2C_318/2024 24.06.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_318/2024  
 
 
Urteil vom 24. Juni 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwalt Enrico Dalla Bona, 
 
gegen  
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern, 
Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei, Predigergasse 5, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung nach AIG sowie Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 17. Mai 2024 (100.2023.243U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1991), kosovarischer Staatsangehöriger, heiratete am 5. April 2018 in Kosovo eine slowakische Staatsangehörige. Am 19. Juni 2019 reiste er im Familiennachzug in die Schweiz ein und erhielt gestützt auf seine Ehe eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA, welche zuletzt bis 30. November 2024 verlängert wurde. Seit dem 30. Mai 2022 lebt das Paar getrennt.  
Mit Verfügung vom 22. September 2022 widerrief die Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei, die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Sicherheitsdirektion mit Entscheid vom 16. August 2023 ab. 
 
1.2. Mit Urteil vom 17. Mai 2024 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, eine gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde von A.________ ab, soweit es darauf eintrat.  
 
1.3. A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht und beantragt, es sei das Urteil vom 17. Mai 2024 aufzuheben und es sei ihm die Aufenthaltsbewilligung zu belassen bzw. zu erteilen. Prozessual ersucht er um aufschiebende Wirkung.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartun kann, dass ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht, soweit dessen Vorliegen nicht offensichtlich ist; ob die jeweils erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der inhaltlichen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
2.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. BGE 150 I 39, nicht publ. E. 2.1).  
 
2.3. Dem Beschwerdeführer war eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA gestützt auf seine Ehe mit einer EU-Angehörigen erteilt worden. Die Aufenthaltsbewilligungen nach FZA (SR 0.142.112.681) können widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, welche den Aufenthaltsanspruch begründen (Art. 23 VFP [SR 142.203]; vgl. BGE 144 II 1 E. 3.1). Da seine Ehe mit einer EU-Angehörigen aufgelöst wurde, kann der Beschwerdeführer keine Aufenthaltsrechte mehr aus dem FZA ableiten, was er im Übrigen auch nicht tut.  
 
2.4. Im vorinstanzlichen Verfahren machte der Beschwerdeführer insbesondere einen selbständigen Bewilligungsanspruch gestützt auf einen nachehelichen Härtefall gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG (SR 142.20) geltend. Die Vorinstanz kam diesbezüglich zum Schluss, dass die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt seien.  
Im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren beruft sich der Beschwerdeführer nicht mehr auf diese Bestimmung und legt demzufolge auch nicht dar (Art. 42 Abs. 2 BGG), dass die Vorinstanz Recht verletzt habe, indem sie im seinem Fall einen nachehelichen Härtefall im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG verneint hat. Daher ist diese Frage vorliegend nicht mehr zu prüfen (vgl. E. 2.2 hiervor). 
 
2.5. Er bringt indessen vor, er habe aufgrund seiner sehr engen Beziehung zu seinen (erwachsenen) Geschwistern, die im Besitz von Niederlassungsbewilligungen seien, Anspruch auf Erteilung einer (neuen) Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 8 EMRK.  
Der Schutz des Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK bezieht sich in erster Linie auf die Kernfamilie, d.h. auf die Gemeinschaft der Eltern mit ihren minderjährigen Kindern (vgl. BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; jeweils mit Hinweisen). In den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallen aber auch andere familiäre Verhältnisse, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Bei hinreichender Intensität sind auch Beziehungen zwischen nahen Verwandten wie Geschwistern oder Tanten und Nichten wesentlich (BGE 135 I 143 E. 3.1; 120 Ib 257 E. 1d), doch muss in diesem Fall zwischen der über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügenden Person und dem um die Bewilligung nachsuchenden Ausländer ein über die üblichen familiären Beziehungen bzw. emotionalen Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen (vgl. BGE 147 I 268 E. 1.2.3; 144 II 1 E. 6.1 mit Hinweisen). Erforderlich dazu wäre etwa eine eigentliche Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit oder eine schwerwiegende Krankheit (vgl. Urteile 2C_100/2018 vom 7. Februar 2018 E. 2.2; 2C_133/2016 vom 9. Februar 2016 E. 2.3). 
Der Beschwerdeführer führt aus, er habe eine sehr enge Beziehung zu seinen Geschwistern in der Schweiz, die über das übliche Mass einer Geschwisterbeziehung hinausgehe. Zudem behauptet er, er sei aus gesundheitlichen Gründen auf deren Unterstützung angewiesen, wobei er die angeblichen gesundheitlichen Probleme nicht weiter substanziiert. Schliesslich sei er im Betrieb seines Bruders angestellt, sodass er auch finanziell von diesem abhängig sei. Daher sei das Abhängigkeitsverhältnis "evident". 
Mit diesen Ausführungen, die über blosse unbelegte Behauptungen nicht hinausgehen, vermag der gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) voll arbeits- und leistungsfähige Beschwerdeführer in keiner Weise darzutun, dass ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis im Sinne der Rechtsprechung zu seinen erwachsenen Geschwistern besteht. Folglich gelingt es ihm nicht, in vertretbarer Weise darzutun, dass er einen potenziellen Bewilligungsanspruch aufgrund seiner Beziehung zu seinen Geschwistern hat. 
 
2.6. Ein anderweitiger Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wird nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht und ist auch nicht offensichtlich (vgl. E. 2.1 hiervor). So kann der kinderlose Beschwerdeführer, der sich erst seit Juni 2019 in der Schweiz aufhält, aus BGE 144 I 266 und der darin aufgestellten Vermutung, dass eine ausländische Person nach einem zehnjährigen rechtmässigen Aufenthalt als integriert gelten könne (vgl. dort E. 3.9), keinen Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) ableiten. Besondere Umstände, wonach in seinem Fall - trotz kürzerer Aufenthaltsdauer - eine besonders ausgeprägte Integration vorliegen soll (vgl. hierzu BGE 149 I 207 E. 5.3), werden nicht dargetan.  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde erweist sich damit als offensichtlich unzulässig bzw. unbegründet. Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.  
 
3.2. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. Juni 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov