1C_653/2022 03.06.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_653/2022  
 
 
Urteil vom 3. Juni 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, Müller, 
nebenamtliche Bundesrichterin Petrik, 
Gerichtsschreiberin Dillier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Angela Roos, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern, Rechtsdienst, 
Rösslimattstrasse 37, Postfach 3439, 6005 Luzern. 
 
Gegenstand 
Opferhilfe, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 26. Oktober 2022 (1H 22 1/1U 22 2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.A.________ und B.A.________ heirateten am 1. Juni 2006 in Gjakovë (Kosovo). Sie haben die gemeinsamen Kinder C.A.________ (2008) und D.A.________ (2011). Nachdem B.A.________ auf die Trennungsversuche von A.A.________ wiederholt mit Suizid drohte, bezog sie mit den beiden Kindern am 1. Juli 2021 im Haus E.________ eine Notunterkunft. 
Mit Gesuch vom 5. Juli 2021 ersuchte A.A.________ bei der Dienststelle Soziales und Gesellschaft (DISG) des Kantons Luzern, Opferberatungsstelle, im Rahmen der Soforthilfe um Kostengutsprache im Umfang von Fr. 12'600.-- für eine Notunterkunft für sich und die Kinder im Haus E.________ für den Zeitraum vom 1. Juli 2021 bis 4. August 2021. 
Mit E-Mail vom 8. Juli 2021 teilte die DISG dem Haus E.________ mit, die Voraussetzungen für die Kostengutsprache seien nicht erfüllt. Nach einer telefonischen Besprechung vom 14. Juli 2021 mit einer Mitarbeiterin des Hauses E.________ lehnte die DISG das Gesuch mit Schreiben vom 26. Juli 2021 ab. Gleichzeitig wurde A.A.________ auf die Möglichkeit hingewiesen, einen anfechtbaren Entscheid zu verlangen und weitere Unterlagen und Beweismittel einzureichen. Nachdem sie am 7. August 2021 einen anfechtbaren Entscheid verlangt hatte, wies die DISG das Gesuch um Kostengutsprache für die Notunterkunft mit Verfügung vom 29. Dezember 2021 ab. 
 
B.  
Dagegen erhob A.A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht Luzern. Dieses wies das Rechtsmittel mit Urteil vom 26. Oktober 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 9. Dezember 2022 beantragt A.A.________, das Urteil des Kantonsgerichts vom 26. Oktober 2022 sei aufzuheben und das Gesuch um Soforthilfe vom 5. Juli 2021 sei gutzuheissen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
Die DISG und das Kantonsgericht ersuchen um Abweisung der Beschwerde. Das zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Justiz (BJ) verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Beschwerdeführerin lässt sich nicht mehr vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid im Bereich der Opferhilfe. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht grundsätzlich offen (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG). Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 83 BGG liegt nicht vor. Bei der Opferhilfe geht es nicht um Leistungen auf dem Gebiet der Staatshaftung, weshalb die Streitwertgrenze gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG nicht anwendbar ist (BGE 132 II 117 E. 2.2.4; Urteil 1C_561/2017 vom 4. Mai 2018 E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin hat ohne Erfolg am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist durch den angefochtenen Entscheid auch materiell beschwert. Damit ist sie nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet dieses von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 99 E. 1.7.2 mit Hinweisen).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur beanstandet werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2; 140 III 115 E. 2; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 141 IV 317 E. 5.4; 137 III 226 E. 4.2; je mit Hinweisen). Die auf Indizien gestützte Beweiswürdigung prüft das Bundesgericht als Tatfrage im Wesentlichen nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür (BGE 140 I 114 E. 3.3.4).  
 
3.  
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage, ob ein Anspruch auf Soforthilfe nach Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) in Form einer Notunterkunft besteht. 
 
3.1. Der beantragten Soforthilfe liegt zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem die Beschwerdeführerin von ihrem damaligen Ehemann erfahren hat, dass er sich bei ausserehelichem Geschlechtsverkehr mit dem HI-Virus angesteckt habe, wollte sie sich von ihm trennen. Mit ihrem Trennungs- bzw. Scheidungswunsch stiess sie bei ihrem Ehemann auf Widerstand und es kam zu erheblichen Konflikten. Konkret geschildert wurden drei Vorfälle, bei denen der Ehemann im Zusammenhang mit ihrem geäusserten Trennungswunsch Suiziddrohungen aussprach. Nach dem dritten Vorfall vom 29. Juni 2021 kontaktierte sie das Frauenhaus Luzern, welches sie an das Haus E.________ verwies, wo sie zusammen mit ihren beiden Söhnen am 1. Juli 2021 aufgenommen wurde.  
 
3.2. In der Sache streitig ist zunächst die Eigenschaft der Beschwerdeführerin als Opfer im Sinne von Art. 1 Abs. 1 OHG. Die Vorinstanz hat das Vorliegen einer Straftat (Nötigung gemäss Art. 181 StGB) nach dem Opferhilfegesetz bejaht. Zu prüfen ist jedoch, ob die Vorinstanz die hinreichende Schwere der psychischen Beeinträchtigung (E. 4 hiernach) und den Kausalzusammenhang zwischen der Straftat und der Beeinträchtigung (E. 5 hiernach) verneinen durfte. Sodann sind die weiteren Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Soforthilfe in Form einer Notunterkunft zu beurteilen (E. 6 hiernach).  
 
4.  
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe die hinreichende Schwere der Integritätsverletzung zu Unrecht verneint. 
 
4.1. Gemäss Art. 1 Abs. 1 OHG hat jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), Anspruch auf Unterstützung nach diesem Gesetz (Opferhilfe). Die Anforderungen an den Nachweis der Opfereigenschaft sind je nach dem Zeitpunkt sowie nach Art und Umfang der beanspruchten Hilfe unterschiedlich hoch. Ein Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung nach Art. 2 lit. d und e sowie Art. 19 ff. OHG besteht nur, wenn eine Straftat feststeht. Wurde kein Strafverfahren eröffnet, gilt für den Nachweis der Opfereigenschaft bei der Beurteilung einer Entschädigung bzw. Genugtuung das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 144 II 406 E. 3.1 mit Hinweisen). Damit Beratung und Soforthilfe sowie längerfristige Hilfe der Beratungsstellen im Sinne von Art. 2 lit. a und b OHG ihren Zweck erfüllen können, müssen sie rasch gewährt werden, bevor endgültig feststeht, ob ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verhalten vorliegt (vgl. BGE 125 II 265 E. 2c/aa mit Hinweisen; ferner BGE 143 IV 154 E. 2.3.3). Bei der Gewährung der Soforthilfe genügt es daher, wenn eine die Opferstellung begründende Straftat in Betracht fällt. Der zu erfüllende Beweisgrad ist jener des Glaubhaftmachens (Urteil 1C_254/2023 vom 14. Dezember 2023 E. 3.3 mit Hinweis). Glaubhaft gemacht ist eine Straftat dann, wenn für ihr Vorhandensein aufgrund objektiver Anhaltspunkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, selbst wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie sich nicht verwirklicht haben könnte (vgl. BGE 144 II 65 E. 4.2.2; Urteil 1C_254/2023 vom 14. Dezember 2023 E. 3.3; je mit Hinweis).  
 
4.2. Eine Nötigung gemäss Art. 181 StGB stellt eine Straftat dar, welche die psychische Integrität einer betroffenen Person unmittelbar beeinträchtigen kann (vgl. Urteil 6B_492/2015 vom 2. Dezember 2015 E. 1.2.3). Nach der Rechtsprechung muss die Beeinträchtigung von einer gewissen Intensität sein. Es genügt nicht jede geringfügige Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens; nur kurzfristige, den Moment der Tat nicht überdauernde psychische Beeinträchtigungen (wie z. B. Angst, Schrecken, Ärger oder Unannehmlichkeiten) vermögen die Opferstellung nicht zu begründen (vgl. BGE 129 IV 216 E. 1.2.1; 120 Ia 157 E. 2d/aa; Bundesamt für Justiz (BJ), Leitfaden zur Bemessung der Genugtuung nach Opferhilfegesetz vom 3. Oktober 2019, S. 5 und 16; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 13 zu Art. 116 StPO). Entscheidend ist nicht die Schwere der Straftat, sondern der Grad der Betroffenheit der geschädigten Person, weshalb auch eine blosse Tätlichkeit die Opferstellung begründen kann, wenn sie zu einer nicht unerheblichen psychischen Beeinträchtigung führt (BGE 131 I 455 E. 1.2.2; 128 I 218 E. 1.2; 125 II 265 E. 2a/aa). Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles (BGE 120 Ia 157 E. 2d/aa mit Hinweisen). Massgebend ist, ob die Beeinträchtigung der geschädigten Person in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität das legitime Bedürfnis begründet, die Hilfsangebote und die Schutzrechte des Opferhilfegesetzes - ganz oder zumindest teilweise - in Anspruch zu nehmen (BGE 134 II 308 E. 5.5; 131 I 455 E. 1.2.2; 128 I 218 E. 1.2; je mit Hinweisen).  
 
4.3. Die Vorinstanz stellt vorliegend nicht in Frage, dass der psychische bzw. seelische Zustand der Beschwerdeführerin durch die Straftaten nachteilig verändert worden ist. Der Schluss der Vorinstanz, die für die Annahme einer Opferstellung geforderte Intensität ihrer psychischen Beeinträchtigung sei weder objektiv erstellt noch subjektiv glaubhaft gemacht, hält jedoch nicht vor dem Willkürverbot stand (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG; E. 2.2 hiervor).  
 
4.3.1. Da die Anforderungen an den Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen den Leistungszweck nicht vereiteln dürfen, ist eine dringliche Leistung wie die Soforthilfe auch bei nicht völlig geklärter Sachlage zu erbringen (vgl. DOMINIK ZEHNTNER, in: Stämpflis Handkommentar, Opferhilferecht, 4. Aufl. 2020, N. 7 zu Art. 14 OHG). Es genügt, wenn Anhaltspunkte vorhanden sind, die für eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der psychischen Integrität sprechen, selbst wenn noch mit der Möglichkeit zu rechnen ist, bei eingehender Abklärung werde sich die behauptete Integritätsverletzung nicht erstellen lassen (zum Beweismass der Glaubhaftmachung vgl. E. 4.1 hiervor). Im Zweifelsfall ist eine dringliche opferhilferechtliche Leistung zu erbringen (vgl. ZEHNTNER, a.a.O., N. 7 zu Art. 14 OHG). Dies hat umso mehr für ausschliesslich psychisch geschädigte Personen zu gelten, zumal sich psychische Integritätsverletzungen im Einzelfall nur durch eine sorgfältige psychiatrische Abklärung feststellen lassen (vgl. THOMAS MAURER, Das Opferhilferecht und die kantonalen Strafprozessordnungen, ZStrR 111/1993, S. 381). Zum Zeitpunkt der Gewährung der Soforthilfe kann somit nicht verlangt werden, dass bereits eine konkrete Diagnose mit Krankheitswert bzw. eine behandlungsbedürftige psychische Störung nachgewiesen wird. Dies würde im Widerspruch zur Wirksamkeit der Opferhilfe stehen. Der opferbezogene Ansatz des Opferhilfegesetzes bzw. der Fokus auf die Wirkung der Straftat auf das Opfer und dessen durch das Gesetz geschützten Integrität darf nicht dazu führen, dass an den Nachweis der hinreichenden Intensität der Beeinträchtigung bzw. die Umschreibung der individuell-konkreten Auswirkungen des nötigenden Verhaltens überhöhte Anforderungen gestellt werden.  
 
4.3.2. Aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin und den ins Recht gelegten Dokumenten (insbesondere dem Bericht von Dr. med. F.________ und der Aktennotiz der DISG zu einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin des Hauses E.________ vom 14. Juli 2021) ergeben sich zwar keine konkreten Symptome und Diagnosen für ihre psychische Beeinträchtigung, wie z.B. schwere Angstzustände, Schlafprobleme oder Konzentrationsschwierigkeiten. Es bestehen jedoch gemäss zutreffendem Einwand der Beschwerdeführerin mehrere Indizien und damit genügende Anhaltspunkte, die auf eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung ihrer psychischen Integrität schliessen lassen. So ist aktenkundig und geht bereits aus dem Gesuch vom 5. Juli 2021 hervor, dass sie in psychologischer Behandlung und über eine gewisse Zeit krankgeschrieben bzw. arbeitsunfähig war. Dem Bericht ihres behandelnden Psychotherapeuten Dr. med. F.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ist zu entnehmen, dass sie phasenweise unter einer derart grossen Bedrohung durch ihren Ehemann gestanden habe, dass er ihr habe raten müssen, sich in einer Notunterkunft Hilfe zu holen. Als weiteres Indiz für eine nicht unerhebliche Integritätsbeeinträchtigung ist die - wenn auch allgemein gehaltene - Aussage der Mitarbeiterin des Hauses E.________ zu werten, wonach die Beschwerdeführerin alle Symptome zeigen würde, die Opfer häuslicher Gewalt hätten. Ausserdem geht bereits aus dem Gesuch hervor, dass sie sich grosse Sorgen um ihren Ehemann gemacht, sich verantwortlich gefühlt und befürchtet habe, die Kinder könnten ihren Vater verlieren. Aus Angst habe sie nach dem zweiten Vorfall, als der Ehemann die Wohnung mit Medikamenten verlassen habe, die Polizei alarmiert. Sie habe nahe am Zusammenbruch gestanden, sodass sie nach dem dritten Vorfall in ihrer Verzweiflung Zuflucht im Haus E.________ gesucht habe.  
 
4.3.3. Der hinreichend schwere psychische Leidensdruck ist vor diesem Hintergrund jedenfalls glaubhaft gemacht, zumal das wiederholte nötigende Verhalten auch bei objektiver Betrachtung als nicht unerheblicher Angriff auf die psychische Integrität erscheint, der bei den meisten Menschen erhebliche Belastungssituationen hervorrufen würde. Die wiederholten und systematischen Nötigungshandlungen in Form der Suiziddrohungen über einen gewissen Zeitraum hinweg sind - zumindest in ihrem Zusammenwirken - durchaus geeignet, eine anspruchsbegründende, nicht unerhebliche Beeinträchtigung der psychischen Integrität zu bewirken.  
Es kann bei dieser Aktenlage nicht davon ausgegangen werden, dass die durch die wiederholten Nötigungen hervorgerufene Betroffenheit der Beschwerdeführerin nicht die für die Annahme einer Opferstellung geforderte Intensität erreiche. Von einer nur geringfügigen und kurzfristigen Beeinträchtigung ihrer psychischen Integrität kann vorliegend keine Rede sein, sondern es erscheint nachvollziehbar, dass ihr psychischer Leidensdruck ein gewisses Gewicht erreichte, anderenfalls sie auch keine psychologische Behandlung in Anspruch genommen hätte. Ob die erforderliche Betroffenheit sich vorliegend auch aus den Straftaten ergab (vgl. Urteil 6S.255/2006 vom 15. November 2006 E. 2.3) bzw. diese kausal für die psychische Beeinträchtigung waren, ist eine andere Frage, die nachfolgend zu beurteilen ist (vgl. E. 5 hiernach). 
 
4.3.4. Auch die weiteren Argumente, welche die Vorinstanz im Zusammenhang mit der angeblich fehlenden Schwere der Integritätsverletzung vorbringt, überzeugen nicht. Soweit die Vorinstanz die hinreichend schwere Integritätsverletzung damit zu relativieren versucht, die Beschwerdeführerin sei nicht zugleich auch Opfer körperlicher Gewalt geworden, geht sie in Anbetracht des gesetzlichen Opferbegriffs von Art. 1 Abs. 1 OHG von vornherein fehl.  
Die Vorinstanz anerkennt zwar, dass die vom Ehemann ausgehenden Suiziddrohungen auf die von der Beschwerdeführerin geäusserten Trennungswünsche jeweils eine Beschränkung ihrer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit auslösten. Gleichwohl sei es ihr aber letztlich gelungen, ihren Trennungs- und Scheidungswunsch durchzusetzen. Entgegen der Vorinstanz kann daraus allerdings nicht geschlossen werden, dass die Integritätsverletzung nicht hinreichend schwer war. Mit dieser Argumentation verkennt die Vorinstanz im Übrigen auch - wie die Beschwerdeführerin nachvollziehbar darlegt -, dass ihr dies erst gelang, nachdem sie in die Notunterkunft eingetreten war und die notwendige Distanz zum Ehemann schaffen konnte. Soweit die Vorinstanz die genügende Intensität der psychischen Beeinträchtigung damit in Frage stellt, dass die Beschwerdeführerin bereits am 8. Juli 2021 wieder in den ehelichen Haushalt zurückkehrte, weil die Kinder mit ihrem Vater für drei Wochen in die Ferien fahren konnten, kann ihr ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin legte plausibel dar, dass sie aufgrund der Ferienabwesenheit ihres Ehemannes in die eheliche Wohnung zurückkehren konnte, ohne weiter vom ihm unter Druck gesetzt zu werden. Zudem habe sie die Kinder nicht noch weiter mit der Situation belasten wollen, weshalb sie die geplanten Ferien mit dem Vater habe ermöglichen wollen. Ebenso wenig lässt der Umstand, dass der definitive Umzug in eine eigene Wohnung erst im November bzw. Dezember 2021 erfolgte, Zweifel daran aufkommen, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des Eintritts in das Haus E.________ derart schwerwiegend psychisch beeinträchtigt gewesen sei, dass Soforthilfe in Form einer Notunterkunft gerechtfertigt gewesen wäre. Nach dem vorübergehenden Aufenthalt im Haus E.________ hat sich die Situation zwischen den Ehegatten etwas entschärft und der Ehemann erklärte sich in der Folge mit einer Scheidung einverstanden. Dass das Scheidungsverfahren zügig und in gegenseitigem Einvernehmen abgewickelt wurde, lässt eine hinreichend schwere Integritätsverletzung zum Zeitpunkt des Eintritts in die Notunterkunft entgegen der Vorinstanz ebenfalls nicht als zweifelhaft erscheinen. 
 
4.3.5. Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass nicht nachvollziehbar ist, wie die Vorinstanz gestützt auf die vorliegenden Akten zum Schluss kommen konnte, es sei keine hinreichend erhebliche Beeinträchtigung der psychischen Integrität zum Zeitpunkt des Eintritts in die Notunterkunft glaubhaft gemacht worden. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung hält somit nicht vor dem Willkürverbot stand (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG; E. 2.2 hiervor).  
 
4.4. Soweit der angefochtene Entscheid je nach angestrebter Hilfeleistung von unterschiedlichen Anforderungen an die Intensität der Beeinträchtigung ausgeht, erweist er sich ebenfalls als bundesrechtswidrig. So erwägt die Vorinstanz, es erscheine fraglich, ob die Integritätsverletzung aufgrund der nötigenden Suiziddrohung derart schwerwiegend gewesen sei, dass im Sinne der Nothilfe nur gerade die "Flucht" in das Haus E.________ als Option offengestanden habe. Die DISG verweise zutreffend auf das kostenlose Beratungsangebot der Opferberatungsstelle. Es geht jedoch nicht an, je nach Art und Kostenintensität der Hilfeleistung von unterschiedlich hohen Anforderungen an das Ausmass bzw. den Schweregrad der Beeinträchtigung und damit an die Opferqualität auszugehen. Die Opfereigenschaft als Anspruchsvoraussetzung schliesst graduelle Abstufungen je nach Art und Umfang der Hilfeleistung aus. Entweder ist die betroffene Person als Opfer im Sinne von Art. 1 Abs. 1 OHG zu betrachten oder nicht. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bezug einer Notunterkunft notwendig und angemessen war, ist bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen der Soforthilfe zu prüfen (vgl. E. 6 hiernach).  
 
5.  
Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht einen Kausalzusammenhang zwischen der Straftat und der psychischen Beeinträchtigung (Integritätsverletzung) verneint. 
 
5.1. Hierzu führt die Vorinstanz aus, es ergebe sich weder aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin noch aus den von ihr eingereichten Unterlagen, inwiefern der vorübergehende Auszug bzw. Aufenthalt im Haus E.________ die alternativlose Konsequenz aus der (versuchten) Straftat gebildet habe. Bei den ersten beiden Vorfällen mit Suizidäusserungen des Ehemannes sei keine räumliche Trennung erfolgt. Diese stünden nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Eintritt ins Haus E.________. Erst der nur sehr knapp geschilderte dritte Vorfall Ende Juni 2021 habe zum Einzug in die Notunterkunft geführt. Inwiefern die Integrität der Beschwerdeführerin beim dritten Vorfall schwerer verletzt bzw. die bei den ersten beiden Vorfällen erlittene Beeinträchtigung - als sie die gemeinsame Wohnung nicht verlassen habe - massgeblich verstärkt worden sei, sei nicht ersichtlich. Die Vorinstanz kommt zusammengefasst zum Schluss, aus den Akten ergäben sich keine Anhaltspunkte, die darauf hindeuteten, dass die Beschwerdeführerin im Moment der (vorübergehenden) Haushaltsaufhebung Ende Juni/Anfang Juli 2021 unmittelbar wegen der (erneuten) Suiziddrohung in ihrer psychischen Integrität verletzt worden und sie zum Schutz ihrer verletzten Integrität zur Flucht in das Haus E.________ gezwungen gewesen wäre.  
 
5.2. Um den (natürlichen) Kausalzusammenhang zu bejahen, muss das inkriminierte Verhalten nicht alleinige Ursache der Integritätsverletzung sein; es genügt, wenn es zumindest als Teilursache nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch die eingetretene psychische Beeinträchtigung entfiele (vgl. Urteile 1C_152/2020 vom 8. September 2020 E. 3.3.1; 1A.230/2006 vom 5. Juni 2007 E. 3.1; analoge Rechtsprechung im Unfallversicherungsrecht: BGE 129 V 177 E. 3.1; BGE 129 V 402 E. 4.3.1). Eine allfällig vorbestehende belastende (familiäre) Situation kann somit mitberücksichtigt werden. Dasselbe gilt für die adäquate Kausalität, wonach das schädigende Ereignis zumindest als Teilursache nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sein muss, zu einer psychischen Beeinträchtigung zu führen. Es darf kein allzu strenger, sondern muss ein realitätsgerechter Massstab angelegt werden (vgl. Urteil 1A.230/2006 vom 5. Juni 2007 E. 3.2 f.; analoge Rechtsprechung im Unfallversicherungsrecht: BGE 129 V 177 E. 3.3).  
 
5.3. Es ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass die wiederholten Nötigungen als Ganzes zu beurteilen sind, welche - zumindest gesamthaft betrachtet - geeignet erscheinen, nicht unerhebliche Auswirkungen auf ihre psychische Integrität zu haben. Dabei ist unerheblich, dass die beiden ersten Nötigungshandlungen nicht zur räumlichen Trennung bzw. vorübergehenden Haushaltsaufhebung geführt haben. Das Argument der Vorinstanz, wonach die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt des dritten Vorfalls bereits in psychologischer Behandlung gewesen sei, was darauf hindeute, dass die psychische Verletzung schon früher erfolgt sei und gegebenenfalls angedauert habe, verfängt daher nicht. So kann nicht isoliert auf den dritten Vorfall mit Suiziddrohung abgestellt werden, sondern die nötigenden Handlungen sind im Sinne einer Gesamtbetrachtung zusammen zu berücksichtigen. Der genaue Zeitpunkt des ersten Vorfalls ist zwar nicht bekannt. Da der zweite Vorfall im Mai 2021 erfolgte und damit der Beginn der psychologischen Behandlung bei Dr. med. F.________ etwa in den fraglichen Zeitraum fiel, ist immerhin glaubhaft, dass die Nötigungshandlungen zumindest teilursächlich für die Integritätsverletzung waren.  
 
5.4. Soweit es um die Soforthilfe geht, gilt das reduzierte Beweismass der Glaubhaftmachung auch für das Vorliegen des Kausalzusammenhangs. Es ist zweckwidrig, aufwendige Abklärungen durchzuführen, um feststellen zu können, ob ein Hilfsbedarf als Folge einer Straftat zu qualifizieren ist, wenn die Leistung sofort erbracht werden muss, um einen Nutzen zu erbringen (vgl. ZEHNTNER, a.a.O., N. 9 zu Art. 14 OHG, wonach lediglich das offensichtliche Fehlen eines Kausalzusammenhangs zu einer Leistungsverweigerung führen könne). Ob bei der Soforthilfe auf die Adäquanzprüfung verzichtet werden kann (vgl. in diesem Sinne: ZEHNTNER, a.a.O., N. 4 zu Art. 14 OHG), braucht nicht beurteilt zu werden. Es erscheint jedenfalls glaubhaft, dass die wiederholten und systematischen Nötigungen durch den Ehemann kausal für die psychische Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin gewesen sind, zumal diese auch bei objektiver Betrachtung als nicht unerhebliche Angriffe auf ihre psychische Integrität erscheinen, die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung - zumindest gesamthaft betrachtet - geeignet waren, zu einer psychischen Beeinträchtigung von genügender Intensität zu führen. Zusammenfassend hält es somit nicht vor Bundesrecht stand, wenn die Vorinstanz den Kausalzusammenhang vorliegend verneint.  
 
6.  
Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, es bestehe vorliegend ein Anspruch auf Soforthilfe in Form einer Notunterkunft. 
 
6.1. Nach Art. 13 Abs. 1 OHG leisten die Beratungsstellen dem Opfer und seinen Angehörigen sofort Hilfe für die dringenden Bedürfnisse, die als Folge der Straftat entstehen (Soforthilfe). Gemäss Art. 14 Abs. 1 OHG umfassen die Leistungen die angemessene medizinische, psychologische, soziale, materielle und juristische Hilfe in der Schweiz, die als Folge der Straftat notwendig geworden ist. Die Beratungsstellen besorgen dem Opfer oder seinen Angehörigen bei Bedarf eine Notunterkunft.  
 
6.2. Soforthilfe dient dazu, die aus einer Straftat resultierenden dringendsten Bedürfnisse abzudecken (vgl. Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG) vom 9. November 2005 [nachfolgend: Botschaft Totalrevision OHG], BBl 2005 7165, S. 7211). Nach der Rechtsprechung ist Soforthilfe immer dann zu leisten, wenn die durch die Straftat unmittelbar hervorgerufene Situation des Opfers eine Massnahme erfordert, die in sachlicher und zeitlicher Hinsicht keinen Aufschub duldet (Urteil 1C_169/2007 vom 6. März 2008 E. 2.2 mit Hinweis). Es handelt sich somit im Wesentlichen um Erste-Hilfe-Massnahmen (vgl. Empfehlungen der Schweizerischen Verbindungsstellen-Konferenz Opferhilfegesetz (SVK-OHG) zur Anwendung des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG) vom 21. Januar 2010 [nachfolgend: Empfehlungen SVK-OHG], S. 21, Kapitel 3.3.2).  
 
6.3. Bei der Besorgung einer Notunterkunft handelt es sich um eine im Gesetz besonders erwähnte Kategorie der Soforthilfe. Der Gesetzgeber wollte damit in Beantwortung einer parlamentarischen Motion Frauenhäuser fördern und finanziell unterstützen. Eine Notunterkunft kann namentlich bei Beziehungsdelikten notwendig sein (vgl. Botschaft Totalrevision OHG, BBl 2005 7165, S. 7202 und 7212; vgl. auch ZEHNTNER, a.a.O., N. 2 zu Art. 14 OHG). Der minimale Anspruch auf eine solche Unterkunft im Rahmen der Soforthilfe wurde in den Empfehlungen der SVK-OHG unterdessen auf 35 Tage erhöht (vgl. Empfehlungen SVK-OHG, Anhang über die Anpassung auf S. 22 der Empfehlungen bezüglich Soforthilfe (Kapitel 3.3.2), Änderung per 1. Januar 2020).  
 
6.4. Beim Aufenthalt in einer Notunterkunft muss es sich aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls im Vergleich zu anderen Massnahmen um eine verhältnismässige Hilfe handeln. Soforthilfe in Form einer Notunterkunft wird somit nur geleistet, wenn sie notwendig, geeignet und angemessen ist. Das angestrebte Ziel muss durch die Massnahme erreichbar sein, ansonsten sie nutzlos und unangemessen wäre (vgl. Botschaft Totalrevision OHG, BBl 2005 7165, S. 7212; ZEHNTNER, a.a.O., N. 5 zu Art. 14 OHG). Auch diese Anspruchsvoraussetzungen müssen bloss glaubhaft gemacht werden (vgl. E. 4.1 und 4.3.1 hiervor).  
 
6.5. Sowohl der behandelnde Psychotherapeut der Beschwerdeführerin als auch die Auskunft gebende Mitarbeiterin des Hauses E.________ erachteten den Aufenthalt in der Notunterkunft als notwendig. Ausserdem hatte die Beschwerdeführerin bereits vor den Vorinstanzen plausibel dargelegt, dass sie kurz vor dem Zusammenbruch gestanden und sich nach dem dritten Vorfall nicht mehr anders zu helfen gewusst habe, als der massiven Druckausübung seitens des Ehemannes in Form von wiederholten Suiziddrohungen durch eine Flucht ins Haus E.________ und damit eine räumliche Trennung zu entkommen. Es liegen somit hinreichende Anhaltspunkte vor, die für eine Notwendigkeit der Notunterkunft sprechen. Wie die Vorinstanz trotzdem zum gegenteiligen Schluss kommen konnte, ist nicht nachvollziehbar. Entgegen dem vorinstanzlichen Verständnis kann die Notwendigkeit einer Flucht in die Notunterkunft nicht dadurch relativiert werden, dass die Beschwerdeführerin nicht zugleich auch Opfer körperlicher Gewalt geworden sei bzw. der Ehemann ihr nicht damit gedroht habe. Soweit die Vorinstanz daraus schliesst, die Situation der Beschwerdeführerin sei gegenüber anderen Fällen häuslicher Gewalt nicht akut gewesen, geht sie fehl, zumal diese gemäss glaubhafter Aussage nahe am Zusammenbruch gestanden habe. Aus der akuten Krisensituation heraus ist verständlich, dass die Beschwerdeführerin Zuflucht im Haus E.________ gesucht hat. Im Zusammenhang mit wiederholten Nötigungen erscheint ein Aufenthalt in einer Notunterkunft durchaus geeignet, durch die Schaffung einer räumlichen Distanz die psychische Integrität der betroffenen Person zu sichern bzw. wiederherzustellen. Dass sie die Notunterkunft nach einigen Tagen wieder verlassen konnte, ändert nichts daran.  
Es ist jedenfalls glaubhaft dargetan, dass der Aufenthalt in der Notunterkunft und damit die Schaffung einer räumlichen Distanz in der akuten Krisensituation notwendig war und zum gewünschten Erfolg geführt hat. Die Massnahme erweist sich auch als angemessen, zumal die ambulante psychologische Behandlung bei Dr. med. F.________ allein offensichtlich nicht zur Stabilisierung ihrer beeinträchtigten Psyche ausgereicht hat. Ausserdem konnte sie nach ihren Angaben nicht zu ihrer Familie gehen, da diese ebenfalls Druck auf sie ausgeübt habe, die Ehe aufrechtzuerhalten. Unhaltbar ist das Argument der Vorinstanz, eine Fokussierung auf den Ehemann (beispielsweise in Form von Polizeigewahrsam oder vorübergehender Unterbringung) wäre erfolgversprechender gewesen. Eine solche Sichtweise steht im Widerspruch zum Zweck des Opferhilfegesetzes, welches auf den Schutz des Opfers und gerade nicht auf denjenigen des Täters ausgerichtet ist. Demnach kann es im Rahmen der Beurteilung der Verhältnismässigkeit der fraglichen Soforthilfeleistung entgegen der vorinstanzlichen Ansicht ebenso wenig eine Rolle spielen, ob damit der seitens des Ehemannes angedrohte Suizid hätte verhindert werden können oder nicht. Im Übrigen ist anzumerken, dass die Beschwerdeführerin von der Polizei offenbar keine weitere Unterstützung erhielt, als sie diese nach dem zweiten Vorfall in ihrer Verzweiflung und Angst um ihren Ehemann angerufen hatte. 
 
6.6. Damit erweist sich die Beweiswürdigung der Vorinstanz auch in diesem Zusammenhang als willkürlich, indem sie es nicht als glaubhaft erachtet hat, dass als Folge der Straftat dringender Handlungsbedarf bestand und die Notunterkunft damit in der vorliegenden Situation notwendig, geeignet und angemessen war.  
 
7.  
Die Beschwerde ist begründet und damit gutzuheissen, was zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führt. Es erübrigt sich somit, auf die weiteren (formellen und materiellen) Rügen der Beschwerdeführerin einzugehen. Die Beschwerdeführerin beantragt die Gutheissung ihres Gesuchs vom 5. Juli 2021 um Kostengutsprache für eine Notunterkunft im Rahmen der Soforthilfe nach OHG. Bedingt durch den Zeitablauf und den Umstand, dass sie den - gemäss Gesuch beantragten - gesetzlichen Mindestanspruch von 35 Tagen nicht ausgeschöpft hat, sondern das Haus E.________ vorzeitig verlassen konnte, ist eine vollumfängliche Kostengutsprache nicht mehr nötig. Es ist jedoch festzustellen, dass die beantragte Soforthilfe zu Unrecht verweigert wurde. Die Sache ist an die DISG zurückzuweisen mit der Anweisung, die effektiv entstandenen Kosten zu prüfen und gestützt darauf die tatsächlich beanspruchte Soforthilfe in Form einer Notunterkunft zu gewähren (vgl. Art. 107 Abs. 2 BGG). 
Ist die Beschwerde in der Sache gutzuheissen, muss auch der Entscheid über die Parteientschädigung im vorinstanzlichen Verfahren neu gefällt werden. Der Beschwerdeführerin steht insoweit eine eigentliche Parteientschädigung und nicht bloss eine Entschädigung im Rahmen der unentgeltlichen Verbeiständung zu. Das Kantonsgericht wird darüber im vorinstanzlichen Verfahren neu zu entscheiden haben (vgl. Urteil 1C_326/2014 vom 16. Januar 2015 E. 4). 
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4 BGG). Der Kanton Luzern hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 26. Oktober 2022 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die beantragte Soforthilfe zu Unrecht verweigert wurde. Die Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern wird angewiesen, die tatsächlich beanspruchte Soforthilfe zu gewähren. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Luzern hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Zur Festsetzung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens wird die Sache an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern, Rechtsdienst, dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, und dem Bundesamt für Justiz (BJ) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Juni 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dillier