4A_449/2023 02.05.2024
Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_449/2023  
 
 
Urteil vom 2. Mai 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hohl, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Kistler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Theodor Georg Seitz, Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Advokat Reto Gantner, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Abweisung des Gesuchs um schriftliche Begründung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn, Zivilkammer, vom 20. Juli 2023 (ZKBES.2023.85). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 14. Juli 2021 reichte A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin), vertreten durch Rechtsanwalt Theodor G. Seitz (Rechtsvertreter), gegen B.________ (Beklagte, Beschwerdegegnerin) wegen Forderungen aus einem Mietvertrag Klage beim Richteramt Dorneck-Thierstein ein. Zur Hauptverhandlung am 14. April 2023 ist die Klägerin nicht erschienen. Mit Urteil vom 17. April 2023 hat das Richteramt die Klage abgewiesen. Das mit Gerichtsurkunde versandte Urteilsdispositiv wurde von der Klägerin nicht abgeholt und in der Folge zusätzlich per A-Post versandt. Mit Verfügung vom 2. Mai 2023 stellte das Richteramt fest, das Urteil sei nicht abgeholt worden, obwohl die Klägerin gültig über das Verfahren in Kenntnis gesetzt worden sei, weshalb das Urteil am 28. April 2023 als zugestellt gelte. Mit Schreiben vom 6. Juni 2023 erkundigte sich die Klägerin beim Richteramt über den Verfahrensstand, worauf das Richteramt das rechtskräftige Urteil der Klägerin zustellte. Mit Eingabe vom 20. Juni 2023 verlangte die Klägerin die schriftliche Begründung des Urteils. Mit Verfügung vom 22. Juni 2023 stellte das Richteramt den Ablauf der zehntägigen Frist zur Beantragung der schriftlichen Begründung und damit die Rechtskraft des Urteils fest. 
 
B.  
Gegen diese Verfügung erhob die Klägerin Beschwerde beim Obergericht des Kantons Solothurn und beantragte, die Verfügung sei aufzuheben, das Urteil schriftlich zu begründen und ihr zuzustellen. Mit Urteil vom 20. Juli 2023 wies das Obergericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Zustellungsfiktion sei vorliegend anwendbar, da die Klägerin Kenntnis vom Verfahren gehabt habe, mit einer Zustellung habe rechnen müssen und während des gesamten Verfahrens keine Adressänderung ihres Rechtsvertreters mitgeteilt habe. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen (eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde) beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht im Wesentlichen, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuwei sen. Die Verfügung des Richteramtes sei aufzuheben und das Richteramt habe für eine Hauptverhandlung neu vorzuladen. Zudem ersuchte sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. 
Mit Verfügung vom 30. November 2023 wurde das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren abgewiesen. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen den Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 BGG) über ein Gesuch um schriftliche Begründung eines erstinstanzlichen Entscheids (Art. 239 ZPO). Indem das Obergericht die erstinstanzliche Abweisung des Gesuchs bestätigt, wird der Beschwerdeführerin im Ergebnis der Rechtsmittelweg in der Sache abgeschnitten. Die Beschwerdeführerin kann den Entscheid somit nicht mehr weiterziehen (Art. 239 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl. Urteile 5A_253/2013 vom 12. August 2013 E. 1.1; 5D_160/2014 vom 26. Januar 2015 E. 1.2). Der angefochtene Entscheid ist also ein Endentscheid (Art. 90 BGG). Das Gesuch um schriftliche Urteilsbegründung steht im Zusammenhang mit einer Forderung aus einem Mietvertrag. Der Streitwert dieser vermögensrechtlichen Angelegenheit beträgt nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz Fr. 15'000.--, womit das gesetzliche Streitwerterfordernis von Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt und die Beschwerde in Zivilsachen das zulässige Rechtsmittel ist.  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin beantragt vor Bundesgericht neu, das Richteramt habe für eine Hauptverhandlung vorzuladen. Das neue Begehren ist unzulässig (Art. 99 Abs. 2 BGG), weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht einzutreten ist.  
 
1.3. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist daher - unter Vorbehalt einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) - einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86; 115 E. 2).  
Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 115 E. 2; 86 E. 2). 
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 II 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1). 
 
2.3. Soweit die Beschwerdeführerin die vorinstanzliche Beweiswürdigung rügt, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesgericht in diese nur eingreift, wenn sie willkürlich ist. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen wäre, sondern bloss, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen). Die Beweiswürdigung ist mithin nicht schon dann willkürlich, wenn sie nicht mit der Darstellung der Beschwerdeführerin übereinstimmt, sondern bloss, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 135 II 356 E. 4.2.1). Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 149 III 264 E. 2.3; 137 III 226 E. 4.2; 136 III 552 E. 4.2). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid zudem nur auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 141 III 564 E. 4.1; 140 III 16 E. 2.1; je mit Hinweisen). Inwiefern die Beweiswürdigung willkürlich sein soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 134 III 244 E. 2.2). Namentlich genügt es nicht, einzelne Beweise anzuführen, die anders als im angefochtenen Entscheid gewichtet werden sollen, und dem Bundesgericht in appellatorischer Kritik die eigene Auffassung zu unterbreiten, als ob diesem freie Sachverhaltsprüfung zukäme (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; 116 Ia 85 E. 2b).  
 
3.  
Diesen Begründungsanforderungen genügt die Beschwerde über weite Strecken nicht. Die Beschwerdeführerin schildert in ihren Ausführungen frei ihre eigene Sicht der Dinge und ergänzt damit den durch die Vorinstanz festgestellten Sachverhalt nach Belieben. Dabei macht sie wiederholt geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt "unzutreffend", "offensichtlich unrichtig", "tatsachenwidrig" oder "willkürlich" festgestellt. Sie zeigt jedoch weder hinreichend auf, inwiefern sie ihre Tatsachenbehauptungen oder Beweismittel bereits vor den Vorinstanzen prozesskonform geltend gemacht hat, noch inwiefern die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis offensichtlich unhaltbar sein sollen. Ihre Beanstandungen des durch die Vorinstanz festgestellten Sachverhalts genügen somit in keiner Weise den hohen Begründungsanforderungen an eine Willkürrüge. Es ist daher vollumfänglich vom Sachverhalt auszugehen, wie ihn die Vorinstanz festgestellt hat, und die Beschwerdeführerin ist nicht zu hören, soweit sie ihre Rügen auf einen Sachverhalt stützt, der in den Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils keine Grundlage findet. 
 
4.  
Umstritten ist, ob der erstinstanzliche Entscheid der Beschwerdeführerin rechtskonform eröffnet wurde und damit das Gesuch um schriftliche Begründung des erstinstanzlichen Entscheids nach Ablauf der zehntägigen Frist von Art. 239 Abs. 2 ZPO erfolgt ist. 
 
4.1. Die Beschwerdeführerin macht wiederholt geltend, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer gesetzeskonformen Eröffnung des erstinstanzlichen Urteils ausgegangen. Im Wesentlichen macht sie geltend, die korrekte Zustelladresse sei die C.________ AG, U.________strasse, V.________, was dem Gericht aufgrund der Anwaltskorrespondenz bekannt gewesen sei. Sie habe nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darauf vertrauen dürfen, dass die neue Adresse im System der Erstinstanz hinterlegt sei. Die Zustellung der Vorladung sowie des Urteilsdispositivs sei jedoch an folgende falsche Adresse erfolgt: D.________ AG, W.________strasse, X.________. Der Empfänger der gerichtlichen Zustellungen (Herr E.________) sei auch keine zur Zustellung bevollmächtigte Person und stehe in keiner Beziehung zur C.________ AG. Sie und ihr Rechtsvertreter hätten demnach keine Kenntnis von der Vorladung, der Hauptverhandlung, des Urteils oder der Urteilszustellung gehabt. Mithin könne auch nicht die Zustellungsfiktion von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO greifen. Dementsprechend sei keine rechtmässige Zustellung an den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erfolgt. Das Urteil vom 17. April 2023 sei ihr demnach auch erst am 19. Juni 2023 zugestellt worden, weshalb die Frist zur Beantragung einer Urteilsbegründung gewahrt worden sei.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Gemäss Art. 239 Abs. 1 ZPO kann das Gericht seinen Entscheid ohne schriftliche Begründung eröffnen. Eine schriftliche Begründung ist jedoch nachzuliefern, wenn eine Partei dies innert zehn Tagen seit der Eröffnung des Entscheids verlangt. Wird keine Begründung verlangt, so gilt dies als Verzicht auf die Anfechtung des Entscheids mit Berufung oder Beschwerde (Art. 239 Abs. 2 ZPO). Dabei wird eine Frist mit der gerichtlichen Zustellung einer Urkunde ausgelöst, wenn diese in der vom Gesetz gemäss Art. 138 ff. ZPO vorgesehenen Weise vorgenommen worden ist (Urteil 5A_117/2017 vom 7. Juni 2017 E. 2.3).  
 
 
4.2.2. Nach Art. 136 ZPO stellt das Gericht insbesondere Vorladungen, Verfügungen, Entscheide und Eingaben der Gegenpartei den betroffenen Personen zu. Die Zustellung erfolgt dabei an die dem Gericht bekannte Adresse des Adressaten (JULIA GSCHWEND, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 3 zu Art. 138 ZPO). Ist eine Partei vertreten, so erfolgt die Zustellung an die Vertretung (Art. 137 ZPO).  
 
4.2.3. Gemäss Art. 138 Abs. 1 ZPO erfolgt die Zustellung von Vorladungen, Verfügungen und Entscheiden durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung. Die Sendung ist dem Adressaten selber, oder falls das Gericht keine persönliche Zustellung anordnet, einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens sechzehnjährigen Person auszuhändigen (Art. 138 Abs. 2 ZPO). Zulässig ist selbstredend auch die Zustellung an eine vom Adressaten zur Entgegennahme der Sendung bevollmächtigte Drittperson; die Zustellung ist diesfalls mit der Aushändigung an den Bevollmächtigten erfolgt (Urteil 5A_716/2020 vom 7. Mai 2021 E. 3.1). Stellt das Gericht eine Vorladung, eine Verfügung oder einen Entscheid durch eingeschriebene Postsendung zu und wird die Postsendung nicht abgeholt, so gilt die Zustellung am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt, sofern der Adressat mit einer Zustellung rechnen musste (Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO; sog. Zustell- oder Zustellungsfiktion).  
Diese Fiktion beruht auf der Pflicht der Parteien, sich nach Treu und Glauben zu verhalten, d.h. insbesondere dafür zu sorgen, dass ihnen die verfahrensrelevanten Entscheidungen zugestellt werden können. Diese Pflicht entsteht mit der Begründung des Prozessrechtsverhältnisses und gilt für die Dauer des Verfahrens, sofern die Parteien mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit der Zustellung einer Amtshandlung rechnen müssen (BGE 138 III 225 E. 3.1; Urteil 4A_280/2021 vom 25. März 2022 E. 4.1.1). Wer weiss, Partei eines Gerichtsverfahrens zu sein und daher die Zustellung amtlicher Akte erwarten muss, ist nach ständiger Rechtsprechung gehalten, ihre Post abzuholen oder, wenn sie von ihrem Wohnsitz abwesend ist, dafür zu sorgen, dass sie ihr trotzdem zukommt. Eine solche Pflicht bedeutet, dass die Adressatin gegebenenfalls einen Vertreter bestimmen, ihre Post nachsenden lassen, die Behörden über ihre Abwesenheit informieren oder ihnen eine Zustelladresse angeben muss (Urteil 4A_280/2021 E. 4.1.1; vgl. auch BGE 146 IV 30 E. 1.1.2; 141 II 429 E. 3.1). Im Falle einer Adressänderung während des Verfahrens ist die Partei bzw. ihr Rechtsvertreter daher verpflichtet, alle notwendigen Schritte vorzunehmen, um sicherzustellen, dass das Urteil bei ihr ankommt (Urteil 4A_280/2021 E. 4.3.1; vgl. auch BGE 101 Ia 332 E. 3). Die Adressatin kann sich nach Treu und Glauben auch nur dann auf einen Zustellungsfehler berufen, wenn sie von der gerichtlichen Sendung nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt hat (Urteil 5A_268/2012 vom 12. Juli 2012 E. 3.1). 
 
4.3.  
 
4.3.1. Den Feststellungen der Vorinstanz lässt sich entnehmen, dass sich aus der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 21. Januar 2022 erstmals ergab, dass ihr Rechtsvertreter sein Büro von X.________ nach V.________ verlegt hatte. Allerdings wurden weiterhin Gerichtsurkunden an die alte Adresse versandt und dort von einer durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin bevollmächtigten Person entgegengenommen. Obwohl die Beschwerdeführerin somit in ihren Rechtsschriften die neue Adresse angab, wurden Gerichtsurkunden (konkret die Vorladung) weiterhin an die alte Adresse gesandt und dort von einer empfangsberechtigten Person im Sinne von Art. 138 Abs. 2 ZPO entgegengenommen. Die Beschwerdeführerin hatte auch Kenntnis von diesen Urkunden, weshalb sie sich in Bezug auf diese Urkunden ohnehin nicht auf eine fehlerhafte Zustellung berufen kann (vgl. E. 4.2.3 hiervor).  
Die Beschwerdeführerin hatte bereits aufgrund ihrer Stellung als klagende Partei ohne weiteres Kenntnis vom Verfahren. Darüber hinaus musste ihr spätestens mit der rechtsgültigen Zustellung der Vorladung an die empfangsbevollmächtigte Person an ihre alte Adresse bewusst sein, dass trotz der Angabe der neuen Adresse in ihren Rechtsschriften weiterhin Gerichtsurkunden an die alte Adresse zugestellt wurden. Sie musste daher mit der Zustellung weiterer Gerichtsurkunden an ihre alte Adresse rechnen und durfte nicht darauf vertrauen, dass ihr die weiteren Gerichtsurkunden und damit auch das Urteil an die neue Adresse zugestellt würden. Vielmehr wäre sie nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, alle notwendigen Schritte vorzunehmen, um sicherzustellen, dass das Urteil sie erreicht (vgl. E. 4.2.3). Sie hat es aber gerade unterlassen, weitere Schritte vorzunehmen, wie z.B. eine explizite Adressänderung zu beantragen oder eine fehlerhafte Zustellung zu rügen. Die Vorinstanz hat deshalb zu Recht die Zustellfiktion gemäss Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO bejaht. 
 
4.3.2. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich eine Verletzung von Art. 148 ZPO bzw. des Verbots des überspitzten Formalismus rügt, weil die Vorinstanz eine Fristwiederherstellung abgelehnt habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Fristwiederherstellung nach Art. 148 ZPO setzt voraus, dass die säumige Partei innert zehn Tagen nach Wegfall des Grundes für die Säumnis ein Fristwiederherstellungsgesuch stellt und glaubhaft macht, dass sie an der Säumnis kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft. Dabei hat die Gesuchstellerin die materiellen Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 148 ZPO glaubhaft zu machen und trägt dafür auch die Beweislast (Urteil 5A_927/2015 vom 22. Dezember 2015 E. 5.1; mit Hinweisen). Gemäss den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin keine Wiederherstellungsgründe geltend gemacht. Dementsprechend kann auch keine Verletzung von Bundesrecht darin erkannt werden, dass die Vorinstanz keine Fristwiederherstellung im Sinne von Art. 148 ZPO gewährt hat.  
 
4.3.3. Mit Ablauf der siebentägigen Abholfrist, d.h. am 28. April 2023, galt der Entscheid somit aufgrund der Zustellfiktion von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO als zugestellt. Die zehntägige Frist nach Art. 239 Abs. 2 ZPO begann am 29. April 2023 zu laufen und endete am 8. Mai 2023. Das Gesuch der Beschwerdeführerin um Ausfertigung einer schriftlichen Urteilsbegründung erfolgte somit nach Ablauf der genannten Frist.  
 
4.4. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich pauschal eine Verletzung des Rechts auf ein faires und unparteiliches Verfahren (Art. 6 EMRK) bzw. ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) rügt, legt sie eine Verletzung dieser Bestimmungen durch die Vorinstanz nicht ansatzweise dar. Vielmehr begnügt sie sich mit einer blossen Aufzählung dieser Normen und der pauschalen Behauptung einer Verletzung. Damit genügt sie den dargelegten Anforderungen an die Beschwerdebegründung nicht (vgl. E. 2.1 hiervor), weshalb insoweit auf ihre Beschwerde nicht einzutreten ist.  
 
4.5. Insgesamt hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie davon ausgegangen ist, dass das erstinstanzliche Urteil gestützt auf die Zustellungsfiktion von Art. 138 Abs. 3 lit. a ZPO am 28. April 2023 der Beschwerdeführerin rechtsgültig zugestellt wurde und der Antrag der Beschwerdeführerin um schriftliche Urteilsbegründung gemäss Art. 239 Abs. 2 ZPO somit verspätet war. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann.  
 
5.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet, da der Beschwerdegegnerin mangels Einholung einer Beschwerdeantwort kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden ist. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. Mai 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Kistler