6B_531/2023 26.05.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_531/2023  
 
 
Urteil vom 26. Mai 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Andres. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafbefehl; Vorladung zur Hauptverhandlung; unentschuldigtes Fernbleiben von der Hauptverhandlung, Rückzug der Einsprache; unentgeltliche Rechtspflege; Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen die Entscheide des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 13. März 2023 (SBE.2023.1 und SBE.2023.5). 
 
 
Die Präsidentin zieht in Erwägung:  
 
1.  
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau büsste den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 19. April 2022 wegen verschiedener Delikte mit Fr. 300.-- und auferlegte ihm die Verfahrenskosten. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer sinngemäss Einsprache, woraufhin die Oberstaatsanwaltschaft den Strafbefehl zur Durchführung des Hauptverfahrens an das Bezirksgericht Aarau überwies. 
Mit Verfügung vom 14. Dezember 2022 ordnete der Präsident des Bezirksgerichts Aarau unter anderem die Befragung des Beschwerdeführers an und lud ihn zur Hauptverhandlung auf den 23. Januar 2023 vor. Der Beschwerdeführer erhob am 20. Januar 2023 (Posteingang am 24. Januar 2023) beim Obergericht des Kantons Aargau Beschwerde gegen diese Vorladung und beantragte unter anderem, die Verfügung sei aufzuheben sowie nichtig zu erklären und ihm sei ex tunc die unentgeltliche Prozessführung gemäss Art. 29 Abs. 3 BV zu gewähren. Das Obergericht trat am 13. März 2023 nicht auf die Beschwerde ein und wies das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab. 
Der Präsident des Bezirksgerichts Aarau schrieb am 23. Januar 2023 das Verfahren gegen den Beschwerdeführer infolge Rückzugs der Einsprache als erledigt ab, nachdem der Beschwerdeführer nicht zur Hauptverhandlung erschienen war. Auch hiergegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau unter anderem mit den Anträgen, die Verfügung sei aufzuheben sowie nichtig zu erklären und ihm sei ex tunc die unentgeltliche Prozessführung gemäss Art. 29 Abs. 3 BV zu gewähren. Das Obergericht trat auch auf diese Beschwerde am 13. März 2023 nicht ein und wies das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ab. 
Der Beschwerdeführer wendet sich an das Bundesgericht und beantragt unter anderem, die beiden obergerichtlichen Entscheide seien aufzuheben und für nichtig zu erklären. Ferner ersucht er sinngemäss um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
2.  
Grund für eine Sistierung des vorliegenden Verfahrens besteht nicht. Das (allfällige) Gesuch ist bzw. wäre abzuweisen. 
 
3.  
Das Bundesgericht hat die das vorliegende Verfahren betreffenden kantonalen Akten beigezogen. Der Beizug weiterer Akten erscheint hingegen nicht notwendig. 
 
4.  
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Beschwerde an das Bundesgericht ein Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Beschwerdebegründung ist laut Art. 42 Abs. 2 BGG in gedrängter Form unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt. Um diesem Erfordernis zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür; vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). 
 
5.  
Verfahrensgegenstand sind vorliegend einzig die beiden vorinstanzlichen Entscheide (Art. 80 Abs. 1 BGG). Die Vorinstanz tritt auf die Beschwerde gegen die Verfügung vom 14. Dezember 2022 (Vorladung) nicht ein, weil die Beschwerde einerseits verspätet sei und andererseits die Vorladung als verfahrensleitende Anordnung grundsätzlich nicht angefochten werden könne. Auf die Beschwerde gegen die Verfügung vom 23. Januar 2023 tritt die Vorinstanz mangels hinreichender Begründung nicht ein, hält jedoch ergänzend fest, dass die Beschwerde im Übrigen abzuweisen wäre, da das Verhalten des Beschwerdeführers als Desinteresse am weiteren Gang des Strafverfahrens zu werten sei und die erste Instanz das Verfahren zu Recht infolge Rückzugs der Einsprache abgeschrieben habe. Es kann vor Bundesgericht daher nur um die Fragen gehen, ob die Vorinstanz zu Recht auf die kantonalen Beschwerden des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist, mithin ob seine Beschwerde gegen die Vorladung verspätet war und jene gegen die Abschreibungsverfügung wegen Rückzugs der Einsprache den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht genügte und das Absehen von einer Nachfrist rechtmässig war bzw. ob die Vorinstanz im Sinne einer Alternativbegründung ohne Rechtsverletzung von einem Desinteresse des Beschwerdeführers am weiteren Gang des Strafverfahrens ausgeht. Soweit sich der Beschwerdeführer zu Begebenheiten oder Verfahren äussert, die nicht den obgenannten Verfahrensgegenstand betreffen, er insbesondere den Strafbefehl, die Verfügungen des erstinstanzlichen Gerichts oder andere Entscheide kritisiert oder sich über eine angeblich nicht korrekte Behandlung durch Amtspersonen sowie Behördenmitglieder beklagt oder in seiner als "Beschwerde/Klage/Widerklage und Strafanzeigen" bzw. "Verfassungsbeschwerde, Staatsrechtliche Beschwerde, Menschenrechtsklage und Völkerrechtsklage" bezeichneten Eingabe Strafanzeigen erhebt, kann auf seine Beschwerde von Vornherein nicht eingetreten werden. Im Übrigen ist das Bundesgericht für die Entgegennahme und Behandlung von (allfälligen) Strafanzeigen ebenso wenig zuständig, wie für die Einleitung von Amtsenthebungsverfahren. 
Was den eigentlichen Verfahrensgegenstand betrifft, genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen nicht. Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, insgesamt 26 "Rechtsbegehren und Anträge" zu stellen, verschiedene Bestimmungen aus Gesetzen und Staatsverträgen aufzuzählen und als verletzt zu rügen sowie auszuführen, dass die vorinstanzlichen Gerichte "unzuständig, unzulässig" und deren Entscheide sowie Verfügungen "kriminell" seien, sowie verschiedenen Behördenmitgliedern eine Vielzahl von Straftaten vorzuwerfen. Demgegenüber setzt er sich mit der vorinstanzlichen Begründung sowie den Anforderungen von Art. 385 Abs. 1 und 2 StPO betreffend Beschwerdebegründung sowie Nachfrist und von Art. 396 Abs. 1 i.V.m. Art. 384 lit. b und Art. 90 Abs. 1 sowie 2 StPO betreffend Einhaltung der Beschwerdefrist nicht im Geringsten auseinander. Ebenso wenig legt er hinsichtlich der Verweigerung der amtlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtspflege sowie der Verlegung der Gerichtskosten dar, inwiefern die vorinstanzliche Einschätzung, es handle sich um einen Bagatellfall, er habe seine Mittellosigkeit nicht belegt und von ihm sei in den kantonalen Beschwerdeverfahren kein Kostenvorschuss einverlangt worden, rechtsverletzend (vgl. Art. 29 Abs. 3 BV; Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO) sein könnte oder inwiefern die Vorinstanz die Bestimmung von Art. 428 Abs. 1 StPO oder eine andere Gesetzesnorm unrichtig angewandt haben soll. Insgesamt geht aus der Eingabe des Beschwerdeführers nicht ansatzweise hervor, dass und inwiefern die Vorinstanz mit ihren Nichteintretensentscheiden geltendes Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt haben könnte. Auf die Beschwerde ist mangels einer tauglichen Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. 
 
6.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde von vornherein aussichtslos, weshalb das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Mai 2023 
 
Im Namen der Strafrechtliche Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Andres