4D_72/2023 11.06.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4D_72/2023  
 
 
Urteil vom 11. Juni 2024  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Gross. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Rechtsverweigerung (definitive Rechtsöffnungen), 
 
Beschwerde gegen die Mitteilung des Obergerichts des Kantons Bern, 2. Zivilkammer, vom 18. Juli 2023 
(ZK 23 262-266). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 17. Juli 2023 erhob A.________ (Beschwerdeführer) Beschwerde beim Obergericht des Kantons Bern gegen die Entscheide CIV 23 258 / CIV 23 585 / CIV 23 586 / CIV 23 587 und CIV 23 589 des Regionalgerichts Ber n-Mittelland. 
 
B.  
Mit Schreiben vom 18. Juli 2023 schickte der zuständige Instruktionsrichter des Obergerichts die Beschwerde dem Beschwerdeführer als querulatorisch und rechtsmissbräuchlich zurück. Er hielt fest, solche Eingaben würden gemäss Art. 132 Abs. 3 ZPO ohne Weiteres zurückgeschickt (mit Verweis auf NINA J. FREI, in: Berner Kommentar, 2012, N. 29 zu Art. 132 ZPO). 
 
C.  
Am 22. Juli 2023 erhob der Beschwerdeführer beim Bundesgericht Rechtsverweigerungsbeschwerde. Er beantragte, das Obergericht sei anzuweisen, sich der Beschwerde anzunehmen. Das Obergericht wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass der Beschwerdeführer unlängst im Entscheid ZK 23 200 vom 11. Juli 2023 in Erwägung 11.1 (ein weiteres Mal) darauf hingewiesen worden sei, dass sich das Obergericht vorbehalte, im Falle weiterer ähnlicher Eingaben nach Art. 132 Abs. 3 ZPO vorzugehen. Der Beschwerdeführer replizierte unaufgefordert. Mit Schreiben vom 14. August 2023 teilte das Obergericht mit, es verzichte auf weitere Bemerkungen. 
Mit Eingabe vom 6. August 2023 ersuchte der Beschwerdeführer um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Verfügung vom 8. August 2023 sah das Bundesgericht von der Einforderung des Kostenvorschusses einstweilen ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (BGE 137 III 417 E. 1; 136 II 101 E. 1; 135 III 212 E. 1).  
 
1.2. Gemäss Art. 132 Abs. 3 ZPO können querulatorische und rechtsmissbräuchliche Eingaben ohne Weiteres zurückgeschickt werden. Sie vermögen ein Verfahren weder zu eröffnen noch weiterzuführen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBI 2006 7221, 7306 Ziff. 5.9.2; Urteile 4A_162/2018 vom 22. August 2018 E. 1; 4A_277/2013 vom 29. Juli 2013). Die Mitteilung des Instruktionsrichters des Obergerichts bildet daher keinen förmlichen Verfahrensakt und stellt folglich keinen mit Beschwerde in Zivilsachen oder subsidiärer Verfassungsbeschwerde beim Bundesgericht anfechtbaren Entscheid dar (zit. Urteile 4A_162/2018 E. 1; 4A_277/2013; Urteil 4A_615/2012 vom 29. November 2012).  
Gemäss Art. 94 BGG kann gegen das unrechtmässige Verweigern eines anfechtbaren Entscheids Rechtsverweigerungsbeschwerde geführt werden, die der Beschwerdeführer vorliegend denn auch erhoben hat, dies in der Meinung, es hätte statt jener Mitteilung über seine Beschwerde entschieden werden müssen. 
 
1.3. Mit der Rechtsverweigerungsbeschwerde nach Art. 94 BGG kann geltend gemacht werden, die Behörde habe eine formelle Rechtsverweigerung begangen, indem sie es zu Unrecht unterlassen habe, einen anfechtbaren Entscheid zu fällen, womit sie Art. 29 Abs. 1 BV bzw. Art. 6 EMRK verletzt habe (zit. Urteil 4A_162/2018 E. 3).  
Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht kann das Bundesgericht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
Die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen. Die beschwerdeführende Partei darf eine allfällige Replik nicht dazu verwenden, ihre Beschwerde zu ergänzen oder zu verbessern. Zulässig sind nur Vorbringen, zu denen erst die Ausführungen in der Vernehmlassung eines anderen Verfahrensbeteiligten Anlass geben (vgl. BGE 135 I 19 E. 2.2; 132 I 42 E. 3.3.4). 
 
1.4. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, es mangle in seiner (kantonalen) Beschwerde an den typischen Merkmalen von Querulantentum. Es fänden sich insbesondere keine " diffusen Äusserungen, politische oder religiöse Pamphlete, Tiraden gegen Richter und die Menschheit ". Auch handle es sich nicht um " wiederholte Eingaben in derselben Sache, schon gar nicht hunderte von Eingaben ". Dass es mehrere Betreibungen gleichzeitig seien und alle betreffend Gerichtsgebühren, lasse die Beschwerde nicht querulatorisch werden. Es seien auch nicht 150 Eingaben, sondern lediglich fünf, die erst noch zu einer einzigen Eingabe zusammengefasst worden seien.  
Sodann fasst der Beschwerdeführer seine Eingabe in mehreren Spiegelstrichen zusammen. Er macht im Wesentlichen geltend, die Eingabe sei fristgerecht ergangen und es bestehe ein schützenswertes Interesse. Er behandle " Befangenheit sachlich und getrennt nach Problemfeld ". Es genüge, wenn man die Richter auf eine mögliche Befangenheit aufmerksam mache. Ob der Beweisantrag tatsächlich zu spät eingegangen sei, diese Frage sei für ihn völlig neu und erscheine einer Überprüfung würdig. Er gehe gezielt auf die Verfahrensmängel in erster Instanz ein (" Warum sollte in erster Instanz ohne Vollmacht des Vertreters verhandelt werden? Warum manipuliert Richter Huber an der Parteibezeichnung herum? Warum verhandelt das Regionalgericht Nichtigkeit materiell?"). Er zeige auf, an welchen Stellen (und wie) es zur Nichtigkeit (gemeint wohl des Zahlungsbefehls) komme.  
 
1.5. Die Zurücksendung einer Beschwerde gestützt auf Art. 132 Abs. 3 ZPO erfolgt nur dann unrechtmässig und kann somit nur dann eine formelle Rechtsverweigerung begründen, wenn die Eingabe zu Unrecht als querulatorisch oder rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 132 Abs. 3 ZPO qualifiziert wird. Der Beschwerdeführer beschränkt sich in seiner Eingabe vor Bundesgericht im Wesentlichen darauf, seine Eingabe als weder querulatorisch noch rechtsmissbräuchlich zu bezeichnen. Damit genügt er den Anforderungen an eine Verfassungsrüge nicht, zumal der Instruktionsrichter des Obergerichts in seiner Stellungnahme auf das Urteil ZK 23 200 verweist, das ebenfalls den Beschwerdeführer betraf. In E. 11.1 dieses Urteils erwog das Obergericht, wie bereits im Verfahren ZK 23 164 werde der Beschwerdeführer für zukünftige ähnliche Beschwerden und Eingaben ein weiteres Mal darauf hingewiesen, dass sich das Obergericht vorbehalte, gemäss Art. 132 Abs. 3 ZPO querulatorische und rechtsmissbräuchliche Eingaben ohne Weiteres zurückzuschicken. In E. 7.1 des zitierten Urteils ZK 23 200 erwog es, die vom Beschwerdeführer im (kantonalen) Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände seien zu weiten Teilen schwer verständlich bzw. schwer nachvollziehbar. Sie seien sodann nicht neu, sondern seien vom Obergericht bereits mehrfach thematisiert und zuletzt mit Urteil ZK 23 164 vom 20. Juni 2023 als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden.  
 
2.  
Nach dem Gesagten wird auf die Rechtsverweigerungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung nicht eingetreten. Bei diesem Ergebnis wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, war die Beschwerde des Beschwerdeführers von Anfang an aussichtslos, weshalb die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht erfüllt sind und dessen Gesuch abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Juni 2024 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Gross