9C_170/2024 11.06.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_170/2024  
 
 
Urteil vom 11. Juni 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Beusch, 
Gerichtsschreiberin Bögli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
CSS Kranken-Versicherung AG, Recht & Compliance, Tribschenstrasse 21, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 13. Dezember 2023 (VV.2022.198/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ war im Jahr 2021 im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei der CSS Kranken-Versicherung AG versichert. Diese mahnte ihn für ausgebliebene Prämienzahlungen der Monate August bis Oktober 2021. Am 23. Januar 2022 setzte die CSS Kranken-Versicherung AG den Betrag von Fr. 875.85 zuzüglich Zins von 5 % und Spesen in der Höhe von Fr. 200.- in Betreibung. A.________ erhob gegen den Zahlungsbefehl Teilrechtsvorschlag und bestritt die Spesen in der Höhe von Fr. 200.-. Mit Verfügung vom 9. März 2022 hob die CSS Kranken-Versicherung AG den Rechtsvorschlag auf, was sie mit Einspracheentscheid vom 4. August 2022 bestätigte. 
 
B.  
Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 13. Dezember 2023 ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 148 V 209 E. 2.2). Zudem legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, welchen die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Ein Rechtsmittel hat gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG unter anderem die Begehren und deren Begründung zu enthalten, wobei in der Begründung in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dabei ist konkret auf die für das Ergebnis des betreffenden Entscheids massgeblichen Erwägungen einzugehen und im Einzelnen aufzuzeigen, welche Vorschriften und weshalb sie von der Vorinstanz verletzt worden sein sollen (BGE 140 III 115 E. 2). Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Genügt die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht, so ist darauf nicht einzutreten. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG); dies setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die minimalen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. Rein appellatorische Kritik ist nicht ausreichend (BGE 145 I 26 E. 1.3; 140 III 264 E. 2.3).  
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie erkannte, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin Fr. 875.85 für ausstehende Versicherungsprämien sowie Fr. 200.- für Mahnspesen zuzüglich Zins von 5 % schuldet, und den Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes U.________ in diesem Umfang aufhob. 
 
3.  
Im angefochtenen Entscheid werden die für die Vorauszahlung der Prämien und die Verzugszinsen massgebenden Rechtsgrundlagen (Art. 26 ATSG; Art. 90 und 105a der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung [KVV; SR 832.102]) sowie die Voraussetzungen für die Auferlegung von Mahn- und Umtriebsspesen (Art. 105b Abs. 2 KVV; Art. 14.2 des Reglements der Beschwerdegegnerin über die Versicherungen nach KVG [Stand 01.2018]) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf das dem Krankenversicherer im Falle von Zahlungsverzug vorgeschriebene Verfahren (insbesondere Art. 64a Abs. 1 und 2 KVG). Darauf wird verwiesen. 
Art. 105b Abs. 2 KVV wurde per 1. Januar 2024 insofern ergänzt, als durch das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) Höchstbeträge für die Gebühren festgelegt werden. Nach den allgemeinen Grundsätzen des - materiellen - intertemporalen Rechts sind bei einer Rechtsänderung in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts in Geltung standen (Urteil 8C_435/2023 vom 27. Mai 2024, zur Publikation vorgesehen, E. 4.2 mit Hinweisen). Da vorliegend ein Sachverhalt zu beurteilen ist, welcher sich vor dem 1. Januar 2024 ereignet hat, sind die bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtssätze, welche noch keine Höchstsätze für die Gebühren vorsahen, anzuwenden. 
 
4.  
In Bezug auf die ausstehenden Prämien und die Verzugszinsen wies das kantonale Gericht die Beschwerde mangels Begründung ab. Der Beschwerdeführer befasst sich in seiner Eingabe an das Bundesgericht ausschliesslich mit den Mahngebühren. Soweit er die Aufhebung des gesamten angefochtenen Entscheids, und damit auch der Feststellungen bezüglich der Prämienausstände und Zinsforderungen, beantragt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (vgl. E. 1.2 hiervor). 
 
5.  
 
5.1. Betreffend die geforderten Mahngebühren führte das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid aus, es bestehe eine reglementarische Grundlage und der Aufwand sei unmittelbar durch das nicht korrekte Verhalten des Beschwerdeführers entstanden. Die Gebühren von faktisch je Fr. 50.- pro Mahnung und für die Betreibung seien sicher an der oberen Grenze dessen, was noch als verhältnismässig betrachtet werden könne, genügten aber gerade noch den Anforderungen des Äquivalenzprinzips. Zudem seien die Mahngebühren auch nicht durch die Verzugszinsen gedeckt.  
 
5.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Bearbeitungsgebühren dürften lediglich die angefallenen Kosten decken und hätten in einem angemessenen Verhältnis zum fraglichen Ausstand zu stehen. Bearbeitungskosten von weniger als 10 % würden bereits als grenzwertig gelten. Vorliegend seien "Spesen" von 23 % strittig, die durch die Beschwerdegegnerin nie aufgeschlüsselt oder belegt worden seien. Der Rechtsvorschlag sei nicht gegen die gesamte Spesenforderung erhoben worden, er verlange lediglich einen Beleg der tatsächlichen Umtriebe. Vorliegend könnten maximal Kosten im Wert von aufgerundet Fr. 15.- entstanden sein. Die Vorinstanz handle willkürlich, verstosse gegen Art. 105b KVV, die geltende Rechtsprechung und das Äquivalenzprinzip.  
 
5.3. Bezüglich der Erhebung von Mahngebühren beim Verzug in der Zahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen sind autonome Regelungen der Versicherer zulässig, sofern die versicherte Person die (unnötigen) Kosten schuldhaft verursacht hat und die Entschädigung angemessen ist (BGE 125 V 276 E. 2c/bb mit Hinweisen). Mit anderen Worten steht die Höhe der im Zahlungsverzug einer obligatorisch versicherten Person zu erhebenden Kosten im Ermessen der Krankenversicherung, soweit sie sich an das Äquivalenzprinzip hält (vgl. EUGSTER, Krankenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.], Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, 2015, Rz. 1348 f.). Das Äquivalenzprinzip verlangt, dass eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum fraglichen Ausstand stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss (z.B. Urteil 9C_870/2015 vom 4. Februar 2016 E. 4.1; vgl. auch Urteil 2A.621/2004 vom 3. November 2004 E. 2.2 [betreffend Radio- und Fernsehempfangsgebühren]).  
 
5.4. Wie der Beschwerdeführer korrekt anmerkt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits mehrmals Mahngebühren in der Höhe von weniger als 10 % der Ausstände als grenzwertig bezeichnet (z.B. Urteile K 112/05 vom 2. Februar 2006; K 76/03 vom 9. August 2005). Bei lediglich geringfügigen Ausständen hat das Bundesgericht allerdings auch eine wesentlich kleine Differenz zwischen Ausstand einerseits und Mahn- sowie Verwaltungskosten anderseits nicht beanstandet (Urteil K 24/06 vom 3. Juli 2005 E. 3.2 [Mahnspesen von Fr. 20.-, zuzüglich Bearbeitungsgebühren von Fr. 30.-, bei einer ausstehenden Kostenbeteiligung von Fr. 62.50]).  
Im Urteil 9C_870/2015 vom 4. Februar 2016 E. 4.2.3, auf welches sich der Beschwerdeführer ausdrücklich beruft, hat das Bundesgericht Mahngebühren von Fr. 120.- bei Ausständen von Fr. 549.95 (rund 22 %) und Fr. 735.60 (rund 16 %), respektive Fr. 240.- bei einem Ausstand von Fr. 1'025.25 (rund 23 %) zwar als im Vergleich zu den Ausständen hoch bezeichnet, ein Missverhältnis jedoch ausdrücklich verneint. Das Verhältnis zwischen Mahngebühren und Ausständen ist im vorliegend zu prüfenden Fall vergleichbar, entsprechend ist ein Missverhältnis im Hinblick auf die Rechtsprechung zu verneinen. Der Beschwerdeführer macht nichts geltend, was zu einer anderen Ansicht führen würde. 
 
5.5. Soweit der Beschwerdeführer rügt, dass an sich die Verzugszinsen die Mahngebühren decken würden und höhere Gebühren belegt werden müssten, geht er nicht auf die - im Übrigen überzeugenden - vorinstanzlichen Ausführungen ein, welche dieser Argumentation widersprechen. Entsprechend ist diesbezüglich nicht weiter auf die Beschwerde einzugehen (vgl. E. 1.2 hiervor). Damit hat es beim angefochtenen Entscheid sein Bewenden.  
 
6.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Juni 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bögli