2C_32/2024 29.05.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_32/2024  
 
 
Urteil vom 29. Mai 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Marti. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung (Wiedererwägung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, 
vom 22. November 2023 (VB.2023.00596). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.A.________ (geb. 1978) ist kosovarische Staatsangehörige. Im Mai 2013 heiratete sie in der Heimat ihren Landsmann B.________ (geb. 1977), der über eine Niederlassungsbewilligung verfügte. Die beiden haben drei gemeinsame Kinder: C.________ (geb. 2001), D.________ (geb. 2002) und E.A.________ (geb. 2013). Im Jahr 2014 bewilligte das Migrationsamt des Kantons Zürich B.________s Gesuch um Familiennachzug. A.________, C.________ und D.A.________ erhielten eine Aufenthaltsbewilligung. E.A.________ verfügt über die Niederlassungsbewilligung.  
 
1.2. Mit Verfügung vom 31. Oktober 2019 widerrief das Migrationsamt die Niederlassungsbewilligung von B.________ aufgrund von dessen Straffälligkeit. Gleichzeitig widerrief es die Aufenthaltsbewilligungen von A.________ und D.A.________. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hiess eine diesbezüglich erhobene Beschwerde am 17. Oktober 2020 teilweise gut und wies das Migrationsamt an, die Aufenthaltsbewilligung von D.A.________ zu verlängern. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. Das Bundesgericht bestätigte das verwaltungsgerichtliche Urteil (Urteil 2C_997/2020 vom 23. April 2021). Auf ein am 19. Juli 2021 von A.A.________ eingereichtes Wiedererwägungsgesuch trat das Migrationsamt mit Verfügung vom 18. August 2021 nicht ein. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel blieben erfolglos (Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. März 2022).  
 
1.3. Am 18. Februar 2022 reiste A.A.________ aus der Schweiz aus. E.A.________ verblieb dagegen gemeinsam mit ihren volljährigen Geschwistern in der Schweiz. Zu diesem Zweck beantragte C.A.________ zusammen mit ihrem Ehemann beim dafür zuständigen Amt für Jugend und Berufsberatung eine Pflegeplatzbewilligung für E.A.________.  
 
1.4. Am 11. August 2022 reiste A.A.________ erneut in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Das Staatssekretariat für Migration lehnte dieses mit Entscheid vom 5. Dezember 2022 ab und wies A.A.________ aus der Schweiz weg. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht ab (Urteil E-5742/2022 vom 20. Dezember 2022), soweit es darauf eintrat. In der Folge setzte das Staatssekretariat für Migration A.A.________ eine Ausreisefrist bis am 19. Januar 2023 an; ein Gesuch um Verlängerung der Ausreisefrist wies es ab.  
 
1.5. Am Tag des Ablaufs ihrer Ausreisefrist reichte A.A.________ beim Migrationsamt ein neues Gesuch um Wiedererwägung betreffend Aufenthalt bzw. Gewährung des Aufenthaltsrechts ein. Mit Verfügung vom 18. August 2023 trat das Migrationsamt darauf nicht ein. Die dagegen auf kantonaler Ebene erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg (Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion vom 28. September 2023; Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. November 2023).  
 
1.6. Am 15. Januar 2024 gelangt A.A.________ mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie (eventualiter) subsidiärer Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. November 2024 (recte: 2023) sei aufzuheben und das Wiedererwägungsgesuch gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen und diese anzuweisen, auf das Wiedererwägungsgesuch einzutreten und materiell zu entscheiden.  
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen; auf einen Schriftenwechsel wurde verzichtet. 
 
2.  
 
2.1. Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG) des Verwaltungsgerichts vom 22. November 2023. Auf dem hier betroffenen Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG) nur zulässig, wenn auf die angestrebte Aufenthaltsbewilligung ein bundes- oder völkerrechtlicher Anspruch besteht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG).  
Die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin ist rechtskräftig widerrufen worden (Urteil 2C_997/2020 vom 23. April 2021). In einem solchen Fall ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn aktuell ein Rechtsanspruch auf eine neue Bewilligung besteht (Urteile 2C_749/2022 vom 17. August 2023 E. 1.2; 2C_141/2021 vom 13. April 2021 E. 1.2; 2C_663/2020 vom 2. März 2021 E. 2.2). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf Art. 8 EMRK (umgekehrter Familiennachzug) und macht unter anderem geltend, die (gesundheitliche) Situation ihrer minderjährigen und hier niedergelassenen Tochter E.A.________ habe sich stark verschlechtert. Damit vermag sie zumindest potentiell einen (neuen) Bewilligungsanspruch darzutun.  
 
2.2. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG), ist unter Vorbehalt des Nachfolgenden (s. E. 2.3) auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten. Für die hilfsweise erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde verbleibt damit kein Raum (Art. 113 BGG).  
 
2.3. Die Beschwerdeführerin muss in Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Entscheid sachbezogen darlegen, dass und inwiefern die Vorinstanz mit ihrem Entscheid Recht verletzt hat (Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die vorliegende Beschwerde erfüllt diese Voraussetzungen nur knapp. Sie erweist sich indes als offensichtlich unbegründet, weshalb sie mit summarischer Begründung und unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG erledigt werden kann.  
 
3.  
 
3.1. Mit der Beschwerde kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 149 I 248 E. 3.1; 149 I 105 E. 2.1; 148 I 104 E. 1.5; 147 II 44 E. 1.2).  
 
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen ihres Urteils weicht es nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2 mit Hinweisen). Offensichtlich unrichtig heisst willkürlich (Art. 9 BV; BGE 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen). Entsprechende Mängel sind in der Beschwerdeschrift klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.2; 144 V 50 E. 4.2). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
4.  
Streitig ist, ob auf das Gesuch der Beschwerdeführerin um Wiedererwägung bzw. Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung hätte eingetreten werden müssen. 
 
4.1. Ist eine bisherige Bewilligung rechtskräftig widerrufen worden, kann in der Folge grundsätzlich jederzeit ein neues Bewilligungsgesuch eingereicht werden. Das Stellen eines neuen Gesuchs darf jedoch nicht dazu dienen, rechtskräftige Entscheide immer wieder infrage zu stellen. Die Verwaltungsbehörde ist von Verfassungs wegen (Art. 29 BV) nur verpflichtet, auf ein neues Gesuch einzutreten, wenn die Umstände sich seit dem früheren Entscheid wesentlich geändert haben oder wenn der Gesuchsteller erhebliche Tatsachen und Beweismittel namhaft macht, die ihm im früheren Verfahren nicht bekannt waren oder die schon damals geltend zu machen für ihn rechtlich oder tatsächlich unmöglich war oder keine Veranlassung bestand (BGE 146 I 185 E. 4.1; 136 II 177 E. 2.1).  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Situation ihrer Tochter Elina habe sich wesentlich verändert. Dem nun über 10-jährigen Kind, welches immer in der Schweiz gelebt habe, sei es nicht (mehr) zumutbar, die Mutter in den Kosovo zu begleiten.  
 
4.2.1. Wie die Vorinstanz richtig ausführt, fanden die Interessen E.A.________s im Rahmen des Widerrufsverfahrens Berücksichtigung, wobei sich eine Ausreise mit der Beschwerdeführerin in den Kosovo als zumutbar erwies (s. Urteil 2C_997/2020 vom 23. April 2021 E. 4.3.1). Dass sich die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann in der Folge dafür entschieden, ihre jüngste Tochter in der Schweiz zu belassen und diese hier mit fortschreitendem Alter weiter sozialisiert wird (angefochtenes Urteil E. 3.1 S. 6), stellt - wie die Vorinstanz zutreffend erkennt - vorliegend noch keine wesentliche Änderung der Sachlage dar.  
 
4.2.2. Mit 10 Jahren ist E.A.________ zudem weiterhin in einem Alter, indem eine Übersiedlung zur Beschwerdeführerin in den Kosovo möglich bleibt (vgl. BGE 143 I 21 E. 5.4 und 6.3.6; Urteile 2C_34/2023 vom 19. Oktober 2023 E. 6.4; 2C_1053/2022 vom 9. März 2023 E. 3.5.3). Daran vermag die gegenteilige Auffassung im ärztlichen Bericht vom 3. Oktober 2023 nichts zu ändern. Ferner stellte die Vorinstanz entgegen den Vorbingen der Beschwerdeführerin willkürfrei fest, dass E.A.________ weiterhin mit der Kultur und Sprache Kosovos vertraut ist und die Beschwerdeführerin dort über (familiäre) Kontakte verfügt. Dass sich der Vater von E.A.________ und Ehemann der Beschwerdeführerin an einem unbekannten Ort aufhalte und kein Kontakt mehr zu ihm bestehe, erachtete die Vorinstanz gestützt auf die Akten als wenig glaubhaft (angefochtenes Urteil E. 3.2 S. 8). Diese Beweiswürdigung ist für das Bundesgericht verbindlich, zumal sich die Beschwerdeführerin darauf beschränkt, den vorinstanzlichlichen Ausführungen ihre Sichtweise gegenüberzustellen, ohne dabei Willkür darzulegen (E. 3.2).  
 
4.2.3. Die Beschwerdeführerin verweist weiter auf die gesundheitlichen Folgen für E.A.________. Die Vorinstanz hielt fest, dass E.A.________ gemäss einem ärztlichen Bericht vom 16. Januar 2023 an einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer Anpassungsstörung leidet, was sich auf Symptomebene durch Schlafprobleme, grosse Niedergeschlagenheit und vor allem grosse Trennungsangst von ihrer Mutter äussert (angefochtenes Urteil E. 3.2 S. 6 f.). Zwar ist mit der Vorinstanz nachvollziehbar, dass E.A.________ ihre Mutter stark vermisst. In diesem Umstand kann indes, wie die Vorinstanz richtig festhält, keine wesentliche Veränderung der Sachumstände erblickt werden. Die geltend gemachten gesundheitlichen Folgen sind im Wesentlichen auf die Entscheidung der Eltern zurückzuführen, nicht gemeinsam mit der Tochter auszureisen. Soweit die Beschwerdeführerin diesbezüglich sinngemäss vorbringt, sie habe keine andere Wahl gehabt, als die Tochter in der Schweiz zu belassen, steht dies im Widerspruch zu der im Widerrufsverfahren erkannten Zumutbarkeit der gemeinsamen Übersiedlung (vorstehende E. 4.2). Hinzu kommt, dass die Vorinstanz willkürfrei darauf hinwies, dass der ärztliche Bericht in einem gewissen Widerspruch zu den Abklärungsergebnissen des Amts für Jugend und Berufsberatung steht. Daraus geht hervor, dass sich E.A.________ im Haushalt mit ihren Geschwistern wohl fühlt, dort "bestens aufgehoben ist" und anlässlich des Hausbesuchs vom 31. Mai 2023 als sehr selbstbewusstes Kind wahrgenommen werden konnte (angefochtenes Urteil E. 3.2 S. 7).  
 
4.3. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich vorbringt, aufgrund einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben nicht in den Kosovo zurückkehren zu können, findet dies ebenfalls keine Grundlage in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (vorstehende E. 3.2). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das Asylgesuch der Beschwerdeführerin abgelehnt wurde und das Bundesverwaltungsgericht dies mit Urteil vom 20. Dezember 2022 bestätigte (vorstehende E. 1.4). Im Übrigen kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
Im Ergebnis hat die Vorinstanz den Nichteintretensentscheid des Migrationsamts zu Recht bestätigt. Entgegen der Rügen der Beschwerdeführerin ist damit keine Verletzung von Art. 7, 11, 13 und 14 BV sowie Art. 8 EMRK auszumachen. 
 
5.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensichtlich unbegründet. Sie ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten (vorstehende E. 2.2). 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine geschuldet (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen. 
 
2.  
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. Mai 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Marti