6B_623/2023 06.07.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_623/2023  
 
 
Urteil vom 6. Juli 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Maurerstrasse 2, 8510 Frauenfeld, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafbefehl, unentschuldigtes Fernbleiben von der Hauptverhandlung, Rückzug der Einsprache, Verfahrenskosten; Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, Vizepräsident, vom 20. April 2023 (SW.2023.26). 
 
 
Die Präsidentin zieht in Erwägung:  
 
1.  
Die Staatsanwaltschaft Frauenfeld büsste die Beschwerdeführerin am 22. März 2022 mit Strafbefehl wegen Überschreitens der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit kostenfällig mit Fr. 120.--. Nachdem die Beschwerdeführerin Einsprache gegen den Strafbefehl erhoben hatte, schrieb das Bezirksgericht Münchwilen das Verfahren am 8. Februar 2023 infolge Rückzugs der Einsprache (Rückzugsfiktion aufgrund unentschuldigten Fernbleibens von der Hauptverhandlung) als erledigt ab und stellte die Rechtskraft des Strafbefehls fest. Auf eine dagegen gerichtete Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Thurgau mit Verfügung vom 20. April 2023 wegen Verspätung nicht ein. Die Beschwerdeführerin wendet sich an das Bundesgericht. 
 
2.  
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung einer Beschwerde in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Zudem prüft das Bundesgericht die Verletzung von Grundrechten einschliesslich von Willkür beim Sachverhalt nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
Anfechtungs- und Beschwerdeobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren bildet ausschliesslich die Nichteintretensverfügung der Vorinstanz (Art. 80 Abs. 1 BGG). Im Verfahren vor Bundesgericht kann es daher nur um die Frage der Fristwahrung im kantonalen Beschwerdeverfahren und somit darum gehen, ob die Vorinstanz auf die Beschwerde wegen Verspätung zu Recht nicht eingetreten ist. Dazu äussert sich die Beschwerdeführerin nicht in einer den Formerfordernissen genügenden Weise. In Bezug auf die Erwägungen der Vorinstanz zur Zustellfiktion wendet die Beschwerdeführerin im Wesentlichen nur ein, Behörden und Gerichte seien der Gerechtigkeit und den Menschenrechten verpflichtet und hätten deshalb auch zu berücksichtigen, welchen Ursachen eine Verspätung geschuldet sei. Sie macht geltend, sich in einer Notsituation (wegen Scheidung) zu befinden, viel Post zu bekommen, sich ans Gericht gewendet und viel Schulden zu haben. Es scheine, dass die Staatsanwaltschaft und das Gericht Menschen misshandelten. Daraus ergibt sich indessen nicht im Ansatz, inwiefern die Vorinstanz die Voraussetzungen der Zustellfiktion nach Art. 85 Abs. 1 lit. a StPO verkannt sowie den Beginn und das Ende des Fristenlaufs für die Erhebung der kantonalen Beschwerde unzutreffend ermittelt haben könnte. Für ein allfälliges Fristwiederherstellungsgesuch nach Art. 94 StPO wäre das Bundesgericht im Übrigen erstinstanzlich nicht zuständig. Ob die vorliegende Beschwerdeeingabe ein solches Gesuch beinhaltet, ist aus Sicht des Bundesgerichts nicht erkennbar, weshalb von einer Weiterleitung abgesehen wird. Die Beschwerde genügt den Beschwerdeanforderungen nicht. Der Begründungsmangel ist offensichtlich. Auf die Beschwerde kann mangels tauglicher Begründung im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht eingetreten werden. 
 
4.  
Auf eine Kostenauflage ist ausnahmsweise zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das sinngemässe Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau, Vizepräsident, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Juli 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill