6B_1471/2021 09.03.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1471/2021  
 
 
Urteil vom 9. März 2023  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Muschietti, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiberin Erb. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Wäckerle, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 19. Oktober 2021 (SB210266-O/U/cwo). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wird vorgeworfen, nachdem ihr Asylgesuch mit Verfügung des Staatssekretariats für Migration (SEM) vom 20. März 2018 abgelehnt und sie mit gleichem Entscheid aufgefordert worden sei, die Schweiz bis spätestens am 15. Mai 2018 zu verlassen, sei sie nach ihrer letztmaligen Haftentlassung und Aufforderung, die Schweiz unverzüglich zu verlassen, am 3. Januar 2020 bis zu ihrer erneuten Verhaftung am 21. Februar 2020 in Egg in der Schweiz verblieben, ohne über einen rechtsgültigen Aufenthaltstitel zu verfügen. Dies habe sie gewusst, habe sich aber darüber hinweggesetzt. 
 
B.  
 
B.a. Das Bezirksgericht Uster sprach A.________ mit Urteil vom 15. März 2021 des rechtswidrigen Aufenthalts schuldig. Vom ebenfalls erhobenen Vorwurf der Missachtung der Ein- oder Ausgrenzung sprach es sie frei. Gleichentags widerrief es den Entscheid des Amtes für Justizvollzug des Kantons Zürich vom 8. November 2019 betreffend die unter Ansetzung einer Probezeit von einem Jahr verfügte bedingte Entlassung (Reststrafe 46 Tage). Das Bezirksgericht Uster bestrafte A.________ unter Einbezug der Reststrafe mit einer Freiheitsstrafe von 60 Tagen als Gesamtstrafe, abzüglich zweier Tage geleisteter Haft. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es nicht auf. Weiter entschied es über die Kosten- und Entschädigungsfolgen.  
 
B.b. Auf teilweise Berufung von A.________ hin (Schuldpunkt, Rückversetzung, Strafe, Strafvollzug, Genugtuung) stellte das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 19. Oktober 2021 die teilweise Rechtskraft des vorinstanzlichen Urteils fest, sprach A.________ des rechtswidrigen Aufenthalts schuldig und bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts Uster auch in den übrigen angefochtenen Punkten. Es entschied über die Kosten- und Entschädigungsfolgen.  
 
C.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das vorinstanzliche Urteil sei teilweise aufzuheben und sie sei vom Vorwurf des rechtswidrigen Aufenthalts freizusprechen. Zudem sei ihr für ungerechtfertigte Haft eine Genugtuung zuzusprechen in der Höhe von Fr. 200.-- zzgl. Zins zu 5 % seit dem 21. Februar 2020 und Fr. 200.-- zzgl. Zins zu 5 % seit dem 15. März 2020. A.________ stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Selbstbelastungsprivilegs "nemo tenetur".  
Sie macht geltend, um ihrer Ausreiseverpflichtung nachzukommen, müsse sie sich zwecks Ausstellung von Ersatzreisepapieren an das eritreische Konsulat wenden. Das eritreische Regime verlange vor der Ausstellung eines Reisepapiers von der betreffenden Person namentlich das Unterzeichnen eines Schuldeingeständnisses wegen sogenannter Republikflucht. Dieser "letter of regret" beinhalte die ausdrückliche Erklärung, mit der Flucht eine Straftat begangen zu haben und die vom eritreischen Staat hierfür vorgesehene Bestrafung vorbehaltslos zu akzeptieren. Die Beschwerdeführerin wendet ein, sie werde mit der Verurteilung wegen rechtswidrigen Aufenthalts für die Weigerung belangt, sich in Form eines Reuebriefs gegenüber dem eritreischen Staat strafrechtlich zu belasten und jede hierfür vorgesehene Bestrafung im Vornherein zu akzeptieren. Dadurch sei das Selbstbelastungsprinzip verletzt. 
 
1.2. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, das Selbstbelastungsprivileg schütze die beschuldigte Person davor, im Strafprozess nicht zu ihrer eigenen Verurteilung aktiv beitragen zu müssen. Strafbehörden dürften nicht auf Beweismittel zurückgreifen, die durch Druck oder Zwang in Missachtung des Willens der beschuldigten Person erlangt worden seien. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin widerspreche die Verurteilung wegen rechtswidrigen Aufenthalts nicht dem verfassungs- und konventionsmässig geschützten Selbstbelastungsprivileg, da die Unterzeichnung des Reuebriefs, ein Schuldeingeständnis, Bedingung für die freiwillige Rückkehr nach Eritrea darstelle. Die "nemo tenetur" Garantie sei strafprozessualer Natur, wohingegen die Frage, ob der Beschwerdeführerin ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden könne, das materielle Strafrecht betreffe, insbesondere die Rechtswidrigkeit. Es seien allfällige Rechtfertigungs- respektive Schuldausschlussgründe zu prüfen. Der "nemo tenetur" Grundsatz werde in dieser Konstellation nicht tangiert. Die Beschwerdeführerin sei durch die Behörden nicht verpflichtet worden, die Untersuchung gegen sich im vorliegenden Verfahren bzw. in unmittelbarem Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren aktiv zu fördern.  
 
1.3. Gemäss dem in Art. 14 Ziff. 3 lit. g UNO-Pakt II (SR 0.103.2) verankerten und aus Art. 32 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK abgeleiteten Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare" ist im Strafverfahren niemand gehalten, zu seiner Belastung beizutragen, und ist der Beschuldigte aufgrund seines Aussageverweigerungsrechts berechtigt zu schweigen, ohne dass ihm daraus Nachteile erwachsen dürfen (vgl. Art. 113 Abs. 1 und Art. 158 Abs. 1 lit. b StPO; BGE 148 IV 221 E. 2.2; 148 IV 205 E. 2.4; 142 IV 207 E. 8.3; je mit Hinweisen).  
 
1.4. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf den strafprozessualen Grundsatz "nemo tenetur" sowie Art. 6 EMRK ist unbehelflich. Das "nemo tenetur" Prinzip berührt den Straftatbestand von Art. 115 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Migration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20) nicht. Der Beschwerdeführerin werden dadurch keine Mitwirkungspflichten auferlegt, deren Missachtung sanktioniert würde, sondern es wird der rechtswidrige Aufenthalt unter Strafe gestellt. Inwiefern die Beschwerdeführerin gezwungen gewesen sein soll, zu ihrer Belastung beizutragen oder die Untersuchung gegen sich im vorliegenden Strafverfahren bzw. in unmittelbarem Zusammenhang damit aktiv zu fördern, erschliesst sich - wie die Vorinstanz zutreffend würdigt - nicht. Die geltend gemachte Rechtsverletzung ist zu verneinen; was die Beschwerdeführerin sowohl mit Bezug auf den Reuebrief als auch bezüglich eines Vergleichs mit der Herausgabe von potentiell belastenden Beweisunterlagen und den Folgen im Strafverfahren vorbringt, geht unter dem Titel von "nemo tenetur" an der Sache vorbei.  
 
1.5. Die Beschwerde verfängt auch insoweit nicht, als die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Unschuldsvermutung i.S.v. Art. 6 EMRK rügt und dies damit begründet, die Verurteilung wegen der Weigerung, sich selbst strafrechtlich schuldig zu bezeichnen und jegliche Strafe hierfür zu akzeptieren, stehe im Widerspruch zur Garantie, bis zum gerichtlichen Nachweis der Schuld als unschuldig zu gelten. Sowohl mit diesen Ausführungen als auch mit dem pauschalen Vorbringen, das Schweizer Strafverfahren könne nicht als "fair" im Sinne von Art. 6 EMRK bezeichnet werden, soweit der Beschwerdeführerin ein Verhalten materiell-strafrechtlich vorgeworfen werde, welches von ihr strafprozessual nicht verlangt werden könne, vermag die Beschwerdeführerin den strengen Begründungsanforderungen vor Bundesgericht nicht zu genügen (Art. 42 Abs. 2, 106 Abs. 2 BGG). Darauf ist nicht näher einzugehen.  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, sie sei aufgrund objektiver Unmöglichkeit vom Vorwurf des rechtswidrigen Aufenthalts i.S.v. Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG freizusprechen.  
Sie argumentiert, das eritreische Regime verlange von seinen Staatsangehörigen für eine freiwillige Rückkehr nach Eritrea aus dem Ausland die Bezahlung einer rückwirkenden Steuer von 2 % auf sämtlichen Einkünften seit der Ausreise aus Eritrea. Dabei würden alle geldwerten Leistungen, die eine Person seit ihrer Ausreise von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite erhalten habe, also neben dem Lohn und finanzieller Sozialhilfe auch die vergüteten Gesundheits- und Wohnkosten, berücksichtigt. Die Beschwerdeführerin rügt, indem sie auf dem absoluten (nothilferechtlichen) Existenzminimum lebe und nicht über die finanziellen Mittel verfüge, um die anfallende Steuer zu entrichten, sei es ihr unmöglich, bei der eritreischen Auslandsvertretung in der Schweiz die Zulassung zur Rückkehr nach Eritrea zu erlangen. Die Rückreise erweise sich dadurch als objektiv unmöglich. 
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, weder die Verpflichtung zur Bezahlung einer Steuer von 2 % und zur Unterzeichnung des Reuebriefs noch die drohende Einziehung in den eritreischen Nationaldienst würden dazu führen, dass völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Rückkehr der Beschwerdeführerin nach Eritrea entgegenstehen würden. Diese Umstände würden auch nicht zur Unzumutbarkeit des Vollzugs i.S.v. Art. 83 Abs. 4 AIG führen; dieser sei als objektiv möglich zu bezeichnen (angefochtenes Urteil S. 13).  
 
2.3.  
 
2.3.1. Nach Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG macht sich strafbar, wer sich rechtswidrig, namentlich nach Ablauf des bewilligungsfreien oder des bewilligten Aufenthalts, in der Schweiz aufhält. Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG gelangt nicht zur Anwendung, wenn es der betroffenen ausländischen Person objektiv unmöglich ist, legal aus der Schweiz auszureisen bzw. rechtmässig in das Heimatland zurückzukehren. Das strafrechtliche Schuldprinzip setzt die Freiheit voraus, anders handeln zu können. Ein in der Schweiz illegal anwesender Ausländer darf daher nicht nach Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG verurteilt werden, wenn ihm eine legale Ausreise aus der Schweiz objektiv nicht möglich ist (vgl. BGE 143 IV 249 E. 1.6.1; Urteile 6B_566/2017 vom 9. November 2017 E. 3.2; 6B_118/2017 vom 14. Juli 2017 E. 5.3.1; 6B_320/2013 vom 29. August 2013 E. 2.1; je mit Hinweisen).  
 
2.3.2. Von einer objektiven Unmöglichkeit im Sinne des Schuldprinzips ist gemäss der bisherigen Rechtsprechung auszugehen, wenn für die Undurchführbarkeit des Vollzugs der Wegweisung triftige Gründe sprechen oder praktisch feststeht, dass sich die Ausreise kaum realisieren lassen wird. Dies ist in der Regel nur der Fall, wenn die Ausreise trotz Mitwirkung bei der Papierbeschaffung mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen erscheint. Zu denken ist etwa an eine längerdauernde Transportunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen bzw. an eine ausdrückliche oder zumindest klar erkennbare und konsequent gehandhabte Weigerung eines Staates, gewisse Staatsangehörige zurückzunehmen (vgl. BGE 143 IV 249 E. 1.6.1; 130 II 56 E. 4.1.3; 125 II 217 E. 2). Als rechtliche Gründe können der Wegweisung das Gebot des Non-refoulements oder eine Unzumutbarkeit des Vollzugs entgegenstehen, weil der Ausländer im Heimatstaat einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wäre (Art. 83 Abs. 3 und 4 AIG). Diesbezüglich sind die Prüfungspflichten des Strafgerichts allerdings beschränkt: Gegenstand seines Verfahrens bildet ausschliesslich Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG, indessen nicht auch die Wegweisungsfrage; über diese entscheiden die zuständigen ausländerrechtlichen Behörden an sich abschliessend und verbindlich. Das Strafgericht hat die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG diesbezüglich grundsätzlich nur zu verneinen, wenn sich der zu sichernde Wegweisungsentscheid als offensichtlich unzulässig erweist (vgl. BGE 125 II 217 E. 2; 121 II 59 E. 2c; Urteile 6B_385/2019 vom 27. September 2019 E. 3.3.1; 6B_566/2017 vom 9. November 2017 E. 3.3; je mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 6B_482/2010 vom 7. Oktober 2010 E. 3; zur Überprüfungsbefugnis von Verwaltungsverfügungen durch das Strafgericht vgl. BGE 129 IV 246 E. 2.1 f.).  
 
2.4.  
 
2.4.1. Die Vorinstanz prüft schlüssig und nachvollziehbar, ob eine objektive Unmöglichkeit vorliegt. Sie erwägt, gemäss Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts müssten eritreische Staatsangehörige, die ihr Heimatland illegal verlassen hätten, mutmasslich eine 2 % Steuer auf sämtliches Einkommen seit dem Datum der Ausreise aus Eritrea entrichten sowie einen Reuebrief unterzeichnen, in welchem sie die Nichtabsolvierung des Nationaldiensts bereuten und sich mit einer allfälligen Bestrafung diesbezüglich - nicht aber in Bezug auf ihre illegale Ausreise - einverstanden erklärten. Es sei jedoch nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass einer Person einzig aufgrund ihrer illegalen Ausreise aus Eritrea eine asylrelevante Verfolgung drohe. Vielmehr sei ein erhebliches Risiko einer Bestrafung bei einer Rückkehr gestützt auf asylrelevante Motive nur dann anzunehmen, wenn nebst der illegalen Ausreise weitere Faktoren hinzutreten würden, welche die asylsuchende Person in den Augen der eritreischen Behörden als missliebige Person erscheinen lassen würden (angefochtenes Urteil S. 11). Mit Blick auf die konkrete Situation der Beschwerdeführerin verneint die Vorinstanz zusätzliche Anknüpfungspunkte, die zu einer Schärfung des Profils und dadurch zu einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr führen könnten. Zudem erweise sich der Wegweisungsvollzug auch durch die mögliche drohende Einziehung in den eritreischen Nationaldienst nicht als unzulässig (vgl. angefochtenes Urteil S. 11 ff.).  
 
2.4.2. Die Beschwerdeführerin kritisiert die umfassenden Erwägungen der Vorinstanz unter dem Titel der objektiven Unmöglichkeit nur insoweit, als sie daraus ableiten will, die Vorinstanz verneine zu Unrecht eine Notstandslage (vgl. dazu unten E. 3). Mit Blick auf die objektive Unmöglichkeit belässt es die Beschwerdeführerin dabei, eine solche aufgrund ihrer finanziellen Situation geltend zu machen und vorzubringen, sie verfüge nicht über die Mittel, um die rückwirkende Steuer an den eritreischen Staat zu entrichten. Die Ausführungen der Vorinstanz sind in dieser Hinsicht - soweit überhaupt darauf einzugehen ist - nicht zu beanstanden. Mit der Vorinstanz ist nicht nachvollziehbar, inwieweit das Bezahlen einer Steuer von 2 % bei der Rückreise nach Eritrea einen Fall von objektiver Unmöglichkeit darstellen sollte, zumal auch nicht dargetan wird und nicht ersichtlich ist, inwieweit im Sinne der Rechtsprechung eine ausdrückliche oder zumindest klar erkennbare und konsequent gehandhabte Weigerung ihres Heimatstaates vorliege, gewisse Staatsangehörige zurückzunehmen (vgl. angefochtenes Urteil S. 13; vgl. E. 2.3.2 oben). Mit dem (sinngemässen) Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr die Ausreisepapiere aufgrund ihrer finanziellen Situation durch die eritreische Auslandsvertretung in der Schweiz nicht ausgestellt würden, weicht sie vom vorinstanzlich verbindlich festgestellten Sachverhalt ab und legt bloss ihre eigene Sicht der Dinge dar; eine Auseinandersetzung damit erübrigt sich (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 BGG).  
 
2.4.3. Die Vorinstanz begründet insgesamt ausführlich und im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb sie eine objektive Unmöglichkeit der Wegweisung der Beschwerdeführerin verneint. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gehen dabei die vorinstanzlichen Erwägungen zur aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zumutbarkeit und Zulässigkeit der Wegweisung nach Eritrea i.S.v. Art. 83 AIG keineswegs am Streitgegenstand vorbei. Vielmehr gibt die vorinstanzliche Auffassung zu keinen Bemerkungen Anlass; die Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich in dieser Hinsicht als unbegründet, soweit überhaupt darauf einzugehen ist.  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, den objektiven und subjektiven Tatbestand des rechtswidrigen Aufenthalts i.S.v. Art. 115 Abs. 1 lit. b AIG erfüllt zu haben. Sie moniert jedoch, die Vorinstanz verneine zu Unrecht eine Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB.  
Sie argumentiert, sowohl mit dem Schuldeingeständnis als auch mit der gegen das international anerkannte Doppelbesteuerungsverbot verstossenden Steuer seien eine Vielzahl von tatsächlichen und rechtlichen Nachteilen verbunden, die eine Notstandslage zu begründen vermochten. Abwendbar seien diese einzig durch die Verweigerung der Ausreise. Dabei seien die bedrohten Rechtsgüter der Beschwerdeführerin als höherwertig zu betrachten als das Rechtsgut der öffentlichen Ordnung, das durch die Bestrafung des Nichtnachkommens der Ausreiseverpflichtung geschützt werde. 
 
3.2. Nach Art. 17 StGB handelt rechtmässig, wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten, wenn er dadurch höherwertige Interessen wahrt (rechtfertigender Notstand). Unmittelbar im Sinne des Gesetzes sind nur aktuelle und konkrete Gefahren (BGE 147 IV 297 E. 2.1; 129 IV 6 E. 3.2; 122 IV 1 E. 3a; je mit Hinweisen). Solche liegen vor, wenn es für eine erfolgsversprechende Rettung des bedrohten Rechtsguts bei einem weiteren Zuwarten mit der Abwehr zu spät sein könnte oder - soweit die Gefahr zu einem späteren Zeitpunkt droht - wenn diese nur gegenwärtig sicher abwendbar ist (Urteile 6B_1002/2020 vom 4. Oktober 2021 E. 5.3.3; 6B_569/2012 vom 2. Mai 2013 E. 2.3.4; je mit Hinweisen). Es gilt absolute Subsidiarität (BGE 147 IV 297 E. 2.1; 146 IV 297 E. 2.2.1).  
 
3.3. Die Vorinstanz verneint das Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr im dargestellten Sinne und damit eine Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB zu Recht.  
 
3.3.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, indem sie sich mit dem Reuebrief gegenüber Eritrea strafrechtlich belasten und jede Strafe im Vornherein akzeptieren müsse, verzichte sie mithin auf fundamentale und international anerkannte Verfahrensrechte wie namentlich das Selbstbelastungsprivileg, die Unschuldsvermutung sowie das Recht auf ein faires Verfahren; bereits dieser Rechtsverzicht begründe eine Notstandslage. Soweit mit Blick auf die obigen Ausführungen ohnehin nicht ersichtlich ist, inwieweit die geltend gemachten Rechtsverletzungen überhaupt vorliegen (vgl. E. 1 oben), legt die Beschwerdeführerin auch nicht näher begründet dar (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG), inwieweit dadurch vorliegend eine Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB begründet würde. Darauf ist nicht einzugehen.  
 
3.3.2. Die Vorinstanz bezieht sich auf ihre bereits bezüglich der objektiven Unmöglichkeit getätigten Ausführungen und erwägt, gestützt auf die vorhandenen Informationsquellen zur Lage in Eritrea würden keine erkennbaren Anhaltspunkte für eine ernsthafte, konkrete und unmittelbare Gefährdung für Leib, Leben und die Freiheit der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Eritrea vorliegen, die eine Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB begründen würden (angefochtenes Urteil S. 17).  
Die Verpflichtung eritreischer Staatsbürger, Nationaldienst zu leisten, könne nicht als Ausübung eigentumsrechtlicher Befugnisse durch den eritreischen Staat angesehen werden. Es sei nicht von jenem dauerhaften Zustand auszugehen, der für die Annahme von Leibeigenschaft i.S.v. Art. 4 Ziff. 1 EMRK vorausgesetzt sei, weshalb diese Bestimmung dem Vollzug der Wegweisung auch bei einer Einziehung in den Nationaldienst nicht entgegenstehe. Zudem stelle der effektiv zu befürchtende Nachteil, auf unabsehbare Zeit eine niedrig entlöhnte Arbeit für den Staat ausführen zu müssen, zwar eine unverhältnismässige Last und insofern auch eine Zwangsarbeit i.S.v. Art. 4 Ziff. 2 EMRK dar; jedoch beraube dieser Nachteil Art. 4 Ziff. 2 EMRK nicht seines essentiellen Gehalts. Auch das erforderliche Risiko einer flagranten Verletzung von Art. 4 Ziff. 2 EMRK bestehe mithin durch die Einziehung in den eritreischen Nationaldienst nicht. Überdies sei nicht erstellt, dass Misshandlungen im eritreischen Nationaldienst derart flächendeckend seien, dass jeder Nationaldienstleistende dem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, selbst solche Übergriffe zu erleiden. Die hohe Wahrscheinlichkeit einer Misshandlung sei gestützt auf die verfügbaren Quellen nicht anzunehmen. Schliesslich hält die Vorinstanz fest, auch mit Blick auf Art. 3 EMRK erwäge das Bundesverwaltungsgericht, es würden keine hinreichende Belege für derart flächendeckende Misshandlungen und sexuelle Übergriffe vorliegen, dass jeder Nationaldienstleistende dem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, selbst solche Übergriffe zu erleiden, weshalb mit Blick darauf kein ernsthaftes Risiko einer unmenschlichen Behandlung im Falle der Einziehung in den eritreischen Nationaldienst bestehe (angefochtenes Urteil S. 12 f.). 
 
3.3.3. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz gestützt auf die ausführlich dargestellte Lage in Eritrea eine Notstandslage im konkreten Fall verneint; was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, verfängt nicht. Nicht zu überzeugen vermag die Beschwerdeführerin mit ihrer Argumentation, die Vorinstanz verkenne, dass der Begriff des Notstands bzw. der Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB nicht deckungsgleich sei mit jenem des "real risk" i.S.v. Art. 3 EMRK, dem Schutzgehalt des Verbots von Sklaverei und Zwangsarbeit i.S.v. Art. 4 EMRK oder der zur Flüchtlingseigenschaft führenden Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. Art. 3 AsylG. Denn zur Begründung bringt sie lediglich vor, das Bestehen einer Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB setze nicht zwingend eine derart gravierende Lage und überdies keine spezifischen Motive des Verursachers voraus, wie dies bei Art. 3 oder 4 EMRK oder der Flüchtlingskonvention bzw. Art. 3 AsylG der Fall sei. Sie zeigt damit aber weder auf, worin genau die Unterschiede bestehen noch weshalb gestützt darauf die rechtliche Beurteilung der Notstandslage durch die Vorinstanz im vorliegenden Fall nicht rechtskonform sei und sie nicht auf die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Wegweisungsvollzug nach Eritrea abstützen dürfe, um auf das Fehlen einer Notstandslage zu schliessen.  
 
3.3.4. Wenn sich die Beschwerdeführerin weiter selber auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts stützt und geltend macht, es komme im militärischen Nationaldienst in Eritrea zu Misshandlungen, so weicht sie insoweit unzulässigerweise vom vorinstanzlichen Sachverhalt ab, als sie diesen nur unvollständig wiedergibt. Sie lässt ausser Acht, dass gemäss den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts bzw. der Vorinstanz gerade nicht erstellt ist, dass Misshandlungen im eritreischen Nationaldienst derart flächendeckend seien, dass jeder Nationaldienstleistende dem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, selbst solche Übergriffe zu erleiden. Im Folgenden belässt sie es zudem dabei, geltend zu machen, es seien zweifelsohne Gefährdungen von Individualrechtsgütern der Beschwerdeführerin zu erkennen, welche eine Verletzung von Art. 115 AIG rechtfertigen würden, ohne aber konkret darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG), inwieweit ihre Individualrechtsgüter durch die Rückreise nach Eritrea gefährdet wären bzw. die Wahrscheinlichkeit einer Rechtsgutsverletzung konkret bestehe. Dies ist denn - wie bereits ausgeführt - auch nicht ersichtlich und die Rüge erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.  
 
3.3.5. Die Vorinstanz führt weiter aus, gestützt auf die Auseinandersetzung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Lage in Eritrea hätten zahlreiche Personen, welche illegal aus Eritrea ausgereist seien, relativ problemlos in ihr Heimatland zurückkehren können, und sei nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass einer Person einzig aufgrund ihrer illegalen Ausreise aus Eritrea eine asylrelevante Verfolgung drohe. Ein erhebliches Risiko einer Bestrafung bei einer Rückkehr gestützt auf asylrelevante Motive sei nur dann anzunehmen, wenn nebst der illegalen Ausreise weitere Faktoren hinzutreten würden, welche die asylsuchende Person in den Augen der eritreischen Behörden als missliebige Person erscheinen lassen würden (angefochtenes Urteil S. 11). Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, überzeugt nicht. Sie führt pauschal aus, durch das Unterzeichnen des Reuebriefs seien "Gefährdungen von Individualrechtsgütern der Beschwerdeführerin zu erkennen", ohne konkret darzulegen, es würden asylrelevante Motive im Sinne der vorinstanzlichen Darstellung und damit ein konkretes Bestrafungsrisiko für den Fall ihrer Rückkehr nach Eritrea vorliegen. Mit den Erwägungen der Vorinstanz, wonach in casu keine zusätzlichen Anknüpfungspunkte vorliegen würden, welche zu einer Schärfung des Profils und dadurch zu einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungsgefahr führen könnten, setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander.  
 
3.3.6. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz gestützt auf diese Ausführungen darauf schliesst, es liege keine Notstandslage i.S.v. Art. 17 StGB vor; was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, verfängt nicht. Insbesondere genügt es nicht, geltend zu machen, die Vorinstanz gehe von einem zu engen Begriff der Gefahr aus bzw. orientiere sich zu stark an Art. 3 und 4 EMRK. Es gelingt ihr nicht aufzuzeigen, inwiefern die rechtlichen Ausführungen der Vorinstanz mit Blick auf die Beurteilung des rechtfertigenden Notstands i.S.v. Art. 17 StGB falsch seien, und sie vermag auch nicht darzutun, inwieweit vorliegend eine unmittelbare Gefährdung für Leib, Leben und die Freiheit der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr nach Eritrea vorliege. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.  
Damit braucht nicht auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin eingegangen werden, wonach ihre bedrohten Rechtsgüter als höherwertig zu betrachten seien als das Rechtsgut der öffentlichen Ordnung, welches durch die Bestrafung des Nichtnachkommens der Ausreiseverpflichtung geschützt werde. 
 
3.4. Das SEM hat die Beschwerdeführerin mit Entscheid vom 20. März 2018 aus der Schweiz weggewiesen; dieser Wegweisungsentscheid erwuchs am 19. April 2018 in Rechtskraft. Soweit sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde indirekt gegen den verwaltungsrechtlichen Entscheid betreffend ihren Aufenthaltstitel bzw. ihre Wegweisung wendet, verkennt sie, dass im Strafverfahren ein rechtskräftiger Wegweisungsentscheid, der in Würdigung der diesbezüglich massgeblichen Gesichtspunkte erging, nicht überprüft werden kann (vgl. BGE 147 IV 145 E. 2.2 mit Hinweisen; 129 IV 246 E. 2; vgl. Urteile 6B_543/2021 vom 12. Mai 2022 E. 1.3; 6B_1069/2014 vom 25. Februar 2015 E. 3).  
 
3.5. Nicht einzutreten ist mangels rechtsgenüglicher Begründung auch auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin unter dem Titel "übergesetzliche Rechtfertigungsgründe". Sie bringt lediglich vor, mit der Weigerung, freiwillig nach Eritrea zurückzureisen, schütze sie ihre sexuelle, psychische und physische Unversehrtheit und zudem auch ihr Recht, sich nicht selbst strafrechtlich belasten zu müssen. Nachdem auch der Tatbestand der Nötigung i.S.v. Art. 181 StGB erfüllt sei, schütze sie schliesslich auch die geschützten Rechtsgüter der Freiheit der Willensbildung, der Freiheit der Willensbetätigung und der Handlungsfreiheit. Sie legt dabei nicht begründet dar und es ist nach den obigen Ausführungen auch nicht ersichtlich, inwieweit diese Rechtsgüter überhaupt konkret bei einer Wegweisung gefährdet wären. Und zudem macht sie auch nicht geltend, die Vorinstanz habe die vorgebrachten übergesetzlichen Rechtfertigungsgründe zu Unrecht nicht geprüft. Auf diese Rüge ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG). Gleiches gilt auch für das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ihr ein Tätigwerden nicht zumutbar i.S.v. Art. 11 StGB sei; auch in dieser Hinsicht fehlt es an einer rechtsgenüglichen Begründung.  
 
4.  
Ihren Antrag auf Haftentschädigung begründet die Beschwerdeführerin nicht respektive nur mit dem beantragten Freispruch. Darauf ist mangels Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) und angesichts der obigen Ausführungen nicht einzugehen. 
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ihrer finanziellen Lage wird bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. März 2023 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Erb