Betreibungen am 28. März 2023 den Zahlungsbefehl aus. Gemäss Sendungsnachverfolgung wurden die Zahlungsbefehle den Beschwerdeführern am 26. April 2023 zugestellt. Mit E-Mail vom 17. Mai 2023 erhob der Beschwerdeführer 2 in beiden Betreibungen Rechtsvorschlag. Am 7. Juni 2023 verfügte das Betreibungsamt in beiden Betreibungen, der Rechtsvorschlag sei verspätet, weshalb er als nicht erfolgt gelte und die Betreibung fortgesetzt werden könne. 
Mit identischen Eingaben vom 29. Juni 2023 (persönlich abgegeben am 30. Juni 2023) erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern. Mit Entscheid vom 13. Oktober 2023 vereinigte das Obergericht die beiden Beschwerdeverfahren. Auf die Beschwerden trat es nicht ein. 
Dagegen haben die Beschwerdeführer am 30. Oktober 2023 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen. 
 
2.  
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheides massgeblichen Erwägungen aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2; 140 III 115 E. 2). Der vorinstanzlich festgestellte Sachverhalt ist für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die unrichtige Feststellung des Sachverhalts kann nur unter den Voraussetzungen von Art. 97 Abs. 1 BGG gerügt werden (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 140 III 264 E. 2.3). 
 
3.  
Das Obergericht hat erwogen, die angefochtenen Verfügungen vom 7. Juni 2023 seien per Einschreiben verschickt worden. Die Abholungseinladungen seien am 12. Juni 2023 ausgestellt worden. Ihnen sei innert der siebentägigen Frist nicht Folge geleistet worden. Da die Beschwerdeführer Kenntnis von den Zahlungsbefehlen gehabt und Rechtsvorschlag erhoben hätten und sie mit dem Betreibungsamt in Kontakt betreffend die Frist zur Rechtsvorschlagserhebung gestanden seien, liege ein Verfahrensverhältnis vor und die Zustellungsfiktion sei anwendbar. Die angefochtenen Verfügungen gälten damit als am 19. Juni 2023 zugestellt. Die zehntägige Beschwerdefrist habe am 29. Juni 2023 geendet. Die Beschwerdeführer hätten ihre Beschwerde jedoch erst am 30. Juni 2023 und damit verspätet abgegeben. 
Das Obergericht hat die Zahlungsbefehle sodann unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit geprüft. Es erachtete dabei als erstellt, dass die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der vermeintlichen Zustellung (26. April 2023) nicht in der Schweiz gewesen seien. Die fehlerhafte Zustellung sei jedoch nur dann eine nichtige Betreibungshandlung, wenn die betriebene Person keine Kenntnis vom Zahlungsbefehl erhalte. Der Beschwerdeführer 2 habe allerdings mit E-Mail vom 17. Mai 2023 an das Betreibungsamt Rechtsvorschlag in beiden Betreibungen erhoben und geltend gemacht, die Zahlungsbefehle "heute" im Briefkasten gefunden zu haben. Auch in den Beschwerden und Stellungnahmen hätten die Beschwerdeführer vorgebracht, die Zahlungsbefehle am Tag der Erhebung des Rechtsvorschlags im Briefkasten gefunden zu haben. Trotz fehlerhafter Zustellung hätten die Beschwerdeführer damit Kenntnis von den Zahlungsbefehlen erhalten. Es liege somit keine nichtige, sondern bloss eine anfechtbare Betreibungshandlung vor. Entsprechend sei für die Anfechtung der Verfügungen vom 7. Juni 2023 die zehntägige Beschwerdefrist anwendbar und die Beschwerden seien verspätet. 
 
4.  
Vor Bundesgericht äussern sich die Beschwerdeführer zur Zustellung der Zahlungsbefehle und sie machen geltend, diese müssten neu erstellt und zugestellt werden. Sie gehen jedoch nicht darauf ein, dass sie trotz fehlerhafter Zustellung von den Zahlungsbefehlen Kenntnis erhalten haben und dass in der Folge - hinsichtlich der Anfechtung der Verfügung vom 7. Juni 2023 - die zehntägige Beschwerdefrist anwendbar ist. Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, sie hätten die Beschwerde an das Obergericht rechtzeitig erhoben. Die Ankunft an der Abhol-/Zustellstelle sei erst am 13. Juni 2023 erfolgt. Eine genügende Sachverhaltsrüge (Art. 97 Abs. 1 BGG) fehlt. Die Beschwerdeführer zeigen nicht auf, dass das Obergericht den Zeitpunkt der Ausstellung der Abholungseinladungen (12. Juni 2023) offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich, festgestellt hätte. Sie reichen zwar Sendungsverfolgungen der Post ein, doch gehen sie nicht im Einzelnen auf deren Inhalt und die entsprechenden obergerichtlichen Erwägungen ein. Die Beschwerdeführer machen ausserdem geltend, sie hätten die Abholfrist verlängert. Sie setzen sich aber nicht mit der Erwägung des Obergerichts auseinander, wonach dies für die Anwendung der Zustellungsfiktion unerheblich ist. Schliesslich behauptet die Beschwerdeführerin 1, die Verfügung vom 7. Juni 2023 am 30. Juni 2023 auf dem Betreibungsamt erhalten zu haben. Dabei handelt es sich um eine unbelegte Sachverhaltsdarstellung. 
Die Beschwerde enthält offensichtlich keine hinreichende Begründung. Das präsidierende Mitglied der Abteilung tritt auf sie im vereinfachten Verfahren nicht ein (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). 
 
5.  
Es rechtfertigt sich ausnahmsweise, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird damit gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. November 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg