7B_233/2024 12.04.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_233/2024  
 
 
Urteil vom 12. April 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________ AG, 
2. B.________, 
3. C.________ AG, 
alle drei vertreten durch Advokatin Yvonne Pieles, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. D.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Sven Oppliger, 
2. E.________, 
vertreten durch Advokatin Susanna Marti, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, 4051 Basel. 
 
Gegenstand 
Verfahrenstrennung und partielle Aufhebung / Rückweisung der Anklage, 
 
Beschwerde gegen den Zwischenentscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, vom 16. Januar 2024 (SB.2021.7). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt erklärte D.________ mit Urteil vom 24. März 2020 schuldig der ungetreuen Geschäftsbesorgung mit Bereicherungsabsicht sowie der mehrfachen Urkundenfälschung. Es verurteilte ihn hierfür zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 24 Monate bedingt, und setzte die Probezeit auf zwei Jahre fest. Mit gleichem Urteil erklärte das Strafgericht E.________ des gewerbsmässigen Betrugs, der Gehilfenschaft zu mehrfacher Urkundenfälschung und der Misswirtschaft schuldig und verurteilte ihn zu 24 Monaten Freiheitsstrafe mit bedingtem Strafvollzug und einer Probezeit von drei Jahren. Weiter verurteilte es D.________ und E.________ solidarisch zu Schadenersatzzahlungen an die Zivilklägerin A.________ AG im Umfang von Fr. 23'716.80 zzgl. Zins zu 5% seit dem 9. November 2011 und an den Zivilkläger B.________ im Umfang von Fr. 52'185.60 zzgl. Zins zu 5% seit dem 29. August 2012. Die Mehrforderung der A.________ AG und von B.________ verwies das Strafgericht auf den Zivilweg. Die Schadenersatzforderung der C.________ AG wurde ebenfalls auf den Zivilweg verwiesen. Schliesslich entschied das Strafgericht über die Neben- und Kostenfolgen des Verfahrens. Dieses Urteil fochten D.________ und E.________ mit Berufung beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt an. Die A.________ AG, B.________ und die C.________ AG erklärten Anschlussberufung. 
 
B.  
Mit Zwischenentscheid vom 16. Januar 2024 hob das Appellationsgericht das Urteil des Strafgerichts vom 24. März 2020 in Bezug auf die Anklagepunkte Ziff. 2.1a, 2.3, 2.4, 2.5a, 2.6 und 2.7 gemäss Anklageschrift auf und wies die Anklage in diesen Punkten zwecks Beweisergänzung an die Staatsanwaltschaft zurück. Die Verfahrensleitung übertrug das Appellationsgericht in diesen Punkten zurück an die Staatsanwaltschaft. Die übrigen Anklagepunkte (Ziff. 2.1b, 2.2, 2.5b und 2.8) trennte es von den an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesenen Teilaspekten ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, in den an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesenen Teilen der Anklage werde D.________ und E.________ zusammengefasst vorgeworfen, letzterer habe für die F.________ GmbH bei mehreren von der Staatsanwaltschaft untersuchten Bauprojekten systematisch überhöhte oder gar vollkommen fiktive Rechnungen verfasst und diese der G.________ AG als Auftraggeberin zugesandt. D.________ habe diese Rechnungen als Angestellter der G.________ AG jeweils entgegengenommen und wider besseres Wissen per Visum bestätigt. Durch dieses Vorgehen hätten die beiden die F.________ GmbH im Umfang der Differenz zwischen den von ihr eingenommenen Geldern und dem Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen unrechtmässig bereichert. Da der angeklagte Sachverhalt in Bezug auf den effektiven Wert der von der F.________ GmbH erbrachten Leistungen bisher lediglich auf den Schätzungen des erstinstanzlichen Sachgerichts beruhe, sei ein Fachgutachten über den effektiven Wert der Leistungen der F.________ GmbH einzuholen. Da dieses Beweismittel für die Prüfung der Anklagepunkte unabdingbar sei, sei das Gutachten nicht durch das Gericht selber, sondern durch die Staatsanwaltschaft in Auftrag zu geben. 
 
C.  
Die A.________ AG, die C.________ AG und B.________ führen mit Eingabe vom 23. Februar 2024_c-r]_c-r]_c]_c] gemeinsam Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Sie beantragen, der Zwischenentscheid des Appellationsgerichts vom 16. Januar 2024 sei aufzuheben und das Appellationsgericht anzuweisen, von einer Verfahrenstrennung und teilweisen Rückweisung der Anklage an die Staatsanwaltschaft abzusehen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Appellationsgericht zurückzuweisen. 
Die kantonalen Akten wurden beigezogen. Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (BGE 147 I 268 E. 1 mit Hinweisen). 
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer Strafsache im Sinne von Art. 78 Abs. 1 und Art. 80 Abs. 1 und 2 BGG. Er schliesst das gegen die beiden Beschuldigten und vorliegenden Beschwerdegegner geführte Strafverfahren indes nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Es handelt sich somit um einen anderen selbstständig eröffneten Vor- bzw. Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG, in welchem die Vorinstanz die Anklage in den genannten Anklagepunkten an die Staatsanwaltschaft zur Beweisergänzung zurückgewiesen, das Verfahren insoweit von den weiterhin bei der Vorinstanz rechtshängig bleibenden Verfahrensteilen abgetrennt und das erstinstanzliche Sachurteil im Umfang der zurückgewiesenen Anklagepunkte aufgehoben hat. Ein solcher Zwischenentscheid ist mit Beschwerde an das Bundesgericht grundsätzlich nur unmittelbar anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder - was vorliegend nicht der Fall ist - wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.2. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3; je mit Hinweisen). Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen und diese hierbei insgesamt beurteilen soll. Sie ist nach der Rechtsprechung restriktiv zu handhaben (BGE 140 V 321 E. 3.6).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Die Beschwerdeführer erblicken den nicht wieder gutzumachenden Nachteil darin, dass durch die Verfahrenstrennung und Rückweisung der Anklage zur Beweisergänzung das Beschleunigungsgebot in Strafsachen verletzt werde, namentlich weil durch die Aufhebung des erstinstanzlichen Sachurteils in den zurückgewiesenen Punkten der Eintritt der Verfolgungsverjährung drohe.  
 
1.3.2. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Nach Art. 97 Abs. 3 StGB tritt die Verfolgungsverjährung nicht mehr ein, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergangen ist. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt dies auch in jenen Fällen, in denen das erstinstanzliche Urteil später in Gutheissung eines Rechtsmittels aufgehoben und die Sache an das erstinstanzliche Gericht oder an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen wird (Urteile 6B_696/2021 vom 1. November 2021 E. 3.2; 6B_1408/2017 vom 13. Juni 2018 E. 1.4.1; 6B_692/2017 vom 13. April 2018 E. 1; je mit Hinweisen; zur Beschwerde an das Bundesgericht BGE 143 IV 450 E. 1.2). Dass dem erstinstanzlichen Sachurteil vom 24. März 2020 in Bezug auf den Eintritt der Verfolgungsverjährung aufgrund der Aufhebung des Urteils im Umfang der an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesenen Anklagepunkte jegliche Rechtswirkung abzusprechen und es daher insoweit nichtig wäre, machen die Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich (siehe dazu Urteil 6B_696/2021 vom 1. November 2021 E. 3.2 f. mit Hinweisen).  
 
1.4.  
 
1.4.1. Die Beschwerdeführer sehen den nicht wieder gutzumachenden Nachteil weiter darin, dass die Vorinstanz durch die teilweise Rückweisung der Anklage verbunden mit der Verfahrenstrennung das Beschleunigungsgebot in Strafsachen verletze. Insoweit ist festzuhalten, dass ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verlängerung des Verfahrens gemäss der zitierten Rechtsprechung für die Annahme eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht ausreichend ist (vgl. vorne E. 1.2). Zwar kann nach der Rechtsprechung einer rechtsuchenden Partei das Erfordernis des nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht entgegengehalten werden, wenn sie der Auffassung ist, ihre Sache werde nicht innert angemessener Frist behandelt, und sie deshalb eine formelle Rechtsverweigerung rügt (BGE 143 IV 175 E. 2.3; 138 IV 258 E. 1.1; Urteil 7B_573/2023 vom 26. Februar 2024 E. 2.2.2). Wie die Beschwerdeführer zutreffend vorbringen, gilt dies namentlich bei Beschwerden der beschuldigten Person gegen Sistierungsverfügungen nach Art. 314 StPO (Urteile 7B_320/2023 vom 21. Februar 2024 E. 2.3; 1B_318/2020 vom 11. März 2021 E. 1). Eine entsprechende Rüge setzt allerdings voraus, dass die drohende Verletzung des Beschleunigungsgebots von der rechtsuchenden Partei in einer den Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise dargelegt wird (BGE 148 IV 155 E. 2.4; 143 IV 175 E. 2.3; 138 III 190 E. 6; 134 IV 43 E. 2.5; Urteile 7B_573/2023 vom 26. Februar 2024 E. 2.2.2; 7B_320/2023 vom 21. Februar 2024 E. 2.3).  
 
1.4.2. Die Beschwerdeführer beschränken sich darauf vorzubringen, die teilweise Rückweisung der genannten Anklagepunkte an die Staatsanwaltschaft verbunden mit der Verfahrenstrennung verlängere das Verfahren in unzulässiger Weise, da grundsätzlich bereits alle notwendigen Beweise durch das erstinstanzliche Sachgericht eingeholt worden seien. Die Rückweisung der Ankage zwecks Beweisergänzung sei daher mit dem Beschleunigungsgebot nicht vereinbar. Damit kommen sie ihrer Begründungspflicht nicht nach. Eine Rückweisung der Anklage geht grundsätzlich in jedem Fall mit einer Verfahrensverlängerung einher. Würde somit dem pauschalen Einwand der Beschwerdeführer gefolgt, hätte dies zur Konsequenz, dass nahezu jede Rückweisung der Anklage zwecks Beweisergänzung gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG an das Bundesgericht angefochten werden könnte. Dies widerspräche aber dem gesetzgeberischen Willen, wonach sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll und Ausnahmen von diesem Grundsatz restriktiv zu handhaben sind (vgl. vorne E. 1.2). Zudem führt die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid aus, die bei ihr hängig bleibenden Anklagepunkte seien spruchreif und es werde insoweit nach Rechtskraft des vorliegend angefochtenen Zwischenentscheids direkt zur Berufungsverhandlung geladen. Die Befürchtung der Beschwerdeführer, die Vorinstanz sei nach über eineinhalb Jahren nach Eingang der Berufungen nicht gewillt, das Verfahren zeitnah zum Abschluss zu bringen, ist damit unbegründet.  
 
1.5. Zusammengefasst fehlt es den Voraussetzungen für einen selbständigen Weiterzug des angefochtenen Zwischenentscheids vom 16. Januar 2024 an das Bundesgericht.  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Damit werden die Beschwerdeführer unter solidarischer Haftung und zu gleichen Teilen kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Aufgrund des Verzichts des Bundesgerichts auf Einholung von Vernehmlassungen sind den anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnern 1 und 2 keine Aufwände entstanden und sind somit keine Parteientschädigungen zu sprechen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Dreiergericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. April 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn