7B_596/2023 04.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_596/2023, 7B_698/2023  
 
 
Urteil vom 4. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, als Einzelrichterin, 
Gerichtsschreiber Stadler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
7B_596/2023 
A.B.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
und 
 
7B_698/2023 
C.B.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden, Postfach 1561, 6060 Sarnen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Bestellung amtliche Verteidigung; Nichteintreten, 
 
Beschwerden gegen die Beschlüsse des Obergerichts des Kantons Obwalden vom 30. August 2023 
(BS 23/022+023/PR4). 
 
 
Die Einzelrichterin zieht in Erwägungen:  
 
1.  
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden verurteilte A.B.________ und C.B.________ je mit Strafbefehl vom 26. Oktober 2022 wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen à Fr. 30.--, bedingt vollziehbar, bei einer Probezeit von zwei Jahren und zu einer Busse von Fr. 240.--. Je mit Schreiben vom 31. Oktober 2022 erhoben A.B.________ und C.B.________ vorsorglich Einsprache gegen die Strafbefehle und beantragten eine amtliche Verteidigung. Gleichentags verfügte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Strafverfahrens gegen C.B.________ wegen Hausfriedensbruchs. Dagegen erhob die Privatklägerschaft am 4. November 2022 Beschwerde. Mit Beschluss vom 25. Januar 2023 hiess das Obergericht des Kantons Obwalden die Beschwerde gut und hob die Teileinstellungsverfügung vom 26. Oktober 2022 auf. Im Weiteren wies die Staatsanwaltschaft die Gesuche von A.B.________ und C.B.________ um amtliche Verteidigung je mit Verfügung vom 12. April 2023 ab. Die gegen diese Verfügungen erhobenen Beschwerden von A.B.________ und C.B.________ wurden vom Obergericht mit Beschlüssen vom 30. August 2023 abgewiesen, soweit es jeweils darauf eintrat. 
 
2.  
A.B.________ (nachfolgend: die Beschwerdeführerin) und C.B.________ (der Beschwerdeführer) gelangen mit Eingabe vom 10. September 2023 ans Bundesgericht und beantragen sinngemäss, die Beschlüsse des Obergerichts vom 30. August 2023 seien aufzuheben und ihnen sei die amtliche Verteidigung zu gewähren. 
 
3.  
Da den Beschwerden ein ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt und sich dieselben Rechtsfragen stellen, rechtfertigt es sich vorliegend, die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen. 
 
4.  
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Beschwerde an das Bundesgericht ein Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Beschwerdebegründung ist nach Art. 42 Abs. 2 BGG in gedrängter Form unter Bezugnahme auf den angefochtenen Entscheid darzulegen, inwiefern dieser Recht verletzt. Um diesem Erfordernis zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2; 140 III 86 E. 2). Für die Rüge der Verletzung von Grundrechten, einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG), gelten qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). 
 
5.  
 
5.1. Die Vorinstanz hielt jeweils fest, aufgrund der für die Beschwerdeführerin bzw. den Beschwerdeführer je zu erwartenden Strafe (bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen und Busse von Fr. 240.--) werde die in Art. 132 Abs. 3 StPO erwähnte Bagatellgrenze nicht überschritten. Die jeweils drohende Strafe bewege sich damit grundsätzlich im Rahmen eines Bagatellfalles. Es handle sich jeweils aber nicht um einen offensichtlichen Bagatellfall (nur Busse und geringfügige Freiheitsstrafe), womit der verfassungsmässige Anspruch auf amtlichen Rechtsbeistand nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne. Es sei somit je von einem relativ schweren Fall auszugehen, und es müsse geprüft werden, ob aufgrund der Umstände die Gewährung der amtlichen Verteidigung zur Wahrung der Interessen der Beschwerdeführerin bzw. des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO geboten sei. Es müssten somit besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen die Beschwerdeführerin bzw. der Beschwerdeführer ohne Verteidigung nicht gewachsen wäre. Die der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer je vorgeworfene üble Nachrede weise in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht jeweils keine besonderen Schwierigkeiten auf. Auch der dem Beschwerdeführer zusätzlich vorgehaltene Vorwurf des Hausfriedensbruchs sei leicht überschaubar und verständlich. Im Übrigen sei die (selbe) Privatklägerin im jeweiligen Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin bzw. den Beschwerdeführer zwar anwaltlich vertreten, dies begründe jedoch keinen absoluten Anspruch auf eine amtliche Verteidigung. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern sich die Privatklägerin durch den Beizug eines privaten Anwalts jeweils einen erheblichen Vorteil verschafft habe, der es nötig machen würde, der Beschwerdeführerin bzw. dem Beschwerdeführer zur Wahrung der Waffengleichheit einen amtlichen Verteidiger zu bestellen. Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer würden denn auch nicht behaupten, dass im Sinne der Waffengleichheit eine amtliche Verteidigung jeweils geboten wäre.  
 
5.2. Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer setzen sich in der Beschwerdeschrift nicht ansatzweise mit den angefochtenen Beschlüssen der Vorinstanz auseinander. Was an deren jeweiligen Erwägungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht fehlerhaft sein sollte, ergibt sich aus den Beschwerden nicht. Soweit sich die Äusserungen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers überhaupt auf den Gegenstand der vorliegenden Beschwerdeverfahren beziehen, legen sie nicht dar, dass die Vorinstanz bei ihren tatsächlichen Feststellungen in Willkür verfallen wäre und/oder beim von ihr festgestellten Sachverhalt gegen das Recht verstossen hätte. Damit kommen die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer den Begründungsanforderungen nicht nach. Der Begründungsmangel ist jeweils offensichtlich (Art. 42 Abs. 2, Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
6.  
Auf die Beschwerden ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Soweit die Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführer je ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege stellen, sind diese infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihrer finanziellen Lage ist mit je reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Einzelrichterin:  
 
1.  
Die Verfahren 7B_596/2023 und 7B_698/2023 werden vereinigt. 
 
2.  
Auf die Beschwerden wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege werden abgewiesen. 
 
4.  
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin und dem Beschwerdeführer, je in der Höhe von Fr. 400.--, auferlegt. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Obwalden schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Einzelrichterin: Koch 
 
Der Gerichtsschreiber: Stadler