7B_126/2023 08.12.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_126/2023  
 
 
Urteil vom 8. Dezember 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Kölz, Hofmann, 
Gerichtsschreiber Stadler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Geosits, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, 
Büro A-3, Postfach, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Hinwil, Zwangsmassnahmengericht, Einzelrichterin, vom 21. Februar 2023 (GT230001-E / U01). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.A.________ wird vorgeworfen, im August 2022 die Geschädigte B.A.________ sowie die gemeinsamen Kinder mit diversen, nicht näher bekannten Aufnahmegeräten in deren damals gemeinsam bewohnten Wohnung an der C.________-Str. aaa in D.________ überwacht zu haben. Dadurch soll er sich der Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte im Sinne von Art. aaa quater Abs. 2 StGB strafbar gemacht haben. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 23. Januar 2023 beantragte die Staatsanwaltschaft See/Oberland dem Zwangsmassnahmengericht am Bezirksgericht Hinwil, die bei A.A.________ sichergestellten Gegenstände (Samsung Galaxy S22 Ultra, IMEI-Nr. bbb, Rufnummer ccc [Asservaten-Nr. A016'948'545], Samsung Galaxy S10 Plus, IMEI-Nr. ddd, Rufnummer unbekannt [Asservaten-Nr. A0U16'949'589], Tower PC, Selbstbau-Computer, bestehend aus diversen Einzelkomponenten [Asservaten-Nr. A016'949'995]) zu entsiegeln. Mit Verfügung vom 21. Februar 2023 hiess das Zwangsmassnahmengericht das Entgsiegelungsgesuch gut und gab die gesiegelten Gegenstände der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung frei. 
 
C.  
A.A.________ gelangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 21. Februar 2023 sei aufzuheben. "Eventualiter" ersucht er um eine Beschränkung der Entsiegelung auf gewisse Dateien respektive um Aussonderung gewisser Dateien und Daten. 
Mit Verfügung vom 24. April 2023 hat das präsidierende Mitglied der - damals zuständigen - I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
Die Staatsanwaltschaft hat zur Beschwerde Stellung genommen. Das Zwangsmassnahmengericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. 
Am 3. Juli 2023 wurde den Parteien mitgeteilt, dass aufgrund einer internen Reorganisation des Bundesgerichts die Beschwerde neu durch die II. strafrechtliche Abteilung behandelt werde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein nach Art. 248 Abs. 3 lit. a StPO kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts. Dagegen steht gemäss Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen.  
 
1.2. Der angefochtene Entsiegelungsentscheid schliesst das gegen den Beschwerdeführer laufende Strafverfahren nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Demnach ist er gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur dann unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne dieser Bestimmung muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann. Werden dagegen (lediglich) andere Beschlagnahmehindernisse wie insbesondere ein mangelnder Deliktskonnex geltend gemacht, fehlt es grundsätzlich am nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Urteile 7B_292/2023 vom 31. August 2023 E. 2.1; 7B_127/2023 vom 14. August 2023 E. 2.2; 7B_58/2023 vom 10. Juli 2023 E. 2.1; je mit weiteren Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3, je mit Hinweisen).  
 
1.3. Die Vorinstanz stellte unter dem Titel "Geheimhaltungsinteressen" fest, der Beschwerdeführer komme der erforderten Mitwirkungs- bzw. Substanziierungspflicht nicht nach, nach welcher er konkret zu bezeichnen habe, welche Daten der Geheimhaltung unterstünden. Er nenne zwar unter anderem private Fotos, Videoaufnahmen, detaillierte Steuerunterlagen sowie höchstpersönliche Arztberichte, bezeichne aber nicht näher, welche Dateien im Besonderen nicht eingesehen werden könnten bzw. bei einer Auswertung auszusondern seien, und inwiefern diese von höchstpersönlicher Natur seien. Soweit er "Persönlichkeitsprofile" erwähne, leuchte nicht ein, was unter diesem Begriff zu subsumieren sei. Sodann behaupte er pauschal, dass die versiegelten Datenträger Berufsgeheimnisse enthalten würden, da er als Informatiker im EDV-Sicherheitsbereich berufstätig sei. Er lege aber nicht dar, für welches Unternehmen er arbeite und inwiefern er einem Berufsgeheimnis unterstehe. Er lege auch nicht dar, welche konkreten beruflichen Interessen seinerseits bzw. welche Interessen seines Arbeitgebers bei einer Entsiegelung gefährdet sein sollten. Damit habe der Beschwerdeführer keine genügenden Geheimhaltungsinteressen dargetan, welche einer Entsiegelung und Durchsuchung der versiegelten Datenträger entgegenstünden.  
 
1.4. Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde an das Bundesgericht vortragen, er würde einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleiden, wenn die Strafuntersuchungsbehörde alle Daten/Dateien auf den drei versiegelten Datenträgern einsehen würde, und weiter, der "Geheim- und Privatbereich sowie die berufsbezogenen Kundengeheimnisse" wären irreparabel verletzt. Solche pauschalen Hinweise begründen rechtsprechungsgemäss keine schutzwürdigen Geheimnisinteressen im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO (so etwa Urteile 7B_292/2023 vom 31. August 2023 E. 2.1; 7B_58/2023 vom 10. Juli 2023 E. 2.3; 1B_603/2022 vom 22. Februar 2023 E. 1.3.3; je mit Hinweisen). Damit einhergehend vermögen sie auch nicht zu belegen, dass durch die Entsiegelung ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG droht (Urteile 1B_603/2022 vom 22. Februar 2023 E. 1.3.3; 1B_2/2019 vom 11. Juli 2019 E. 2.4).  
Soweit der - im vorinstanzlichen Verfahren bereits anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer vor Bundesgericht im Übrigen in seinen Rechtsbegehren und in der materiellen Beschwerdebegründung unter den Titeln "Deliktskonnex" und "Grundsatz der Verhältnismässigkeit" erstmals geltend zu machen scheint, unter den höchstpersönlichen Daten und Persönlichkeitsprofilen befinde sich auch Anwaltskorrespondenz, können diese neuen Vorbringen im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden (siehe Art. 99 Abs. 1 und 2 BGG). Nach der Rechtsprechung kann im Entsiegelungsverfahren von der Person, die Geheimhaltungsinteressen und namentlich das Anwaltsgeheimnis anruft, grundsätzlich verlangt werden, dass sie etwa den Speicherort der geheimnisgeschützten Dateien und den Namen der Anwältin oder des Anwalts bekannt gibt (zuletzt: Urteil 1B_473/2022 vom 12. April 2023 E. 3.3.1 mit weiteren Hinweisen). Die Behauptung des Beschwerdeführers, eine konkrete Bezeichnung der Dateien und deren Inhalte würde eine Verletzung des Geheimnisses bedeuten (bzw. hätte eine solche Verletzung bedeutet), verfängt nicht. 
Soweit der Beschwerdeführer schliesslich den fehlenden dringenden Tatverdacht und Deliktskonnex sowie die Unverhältnismässigkeit der Durchsuchung rügt, macht er mögliche Entsiegelungshindernisse geltend, kann aber dadurch das Drohen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ebenso wenig dartun. 
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten nicht einzutreten. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft See/Oberland und dem Bezirksgericht Hinwil, Zwangsmassnahmengericht, Einzelrichterin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Dezember 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Stadler