8C_331/2022 06.09.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_331/2022  
 
 
Urteil vom 6. September 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Claude Wyssmann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(Invalidenrente; Arbeitsunfähigkeit), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7. April 2022 (200 21 772 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1971 geborene A.________ meldete sich am 2. Dezember 2016 mit Hinweis auf einen im September 2016 erlittenen Augeninfarkt bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Im weiteren Verlauf klagte sie auch über psychische Beschwerden. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 27. Juni 2018 einen Leistungsanspruch, da keine objektiven Befunde für das Bestehen einer leistungsrelevanten Gesundheitsstörung vorlägen, was das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 25. Juni 2019 bestätigte. Das Bundesgericht hiess die hiergegen geführte Beschwerde mit Urteil 8C_559/2019 vom 20. Januar 2020 gut und wies die Sache in Aufhebung der Verfügung der IV-Stelle und des kantonalen Urteils an die IV-Stelle zurück, damit sie - allenfalls nach vorgängiger Klärung der Statusfrage - ein den Grundsätzen nach BGE 141 V 281 entsprechendes psychiatrisches Gutachten einhole und gestützt darauf in Berücksichtigung des gesundheitlichen Verlaufs neu verfüge.  
 
A.b. In der Folge veranlasste die IV-Stelle eine Abklärung an Ort und Stelle (Abklärungsbericht Haushalt/Erwerb vom 15. September 2020) sowie eine psychiatrische Begutachtung durch Dr. med. B.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie (Expertise vom 14. März 2021; Stellungnahme vom 18. Juni 2021). Mit Verfügung vom 7. Oktober 2021 beschied sie das Leistungsgesuch der A.________ erneut abschlägig.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern - nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 22. März 2022 - mit Urteil vom 7. April 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es seien das angefochtene Urteil aufzuheben und ihr ab wann rechtens die gesetzlichen Leistungen der Invalidenversicherung (Invalidenrente, weitere berufliche Massnahmen) bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % zuzusprechen, zuzüglich Verzugszins zu 5 % ab wann rechtens. Eventualiter sei die Sache zu ergänzenden medizinischen Abklärungen und/oder beruflich-erwerbsbezogenen Abklärungen, zur erneuten und vollständigen Indikatorenprüfung und anschliessendem Neuentscheid sowie zur Neuverlegung der Verfahrens- und Parteikosten an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle verfügte Leistungsabweisung bestätigte.  
 
2.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19.6.2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
2.3. Das kantonale Gericht hat die einschlägigen Grundlagen nach Gesetz und Rechtsprechung, vorab diejenigen zur Invalidität (Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 7 f. ATSG), zum Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28 Abs. 1 und 2 IVG) sowie betreffend die Aufgabenverteilung zwischen Verwaltung (im Beschwerdefall dem Gericht) und medizinischer Fachperson (BGE 140 V 193 E. 2.3 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig wiedergegeben hat es auch die Rechtsprechung zur Beurteilung der Invalidität bei psychischen Leiden anhand der sogenannten Standardindikatoren (BGE 141 V 281; 143 V 409 und 418). Gleiches gilt betreffend den Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen.  
 
2.4. Zu betonen ist, dass es praxisgemäss nicht allein in der Zuständigkeit der mit dem konkreten Einzelfall (gutachterlich) befassten Arztpersonen liegt, abschliessend und für die rechtsanwendende Stelle (Verwaltung, Gericht) verbindlich zu entscheiden, ob das medizinisch festgestellte Leiden zu einer (andauernden oder vorübergehenden) Arbeitsunfähigkeit (bestimmter Höhe und Ausprägung) führt (BGE 140 V 193 E. 3.1; vgl. auch BGE 145 V 361). Daher ist es im Grundsatz zulässig, einer medizinischen Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit die rechtliche Massgeblichkeit abzusprechen, ohne dass das Gutachten seinen Beweiswert verliert (BGE 144 V 50 E. 4.3; Urteile 8C_787/2021 vom 23. März 2022 E. 14.1 und 8C_483/2020 vom 26. Oktober 2020 E. 2).  
 
3.  
Hinsichtlich des Augenleidens der Beschwerdeführerin stellte die Vorinstanz fest, den nach dem Urteil des Bundesgerichts 8C_559/2019 vom 20. Januar 2020 ergangenen Berichten lasse sich nichts entnehmen, was gegen eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit spräche. Vielmehr habe die Hausärztin festgehalten, dass sie eine ergänzende medizinische Abklärung zum aktuellen Zeitpunkt nicht als angezeigt erachte. Damit sei somatischerseits von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit auszugehen. 
Dagegen wendet die Beschwerdeführerin nichts ein, weshalb es bei der vorinstanzlich festgestellten uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit in somatischer Hinsicht sein Bewenden hat. 
 
4.  
In psychischer Hinsicht mass die Vorinstanz dem psychiatrischen Gutachten der Dr. med. B.________ vom 14. März 2021 samt ergänzender Stellungnahme vom 18. Juni 2021 Beweiskraft bei. Die Sachverständige habe die von ihr diagnostizierte rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte bis mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F33.0/F33.1) nachvollziehbar begründet. Dennoch folgte die Vorinstanz der Einschätzung der Gutachterin nicht, wonach die Beschwerdeführerin im Zeitraum von September 2016 bis Juni 2017 überhaupt nicht und seit Therapiebeginn im Juni 2017 in einer leidensangepassten Tätigkeit lediglich im Umfang von 60 % arbeitsfähig war. Sie begründete dies damit, dass in der Gesamtbetrachtung die geltend gemachten funktionellen Auswirkungen der medizinisch festgestellten psychischen Beeinträchtigung anhand der Standardindikatoren nicht überwiegend wahrscheinlich erstellt seien. Es fehle an einem stimmigen Gesamtbild für die Annahme einer rechtlich relevanten psychischen Funktionseinbusse, weshalb das Vorliegen eines invalidisierenden psychischen Gesundheitsschadens zu verneinen sei. 
 
5.  
Die Beschwerdeführerin rügt eine unzulässige juristische Parallelbeurteilung durch die Vorinstanz. Entgegen deren Auffassung bestünden keine triftigen Gründe, der medizinisch-psychiatrischen Folgenabschätzung die rechtliche Massgeblichkeit zu versagen. 
 
5.1. Der Beschwerdeführerin ist zunächst darin beizupflichten, dass für die Annahme eines invalidisierenden Gesundheitsschadens nicht zwingend eine schwere psychische Störung vorliegen muss. Das Bundesgericht hat jüngst in einem Grundsatzurteil wieder betont, dass aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht letztlich nicht die Schwere einer Erkrankung entscheidend ist, sondern deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit, zumal sie in beruflicher Hinsicht unterschiedliche Folgen zeitigt (BGE 148 V 49 E. 6.2.2 mit Verweis auf BGE 143 V 418 E. 5.2.2). Unabhängig von der klassifikatorischen Einordnung einer Krankheit resultiere aus einer Diagnose - mit oder ohne diagnoseinhärentem Bezug zum Schweregrad - allein keine verlässliche Aussage über das Ausmass der mit dem Gesundheitsschaden korrelierenden funktionellen Leistungseinbusse bei psychischen Störungen. Das Bundesgericht hielt gleichzeitig aber auch Folgendes fest (BGE 148 V 49 E. 6.2.2) : Eine leicht- bis mittelgradige depressive Störung ohne nennenswerte Interferenzen durch psychiatrische Komorbiditäten lässt sich im Allgemeinen nicht als schwere psychische Krankheit definieren. Besteht dazu noch ein bedeutendes therapeutisches Potential, so ist insbesondere auch die Dauerhaftigkeit des Gesundheitsschadens in Frage gestellt. Diesfalls müssen gewichtige Gründe vorliegen, damit dennoch auf eine invalidisierende Erkrankung geschlossen werden kann. Es ist Aufgabe der medizinischen Sachverständigen, nachvollziehbar aufzuzeigen, weshalb trotz lediglich leichter bis mittelschwerer Depression und an sich guter Therapierbarkeit der Störung im Einzelfall funktionelle Leistungseinschränkungen resultieren, die sich auf die Arbeitsfähigkeit auswirken (BGE 143 V 409 E. 4.5.2). Attestieren die psychiatrischen Fachpersonen bei diesen Konstellationen trotz Verneinung einer schweren psychischen Störung ohne (allenfalls auf Nachfrage hin erfolgte) schlüssige Erklärung eine namhafte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, besteht für die Versicherung oder das Gericht Grund dafür, der medizinisch-psychiatrischen Folgenabschätzung die rechtliche Massgeblichkeit zu versagen.  
 
5.2. Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigte die Gutachterin gerade nicht auf, weshalb trotz lediglich leichter bis mittelgradiger Depression und an sich guter Therapierbarkeit der Störung funktionelle Leistungseinschränkungen resultieren, die sich auf die Arbeitsfähigkeit auswirken. Es fehlt auch eine schlüssige Erklärung für die attestierte Arbeitsunfähigkeit von 100 % im Zeitraum von September 2016 bis Juni 2017 und von immerhin noch 40 % im weiteren Verlauf. Eine eingehendere Begründung wäre umso mehr angezeigt gewesen, als die Gutachterin nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz im Mini-ICF-Rating-APP lediglich bei der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit eine leichte und beim Durchhaltevermögen eine mittelgradige Beeinträchtigung konstatierte. Bei den übrigen Fähigkeiten bestanden gemäss Expertise keine Einschränkungen.  
 
5.3. Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, ist durch den Versicherungsträger und im Beschwerdefall durch das Gericht zu prüfen, ob und inwieweit die ärztlichen Experten ihre Arbeitsunfähigkeitsschätzung unter Beachtung der massgebenden Indikatoren (Beweisthemen) hinreichend und nachvollziehbar begründet haben. Dazu ist erforderlich, dass die Sachverständigen den Bogen schlagen zum vorausgehenden medizinisch-psychiatrischen Gutachtensteil (mit Aktenauszug, Anamnese, Befunden, Diagnosen usw.), d.h. sie haben im Einzelnen Bezug zu nehmen auf die in ihre Kompetenz fallenden erhobenen medizinisch-psychiatrischen Ergebnisse fachgerechter klinischer Prüfung und Exploration (BGE 148 V 49 E. 6.2.1).  
Eine solche Bezugnahme fehlt im Gutachten der Dr. med. B.________ vom 14. März 2021. Anstatt substanziiert darzulegen, aus welchen medizinisch-psychiatrischen Gründen die erhobenen Befunde das funktionelle Leistungsvermögen und die psychischen Ressourcen in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht zu schmälern vermögen (BGE 143 V 418 E. 6), scheint die Sachverständige vom diagnostizierten depressiven Geschehen direkt auf eine Arbeitsunfähigkeit zu schliessen, indem sie die attestierte Arbeitsunfähigkeit mit der depressiven Symptomatik und der früher bestehenden Angstsymptomatik begründet. Sie zeigt damit - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht auf, dass, inwiefern und inwieweit wegen der von ihr erhobenen Befunde die beruflich-erwerbliche Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Anders als die Beschwerdeführerin glauben machen will, liegt es auch nicht auf der Hand, dass sich allein aufgrund einer leichten Beeinträchtigung der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit und einer mässig ausgeprägten Beeinträchtigung des Durchhaltever-mögens die Annahme einer 100%igen resp. 40%igen Arbeitsunfähig-keit rechtfertigt. 
 
5.4. Da im psychiatrischen Gutachten nicht substanziiert dargelegt wird, aus welchen medizinisch-psychiatrischen Gründen die erhobenen Befunde das funktionelle Leistungsvermögen und die psychischen Ressourcen in qualitativer, quantitativer und zeitlicher Hinsicht zu schmälern vermögen, war die Vorinstanz gehalten, anhand der Indikatoren des strukturierten Beweisverfahrens zu prüfen, ob der Beweis einer rechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit erbracht ist. Dies muss hier umso mehr gelten, als sich die gutachterlich attestierte 100%ige resp. 40%ige Einschränkung der Arbeitsfähigkeit lediglich an der fest-gestellten leicht bis mittelgradigen Ausprägung der depressiven Episo-de zu orientieren scheint.  
 
6.  
 
6.1. Im Rahmen der Indikatorenprüfung erläuterte die Vorinstanz, auf der Basis des psychiatrischen Gutachtens, dass die Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde nicht als schwer bezeichnet werden könne, da im Rahmen der Untersuchung nebst unauffälligen Befunden (lediglich) eine leichte Affektlabilität, ein leicht vermindertes Selbstwertgefühl, Versagens- und Zukunftsängste, eine leichte Antriebsminderung, eine reduzierte Belastbarkeit, eine schlechte Schlafqualität und eine Somatisierungstendenz konstatiert worden seien. Das Mini-ICF-APP-Rating habe zudem lediglich in den zwei bereits genannten Bereichen eine leichte resp. mittlere Beeinträchtigung ergeben. Die Beschwerdeführerin legt nicht substanziiert dar, inwiefern diese gestützt auf die Ausführungen des psychiatrischen Gutachters ergangenen Feststellungen offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig sein sollen.  
 
6.2. Mit Blick darauf, dass durch die bisherige ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung im Verlauf eine Verbesserung der depressiven Symptomatik habe erreicht werden können, sowie aufgrund der guten Prognosen (mittelfristig sei unter Weiterführung der Therapie und einer psychopharmakologischen Behandlung von einer Regredienz der depressiven Symptomatik auszugehen) wird im angefochtenen Urteil sodann auch eine ausgewiesene Behandlungsresistenz verneint. Soweit die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, das Krankheitsgeschehen dauere schon seit 2016 an, wobei keine vollständige Remission eingetreten sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass es gemäss psychiatrischem Gutachten zwischenzeitlich zu einer weitgehenden Regredienz der Symptomatik gekommen war (vgl. Expertise S. 18). Von einer Chronifizierung des Leidens ist im Gutachten im Übrigen nicht die Rede. Was die Beschwerdeführerin aus dem Umstand ableiten will, dass gemäss Stellungnahme ihrer behandelnden Psychiaterin die Absetzung des Antidepressivums - entgegen ihren eigenen Aussagen anlässlich der Begutachtung - nicht geplant gewesen sei und sie das Medikament auch weiterhin einnehme, ist nicht ersichtlich, ändert dies doch nichts an der grundsätzlich günstigen Prognose. Der Gutachterin war denn auch bekannt, dass die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit ein Antidepressivum eingenommen hatte. Sie erachtete die Einnahme auch weiterhin als indiziert. Eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder des rechtlichen Gehörs durch die Vorinstanz ist nicht erkennbar.  
 
6.3. Richtig ist, dass sich die Vorinstanz mit keinem Wort zum Indikator "Eingliederungserfolg oder -resistenz" geäussert hat. Der Sachverhalt ist entsprechend zu ergänzen (vgl. E. 1 hiervor). Dem psychiatrischen Gutachten ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin bisher völlig eigenständig um ihre berufliche Wiedereingliederung bemüht habe. Nachdem es der Beschwerdeführerin ab Beginn 2018 gesundheitlich besser gegangen sei, habe sie eine Stelle im Spital C.________ gefunden. Da jedoch während der Einarbeitungszeit ein 80 %-Pensum anstatt des vereinbarten 40 %-Pensums gefordert worden sei, sei es zu einer Überforderung der Beschwerdeführerin mit Verschlechterung der psychischen Symptomatik gekommen. Die Beschwerdeführerin habe die Stelle in der Probezeit gekündigt. Seit Februar 2019 arbeite sie in einem 30 %-Pensum in einer Käserei. Aus dem Bericht der behandelnden Psychiaterin vom 18. Oktober 2021 ergibt sich sodann, dass dieses Arbeitsverhältnis in der Zwischenzeit aufgelöst wurde. Fortan arbeitete sie als Sachbearbeiterin in einem 50-60 %-Pensum in einem KMU, wobei es sich gemäss der behandelnden Ärztin um einen Nischenarbeitsplatz handelt. Die Beschwerdeführerin erbringe nach ihrer Einschätzung eine effektive Leistung von 40-50 %. Sie habe über die letzten Jahre selbst ein berufliches Belastungstraining absolviert und es habe sich gezeigt, dass sie mit einer Arbeit in einem 40-50 %-Pensum am Limit sei.  
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sich die Beschwerdeführerin stets um die berufliche Wiedereingliederung bemüht hat. Damit hat sie ein hohes Pflichtbewusstsein und eine hohe Arbeitsmotivation an den Tag gelegt, was für vorhandene Ressourcen spricht. Selbst wenn sie sich tendenziell überfordern sollte, ist damit eine Eingliederungsresistenz zu verneinen. 
 
6.4. Soweit die Vorinstanz sodann vorhandene Komorbiditäten lediglich dann als massgeblich erachtet, wenn diese für sich allein die Arbeitsfähigkeit einschränken, kann ihr nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung Störungen unabhängig von ihrer Diagnose bereits dann als rechtlich bedeutsame Komorbidität in Betracht fallen, wenn ihnen im konkreten Fall ressourcenhemmende Wirkung beizumessen ist (BGE 143 V 418 E. 8.1; Urteile 9C_439/2021 vom 13. April 2022 E. 5.2.2; 9C_146/2021 vom 25. Juni 2021 E. 5.4.1; 8C_175/2018 vom 27. September 2018 E. 4). Demnach kann dem Augeninfarkt und den sich daraus ergebenden Visuseinschränkungen nicht von vornherein jegliche Relevanz abgesprochen werden, zumal gemäss psychiatrischem Gutachten die vorbestehende depressive Symptomatik durch den Augeninfarkt im Jahr 2016 verstärkt worden ist, wie die Vorinstanz selber feststellte. Abgesehen von diesem anfänglichen Einfluss des Augenleidens auf die depressive Symptomatik wird im psychiatrischen Gutachten der Dr. med. B.________ im weiteren Verlauf aber keine konkrete ressourcenhemmende Wirkung aufgezeigt. Erwähnt wird zwar noch eine Angstsymptomatik hinsichtlich der Befürchtung, auch das zweite Auge könnte von einem Infarkt betroffen sein, wie die Beschwerdeführerin geltend macht. Diese Symptomatik zeigte sich gemäss psychiatrischem Gutachten aber im Verlauf wieder regredient. Weitere Wechselwirkungen zwischen somatischen und psychischen Beschwerden - etwa aufgrund der Schulterbeschwerden oder des erfolgreich therapierten Morbus Basedow (aktuell euthyreot) - macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Auf Weiterungen kann deshalb verzichtet werden.  
 
6.5. Betreffend den Komplex "Persönlichkeit" stellte die Vorinstanz gestützt auf das psychiatrische Gutachten zutreffend fest, es bestünden keine Hinweise für eine Persönlichkeitsakzentuierung oder gar eine Persönlichkeitsstörung. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, aus der Expertise gehe nicht klar hervor, ob sie an Ich-Störungen, Denk- und Wahrnehmungsstörungen leide, verfängt der Einwand nicht. So werden im Gutachten Hinweise auf derartige Störungen klar verneint. Darüber hinaus bringt die Beschwerdeführerin nichts vor, was in diesem Zusammenhang zusätzlich zu berücksichtigen gewesen wäre.  
 
6.6. Zum Komplex "Sozialer Kontext" hielt die Vorinstanz fest, gemäss Gutachten lebe die Beschwerdeführerin mit den beiden jüngeren ihrer drei Töchter zusammen. Sie habe nach der Trennung vom Ehemann im Jahr 2017 seit ca. eineinhalb Jahren einen neuen Partner. Eine Zeit lang sei sie mit einer Kollegin walken gegangen. Sonntags koche sie für ihre Kinder. Manchmal treffe sie eine Kollegin. Damit halte das soziale Umfeld Ressourcen bereit. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag die vorinstanzlichen Feststellungen nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen. Dass sich die soziale Teilhabe mehr oder weniger auf die Kernfamilie beschränkt, ändert nichts an den grundsätzlich vorhandenen mobilisierenden Ressourcen.  
 
6.7. Im Rahmen der Konsistenzprüfung wies die Vorinstanz darauf hin, dass die Beschwerdeführerin gemäss Gutachten an freien Tagen um 7.30 Uhr aufstehe, einen Kaffee trinke und dann die Hausarbeiten erledige oder wasche und Zahlungen mache. Sie koche nicht jeden Tag, da die Kinder nicht zu Hause essen würden. Wenn das Wetter schön sei, verbringe sie viel Zeit im Garten auf ihrem Liegestuhl. Im Sommer gehe sie gerne in die Aare schwimmen. Sie habe wieder mit dem Lesen angefangen, was aufgrund des Auges zeitweise nicht mehr möglich gewesen sei. Als Hobbys habe sie kochen, walken und Fahrrad fahren genannt. Die Vorinstanz kam zum Schluss, eine gesundheitsbedingte Veränderung oder Beeinflussung der Alltagsaktivitäten liege demnach nicht vor.  
Die Beschwerdeführerin bringt zu Recht vor, sie habe gegenüber der Gutachterin auch angegeben, dass sie bei allem immer wieder Pausen mache, was die Vorinstanz unterlassen hat zu erwähnen. Dennoch ist insgesamt - auch im Verhältnis zur geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit (vgl. BGE 141 V 281 E. 4.4.1 mit Hinweisen) - von einem nicht wesentlich eingeschränkten Aktivitätsniveau auszugehen. 
 
6.8. Schliesslich berücksichtigte die Vorinstanz unter dem Gesichtspunkt des Leidensdruckes, dass sich die Beschwerdeführerin seit Mai 2017 in ambulanter psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung befindet. Allerdings hätten nur anfänglich wöchentliche und im Zeitpunkt der Begutachtung lediglich noch monatliche Sitzungen stattgefunden. Eine teilstationäre oder stationäre Behandlung habe die Beschwerdeführerin zudem wegen der Kinder abgelehnt.  
Betreffend den letzten Punkt ist darauf hinzuweisen, dass offenbar auch die psychiatrische Gutachterin eine ambulante Therapie als ausreichend erachtete. Insofern kann der Beschwerdeführerin die fehlende Inanspruchnahme einer (teil-) stationären Behandlung nicht im Sinne eines fehlenden Leidensdrucks entgegengehalten werden. Dennoch erscheint es ausgehend von der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, wonach zuletzt lediglich noch eine Sitzung pro Monat statt-fand, nicht offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz einen erheblichen behandlungsanamnestisch ausgewiesenen Leidensdruck verneinte. 
 
6.9. Nach dem Gesagten erscheint es weder willkürlich noch sonstwie bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz ein stimmiges Gesamtbild für die Annahme einer rechtlich relevanten psychischen Funktionseinbusse verneinte. Denn mit Blick auf die lediglich leichte Ausprägung der diagnoserelevanten Befunde und das bestehende therapeutische Potential sowie vor dem Hintergrund des nicht wesentlich eingeschränkten Aktivitätsniveaus ist der Beweis für eine Arbeitsunfähigkeit - trotz allfälliger geringer Wechselwirkungen zwischen dem Augenleiden und der depressiven Symptomatik sowie eingliederungsanamnestisch ausgewiesenem Leidensdruck - nicht geleistet und nicht zu erbringen, was sich nach den Regeln über die (materielle) Beweislast zuungunsten der rentenansprechenden Person auswirkt (BGE 144 V 50 E. 4.3 mit Hinweisen). Da von weiteren medizinischen Abklärungen nach willkürfreier Einschätzung der Vorinstanz keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte diese davon absehen (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5; Urteil 8C_754/2021 vom 21. Dezember 2021 E. 7.3).  
 
6.10. Zusammenfassend hat die Vorinstanz nicht Bundesrecht verletzt, indem sie der von der psychiatrischen Gutachterin attestierten 100%igen resp. 40%igen Arbeitsunfähigkeit die rechtliche Relevanz abgesprochen und festgestellt hat, es liege kein invalidisierender Gesundheitsschaden vor (BGE 148 V 49 E. 6.3; 144 V 50 E. 6.1). Damit hat es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden.  
 
7.  
Die Gerichtskosten hat die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 6. September 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest