1C_539/2022 23.05.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_539/2022  
 
 
Urteil vom 23. Mai 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, Müller, Merz, 
Gerichtsschreiberin Hänni. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Wilfried Caviezel, 
 
gegen  
 
Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden, 
Hofgraben 5, 7001 Chur. 
 
Gegenstand 
Führerausweisentzug, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden, 1. Kammer, vom 23. August 2022 (U 20 112). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde am 13. Juni 2018 um 18:03 Uhr als Lenker seines Personenwagens auf der Autobahn A3 bei Walenstadt, Fahrtrichtung Chur, in einem mit Höchstgeschwindigkeit 80 km/h signalisierten Baustellenbereich von einem Radargerät mit einer überhöhten Geschwindigkeit von 120 km/h erfasst (nach Abzug der Sicherheitsmarge von 6 km/h). 
In der Folge befand die Staatsanwaltschaft Uznach A.________ mit Strafbefehl vom 26. April 2019 der groben Verletzung von Verkehrsregeln für schuldig und bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à Fr. 320.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie einer Busse von Fr. 1'920.--. 
Auf Einsprache von A.________ hin erliess die Staatsanwaltschaft Uznach am 13. Juli 2019 einen neuen Strafbefehl. Sie verurteilte A.________ wegen einer einfachen Verletzung von Verkehrsregeln und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 500.--. Sie begründete diesen zweiten Entscheid im Wesentlichen damit, dass im Baustellenbereich am Walensee (ab dem Tunnel 'Quarten' bis zum Tunnel 'Raischibe') zwar temporär eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h signalisiert gewesen sei (viermal beidseitig und zweimal Überkopf). Diese temporäre Geschwindigkeitsreduktion von 100 km/h auf 80 km/h sei jedoch nicht veröffentlicht worden, womit sie grundsätzlich ungültig bzw. nichtig sei. 
 
B.  
Aufgrund des Vorfalls vom 13. Juni 2018 entzog das Strassenverkehrsamt des Kantons Graubünden A.________ mit Verfügung vom 24. Oktober 2019 den Führerausweis für die Dauer von drei Monaten. Es befand, A.________ habe durch die Missachtung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit eine schwere Widerhandlung gegen das SVG begangen. 
 
C.  
Die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ wies das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden (DJSG) mit Entscheid vom 27. Oktober 2020 ab. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 23. August 2022 ebenfalls ab, soweit es darauf eintrat. 
 
D.  
Am 7. Oktober 2022 hat A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 23. August 2022 sei aufzuheben und es sei von einer Anordnung des Führerausweisentzuges gänzlich abzusehen, eventualiter sei eine blosse Verwarnung auszusprechen. Subeventualiter sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Der Beschwerde sei zudem die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Das DJSG beantragt die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde und verweist auf den angefochtenen Entscheid. Das Bundesamt für Strassen ASTRA beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. 
Mit Verfügung vom 28. Oktober 2022 erkannte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid betreffend einen Führerausweisentzug. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG). Ein Ausnahmegrund gemäss Art. 83 BGG ist nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist als Adressat des angefochtenen Urteils gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" ist gleichbedeutend mit "willkürlich" (BGE 148 V 366 E. 3.3 mit Hinweisen; 145 V 188 E. 2). Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten möglich erscheint, genügt nicht (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 143 IV 241 E. 2.3.1; je mit Hinweisen). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung. 
Er macht geltend, die Vorinstanz habe festgehalten, im Tatzeitpunkt hätten Arbeiten auf der Baustelle und somit allfällige Hindernisse und Baustellenpersonal nicht ausgeschlossen werden können. Weiter habe sie festgehalten, dass im Tunnel "Raischibe" relativ dichter Verkehr geherrscht habe und andere Verkehrsteilnehmende, die auf die Richtigkeit der signalisierten Höchstgeschwindigkeit vertraut hätten, Gefahr gelaufen wären, die Geschwindigkeit jener Verkehrsteilnehmenden, die diese nicht beachteten, unrichtig einzuschätzen. Die Fotos der Kantonspolizei bestätigten diese Feststellungen jedoch nicht, womit letztere aktenwidrig und willkürlich seien. 
Bei den oben erwähnten, vom Beschwerdeführer kritisierten tatsächlichen Gegebenheiten handelt es sich nicht um (eigene) Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, sondern um den Sachverhalt, der dem Strafverfahren zugrunde lag. Die Vorinstanz hat die Auffassung des DJSG bestätigt, wonach im Verwaltungsverfahren grundsätzlich von diesem auszugehen sei. Dies entspricht der Rechtsprechung. In der Folge hat sie ihre rechtliche Würdigung gestützt auf diese Sachverhaltselemente vorgenommen. Diese wird weiter unten in Erwägung 6 überprüft. 
Die Sachverhaltsrüge erweist sich somit als unbegründet. 
 
4.  
Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), da das Verwaltungsgericht nicht begründet habe, wieso die Signalisierung nicht nichtig sei. 
Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 148 III 30 E. 3.1 mit Hinweisen). 
Die Vorinstanz führt in E. 3.4.1 ihres Urteils unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung aus, die Nichtigkeit einer fehlerbehafteten Verfügung könne nur ausnahmsweise angenommen werden und kommt zum Schluss, dass vorliegend die kumulativen Voraussetzungen für die Annahme einer Nichtigkeit nicht gegeben seien. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers genügen diese Ausführungen der Begründungspflicht. Der Beschwerdeführer war denn auch ohne Weiteres in der Lage, den Entscheid des Verwaltungsgerichts sachgerecht anzufechten. 
Die Rüge erweist sich als unbegründet. 
 
5.  
In materieller Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz habe bundesrechtswidrig die Nichtigkeit der Signalisation der Höchstgeschwindigkeit verneint. Zur Begründung führt er aus, ein nicht rechtmässig aufgestelltes Signal wirke nur dann verpflichtend, wenn dessen Missachtung zur konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmender führe. Die Vorinstanz habe jedoch in ihrem Urteil weder festgestellt noch ausgeführt, dass er eine solche konkrete Gefährdung verursacht habe. 
 
5.1. Nach Art. 27 Abs. 1 SVG sind Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei zu befolgen. Diese Pflicht gilt gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich unabhängig von der Anfechtbarkeit und allenfalls erfolgten Anfechtung der zugrunde liegenden Verfügung. Signale und Markierungen richten sich an eine Vielzahl von Strassenbenützerinnen und Strassenbenützer. Diese müssen sich auf die Verkehrszeichen verlassen können. Eine allfällige Rechtswidrigkeit eines solchen Zeichens ist meist nicht erkennbar. Auch nicht gesetzeskonforme Geschwindigkeitsbeschränkungen sind daher in der Regel zu beachten. Die Verbindlichkeit vertrauensbegründender Verkehrszeichen findet ihre Grenze erst bei nichtigen Anordnungen (BGE 128 IV 184 E. 4.1 und 4.2; Urteile 1C_63/2021 vom 11. November 2021 E. 4.3.3 f.; 6B_1467/2019 vom 20. Februar 2020 E. 2.2.3; 1C_35/2019 vom 2. Juli 2019 E. 4.2.1). Eine fehlerhafte Anordnung ist nichtig, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 146 IV 145 E. 2.10; 145 IV 197 E. 1.3.2 [mit Bezug auf die Gültigkeit eines Strafbefehls]; Urteil 1C_63/2021 vom 11. November 2021 E. 4.3.4 [für eine Geschwindigkeitsbegrenzung]).  
Als weitere Grenze der Beachtungspflicht rechtswidriger Verkehrszeichen wird namentlich in der Lehre teilweise das Kriterium der konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmender aufgeführt. Nachfolgend ist daher zu prüfen, ob im vorliegenden Fall eine Situation vorlag, in welcher es dem Beschwerdeführer freistand, die nicht formgültig publizierte Signalisation der Höchstgeschwindigkeit zu missachten. 
 
5.2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat das Bundesgericht in seiner publizierten Rechtsprechung nicht formgültig publizierte Verkehrsvorschriften nie als nichtig bezeichnet, und auch die Frage der konkreten Gefährdung anderer Verkehrteilnehmender hat es nicht als ausschlaggebend erachtet:  
 
5.2.1. In BGE 128 IV 184 E. 4.2 wird zwar ausgeführt, die Pflicht, rechtswidrige Verkehrszeichen zu beachten, gelte nicht für Anordnungen, deren Missachtung keine konkrete Gefährdung anderer Strassenbenützerinnen und Strassenbenützer bewirke, wie dies häufig auf Parkverbote zutreffe. Das Bundesgericht wies aber auch in diesem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass die Beachtungspflicht immer dort gilt, wo die Verkehrszeichen einen schützenswerten Rechtsschein für andere Verkehrsteilnehmende begründen und dass die Annahme von Nichtigkeit ausser Betracht fällt, weil dadurch die Verkehrssicherheit gefährdet würde. In der Erwägung 4.3 von 128 IV 184 hält es fest, dass auch rechtswidrig aufgestellte Höchstgeschwindigkeitssignale - von hier nicht vorliegenden, besonderen Ausnahmefällen abgesehen - zu beachten sind. Dementsprechend hat es in diesem Urteil die Beschwerde eines Motorfahrzeugführers abgewiesen, ohne näher zu prüfen, ob er durch das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit eine konkrete Gefährdung Dritter verursacht hatte. Das Bundesgericht verweist im zitierten Urteil sodann auf BGE 103 IV 90, wo es allerdings bloss um ein Parkverbot ging, das auf 30 Tage befristet und infolge Zeitablaufs nicht mehr gültig war.  
 
 
5.2.2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf das in BGE 128 IV 184 ebenfalls erwähnte Urteil BGE 99 IV 164. Dieses ist insofern singulär, als dort im Ergebnis die Pflicht eines Fahrzeugführers verneint wurde, im konkreten Fall eine nicht mehr gültige Geschwindigkeitsbegrenzung zu beachten. Das Urteil ist allerdings mehr als 50 Jahre alt und stammt damit aus einer Zeit mit wesentlich weniger dichtem Verkehr als heute. Der Grund für die fehlende Beachtlichkeit lag darin, dass die Höchstgeschwindigkeit, anders als im vorliegenden Fall, nicht aus Gründen der Verkehrssicherheit angeordnet worden war, sondern lediglich zum Schutz des Strassenbelags. Das Bundesgericht hat die Geschwindigkeitsbegrenzung aber auch dort nicht als nichtig bezeichnet, sondern vielmehr betont, das Vertrauen der andern Benützerinnen und Benützer der Strasse in den Rechtsschein der Gültigkeit von Verkehrszeichen sei grundsätzlich schützenswert. Dies treffe namentlich bei einem rechtswidrig aufgestellten Stoppsignal zu, wo die Belasteten zur Vermeidung von Unfällen auf das Vortrittsrecht verzichten müssten. Ebenso schutzwürdig sei das Vertrauen in (rechtswidrig angebrachte) Sicherheitslinien, signalisierte Einbahnstrassen, usw. Dem Rechtsschein der Gültigkeit einer Signalisation hätten selbst jene Verkehrsteilnehmenden Rechnung zu tragen, welche die rechtliche Unverbindlichkeiten kennen würden.  
 
5.2.3. In jüngeren, nicht publizierten Urteilen geht das Bundesgericht stets von der Pflicht der Verkehrsteilnehmenden aus, Signalisationen zu beachten, weil man sich auf diese verlassen können muss. Das Erfordernis einer konkreten Gefährdung als Grenze der Beachtungspflicht rechtswidriger Verkehrszeichen wird überhaupt nicht mehr thematisiert; der Vorbehalt der Nichtigkeit einer Signalisation wird weiterhin erwähnt, ohne dass dies je konkrete Bedeutung erlangt hätte (vgl. Urteile 1C_63/2021 vom 11. November 2021 E. 4.3.4; 6B_1467/2019 vom 20. Februar 2020 E. 2.2.3; 1C_35/2019 vom 2. Juli 2019 E. 4.2.1; 1C_535/2017 vom 16. Oktober 2017 E. 3; 6B_464/2015 vom 8. Februar 2016 E. 2.2; 1C_358/2015 vom 6. April 2016 E. 4.2; 6B_522/2012 vom 25. Januar 2013 E. 3.3).  
 
5.3. Die Lehre ist sich bezüglich des Kriteriums der konkreten Gefährdung als Grenze der Beachtungspflicht rechtswidriger Verkehrszeichen zumindest in theoretischer Hinsicht nicht einig. Ein Teil der Lehre zitiert explizit die in BGE 128 IV 184 veröffentlichte Rechtsprechung und statuiert, rechtswidrige Signale, deren Missachtung keine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmenden bewirke, erzeugten keinen schützenswerten Rechtsschein und müssten somit nicht beachtet werden (STEFAN MAEDER, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N 25 und 31 zu Art. 27; THIERRY TANQUEREL, Manuel de droit administratif, 2. Aufl. 2018, S. 291; BENOÎT CARRON, Règles de la circulation [art. 26 à 57 LCR], in: Werro/Probst [Hrsg.], Journée du droit de la circulation routière, 22 juin 2018, 2018, S. 96). Während ersterer ausführt, dies treffe "hingegen wohl nur ausnahmsweise auf Signalisierungen der Höchstgeschwindigkeit zu" (STEFAN MAEDER, a.a.O., N 25 und 31 zu Art. 27), führen die anderen beiden aus, rechtswidrige, aber nicht nichtige Signalisierungen der Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn führten zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmender (THIERRY TANQUEREL, a.a.O., S. 323; CARRON, a.a.O., S. 96). Ein anderer Teil der Lehre hält ohne Vorbehalte fest, dass auch rechtswidrige Verkehrszeichen im Interesse der Verkehrssicherheit zu befolgen seien, solange sie nicht geradezu nichtig seien (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, N. 948; PHILIPPE WEISSENBERGER, in: Kommentar Strassenverkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, 2. Aufl. 2015, N 11 zu Art. 27; CÉDRIC MIZEL, Droit et pratique illustrée du retrait du permis de conduire, 2015, S. 437; vgl. auch JEANNERET/KUHN/MIZEL/RISKE, Code suisse de la circulation routière commenté, 5. Aufl. 2024, N. 1.3 zu Art. 27 LCR).  
 
5.4. Motorfahrzeugführerinnen und -führer müssen auf die Gültigkeit der markierten Signalisationen vertrauen dürfen. Wer auf die Gültigkeit einer signalisierten Höchstgeschwindigkeit vertraut, wird die Geschwindigkeit anderer Verkehrsteilnehmender, welche die Signalisation missachten, falsch einschätzen. Für Letztere ist es im Einzelfall nicht vorweg erkennbar, ob sie dadurch andere Verkehrsteilnehmende konkret gefährden. Sie schaffen aber jedenfalls ein erhebliches, nicht akzeptables Risiko. Angesichts des heutigen Verkehrsaufkommens kann nicht in Kauf genommen werden, dass einzelne Motorfahrzeugführende eine signalisierte Höchstgeschwindigkeit ignorieren und darauf vertrauen, diese sei wegen mangelhafter Publikation nicht gültig. Dies gilt in besonderem Mass bei den hohen Geschwindigkeiten, die auf den Autobahnen erreicht werden. Die Pflicht zur Beachtung der Signalisation muss demnach ungeachtet davon gelten, ob deren Missachtung zu einer konkreten Gefährdung führt. Dementsprechend ist das Bundesgericht bei einer Missachtung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit auf einer Autobahn stets von der Verbindlichkeit der entsprechenden Signalisation ausgegangen (BGE 128 IV 184 E. 4.3; Urteil 1C_535/2017 vom 16. Oktober 2017).  
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers fällt es aus denselben Überlegungen ausser Betracht, eine behördlich angebrachte Signalisation einer Höchstgeschwindigkeit als nichtig zu erachten. Zum einen würde die Verkehrssicherheit - und damit die Rechtssicherheit - in nicht hinzunehmender Weise gefährdet, wollte man derartige Anordnungen als geradezu inexistent qualifizieren, während die Verkehrsteilnehmenden von deren Verbindlichkeit ausgehen. Zum andern wäre das von Rechtsprechung und Lehre herausgearbeitete Erfordernis der leichten Erkennbarkeit ohnehin nicht erfüllt (vgl. zum Ganzen oben E. 5.1). 
 
5.5. Zusammenfassend sind signalisierte Höchstgeschwindigkeiten ungeachtet der Gültigkeit ihrer Publikation aus Gründen der Verkehrssicherheit zu beachten. Entsprechende Mängel der Signalisation können dagegen auf dem Verwaltungsrechtsweg geltend gemacht werden (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, N. 948).  
Vorliegend hat der Beschwerdeführer eine Signalisation der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf einer Autobahn missachtet. Wie soeben dargelegt, war diese für alle Verkehrsteilnehmenden verbindlich, also auch für den Beschwerdeführer. Seine diesbezügliche Rüge ist unbegründet. 
 
6.  
Der Beschwerdeführer macht sodann eine Verletzung von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG geltend. Die Vorinstanz habe in willkürlicher Weise angenommen, er habe eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorgerufen oder in Kauf genommen, indem er eine erhöhte abstrakte Gefahr geschaffen habe. Dies treffe jedoch nicht zu. Ob eine konkrete, erhöhte abstrakte oder nur eine abstrakte Gefahr geschaffen werde, hänge nicht von der übertretenen Verkehrsregel, sondern von der Situation ab, in welcher die Übertretung geschehe. Dies sei von der Vorinstanz willkürlich übergangen worden. 
 
6.1. Das Gesetz unterscheidet zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG). Eine schwere Widerhandlung begeht gemäss Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.  
Die Annahme einer schweren Widerhandlung setzt kumulativ eine qualifizierte objektive Gefährdung und ein qualifiziertes Verschulden voraus. In objektiver Hinsicht wird verlangt, dass die Verkehrssicherheit ernsthaft gefährdet wurde. Dabei genügt nach der Rechtsprechung eine erhöhte abstrakte Gefährdung, die vorliegt, wenn in Anbetracht der jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls der Eintritt einer konkreten Gefährdung oder gar einer Verletzung nahe liegt. Subjektiv erfordert der Tatbestand der groben Verkehrsregelverletzung ein rücksichtsloses oder sonst schwerwiegend verkehrswidriges Verhalten, d.h. ein schweres Verschulden, bei fahrlässiger Begehung grobe Fahrlässigkeit (BGE 131 IV 133 E. 3.2; Urteile 1C_536/2022 vom 25. Juli 2023 E. 4.1.2; 1C_63/2021 vom 11. November 2021 E. 4.1; 1C_156/2020 vom 15. April 2021 E. 4.1). 
Aus Gründen der Rechtsgleichheit hat das Bundesgericht für die Beurteilung von Geschwindigkeitsüberschreitungen präzise Regeln aufgestellt. Unabhängig von den konkreten Umständen liegt ein objektiv schwerer Fall unter anderem dann vor, wenn die Geschwindigkeitsüberschreitung 25 km/h innerorts, 30 km/h ausserorts oder 35 km/h auf einer Autobahn übersteigt. Dies gilt ungeachtet der konkreten Umstände wie z.B. günstige Verkehrsverhältnisse oder ein tadelloser automobilistischer Leumund (BGE 132 II 234 E. 3; Urteile 1C_536/2022 vom 25. Juli 2023 E. 4.1.3; 1C_354/2022 vom 10. Juli 2023 E. 4.2.3). 
 
6.2. Wie weiter oben ausgeführt, war die signalisierte Reduktion der Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h für den Beschwerdeführer verbindlich. Er wurde im entsprechenden Autobahnabschnitt mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h (nach Abzug der Sicherheitsmarge von 6 km/h) erfasst. Damit hat er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mehr als 35 km/h, genau: um 40 km/h, überschritten. Unabhängig von den konkreten Umständen liegt somit ein objektiv schwerer Fall vor.  
Die Vorinstanz hat somit zu Recht festgestellt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung des Beschwerdeführers die Voraussetzungen einer schweren Widerhandlung im Sinne von Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG erfüllt. 
 
7.  
Der Beschwerdeführer bringt schliesslich noch vor, von einem Entzug des Führerausweises sei ohnehin abzusehen, da ohne sein Verschulden seit der Tat am 13. Juni 2018 bis zur Einreichung der Beschwerde am 7. Oktober 2022 weit über 4 Jahre verstrichen seien und er sich während dieses Zeitraums wohl verhalten habe. 
Nach der früheren Rechtsprechung zu den altrechtlichen Administrativmassnahmen konnte die Mindestentzugsdauer von drei Monaten unterschritten und allenfalls von der Anordnung einer Massnahme abgesehen werden, wenn seit dem massnahmeauslösenden Ereignis verhältnismässig lange Zeit verstrichen war, sich die betroffene Person während dieser Zeit wohl verhalten hatte und sie an der Verfahrensdauer keine Schuld traf (BGE 120 Ib 504 E. 4e S. 510; bestätigt in BGE 127 II 297 E. 3d; vgl. zum Ganzen BGE 135 II 334 E. 2.2). Das Administrativmassnahmenrecht des Strassenverkehrsgesetzes wurde per 1. Januar 2005 verschärft. Eine Unterschreitung der Mindestentzugsdauer ist seither gemäss Rechtsprechung nicht mehr möglich, weil Art. 16 Abs. 3 Satz 3 SVG eine solche ausschliesst (BGE 135 II 334 E. 2.2; Urteil 1C_320/2018 vom 14. Januar 2019 E. 3.6). 
Die Rechtsprechung lässt offen, ob bei einer schweren Verletzung des Anspruchs auf Beurteilung innert angemessener Frist, der nicht in anderer Weise Rechnung getragen werden kann, ausnahmsweise gänzlich auf eine Massnahme verzichtet oder diese gemildert werden kann (BGE 135 II 334 E. 2.3; Urteil 1C_190/2018 vom 21. August 2018 E. 5.2). 
Diese Frage muss auch im vorliegenden Fall nicht abschliessend geklärt werden. Es sind zwar seit dem Vorfall insgesamt fast sechs Jahre, und somit ziemlich viel Zeit, vergangen. Angesichts dessen, dass zuerst ein Strafverfahren durchgeführt wurde und der Beschwerdeführer auf dem verwaltungsrechtlichen Weg insgesamt drei Beschwerdeverfahren angestrengt hat, sowie der nicht zu unterschätzenden rechtlichen Fragestellung, die eine vertiefte Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Lehre voraussetzte, bleibt diese Zeitdauer aber im Rahmen des Verhältnismässigen. Hinzu kommt, dass im Falle des Beschwerdeführers eine Milderung gar nicht in Frage käme, da ihm der Führerausweis für die Mindestdauer von drei Monaten entzogen wurde. Darüber hinaus sind keine besonders gelagerten Umstände ersichtlich, die eine Ausnahme rechtfertigen würden. Schliesslich erscheint eine erzieherische Wirkung weiterhin nicht ausgeschlossen. 
Auch diese Rüge des Beschwerdeführers erweist sich somit als unbegründet. 
 
8.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 66 und 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit Graubünden, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Mai 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Hänni