8C_65/2023 02.05.2023
Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_65/2023  
 
 
Urteil vom 2. Mai 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Walther. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 8. Dezember 2022 (IV.2020.00463). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a.  
Die 1984 geborene A.________ meldete sich am 22. Oktober 2013 unter Hinweis auf einen im Juni 2011 erlittenen Arbeitsunfall erstmals bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 6. Januar 2015 wies die IV-Stelle des Kantons Zürich das Leistungsbegehren unter Hinweis auf die uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Versicherten ab. 
 
A.b. Nachdem sich A.________ am 16. Oktober 2017 wegen einer multifaktoriellen Gangstörung sowie Rückenschmerzen abermals zum Leistungsbezug angemeldet hatte, veranlasste die IV-Stelle eine polydisziplinäre Begutachtung bei der BEGAZ GmbH, Binningen (fortan: BEGAZ). Gestützt auf deren Gutachten vom 24. Februar 2020 verneinte sie mit Verfügung vom 2. Juni 2020 einen Anspruch der Versicherten auf Leistungen der Invalidenversicherung, dies wiederum mangels einer langandauernden und dauerhaften Einschränkung der Arbeitsfähigkeit.  
 
B.  
Gegen die Verfügung vom 2. Juni 2020 führte A.________ Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Mit Beschlüssen vom 3. November und vom 17. Dezember 2021 entschied dieses, ein weiteres psychiatrisches Gutachten bei Dr. med. B.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, einzuholen. Mit Schreiben vom 21. Juni 2022 teilte Dr. med. B.________ dem Sozialversicherungsgericht mit, dass die Versicherte zwar zum angesetzten Begutachtungstermin vom gleichen Tag erschienen sei, die Untersuchung nach etwa einer Stunde jedoch abgebrochen habe. Gemäss dem Austrittsbericht der Klinik C.________ vom 6. Juli 2022 war die Versicherte noch am 21. Juni 2022 freiwillig für zehn Tage in die von der Klinik C.________ betriebene psychiatrische Klinik eingetreten. Mit Urteil vom 8. Dezember 2022 wies das Sozialversicherungsgericht die Beschwerde der A.________ ab. 
 
C.  
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des kantonalen Urteils sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis). Zudem legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, welchen die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig oder beruhten auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Dabei bedeutet "offensichtlich unrichtig" willkürlich (BGE 144 V 50 E. 4.2). 
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 2. Juni 2020 verfügte Abweisung des Leistungsbegehrens bestätigte. 
 
3.  
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgebenden Grundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz erwog, zeitliche Vergleichsbasis zur Beantwortung der Frage, ob sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin verschlechtert habe, bilde die Verfügung vom 6. Januar 2015. Dieser habe das Gutachten der Academy of Swiss Insurance Medicine (asim), Basel, vom 30. September 2014 zu Grunde gelegen, in welchem keine Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit erhoben, sondern der Beschwerdeführerin in psychiatrischer als auch rheumatologischer Hinsicht eine volle Arbeitsfähigkeit attestiert worden seien.  
 
4.2. Vergleichsweise stellte das kantonale Gericht sodann auf die als beweiswertig erachteten neurologischen und rheumatologischen Teilgutachten der BEGAZ-Expertise vom 24. Februar 2020 ab. Angesichts der darin postulierten vollen Arbeitsfähigkeit erachtete es als erstellt, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit dem 6. Januar 2015 in somatischer Hinsicht nicht wesentlich verändert habe. Das psychiatrische Teilgutachten der BEGAZ, so die Vorinstanz, habe sich demgegenüber als nicht beweiskräftig erwiesen, weshalb als weitere psychiatrische Expertin Dr. med. B.________ bestellt worden sei. Diese habe jedoch keine abschliessende Beurteilung des Gesundheitszustandes vornehmen können, weil die Beschwerdeführerin die Begutachtung nach rund einer Stunde abgebrochen habe. Medizinische Gründe hierfür hätten gemäss der Gerichtsgutachterin und den Ärzten des Spitals D.________, in welchem die Beschwerdeführerin am Tag zuvor noch hospitalisiert gewesen sei, nicht bestanden. Auch dem Austrittsbericht der Klinik C.________ vom 6. Juli 2022 über die psychiatrische Hospitalisation vom 21. bis am 30. Juni 2022 lasse sich nichts anderes entnehmen. Aufgrund des Abbruchs der Begutachtung lägen nach wie vor keine verlässlichen Angaben zur Veränderung des psychischen Gesundheitszustands seit dem 6. Januar 2015 vor. Die Sachverhaltsermittlung erweise sich in diesem Zusammenhang als unmöglich, wobei eine erneute Begutachtung vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin die angeordnete Begutachtung auf eigenen Wunsch und ohne gesundheitliche Gründe abgebrochen habe, nicht zu veranlassen sei. Die Beweislosigkeit wirke sich zu Ungunsten der Beschwerdeführerin aus, welche aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wolle. Die IV-Stelle habe den Anspruch auf eine Invalidenrente daher zu Recht verneint.  
 
5.  
Die Beschwerdeführerin beanstandet, das kantonale Gericht habe ihr bundesrechtswidrig eine erneute psychiatrische Begutachtung verweigert. Sie stellt sich auf den Standpunkt, hinsichtlich des Abbruchs der Begutachtung bei Dr. med. B.________ sei ihr keine schuldhafte Verletzung der Mitwirkungspflicht vorzuwerfen. 
 
5.1. Diese Rüge ist offensichtlich unbegründet. Wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren macht die Beschwerdeführerin erneut geltend, vor der Begutachtung ein "Beruhigungsmedikament" eingenommen zu haben, welches dann jedoch zu "Panikausbrüchen" geführt habe. Entgegen ihrer Darstellung trifft nicht zu, dass das kantonale Gericht dieses Vorbringen übergangen hat. Vielmehr legte es anhand der medizinischen Akten einlässlich und überzeugend dar, dass - entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin - keine medizinischen Gründe für den Begutachtungsabbruch bestanden. Wie es hervorhob, weigerte sich die Stationsärztin des Spitals D.________ am Tag vor der Begutachtung, der Beschwerdeführerin das von letzterer gewünschte Attest "wegen Krankheit" auszustellen, sondern teilte ihr vielmehr mit, dass sie zur Begutachtung bei Dr. med. B.________ erscheinen müsse. Hinweise dafür, dass der Abbruch der Begutachtung durch die Beschwerdeführerin gesundheitlich bedingt gewesen sein könnte, lassen sich sodann weder dem Schreiben der Dr. med. B.________ noch dem Austrittsbericht der Klinik C.________ entnehmen. Aus den Schilderungen der Dr. med. B.________ geht vielmehr hervor, dass die Beschwerdeführerin während der Begutachtung zwar zunehmend unwohl, unruhig, gequält und irritiert gewirkt habe, dies jedoch, als die Gerichtsgutachterin Diskrepanzen in den Akten angesprochen habe. Inwiefern der vorinstanzliche Schluss, die Beschwerdeführerin habe die Begutachtung auf eigenen Wunsch und ohne gesundheitliche Veranlassung abgebrochen, vor diesem Hintergrund geradezu willkürlich sein soll (vgl. E. 1 hiervor), wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Da von weiteren medizinischen Abklärungen diesbezüglich keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte das kantonale Gericht ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) oder des Gehörsanspruchs (Art. 29 Abs. 2 BV) davon absehen (zur antizipierten Beweiswürdigung vgl. BGE 144 V 361 E. 6.5; 141 I 60 E. 3.3; 136 I 229 E. 5.3 mit Hinweisen).  
 
5.2. Art. 61 lit. c ATSG betont die Mitwirkungspflicht der Parteien, wobei eine Verletzung dieser Pflicht rechtsprechungsgemäss zur Folge hat, dass das kantonale Gericht auf Grund der vorliegenden Beweise entscheidet (Urteile 8C_199/2013 vom 30. Juli 2013 E. 3.3; 8C_668/2012 vom 26. Februar 2013 E. 6.2). Steht vorliegend fest, dass der Abbruch der Begutachtung durch die Beschwerdeführerin nicht gesundheitlich bedingt war, sondern freiwillig erfolgte, ist die vorinstanzliche Bejahung einer Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht zu beanstanden. Die erneute Anordnung eines Gerichtsgutachtens würde den in Art. 61 lit. c ATSG verankerten Untersuchungsgrundsatz in dieser Konstellation sprengen. Wie die Beschwerdeführerin letztinstanzlich selber davon ausgeht, lässt sich die Frage, ob sich ihr psychischer Gesundheitszustand seit der Verfügung vom 6. Juni 2015 verschlechtert hat, anhand der vorliegenden Arztberichte und Gutachten nicht beantworten. Diese Beweislosigkeit geht im vorliegenden Neuanmeldungsverfahren zu ihren Lasten (BGE 144 V 427 E. 3.2), womit das kantonale Gericht die leistungsverweigernde Verfügung der IV-Stelle vom 2. Juni 2020 zu Recht bestätigte.  
 
6.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Schriftenwechsel und mit summarischer Begründung (Art. 109 Abs. 3 Satz 1 BGG) erledigt wird. Die Gerichtskosten sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, ist sie als aussichtslos im Sinne von Art. 64 Abs. 1 BGG zu bezeichnen (vgl. Urteil 8C_439/2022 vom 13. Dezember 2022 E. 6 mit Hinweis). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist daher abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. Mai 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Maillard 
 
Der Gerichtsschreiber: Walther