9C_437/2022 19.12.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_437/2022  
 
 
Urteil vom 19. Dezember 2022  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwalt Manuel Bader, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
 
C.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Mirjam Stanek Brändle. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 5. Juli 2022 (O2V 19 11 - O2V 20 11 - O2V 20 13). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Entscheid vom 4. Juli 2016 verfügte der Einzelrichter des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden die Auflösung der D.________ GmbH (vormals E.________ GmbH) wegen Mängeln in deren Organisation und die Liquidation der Gesellschaft nach den Vorschriften über den Konkurs. Das Konkursverfahren wurde mit Entscheid des Einzelrichters des Kantonsgerichts Appenzell Ausserrhoden vom 6. September 2016 mangels Aktiven eingestellt und die Gesellschaft am 20. Dezember 2016 aus dem Handelsregister gelöscht. 
Mit Verfügung vom 3. September 2018 verpflichtete die Ausgleichskasse des Kantons Zürich C.________, A.________ und B.________ als ehemalige Organe der D.________ GmbH zur Zahlung von Fr. 337'742.45 als Schadenersatz für Sozialversicherungsbeiträge, die in Folge der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht mehr erhoben werden konnten. Die von A.________ und B.________ hiegegen erhobenen Einsprachen wies die Ausgleichskasse mit Entscheiden vom 10. Januar 2020 ab, während sie die Einsprache des C.________ am 6. Februar 2019 in dem Sinne teilweise guthiess, als sie den Schadenersatzbetrag ihm gegenüber auf Fr. 336'236.85 herabsetzte. 
 
B.  
Die von C.________, A.________ und B.________ gegen diese Einspracheentscheide erhobenen Beschwerden wies das Obergericht Appenzell Ausserrhoden mit Urteil vom 5. Juli 2022 ab. Betreffend C.________ setzte das kantonale Gericht den Schadenersatzbetrag nach Androhung einer reformatio in peius wiederum auf Fr. 337'742.45 fest. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen A.________ und B.________, es sei unter Aufhebung des kantonalen Urteils festzustellen, dass sie kein Schadenersatz zu leisten haben, eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Subeventuell sei ihnen gegenüber der Schadenersatzbetrag herabzusetzen. Gleichzeitig beantragen die Beschwerdeführer, es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren. 
Gegen das Urteil des Obergerichts Appenzell Ausserrhoden vom 5. Juli 2022 hat auch C.________ Beschwerde erhoben (Verfahren 9C_373/2022). Auch ihm gegenüber ergeht das Urteil am heutigen Tag. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Voraussetzungen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sind gegeben (Art. 82 lit. a, Art. 83 e contrario, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90 und Art. 100 Abs. 1 BGG), insbesondere übersteigt der Streitwert die massgebliche Grenze von Fr. 30'000.- (Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG; vgl. BGE 137 V 51 E. 4.3). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
Streitig ist der von der Ausgleichskasse im Zusammenhang mit dem Konkurs der D.________ GmbH (vormals E.________ GmbH) geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen die Beschwerdeführer, zwei ehemaligen Organe dieses Unternehmens. 
 
3.  
Fügt ein Arbeitgeber durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften der Versicherung einen Schaden zu, so hat er diesen nach Art. 52 Abs. 1 AHVG zu ersetzen. Handelt es sich beim Arbeitgeber um eine juristische Person, so haften gemäss Art. 52 Abs. 2 AHVG subsidiär die Mitglieder der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so haften sie für den ganzen Schaden solidarisch. 
 
4.  
 
4.1. Beim vorliegend streitigen Schadenersatz handelt es sich um den Ersatz für Lohnbeiträge der konkursiten Gesellschaft für das Jahr 2015, welche diese der Ausgleichskasse schuldig blieb. Dabei steht fest und ist unbestritten, dass die Gesellschaft die im Verlauf dieses Jahres geschuldeten Akontozahlungen nicht geleistet hat und daher die Beschwerdeführer - auch wenn sie bereits per 22. Oktober 2015 als Organe aus der Gesellschaft ausgeschieden sind - ein Verschulden an dem bei der Ausgleichskasse entstanden Schaden tragen. Streitig und zu prüfen ist jedoch, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es den Schadenersatzbetrag auf Fr. 337'742.45 festsetzte bzw. in dieser Höhe bestätigte.  
 
4.2. Vorinstanz und Verwaltung konnten die massgebende Lohnsumme für das Jahr 2015 nicht genau festlegen, sondern haben diese aufgrund einer eingehenden Würdigung der gesamten Umstände geschätzt. Dabei steht fest und ist unbestritten, dass die konkursite Gesellschaft die abschliessende Lohndeklaration für das Jahr 2015 trotz vorgängiger Mahnung nicht mehr einreichte. Damit waren Vorinstanz und Verwaltung trotz Geltung des Untersuchungsgrundsatzes befugt, die massgebende Lohnsumme für das Jahr 2015 zu schätzen (BGE 118 V 65 E. 3b; 110 V 229 E. 4a mit Hinweis). Entgegen ihren Vorbringen besteht dabei der Beweisnotstand der Ausgleichskasse unabhängig von der Frage, inwieweit die Beschwerdeführer diesen - obwohl bereits per 22. Oktober 2015 als Organe aus der Gesellschaft ausgeschieden - zu vertreten haben. Andere Beweismassnahmen, welche mit verhältnismässigem Aufwand zu einer genaueren Festlegung der Lohnsumme führen könnten, sind keine ersichtlich. Insbesondere erscheint es als wenig realistisch, sämtliche ehemaligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Gesellschaft als Zeugen befragen zu wollen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer können die Löhne im Weiteren nicht aus den Auszügen aus den Individuellen Konten der Arbeitnehmenden bei der AHV entnommen werden, besteht doch das Problem gerade darin, dass die Löhne gegenüber der AHV nicht korrekt deklariert wurden.  
 
4.3. Die Vorinstanz bestätigte die Schätzung der Lohnsumme für das Jahr 2015 durch die Verwaltung auf den Betrag von Fr. 3'233'808.-. Dass diese Summe eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr darstellt, erachtete sie als durchaus realistisch aufgrund der Vielzahl der im Jahr 2015 verzeichneten neuen Stellenantritte. Da aber die Ausgleichskasse in ihren Schadenersatzverfügungen noch von einer Lohnsumme von Fr. 2'865'000.- ausgegangen sei, könne der Schadenersatzbetrag aufgrund des Eintritts der Verjährung höchstens ausgehend von dieser Summe berechnet werden. Somit könne offen bleiben, ob aufgrund des Ausscheidens der Beschwerdeführer im Verlauf des Monats Oktober 2015 aus der Gesellschaft die Beiträge für das Jahr 2015 aus der Haftung fallen, komme doch die massgebliche Lohnsumme selbst bei der Vornahme eines solchen Abzugs noch über den Betrag von Fr. 2'865'000.- zu liegen. Was die Beschwerdeführer gegen diese vorinstanzlichen Erwägungen vorbringen, lassen diese nicht als bundesrechtswidrig erscheinen. Insbesondere legen sie nicht dar, welche der von Vorinstanz und Verwaltung im Rahmen der grundsätzlich zulässigen Schätzung der Lohnsumme (vgl. E. 4.1 hievor) getroffenen Annahmen unplausibel sein sollten. Somit ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz gegen Bundesrecht verstossen hätte, als sie den Schadenersatzbetrag auf Fr. 337'742.45 festsetzte.  
 
4.4. Die übrigen Haftungsvoraussetzungen nach Art. 52 AHVG sind letztinstanzlich unbestritten geblieben; entsprechend ist die Beschwerde gegen das kantonale Urteil ohne Weiterungen abzuweisen.  
 
5.  
 
5.1. Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.  
 
5.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 8000.- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, C.________, dem Obergericht Appenzell Ausserrhoden und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Dezember 2022 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold