7B_826/2023 04.04.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_826/2023  
 
 
Urteil vom 4. April 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Mango-Meier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Torsten Kahlhöfer, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Hermann-Götz-Strasse 24, Postfach, 8401 Winterthur, 
2. B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ausstand, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 15. September 2023 (UA220027-O/U/AEP). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen gewerbsmässiger Erpressung, mehrfacher Amtsanmassung sowie mehrfacher Widerhandlung gegen das UWG. 
 
B.  
 
B.a. Am 27. Mai 2022 stellte A.________ ein Ausstandsgesuch gegen den fallführenden Staatsanwalt B.________.  
Am 8. Juni 2022 leitete die Staatsanwaltschaft dieses mit der Stellungnahme des fallführenden Staatsanwalts vom 3. Juni 2022 samt Antrag auf Abweisung des Gesuchs an die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich weiter. 
 
B.b. Mit Beschluss vom 15. September 2023 wies das Obergericht das Ausstandsgesuch ab.  
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht, es sei der Beschluss des Obergerichts aufzuheben und es sei das Ausstandsgesuch gegen den fallführenden Staatsanwalt gutzuheissen. Weiter sei ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
 
1.  
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. bzw. Art. 92 Abs. 1 BGG sind grundsätzlich erfüllt und geben - unter Vorbehalt gehöriger Begründung nach Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG - zu keinen Bemerkungen Anlass. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 56 lit. f StPO
 
2.1. Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Justizpersonen sind in Art. 56 StPO geregelt. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Organe der Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b und Art. 16 StPO). Von den in Art. 56 lit. a-e StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen (persönliches Interesse an der Strafsache, Vorbefassung in anderer Stellung, persönliche Beziehung zu Parteien usw.), tritt in den Ausstand, wer aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (Art. 56 lit. f StPO).  
Die Befangenheit eines staatsanwaltlichen Untersuchungsleiters (Art. 56 lit. f StPO) ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; Urteile 7B_636/2023 vom 14. Februar 2024 E. 4.2; 7B_156/2022 vom 7. September 2023 E. 3.3; 7B_118/2022 vom 24. August 2023 E. 4; je mit Hinweisen). Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (Urteile 7B_636/2023 vom 14. Februar 2024 E. 4.2; 7B_938/2023 vom 31. Januar 2024 E. 3; 7B_156/2022 vom 7. September 2023 E. 3.3; je mit Hinweisen; vgl. BGE 143 IV 69 E. 3.2 mit Hinweis). 
 
2.2. Die Vorinstanz hat zu Recht keine entsprechenden Ausstandsgründe beim fallführenden Staatsanwalt ausgemacht. Die in der Beschwerde vorgetragenen Rügen sind unbegründet:  
 
2.2.1. So trifft entgegen der in den Rz. 6-13 der Beschwerdeschrift vorgetragenen Kritik nicht zu, dass die Reaktion des fallführenden Staatsanwalts auf die vom Beschwerdeführer gegen ihn gerichtete Anzeigenerstattung eine "persönliche Dimension" aufweist. Auf die zutreffende Erwägung 5.2.1 im angefochtenen Entscheid kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG vollumfänglich verwiesen werden. Das gleiche gilt für die Kritik in den Rz. 14-20 der Beschwerdeschrift. Auch diesbezüglich kann auf die Ausführungen in Erwägung 5.2.2 verwiesen werden, wobei sich die Vorinstanz willkürfrei auf die für den Entscheid wesentliche Frage beschränken durfte (vgl. BGE 141 IV 249 E. 1.3.1), ob die Anhebung des gegenwärtig gegen den Beschwerdeführer geführten Strafverfahrens als von der vormaligen Anzeigeerstattung gegen den Staatsanwalt unabhängig erfolgt erachtet werden kann oder ob in dieser allenfalls eine Reaktion auf die damalige Anzeige zu sehen ist.  
 
2.2.2. Soweit der Beschwerdeführer sich sodann in den Rz. 21-35 seiner Beschwerdeschrift auf einen angeblichen Siegelungsbruch bezieht, missachtet er, dass die Vorinstanz in ihrem Beschluss vom 18. September 2023 zum Schluss gelangt ist, dass auf eine entsprechende Siegelung der Daten-DVD verzichtet worden und deren Beschlagnahme zulässig sei. Auf die dagegen eingereichte Beschwerde ist nicht einzutreten (vgl. das parallele Verfahren 7B_825/2023) und somit der Beschwerdeführer mit den entsprechenden Behauptungen auch in diesem Verfahren nicht zu hören. Das durch den Beschwerdeführer vorgebrachte und durch die Vorinstanz festgestellte (angefochtener Beschluss vom 15. September 2023 E. 8; siehe auch vorinstanzlicher Beschluss vom 18. September 2023 E. II.3 und III.1) Versäumnis der Untersuchungsbehörde hinsichtlich ihrer Aktenführungs- und Dokumentationspflicht stellt zudem noch keinen so schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, um geradezu Befangenheit anzunehmen.  
 
2.2.3. Was schliesslich die in den Rz. 36-50 der Beschwerdeschrift vorgetragenen Vorwürfe der widersprüchlichen Äusserungen und der angeblichen Amtsgeheimnisverletzung durch den Staatsanwalt anbelangt, kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG ebenfalls vollumfänglich auf die Erwägungen 7.1-7.4 im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Soweit der Beschwerdeführer in den Rz. 42 und 47 nebenbei eine Verletzung seines Rechts auf Beweis geltend macht, zeigt er keine Willkür bei der vorinstanzlichen Folgerung aus der antizipierten Beweiswürdigung für dieses Ausstandsverfahren auf. Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, sind unter den konkreten Umständen keine Ausstandsgründe auszumachen.  
 
3.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsbegehrens abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den angespannten finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers wird bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. April 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mango-Meier