1C_117/2024 08.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_117/2024  
 
 
Urteil vom 8. März 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Katja Ammann, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Frau Dolly Trabelsi, 
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Büro D-3, Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich, 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich. 
 
Gegenstand 
Ermächtigung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 15. Januar 2024 (TB230100-O/U/AEP). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
B.________, damals Austausschülerin am Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gymnasium U.________ in Zürich, erstattete am 17. Mai 2023 wegen eines Vorfalls vom gleichen Tag bei der Stadtpolizei Zürich Strafanzeige gegen den Lehrer A.________ wegen Nötigung bzw. Freiheitsberaubung. Nach Einsicht in den Rapport der Stadtpolizei vom 12. Juni 2023 überwies die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat die Strafanzeige auf dem Dienstweg via Oberstaatsanwaltschaft an das Obergericht des Kantons Zürich zum Entscheid über die Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung. Sie führte aus, nach summarischer Prüfung könne ein deliktsrelevanter Verdacht nicht umgehend von der Hand gewiesen werden. B.________ werfe A.________ vor, sie am 17. Mai 2023 um ca. 11.20 Uhr nach dem Deutschunterricht im Unterrichtszimmer zurückgehalten und, nachdem sie beide alleine im Raum gewesen seien, die Zimmertüre von innen verschlossen zu haben. Danach habe er in aufgebrachter Art und Weise mit ihr gesprochen, während sie mehrfach geäussert habe, sie wolle den Raum verlassen, was er nicht erlaubt habe, wodurch sie sich schliesslich ca. 20 bis 25 Minuten gegen ihren Willen in diesem Raum befunden habe. Mit Beschluss vom 15. Januar 2024 erteilte das Obergericht die Ermächtigung. 
 
2.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Februar 2024 beantragt A.________, den Beschluss des Obergerichts vom 15. Januar 2024 aufzuheben und die Ermächtigung nicht zu erteilen. Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen. 
 
3.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines oberen Gerichts über die Erteilung der Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung und damit in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit; der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. e BGG kommt nicht zur Anwendung (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 269 E. 1.3.1 f.). 
Der Entscheid schliesst das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht ab, sondern ermöglicht vielmehr dessen Durchführung. Es handelt sich somit nicht um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, sondern um einen Zwischenentscheid gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG. Gegen derartige Zwischenentscheide ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Dabei ist es Sache der beschwerdeführenden Partei, das Vorliegen der Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG darzutun, sofern dies nicht auf der Hand liegt (vgl. BGE 142 V 26 E. 1.2). 
Der Beschwerdeführer äussert sich zu den betreffenden Eintretensvoraussetzungen und erachtet jedenfalls diejenigen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ausdrücklich als erfüllt (vgl. nachfolgend E. 4 und 5). 
 
4.  
 
4.1. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss bei der Beschwerde gegen die Erteilung der Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung rechtlicher Natur sein (Urteile 1C_667/2021 vom 16. November 2021 E. 5.1; 1C_313/2021 vom 31. Mai 2021 E. 5; 1C_595/2019 vom 27. Januar 2020 E. 2.1 mit Hinweisen). Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (vgl. BGE 144 IV 127 E. 1.3.1). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (vgl. BGE 142 III 798 E. 2.2).  
 
4.2. Der angefochtene Beschluss führt zwar dazu, dass sich der Beschwerdeführer einem Strafverfahren mit den damit verbundenen Unannehmlichkeiten stellen muss. Die Durchführung eines Strafverfahrens begründet jedoch keinen Nachteil rechtlicher Natur, der mit einem für die beschuldigte Person günstigen Entscheid nicht behoben werden könnte (vgl. BGE 133 IV 139 E. 4; Urteil 1B_489/2017 vom 20. November 2017 E. 1.4 mit Hinweisen). Dass es sich beim fraglichen Strafverfahren um das erste von einer Schülerin/einem Schüler initiierte Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer nach 30-jähriger Berufserfahrung als Lehrer handelt, wie er vorbringt, ändert daran nichts, ebenso wenig, dass die Beschwerdegegnerin, wie er weiter ausführt, gemäss ihren aktenkundigen Aussagen gar nicht an einer Strafverfolgung interessiert sei, sondern ihm lediglich nicht mehr begegnen wolle. Der angefochtene Ermächtigungsentscheid ist demnach unter dem Gesichtspunkt von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht anfechtbar.  
 
4.3. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer der Vorinstanz vorwirft, sie habe die in seiner Stellungnahme im vorinstanzlichen Verfahren enthaltene Angabe zur Pausendauer nicht berücksichtigt, und insofern eine Gehörsverletzung bzw. eine "Rechtsverweigerung/ungerechtfertigte Rechtsverzögerung" rügt. Zwar verzichtet des Bundesgericht bei Beschwerden gegen Zwischenentscheide grundsätzlich auf das Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils, wenn die beschwerdeführende Person eine Rechtsverweigerung oder eine ungerechtfertigte Rechtsverzögerung rügt (vgl. BGE 143 I 344 E. 1.2; 138 IV 258 E. 1.1; 135 III 127 E. 1.3; Urteil 1C_667/2021 vom 16. November 2021 E. 5.1) bzw. wenn mit der Beschwerde eine formelle Rechtsverweigerung in der Form der Verweigerung oder Verzögerung eines Rechtsanwendungsaktes gerügt wird (vgl. BGE 143 IV 175 E. 2.3; Urteil 1C_595/2019 vom 27. Januar 2020 E. 2.2 mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Praxis rechtfertigt eine allfällige Gehörsverletzung im Ermächtigungsverfahren jedoch kein Absehen vom Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da die beschuldigte Person im Rahmen der Strafuntersuchung ihre vollen Verteidigungsrechte wahrnehmen können wird (vgl. Urteile 1C_667/2021 vom 16. November 2021 E. 5.1; 1C_313/2021 vom 31. Mai 2021 E. 5; 1C_595/2019 vom 27. Januar 2020 E. 2.2).  
 
5.  
 
5.1. Bei Gutheissung der vorliegenden Beschwerde läge ein Endentscheid vor. Somit stellt sich die Frage, ob damit ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Das Bundesgericht legt diese Voraussetzung im Strafverfahren restriktiv aus (vgl. BGE 133 IV 288 E. 3.2; Urteil 6B_799/2018 vom 29. Januar 2019 E. 1.3). Die Aufwendungen müssen über diejenigen eines gewöhnlichen Strafverfahrens hinausgehen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein komplexes oder gar mehrere Gutachten eingeholt, zahlreiche Zeuginnen und Zeugen befragt oder eine rogatorische Einvernahme im entfernten Ausland durchgeführt werden müssten (Urteil 6B_799/2018 vom 29. Januar 2019 E. 1.3 mit Hinweis).  
 
5.2. Der Beschwerdeführer bringt zwar vor, das durchzuführende Strafverfahren erscheine sowohl rechtlich als auch tatsächlich besonders komplex und wäre mit hohen Kosten und ausserordentlichen Aufwänden und Beeinträchtigungen von Kindern und Jugendlichen verbunden. Er macht dabei insbesondere geltend, dass verschiedene Zeugeneinvernahmen, namentlich mit Schülerinnen und Schülern, durchzuführen wären und die Beschwerdegegnerin für die Befragung mit ihren Eltern aus der Westschweiz anreisen müsste und ein Dolmetscher hinzuzuziehen wäre. Auch führt er an, die Beschwerdegegnerin habe klar tatsachenwidrig ausgesagt, sie habe sich während 20 bis 25 Minuten gegen ihren Willen im Unterrichtszimmer befunden, und habe im Weiteren gegenüber der Polizei klar zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Strafverfolgung wünsche. Das vorliegend durchzuführende Strafverfahren erscheint indes weder mit Blick auf den abzuklärenden Sachverhalt noch mit Blick auf die sich stellenden Rechtsfragen besonders komplex. Dass es zu Aufwendungen führen wird, die über diejenigen eines gewöhnlichen Strafverfahrens hinausgehen, bzw. zu aussergewöhnlich hohen Kosten oder zu ausserordentlich umfangreichen Beweiserhebungen, ergibt sich weder aus den Vorbringen des Beschwerdeführers noch liegt solches sonst nahe, auch wenn namentlich gewisse Zeugeneinvernahmen durchzuführen sein mögen, mit denen unter anderem ein gewisser Koordinationsbedarf einhergeht. Die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sind somit ebenfalls nicht erfüllt.  
 
6.  
Nach dem Ausgeführten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.--- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. März 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur