5A_594/2022 13.10.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_594/2022  
 
 
Verfügung vom 13. Oktober 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, von Werdt, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jacques Marti, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Kristina Feurer, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Aufschiebende Wirkung (Eheschutz), 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts des Kantons Glarus vom 4. August 2022 (OG.2022.00050). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien haben die Kinder C.________ (geb. 2015) und D.________ (geb. 2017). Nach der Trennung lebten die Kinder zuerst bei der Mutter, dann beim Vater; seit Hebst 2021 wohnt C.________ beim Vater und D.________ bei der Mutter. 
 
B.  
Mit vorsorglichem Massnahmeentscheid vom 22. Juli 2022 innerhalb des hängigen Eheschutzverfahrens stellte das Kantonsgericht Glarus die beiden Kinder in Bestätigung der superprovisorischen Verfügung vom 8. Juli 2022 unter die Obhut des Vaters und regelte das Besuchsrecht der Mutter. 
Im Rahmen des von der Mutter angestrengten Berufungsverfahrens erteilte das Obergericht zuerst ohne weitere Prüfung die aufschiebende Wirkung, kam aber mit Zwischenentscheid vom 4. August 2022 darauf zurück und verweigerte bzw. entzog die am 27. Juli 2022 erteilte aufschiebende Wirkung, nachdem aufgrund des erstinstanzlichen Entscheides der Obhutswechsel bereits erfolgt war. 
 
C.  
Gegen diese Zwischenverfügung reichte die Mutter am 8. August 2022 beim Bundesgericht eine Beschwerde ein. Ferner verlangte sie die aufschiebende Wirkung und die unentgeltliche Rechtspflege. 
Nachdem das Obergericht am 24. August 2022 den Berufungsentscheid gefällt hatte, äusserten sich die Parteien zur Abschreibung und den Kostenfolgen des bundesgerichtlichen Verfahrens. Während der Vater in seiner Eingabe vom 12. September 2022 um Kostenauflage an die Beschwerdeführerin ersucht, verlangt diese mit Eingabe vom 14. September 2022, dass keine Gerichtskosten zu erheben seien und sie zu entschädigen sei. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Unbestrittenermassen ist die gegen den Zwischenentscheid über die aufschiebende Wirkung im Berufungsverfahren erhobene Beschwerde mit dem Berufungsentscheid gegenstandslos geworden. Ferner trifft dies auch für das Gesuch um aufschiebende Wirkung im bundesgerichtlichen Verfahren zu. 
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind bei Gegenstandslosigkeit mit summarischer Begründung auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes zu verteilen (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP). 
Entscheidzuständig ist ausnahmsweise nicht der Präsident (Art. 32 Abs. 2 BGG), sondern die Abteilung, weil das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht gegenstandslos geworden ist. 
 
2.  
Die Erstinstanz hat die Obhut über die Söhne dem Vater zugeteilt mit der Begründung, dessen Erziehungsfähigkeit sei besser. Sodann könne er zufolge Arbeitslosigkeit momentan auch persönlich zu ihnen schauen. Die Parteien würden sich gegenseitig der Gewalt bezichtigen, was jedoch beide Parteien für sich selbst in Abrede stellen würden; immerhin räume die Mutter die "Strafduschen" für die Kinder ein. Im Übrigen entspreche es einem Grundsatz, dass die beiden Kinder gemeinsam aufwachsen solllten. 
Das Obergericht hat seinen Zwischenentscheid namentlich mit der Hauptsachenprognose begründet und festgehalten, dass der erstinstanzliche Entscheid voraussichtlich zu schützen sei; der Obhutswechsel erscheine im Sinn des Kindeswohls als sachgerecht. 
Die Mutter hat zum einen eine Gehörsrüge erhoben, welche sich allerdings auf die erstinstanzliche Verhandlung bezieht. Inwiefern im Zusammenhang mit dem angefochtenen obergerichtlichen Zwischenentscheid das rechtliche Gehör hätte verletzt sein sollen, wird nicht dargetan. 
Sodann hat die Mutter unter Verweis auf BGE 138 III 565 E. 4.3.2 Willkür bei der Entscheidung über die aufschiebende Wirkung geltend gemacht. Hierzu Folgendes: Es trifft zu, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Obhutslage im Rechtsmittelverfahren nach Möglichkeit nicht verändert, sondern der bestehende Zustand aufrechterhalten werden soll (vgl. BGE 138 III 565 E. 4.3.2). Gleichzeitig ist für den Zwischenentscheid zur aufschiebenden Wirkung auch die Hauptsachenprognose relevant (vgl. BGE 144 III 469 E. 4.2) und in Fällen, bei welchen das Kindeswohl keinen Aufschub duldet, ist die aufschiebende Wirkung nicht zu erteilen bzw. zu entziehen (vgl. BGE 143 III 193 E. 4). Vorliegend ging es nicht um die Abänderung einer früheren Obhutszuteilung, sondern (soweit ersichtlich) um die erstmalige Obhutszuweisung. Im Übrigen hatte der Obhutswechsel bereits stattgefunden und das Obergericht wollte mit dem angefochtenen Zwischenentscheid - gerade mit Blick auf die angeführte Hauptsachenprognose - ein unnötiges Hin und Her für das Kind vermeiden, welches sich durch eine kurzzeitige Rückgabe an die Mutter und sodann eine Zuweisung an den Vater ergeben hätte. Der bestehende Zustand war im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheides mit anderen Worten so, dass sich D.________ beim Vater und nicht mehr bei der Mutter befand und diese Lage derjenigen der Hauptsachenprognose entsprach. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf das Kindeswohl konnte von Willkür im Sinn eines Abstellens auf unhaltbare Argumente nicht ansatzweise die Rede sein. 
 
3.  
Nach dem Gesagten wäre die Beschwerde abzuweisen gewesen, soweit auf sie hätte eingetreten werden können, weshalb die Beschwerdeführerin grundsätzlich kostenpflichtig ist (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, war die Beschwerde im Übrigen von Anfang an aussichtslos, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. Ferner hat die Beschwerdeführerin ausgangsgemäss den Beschwerdegegner für dessen Eingabe vom 12. September 2022 zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach verfügt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Beschwerdeverfahren 5A_594/2022 wird zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt abgeschrieben. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner mit Fr. 800.-- zu entschädigen. 
 
5.  
Diese Verfügung wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Oktober 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli