8C_660/2022 25.05.2023
Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_660/2022  
 
 
Urteil vom 25. Mai 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Hochuli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Max B. Berger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 10. Oktober 2022 (VSBES.2022.89). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1973, ist Mutter von zwei Kindern (geboren 1994 und 1996) und seit 14. Dezember 1994 geschieden. Seit Juli 2011 arbeitete sie als kaufmännische Angestellte in der B.________ SA in C.________, zuletzt mit einem Pensum von 80 %. Vom 6. August bis 6. Oktober 2015 war sie infolge einer mittelgradig depressiven Episode in der Klinik D.________ hospitalisiert. Wegen eines Burnouts und einer depressiven Erschöpfung mit voller Arbeitsunfähigkeit seit 10. August 2018 meldete sie sich am 17. Dezember 2018 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach medizinischen Abklärungen und beruflichen Massnahmen sowie gestützt auf das versicherungspsychiatrische Gutachten vom 14. September 2021 des Dr. med. E.________, (fortan: psychiatrisches Gutachten), und dessen ergänzende Stellungnahme vom 3. November 2021 verneinte die IV-Stelle Solothurn (fortan: IV-Stelle oder Beschwerdegegnerin) einen Anspruch auf weitere berufliche Massnahmen und einen Rentenanspruch (Verfügung vom 5. April 2022). 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn ab (Urteil vom 10. Oktober 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, das kantonale Urteil sei aufzuheben und ihr eine Rente zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Einholung eines Obergutachtens und anschliessenden Neuentscheidung über die Beschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Falle der Beschwerdegutheissung sei ihr für das vorinstanzliche Verfahren eine ungekürzte Parteientschädigung von Fr. 6'068.35 zuzusprechen. 
Während die Vorinstanz auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichten die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung. 
Erwägungen: 
 
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4; Urteil 8C_345/2022 vom 12. Oktober 2022 E. 1).  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
1.3. Die gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand, zur gestützt darauf gestellten Diagnose und zur Arbeitsfähigkeit beziehen sich grundsätzlich auf Entscheidungen über Tatfragen, welche das Bundesgericht nur mit eingeschränkter Kognition prüft (BGE 132 V 393 E. 3.2). Gleiches gilt für die konkrete wie auch für die antizipierte Beweiswürdigung (BGE 146 V 240 E. 8.2; 144 V 111 E. 3). Demgegenüber betreffen die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln frei überprüfbare Rechtsfragen (BGE 146 V 240 E. 8.2 mit Hinweisen; Urteil 9C_488/2022 vom 13. März 2023 E. 2.2.2).  
 
1.4. Der Vorinstanz steht als Sachgericht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher Ermessensspielraum zu (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.1 i.f. mit Hinweisen; Urteil 9C_109/2013 vom 9. April 2013 E. 1). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1; zum Begriff der Willkür BGE 144 II 281 E. 3.6.2 mit Hinweisen). Inwiefern das Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3; Urteil 8C_548/2021 vom 25. Februar 2022 E. 7.2.1 i.f. mit Hinweis). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 144 V 50 E. 4.2 i.f. mit Hinweis; vgl. auch BGE 148 IV 205 E. 2.6; Urteil 8C_592/2022 vom 11. April 2023 E. 1.3 mit Hinweis).  
 
2.  
 
2.1. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle gestützt auf das psychiatrische Gutachten am 5. April 2022 verfügte Verneinung eines Leistungsanspruchs bestätigte.  
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), zum Beweiswert von ärztlichen Berichten oder Gutachten, die zu deren Beurteilung erforderlich sind (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a mit Hinweis), zum Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) sowie zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
2.3. Zu ergänzen ist Folgendes: Entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1) ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist. Trifft dies zu, so erfolgt ein allfälliger Wechsel zum neuen stufenlosen Rentensystem je nach Alter der Rentenbezügerin oder des Rentenbezügers gemäss lit. b und c der Übergangsbestimmungen des IVG zur Änderung vom 19. Juni 2020 (Weiterentwicklung der IV; vgl. auch Rz. 9100 ff. des Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] über Invalidität und Rente in der Invalidenversicherung [KSIR]). Steht hingegen ein erst nach dem 1. Januar 2022 entstandener Rentenanspruch zur Diskussion, findet darauf das seit diesem Zeitpunkt geltende Recht Anwendung. Auch nach neuem Recht setzt der Rentenanspruch u.a. voraus, dass die versicherte Person während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig gewesen und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 % invalid ist (vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. b und c IVG; Urteil 9C_488/2022 vom 13. März 2023 E. 2.2.1).  
 
3.  
 
3.1. Laut angefochtenem Urteil vermochte der psychiatrische Gutachter keine Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit zu stellen. Er habe einzig eine neurotische Störung (ICD-10: F48.8) diagnostiziert. Das psychiatrische Gutachten gebe genügend Aufschluss über die nach der Rechtsprechung massgebenden Standardindikatoren (BGE 141 V 281 E. 4.1.3). Die überwiegend rein subjektiven Beschwerden der Versicherten stünden im Vordergrund. Die subjektiv erlebte Minderung der Leistungsfähigkeit sei angesichts der vorhandenen Ressourcen basierend auf den erhobenen, nur leicht ausgeprägten objektivierbaren Defiziten nicht zu begründen, zumal ein erhöhter Begleitungs- und Betreuungsaufwand ausdrücklich verneint werde. Bei Würdigung der Beweislage gemäss den bundesgerichtlichen Richtlinien (vgl. insb. BGE 125 V 351) und unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Natur von Behandlungs- und Begutachtungsauftrag habe der psychiatrische Gutachter die Diagnose einer multiplen Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F44.81) des seit August 2020 behandelnden Psychiaters Dr. med. F.________, nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit bestätigen können. Es fänden sich keine konkreten Indizien, die gegen die Zuverlässigkeit des psychiatrischen Gutachtens sprächen. Dabei sei nicht zu beanstanden, dass der Gutachter mangels ausreichender Hinweise auf eine multiple Persönlichkeitsstörung auf weitere Abklärungen in Form von ergänzenden Testungen abgesehen habe. Lasse sich für die Arbeitsunfähigkeit kein relevantes Leiden mit ausreichender Wahrscheinlichkeit feststellen, wirke sich dies zu Lasten der Beschwerdeführerin aus. Mangels invalidisierender, gesundheitlich begründeter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit habe die Beschwerdegegnerin zu Recht auch einen Anspruch auf weitere berufliche Massnahmen verneint.  
 
3.2. Hiergegen rügt die Beschwerdeführerin eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung. Das psychiatrische Gutachten sei weder schlüssig noch vollständig und genüge den Anforderungen der Rechtsprechung an eine beweiskräftige Expertise nicht, weil der Gutachter die vom behandelnden Psychiater postulierte dissoziative Identitätsstörung (fortan: DIS) weder habe verifizieren noch falsifizieren können. Die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz verletzt, indem sie auf das psychiatrische Gutachten abgestellt habe. "Folglich [müsse] nun ein Gutachten stattfinden von jemandem, der befähigt ist, die Diagnose zu stellen".  
 
4.  
 
4.1. Die bundesgerichtliche Überprüfung der vorinstanzlichen Beweiswürdigung hat sich darauf zu beschränken, ob mit Blick auf die vorgebrachten Rügen die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Urteil offensichtlich unrichtig ist oder eine Rechtsverletzung, namentlich hinsichtlich der Regeln über den Beweiswert von ärztlichen Berichten, vorliegt (Urteil 8C_635/2022 vom 16. Februar 2023 E. 4.1 mit Hinweis). Das Gericht darf den von Versicherungsträgern im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholten Gutachten externer Spezialärzte, welche den praxisgemässen Anforderungen entsprechen (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3b/bb), den vollen Beweiswert zuerkennen, solange nicht konkrete Indizien gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprechen (BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 135 V 465 E. 4.4; SVR 2022 UV Nr. 43 S. 172, 8C_528/2021 E. 4.2.1). Das Gutachten zeichnet sich dadurch aus, dass es auf Kenntnis der systematisch erschlossenen Vorakten beruht, eigene Erhebungen der Gutachterperson auswertet sowie eine inhaltlich qualifizierte, umfassende, auf medizinischem Fachwissen basierende Einschätzung eines komplexen Sachverhalts abgibt (Urteil 9C_49/2023 vom 30. März 2023 E. 5.2 mit Hinweisen).  
 
4.2. Bei der Beweiswürdigung ist zu beachten, dass die psychiatrische Exploration von der Natur der Sache her nicht ermessensfrei erfolgen kann. Sie eröffnet dem begutachtenden Psychiater bzw. der begutachtenden Psychiaterin daher praktisch immer einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen verschiedene medizinisch-psychiatrische Interpretationen möglich, zulässig und zu respektieren sind, sofern der Experte lege artis vorgegangen ist (Urteile 8C_548/2021 vom 25. Februar 2022 E. 7.2.1 und 8C_153/2021 vom 10. August 2021 E. 5.3.2 mit Hinweisen; vgl. auch SVR 2017 IV Nr. 5 S. 10, 9C_634/2015 E. 6.1 i.f. mit Hinweis; vgl. auch E. 1.4 hiervor).  
 
5.  
 
5.1. Implizit rügt die Beschwerdeführerin mangelnde Fachkompetenz des psychiatrischen Gutachters, um überhaupt dissoziative Symptome diagnostizieren zu können. Diese Kritik ist unbegründet. Nichts spricht dafür, dass der zertifizierte medizinische Gutachter (SIM) und Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH Dr. med. E.________ nicht in der Lage gewesen wäre, eine Gesundheitsstörung aus dem Spektrum der psychischen Krankheiten lege artis zu untersuchen und zu diagnostizieren. Obwohl die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben mit Unterbrüchen bereits seit 1996 von verschiedenen Psychiatern und Psychotherapeuten ambulant und stationär behandelt worden war, diagnostizierte erstmals der seit August 2020 konsultierte Dr. med. F.________ eine DIS. Im Gegensatz zum behandelnden Psychiater und zum Psychiatriespitex-Mitarbeiter, welcher die Beschwerdeführerin sowohl am 8. als auch am 22. Juni 2021 zur psychiatrischen Begutachtung begleitete, stellte Dr. med. E.________ anlässlich seiner beiden Explorationen der Beschwerdeführerin vor allem rezidivierende Zustände von heftiger Emotionalität fest, welche einem "kindlichen Anteil" zugerechnet werden könnten. Weitere relevante - definitionsgemäss erforderliche - Symptome liessen sich jedoch laut psychiatrischem Gutachten während beider Untersuchungen nicht objektivieren. Auch in den medizinischen Akten ab 2008 fanden sich ausser den Angaben der aktuell behandelnden Fachpersonen keine weiteren Hinweise auf derartige Symptome. Dr. med. E.________ beurteilte in der Folge das phänomenologisch bunte psychiatrische Beschwerdebild aus versicherungspsychiatrischer Sicht als neurotische Störung (ICD-10: F48.8) und verneinte nach Prüfung der funktionellen Leistungsfähigkeit eine relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Indem das kantonale Gericht - insoweit unbestritten - auch den gutachterlichen Ausführungen zu den nach der Rechtsprechung massgebenden Indikatoren hinreichende Beweiskraft beimass, stellte es fest, die Einschätzung des Dr. med. E.________, wonach die Beschwerdeführerin in ihrer Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkt sei, überzeuge.  
 
5.2. Zwar trifft mit der Beschwerdeführerin zu, dass eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit nur anspruchserheblich sein kann, wenn sie Folge einer fachärztlich einwandfrei diagnostizierten Gesundheitsbeeinträchtigung ist (BGE 145 V 215 E. 5.1 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführerin ist jedoch nicht zu folgen, soweit sie eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes geltend macht, weil Verwaltung und Vorinstanz ohne weitere Abklärungen gestützt auf das psychiatrische Gutachten eine invalidisierende Einschränkung der Leistungsfähigkeit verneinten, obwohl Dr. med. E.________ die erstmals 2020 diagnostizierte DIS weder verifizieren noch falsifizieren konnte. Denn es besteht grundsätzlich keine Korrelation zwischen ärztlich gestellter Diagnose und Arbeitsunfähigkeit (BGE 140 V 193 E. 3.1). Vielmehr ergibt sich letztere aus den vorhandenen - objektivierten oder plausibilisierten - Funktionseinschränkungen (vgl. BGE 140 V 290 E. 3.3.1 S. 296). Der psychiatrische Gutachter hat die Beschwerdeführerin umfassend untersucht und sämtliche funktionellen Einschränkungen (vgl. E. 5.1 i.f.) berücksichtigt (vgl. Urteil 9C_474/2017 vom 4. Oktober 2017 E. 4.1).  
 
5.3. Entgegen der Beschwerdeführerin hat Dr. med. E.________ in Kenntnis der systematisch erschlossenen Vorakten und gestützt auf seine eigenen Erhebungen (vgl. E. 4.1 i.f.) entsprechend den praxisgemässen Anforderungen an ein Gutachten die psychischen Beeinträchtigungen mit eingehender und nachvollziehbarer Begründung als neurotische Störung (ICD-10: F48.8) eingeordnet. Soweit die Beschwerdeführerin die psychiatrische Exploration unter Verweis auf die Kritik des behandelnden Psychiaters als unvollständig bezeichnet und eine Rückweisung an die Vorinstanz zwecks Einholung eines Obergutachtens beantragt, argumentiert sie widersprüchlich. Denn sowohl im Bericht vom 7. Juli 2021, worin Dr. med. F.________ auf die gutachterlichen Explorationsgespräche Bezug nahm, als auch in dessen Stellungnahme zum psychiatrischen Gutachten vom 19. September 2021 vertrat der behandelnde Psychiater gemäss Dr. med. E.________ die Auffassung, das (Voll-) Bild einer DIS sei im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung gar nicht zu erfassen.  
 
5.4. Der psychiatrische Gutachter war sich der Schwierigkeiten bei der Beurteilung der erhobenen Befunde durchaus bewusst. So erläuterte er, dass das phänomenologisch bunte Beschwerdebild zwar allgemein als neurotische Störung (ICD-10: F48.8) eingeordnet werden könne. Im Vordergrund stehe seit 2005 ein neurasthenisches Syndrom, das rezidivierend zur subjektiv erlebten Minderung der Arbeitsfähigkeit führe. Eine weitere Bestimmung sei jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit möglich. Wenn nicht auf die Einschätzungen des behandelnden Dr. med. F.________ abgestellt werde, könne aus versicherungspsychiatrischer Sicht keine relevante Störung begründet werden. Die differenzierenden Erläuterungen des Dr. med. E.________ liegen im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens (E. 4.2) und führen mit der Vorinstanz nach der Rechtsprechung nicht zu einer Schmälerung der Beweiskraft des psychiatrischen Gutachtens (vgl. auch Urteil 9C_464/2013 vom 11. Oktober 2013 E. 3.2.3). Abgesehen davon hat das kantonale Gericht bei der Beweiswürdigung rechtsprechungsgemäss der Erfahrungstatsache Rechnung getragen, dass behandelnde Ärzte im Hinblick auf ihre auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen mitunter eher zugunsten ihrer Patienten aussagen. Dies gilt grundsätzlich nicht nur für Hausärzte (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.5; 125 V 351 E. 3a/cc), sondern auch für spezialärztlich behandelnde Medizinalpersonen (Urteil 8C_736/2021 vom 22. März 2022 E. 5.2 mit Hinweisen).  
 
5.5. Zusammenfassend vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern das im Verfahren nach Art. 44 ATSG eingeholte psychiatrische Gutachten den praxisgemässen Anforderungen an eine Expertise nicht genüge, nicht lege artis erstellt worden sei oder konkrete Indizien gegen dessen Zuverlässigkeit sprächen (vgl. BGE 135 V 465 E. 4.4 mit Hinweisen). Zudem ist, wie bereits erwähnt (vgl. E. 4.2), dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die medizinische Folgenabschätzung notgedrungen eine hohe Variabilität aufweist und unausweichlich Ermessenszüge trägt (BGE 145 V 361 E. 4.1.2 mit Hinweisen). Soweit das kantonale Gericht gestützt auf das psychiatrische Gutachten eine längerfristig relevante Arbeitsunfähigkeit infolge der diagnostizierten neurotischen Störung verneinte, ist im Rahmen der eingeschränkten Kognition (vgl. E. 1.4 und 4.1 hiervor) weder die Beweiswürdigung noch die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu beanstanden. Was die Beschwerdeführerin im Übrigen gegen das angefochtene Urteil vorbringt, ist unbegründet.  
 
6.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unbegründet und folglich abzuweisen. 
 
7.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. Mai 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Hochuli