7B_161/2023 17.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_161/2023  
 
 
Urteil vom 17. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Hurni, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Allgemeine Abteilung, Bahnhofstrasse 29, 8200 Schaffhausen. 
 
Gegenstand 
Rechtsverzögerung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 14. April 2023 (51/2022/55). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Anlässlich einer Hausdurchsuchung vom 29. Dezember 2021 im Zusammenhang mit einer gegen die Lebenspartnerin von A.________ geführten Strafuntersuchung wegen Verdachts auf Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz wurde A.________ vorläufig festgenommen und dem kantonalen Gefängnis Schaffhausen zugeführt. Er wurde gleichentags wieder aus der Haft entlassen und erhob im Nachgang verschiedene Vorwürfe gegen Funktionäre der Schaffhauser Polizei und Mitarbeitende des kantonalen Gefängnisses. Es wurden im weiteren Verlauf mehrere Strafverfahren eröffnet, sowohl gegen A.________ als Beschuldigten als auch mit A.________ als Anzeigeerstatter bzw. Privatkläger.  
 
A.b. In Bezug auf den Vorwurf des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der Inhaftierung von A.________ eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen am 13. Juli 2022 formell eine Strafuntersuchung gegen Unbekannt.  
 
B.  
Am 25. Oktober 2022 erhob A.________ beim Obergericht des Kantons Schaffhausen Rechtsverzögerungsbeschwerde und beantragte, die Staatsanwaltschaft sei anzuhalten, das Verfahren wegen Amtsmissbrauchs beförderlich voranzutreiben. 
Mit Entscheid vom 14. April 2023 trat das Obergericht auf die Beschwerde mangels aktuellen und praktischen Rechtsschutzinteresses nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht die Feststellung einer Rechtsverzögerung. Weiter verlangt er, kurz zusammengefasst, die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, das Verfahren beförderlich voranzutreiben, wobei sie bestimmte Fragen abzuklären habe. Sodann sei das Obergericht anzuweisen, ihm die Akten vollständig zugänglich zu machen und die durch die Verweigerung entstandene Gehörsverletzung sei höchstrichterlich festzustellen. Ebeno sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, ihn Kopien der Videos und Tonbandaufnahmen anfertigen zu lassen. Wegen Befangenheit sei ein anderer Staatsanwalt, allenfalls aus einem anderen Kanton, einzusetzen. In formeller Hinsicht ersucht A.________ um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. 
Die Staatsanwaltschaft beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer repliziert. 
Es wurden die kantonalen Akten eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gegen das Verweigern und Verzögern eines Entscheides kann jederzeit Beschwerde geführt werden (Art. 94 BGG). Auf das sonst bei Zwischenentscheiden in Strafsachen gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG geltende Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils wird bei Beschwerden wegen Rechtsverzögerung ausnahmsweise verzichtet (vgl. BGE 143 III 416 E. 1.4; 138 IV 258 E. 1.1; Urteil 1B_108/2022 vom 10. Oktober 2022 E. 1.3; je mit Hinweisen). Ansonsten muss auch die Rechtsverzögerungsbeschwerde gemäss Art. 94 BGG die formellen Sachurteilsvoraussetzungen für Beschwerden an das Bundesgericht erfüllen. Sie hat insbesondere die Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung darzutun ist, inwiefern Recht verletzt sei (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; Urteil 1B_381/2019 vom 20. Januar 2020 E. 3 mit Hinweis). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auch bei Verfassungsrügen wie der geltend gemachten Rechtsverzögerung besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Urteil 1C_389/2022 vom 11. Juli 2022 E. 2; zum Ganzen: Urteil 1B_413/2022 vom 8. November 2022 E. 2.1 mit Hinweisen). 
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz stellt fest, dass im fraglichen Verfahren wegen Amtsmissbrauchs seit dessen Eröffnung am 13. Juli 2022 kontinuierlich Verfahrenshandlungen seitens der Staatsanwaltschaft vorgenommen worden seien. Was den Zeitraum zwischen der Kenntnisnahme der Staatsanwaltschaft von den vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfen am 3. Januar 2022 bis zur formellen Verfahrenseröffnung am 13. Juli 2022 anbelange, begründe der Beschwerdeführer kein Feststellungsinteresse an einer allfälligen Rechtsverzögerung und ein solches sei auch nicht ersichtlich. Insbesondere sei der Beschwerdeführer im fraglichen Verfahren nicht beschuldigte Person, der im Hinblick auf verschiedene an den Verletzungstatbestand geknüpfte Rechtsfolgen ein Anspruch auf Feststellung einer Verletzung des Beschleunigungsgebots im Entscheiddispositiv zustünde. Damit sei auf die Beschwerde mangels eines aktuellen Rechtsschutzinteresses bzw. Feststellungsinteresses nicht einzutreten.  
 
2.2. Zu diesen Erwägungen äussert sich der Beschwerdeführer unter dem Titel "d) zum Feststellungsinteresse" auf den Seiten 13 bis 15 seiner über 50 Seiten starken Beschwerdeschrift. Er versucht darin sein Rechtsschutz- bzw. Festellungsinteresse darzutun, bleibt aber zu weiten Teilen bei der vagen Aussage, er brauche die Feststellung "für eine etwaige Anzeige". Damit setzt er sich aber nicht hinreichend mit der vorinstanzlichen Erwägung, er sei im fraglichen Strafverfahren gerade nicht beschuldigte Person mit entsprechenden Rechten, auseinander.  
Soweit er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil damit begründen will, dass sich die Befragten aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr an den Vorfall bzw. Details davon erinnern konnten, er sinngemäss also einen Beweisverlust geltend macht, ist der Beschwerdeführer ebenfalls nicht zu hören. Diesen Einwand erhebt er, soweit ersichtlich, vor Bundesgericht erstmals. Jedenfalls äussert sich die Vorinstanz nicht dazu und er rügt in diesem Zusammenhang keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 80 Abs. 1 und Art. 99 Abs. 1 BGG). 
Damit ist im Ergebnis kein hinreichendes Rechtsschutzinteresse an der Feststellung einer allenfalls in der Vergangenheit liegenden Verfahrensverzögerung ersichtlich. 
 
3.  
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist nur im Rahmen des Streitgegenstands zulässig. Dieser wird durch das Anfechtungsobjekt, d.h. den angefochtenen Entscheid, und die Parteibegehren bestimmt, wobei der angefochtene Entscheid den möglichen Streitgegenstand begrenzt (BGE 142 I 155 E. 4.4.2 mit Hinweisen). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens kann somit nur die Frage bilden, ob die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Rechtsverzögerungsbeschwerde des Beschwerdeführers eingetreten ist. Soweit der Beschwerdeführer vorliegend weitere angebliche Verfehlungen der Staatsanwaltschaft diskutiert, dieser Befangenheit unterstellt und eine Verweigerung bzw. ungenügeden Gewährung seines Rechts auf Akteneinsicht durch die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft geltend macht, wird auf seine Ausführungen somit nicht näher eingegangen. 
 
 
4.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde insbesondere mangels hinreichender Begründung der Legitimation (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG) nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den angespannten finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers wird bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Koch 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger