1B_94/2023 04.05.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_94/2023  
 
 
Urteil vom 4. Mai 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Kölz, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg, Postfach 1638, 1701 Freiburg. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; amtliche Verteididung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Strafkammer, vom 19. Dezember 2022 (502 2022 262). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Strafbefehl vom 26. Oktober 2022 sprach die Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg A.________ der Sachentziehung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 30.-- sowie einer Busse von Fr. 100.--. A.________ erhob dagegen Einsprache. Ausserdem ersuchte er um Bestellung einer amtlichen Verteidigung, da er mittellos sei. Dieses Gesuch wies die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 7. November 2022 ab. 
 
B.  
Gegen die Verweigerung der amtlichen Verteidigung gelangte A.________ mit Beschwerde an das Kantonsgericht Freiburg. Mit Urteil vom 19. Dezember 2022 (eröffnet am 21. Januar 2023) wies dieses das Rechtsmittel ab. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 12. Februar 2023 erhebt A.________ Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt sinngemäss die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts und die Bestellung einer amtlichen Verteidigung. 
Die Staatsanwaltschaft und das Kantonsgericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. A.________ hat sich nicht mehr geäussert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Fristgerecht (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG) angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher, selbständig eröffneter Zwischenentscheid eines oberen Gerichts in einer Strafsache, der für den Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann, da er die Abweisung des Gesuchs um Anordnung einer amtlichen Verteidigung bestätigt. Gegen diesen Entscheid steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht offen (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 140 IV 202 E. 2.2; 133 IV 335 E. 4; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer ist zudem nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in Strafsachen kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person geltend macht und begründet, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Die Beschwerde muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen; rein appellatorische Kritik reicht nicht aus. Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde zwar geltend, der bisherige Verfahrensverlauf habe gezeigt, dass er ohne Rechtsbeistand nicht zu einem Recht kommen könne und eine amtliche Verteidigung erforderlich sei. Zudem verneint er sinngemäss einen Bagatellfall. Er setzt sich mit der Begründung des angefochtenen Entscheids jedoch nicht weiter auseinander. Vielmehr schildert er im Wesentlichen bloss seine Sicht des Falls und wirft der in der Sache zuständigen Staatsanwältin vor, sie könne oder wolle ihn nicht verstehen. Damit genügt die Beschwerde grundsätzlich den Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht. Wie nachfolgend dargelegt wird, erweist sie sich jedoch ohnehin als offensichtlich unbegründet. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO ordnet die Verfahrensleitung eine amtliche Verteidigung an, wenn die beschuldigte Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt und die Verteidigung zur Wahrung ihrer Interessen geboten ist. Letzteres trifft namentlich zu, wenn es sich nicht um einen Bagatellfall handelt und der Straffall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, denen die beschuldigte Person allein nicht gewachsen wäre (Art. 132 Abs. 2 StPO). Ein Bagatellfall liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als vier Monaten oder eine Geldstrafe von mehr als 120 Tagessätzen zu erwarten ist (Art. 132 Abs. 3 StPO).  
Bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer amtlichen Verteidigung sind die konkreten Umstände des Einzelfalles massgebend. Je schwerwiegender der Eingriff in die Interessen der betroffenen Person ist, desto geringer sind die Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, und umgekehrt (BGE 143 I 164 E. 3.6 mit Hinweisen; Urteil 1B_510/2022 vom 16. Dezember 2022 E. 3.2). Als Schwierigkeiten, die eine amtliche Verteidigung rechtfertigen können, fallen auch in der betroffenen Person liegende Gründe wie familiäre Interessenkonflikte, Sprachschwierigkeiten, mangelnde Schulbildung oder die Unfähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden, in Betracht (vgl. BGE 138 IV 35 E. 6.3 f.; Urteil 1B_618/2021 vom 15. Februar 2022 E. 3.2; je mit Hinweisen). Selbst in Bagatellfällen kann ausnahmsweise ein Anspruch auf amtliche Verteidigung bestehen, etwa aus Gründen der Waffengleichheit oder falls der Ausgang des Verfahrens für die beschuldigte Person eine besondere Tragweite aufweist, zum Beispiel wenn der Entzug einer Berufsausübungsbewilligung oder der elterlichen Sorge droht (Urteile 1B_24/2023 vom 24. Februar 2023 E. 2.2; 1B_510/2022 vom 16. Dezember 2022 E. 3.1; 1B_618/2021 vom 15. Februar 2022 E. 3.3; je mit Hinweisen). 
 
2.2. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit Strafbefehl vom 26. Oktober 2022 zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen (zu je Fr. 30.--) und einer Busse von Fr. 100.-- verurteilt worden. Der Fall weise zudem weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten auf, denen der Beschwerdeführer allein nicht gewachsen wäre. So sei dieser insbesondere in der Lage gewesen, gegen den Strafbefehl Einsprache und gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 7. November 2022 betreffend amtliche Verteidigung Beschwerde zu erheben. Schliesslich liege auch keine Ausnahmesituation vor, die eine amtliche Verteidigung des Beschwerdeführers als für die Wahrung seiner Interessen erforderlich erscheinen liesse.  
 
2.3. Die Vorinstanz hat somit den genannten Kriterien für die Bestellung einer amtlichen Verteidigung Rechnung getragen. Ihre Beurteilung, wonach vorliegend keine solche anzuordnen sei, ist nicht zu beanstanden. Mit Blick auf die in Frage stehende Strafe ist von einem Bagatellfall im Sinne von Art. 132 Abs. 2 StPO auszugehen. Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, denen der Beschwerdeführer allein nicht gewachsen wäre, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich, ebenso wenig Umstände, die trotz Vorliegens eines Bagatellfalls ausnahmsweise die Notwendigkeit einer amtlichen Verteidigung zu begründen vermöchten. Damit durfte die Vorinstanz die Abweisung des Gesuchs um Bestellung einer amtlichen Verteidigung durch die Staatsanwaltschaft bestätigen, ohne Bundesrecht zu verletzen. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet (vgl. Art. 109 BGG).  
 
3.  
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Auf eine Kostenauflage ist ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 2 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg und dem Kantonsgericht Freiburg, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. Mai 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Müller 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur