1C_499/2022 24.04.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_499/2022  
 
 
Urteil vom 24. April 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, 
Gerichtsschreiber Mösching. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________ und B.A.________, 
2. C.C.________ und D.C.________, 
Beschwerdeführer, 
alle vier vertreten durch Rechtsanwälte Rolf Weber und/oder Dr. Kathrin Kriesi, 
 
gegen  
 
E.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Luca Meier, 
 
Planungs- und Baukommission Richterswil, Chüngengasse 6, 8805 Richterswil, 
Baurekursgericht des Kantons Zürich, 
Sihlstrasse 38, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 30. Juni 2022 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 
1. Kammer (VB.2022.00012). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Beschluss vom 9. Juni 2021 erteilte die Planungs- und Baukommission Richterswil der E.________ AG die baurechtliche Bewilligung für ein Mehrfamilienhaus auf den Grundstücken Kat.-Nrn. 3198 und 2791 an der U.________strasse xxx in Richterswil. Zusammen mit der kommunalen Baubewilligung wurde der E.________ AG die Gesamtverfügung der Baudirektion des Kantons Zürich vom 20. Mai 2021 eröffnet. 
 
B.  
Gegen den Beschluss der Planungs- und Baukommission Richterswil vom 9. Juni 2021 erhoben B.A.________ und A.A.________ sowie D.C.________ und C.C.________ mit gemeinsamer Eingabe vom 15. Juli 2021 fristgerecht Rekurs beim Baurekursgericht des Kantons Zürich und beantragten, u.a. die Baubewilligung aufzuheben. Das Baurekursgericht hiess das Rechtsmittel mit Entscheid vom 23. November 2021 teilweise gut und ergänzte den Beschluss der Planungs- und Baukommission Richterswil vom 9. Juni 2021 um die Auflage, dass die Bauherrschaft der Baubehörde vor Baubeginn revidierte Pläne zur Bewilligung einzureichen habe, aus denen hervorgehe, dass der Grenzabstand und die Ausnützungsziffer eingehalten seien. Im Übrigen wies es den Rekurs ab, soweit es darauf eintrat. Gegen diesen Entscheid erhoben B.A.________ und A.A.________ sowie D.C.________ und C.C.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, wobei sie beantragten, den Entscheid des Baurekursgerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, auf die lärmrechtlichen Rügen einzutreten sowie die Baudirektion in das Verfahren einzubeziehen. Es seien alsdann die lärmrechtlichen Rügen zu beurteilen und die Baubewilligung aufzuheben. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 30. Juni 2022 ab. Hinsichtlich der lärmrechtlichen Rügen führte es dazu aus, dass sich der klare Antrag der Beschwerdeführenden vor dem Baurekursgericht nur auf die kommunale Baubewilligung bezogen habe, nicht aber auf die kantonale Gesamtverfügung vom 20. Mai 2021, welche die lärmrechtlichen Aspekte regle. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Baurekursgericht die lärmrechtliche Rüge nicht behandelte, da sie eine nicht angefochtene und ausserhalb des Prozessgegenstandes liegende Verfügung betroffen habe. 
 
C.  
B.A.________ und A.A.________ sowie D.C.________ und C.C.________ gelangen mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 14. September 2022 an das Bundesgericht und beantragen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 30. Juni 2022 insoweit aufzuheben und an das Baurekursgericht als untere Rechtsmittelinstanz, eventualiter an die Vorinstanz, zurückzuweisen, mit der Instruktion, auf die lärmrechtlichen Rügen einzutreten und die Baudirektion ins Verfahren einzubeziehen. Eventualiter seien in Gutheissung der Beschwerde die lärmrechtlichen Rügen zu beurteilen und die Baubewilligung aufzuheben, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge für die gesamten vorinstanzlichen Verfahren zulasten der Beschwerdegegner. 
Auf Ersuchen der Beschwerdeführenden erkannte das Bundesgericht der Beschwerde mit Präsidialverfügung vom 24. Oktober 2022 die aufschiebende Wirkung zu. 
Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Vernehmlassung, während das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Planungs- und Baukommission Richterswil und das Baurekursgericht verzichten auf eine Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 146 II 276 E. 1). 
 
1.1. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid in einer Bausache, gegen den grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offensteht (BGE 138 II 331 E. 1.1; Urteil 1C_288/2020 vom 28. April 2021 E. 1.2). Die Beschwerdeführenden haben am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und sind als Eigentümer von unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Liegenschaften besonders betroffen und damit zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Näher zu prüfen ist, ob es sich beim angefochtenen Urteil um einen anfechtbaren Entscheid im Sinne von Art. 90 ff. BGG handelt.  
 
1.2. Gemäss Art. 90 und 91 BGG ist die Beschwerde gegen End- und Teilentscheide zulässig. Gegen Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nur nach den Voraussetzungen der Art. 92 und 93 BGG zulässig. Rechtsprechungsgemäss sind Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 143 III 290 E. 1.4; 140 V 282 E. 2; 138 I 143 E. 1.2; 133 V 477 E. 4.2), selbst wenn damit über materielle Teilaspekte der Streitsache, nicht aber über eines der Beschwerdebegehren abschliessend befunden wird (vgl. BGE 142 II 20 E. 1.4; 134 II 137 E. 1.3.2). Anders verhält es sich, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 144 III 253 E. 1.4; 142 II 20 E. 1.2; 138 I 143 E. 1.2).  
 
1.3. Rechtsmittelentscheide, mit denen ein kantonal letztinstanzliches Gericht über einen Zwischenentscheid einer unteren Instanz befindet, werden in der Regel ebenfalls als Zwischenentscheide qualifiziert. Mit einem solchen Entscheid wird nicht über ein Rechtsverhältnis endgültig entschieden, sondern nur über einen einzelnen Schritt auf dem Weg zum Endentscheid (BGE 142 III 653 E. 1.1; 139 V 604 E. 2.1, 339 E. 3.2; Urteil 1C_288/2020 vom 28. April 2021 E. 1.4). Anders verhält es sich lediglich dann, wenn durch den Entscheid der letzten kantonalen Instanz ein Zwischenentscheid der ersten Instanz umgestossen und das Verfahren vor dieser dadurch abgeschlossen wird (BGE 139 V 604 E. 2.1, 339 E. 3.2; Urteil 1C_288/2020 vom 28. April 2021 E. 1.4). Die dargestellte Rechtsprechung entspricht dem gesetzgeberischen Willen, wonach die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG das Bundesgericht entlasten sollen; dieses soll sich möglichst nur einmal mit einer Sache befassen (BGE 142 II 363 E. 1.3 mit Hinweisen).  
 
1.4. Das Verwaltungsgericht hat selbst keinen Rückweisungsentscheid getroffen, sondern schützte den Entscheid des Baurekursgerichts. Dieses ergänzte den Beschluss der Planungs- und Baukommission Richterswil um die Auflage, dass die Bauherrschaft der Baubehörde vor Baubeginn revidierte Pläne zur Bewilligung einzureichen habe, aus denen hervorgehe, dass der Grenzabstand und die Ausnützungsziffer eingehalten seien. Auf die lärmrechtlichen Rügen der Beschwerdeführenden trat das Baurekursgericht nicht ein.  
Mit dem Nichteintreten auf die lärmrechtlichen Rügen entfällt für die Beschwerdeführenden die Möglichkeit, sich für das weiterlaufende Verfahren vor der Planungs- und Baukommission Richterswil auf diese zu berufen. Damit wurde jedoch über ihr ursprüngliches Beschwerdebegehren selbst, mit welchem die Beschwerdeführenden die Aufhebung der Baubewilligung verlangten, noch nicht abschliessend entschieden, sondern lediglich einer von mehreren Beschwerdegründen ausgeschlossen (vgl. BGE 136 II 165 E. 1.1). Über die Baubewilligung selbst hat die Planungs- und Baukommission Richterswil noch zu entscheiden, wobei ihr auch ein gewisser Ermessensspielraum verbleibt. Ausgehend von den genannten Grundsätzen ist der Entscheid des Baurekursgerichts deshalb als Zwischenentscheid zu qualifizieren. Nachdem das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen hat, stellt der angefochtene Entscheid im Lichte der zitierten Rechtsprechung ebenfalls einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG dar. 
 
2.  
Nach dem Dargelegten bleibt zu prüfen, ob das Urteil des Verwaltungsgerichts unter den Voraussetzungen von Art. 93 BGG anfechtbar ist. 
 
2.1. Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide die Beschwerde zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder unter der doppelten Voraussetzung, dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Nach konstanter Rechtsprechung haben die Rechtsuchenden im Einzelnen darzulegen, inwiefern die Beschwerdevoraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG erfüllt sind, ansonsten auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten ist (BGE 137 III 324 E. 1.1; 136 IV 92 E. 4; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Beschwerdeführenden legen nicht dar, inwiefern ihnen aufgrund des angefochtenen Entscheids ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG entstehen könnte. Ein solcher ist vorliegend auch nicht ersichtlich. Da das Bundesgericht mangels festgestelltem Sachverhalt betreffend die lärmrechtlichen Rügen keinen Endentscheid fällen könnte und den Entscheid an die Vorinstanz zurückweisen müsste (vgl. dazu BGE 134 III 426 E. 1.3.2; 133 III 634 E. 1.1), ist die Beschwerde auch unter dem Blickwinkel von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG unzulässig.  
Es steht den Beschwerdeführenden jedoch offen, einen allfälligen für sie ungünstigen Endentscheid betreffend die Baubewilligung anzufechten. Diesfalls können sie das vorliegend fragliche Urteil des Verwaltungsgerichts zusammen mit dem Endentscheid anfechten, soweit es sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). 
 
2.3. Die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG sind nicht erfüllt und auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten.  
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang tragen die unterliegenden Beschwerdeführenden die Gerichtskosten unter solidarischer Haftung (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Vernehmlassung und hatte keinen nennenswerten Aufwand, weshalb ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG). Die kommunalen und kantonalen Behörden haben keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführenden unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Planungs- und Baukommission Richterswil, dem Baurekursgericht des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. April 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Mösching