7B_353/2023 14.09.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_353/2023  
 
 
Urteil vom 14. September 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, als Einzelrichterin, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dominique Jud, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, 
Weiherallee 15, Postfach, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Wechsel amtliche Verteidigung, 
 
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, Präsident der I. Strafkammer, vom 16. Juni 2023 (SB230208-O/Z5/js). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Zürich sprach B.________ mit Urteil vom 9. Januar 2023 insbesondere der mehrfachen, teilweise versuchten Drohung schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Monaten, einer unbedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.-- und einer Busse von Fr. 100.--. Zudem ordnete das Bezirksgericht eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB (Behandlung von psychischen Störungen) an. Dagegen erhob B.________ Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Im Rahmen des Berufungsverfahrens ersuchte B.________ die Verfahrensleitung um Wechsel der amtlichen Verteidigung wegen des Vorliegens eines gestörten Vertrauensverhältnisses. Mit Präsidialverfügung vom 16. Juni 2023 hiess das Obergericht das Gesuch gut und entliess Rechtsanwalt Dr. A.________ per 16. Juni 2023 als amtlichen Verteidiger. Als neue amtliche Verteidigerin von B.________ setzte es Rechtsanwältin Dominique Jud ein. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 20. Juli 2023 führt Rechtsanwalt Dr. A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung der Präsidialverfügung vom 16. Juni 2023. In prozessualer Hinsicht ersucht er um die Gewährung der aufschiebenden Wirkung. 
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft See/Oberland haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. B.________, vertreten durch Rechtsanwältin Dominique Jud, beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. 
Mit Verfügung vom 21. August 2023 wies der Präsident der II. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (BGE 147 I 268 E. 1 mit Hinweisen). 
 
1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft eine Strafsache im Sinne von Art. 78 Abs. 1 BGG und wurde von einer letzten kantonalen Instanz gefällt (Art. 80 Abs. 1 und 2 BGG). Beim Entscheid über die Einsetzung der amtlichen Verteidigung handelt es sich indes um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG, der das Strafverfahren nicht abschliesst. Gegen derartige andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur zulässig, wenn diese einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Die Möglichkeit eines Nachteils genügt, jedoch muss dieser rechtlicher Natur sein, welcher später nicht mehr durch einen Endentscheid oder einen anderen, für den Beschwerdeführer günstigen Entscheid wieder gutgemacht werden kann. Rein tatsächliche Nachteile wie eine Verfahrensverlängerung oder -verteuerung reichen nicht aus (BGE 148 IV 155 E. 1.1 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hat bei der Anfechtung von Zwischenentscheiden die Eintretensvoraussetzungen darzulegen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 155 E. 1.1; 141 IV 284 E. 2.3; je mit Hinweisen).  
 
1.2. Für den Anwalt, dessen Ernennung als amtlicher Verteidiger widerrufen wird, kann der Entscheid einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG darstellen oder einen Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirkt (BGE 133 IV 335 E. 5; Urteil 1B_120/2013 vom 17. Juni 2013 E. 1). Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG nur berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Die amtliche Verteidigung ist in der nicht abschliessenden Aufzählung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG nicht als zur Beschwerde berechtigte Person aufgeführt. Indessen anerkennt die Rechtsprechung ein rechtlich geschütztes Interesse der amtlichen Verteidigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG, soweit es um ihre Ansprüche aus der Ernennung zum amtlichen Rechtsbeistand geht (BGE 133 IV 335 E. 5 mit Hinweisen; Urteil 1B_120/2013 vom 17. Juni 2013 E. 2). Diese Rechtsprechung zur Legitimation der amtlichen Verteidigung bezieht sich auf Fälle, in welchen ihre Entschädigung umstritten ist oder die Beendigung des Mandats als amtlicher Rechtsbeistand durch die Verfahrensleitung und gegen den Willen der beschuldigten Person zur Diskussion steht (Urteile 1B_120/2013 vom 17. Juni 2013 E. 2; 1B_99/2013 vom 13. Mai 2013 E. 1.3; RUCKSTUHL, in: Basler Kommentar StPO, 3. Aufl. 2023, N. 16 zu Art. 134 StPO).  
 
1.3. Vorliegend erfolgte die Auswechslung der amtlichen Verteidigung auf ausdrückliches Ersuchen des Beschwerdegegners. Das Recht des Beschwerdegegners auf eine wirksame Verteidigung im laufenden Strafverfahren sowie sein Recht auf eine Verteidigung seiner Wahl (siehe Urteil 1B_99/2013 vom 13. Mai 2013 E. 1.5) wird somit durch den angefochtenen Entscheid nicht eingeschränkt. Zudem betrifft der angefochtene Entscheid nur den Wechsel und nicht auch die Entschädigung der amtlichen Verteidigung. Der Beschwerdeführer beruft sich denn auch nicht auf einen Anspruch auf Entschädigung seiner Aufwendungen. Auch macht er keine eigenen Verfahrensrechte geltend, sondern führt zur Begründung seiner Beschwerdelegitimation einzig die seines Erachtens beeinträchtigten schutzwürdigen Interessen des Beschwerdegegners an. Damit vermag er offensichtlich kein eigenes rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG und somit auch keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu begründen. Die Beschwerde erweist sich bei dieser Sachlage als offensichtlich unzulässig, weshalb auf sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG nicht einzutreten ist.  
 
2.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zudem hat er dem Beschwerdegegner eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Praxisgemäss geht diese direkt an seine Rechtsvertreterin (Urteil 6B_764/2021 vom 18. August 2021 E. 3.2, nicht publ. in: BGE 147 IV 433). 
 
 
Demnach erkennt die Einzelrichterin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer hat Rechtsanwältin Dominique Jud für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 800.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft See/Oberland und dem Obergericht des Kantons Zürich, Präsident der I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. September 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Einzelrichterin: Koch 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn