5A_587/2023 03.06.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_587/2023  
 
 
Urteil vom 3. Juni 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter von Werdt, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kümin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
handelnd durch C.________, 
2. C.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Midori Handschin, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Unterhalt (vorsorgliche Massnahmen), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 10. Juli 2023 (LZ230019-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1967, niederländischer Staatsangehöriger) und C.________ (geb. 1971, israelische Staatsangehörige) sind die nicht miteinander verheirateten Eltern der Tochter B.________ (geb. 2009, niederländische und israelische Staatsangehörige). C.________ ist Mutter einer weiteren, heute volljährigen Tochter, D.________ (geb. 1999).  
 
A.b. Am 21. September 2009 schlossen A.________ und C.________ eine Vereinbarung über die Betreuungsanteile und Verteilung der Unterhaltskosten betreffend die gemeinsame Tochter. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich genehmigte diese Vereinbarung mit Beschluss vom 6. Oktober 2009. Die Eltern führten zu jenem Zeitpunkt einen gemeinsamen Haushalt.  
 
A.c. Ende Januar 2019 zog der Vater aus der Familienwohnung aus, nachdem sich die Eltern getrennt hatten.  
 
B.  
 
B.a. Mutter und Tochter erhoben am 16. November 2021 beim Bezirksgericht Zürich eine Klage, mit welcher sie verlangten, in Abänderung der Vereinbarung vom 21. September 2009 sei der Vater zu verpflichten, angemessene Unterhaltsbeiträge zu bezahlen.  
 
B.b. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 16. März 2022 beantragten Mutter und Tochter, der Vater sei im Sinne einer vorsorglichen Massnahme zu verpflichten, der Tochter angemessene monatliche Unterhaltsbeiträge von mindestens Fr. 6'000.-- zu bezahlen.  
 
B.c. Mit Verfügung vom 19. Juli 2022 verpflichtete das Bezirksgericht den Vater im Rahmen vorsorglicher Massnahmen, der Tochter monatliche Kinderalimente von Fr. 2'300.-- zu bezahlen. Das Obergericht des Kantons Zürich hob diese Verfügung mit Beschluss vom 5. Dezember 2022 auf und wies die Sache zu neuem Entscheid an das Bezirksgericht zurück, welches am 14. April 2023 verfügte, der Vater habe vorläufig für die Dauer des Prozesses an den Unterhalt der Tochter monatlich Fr. 4'720.-- (zzgl. allfälliger Familienzulagen) zu leisten, erstmals rückwirkend per 1. April 2022.  
 
C.  
Der Vater erhob gegen die auf Rückweisung hin ergangene Verfügung Berufung an das Obergericht, welches das Rechtsmittel mit Urteil vom 10. Juli 2023 abwies, soweit es darauf eintrat. Der Entscheid wurde dem Vater am 11. Juli 2023 zugestellt. 
 
D.  
 
D.a. Die Tochter besucht seit dem Schuljahr 2015/2016 die Privatschule E.________ in U.________. Nach der Trennung der Eltern hatte der Vater die Tochter am 16. August 2022 ohne Einverständnis der Mutter bei der Kreisschulbehörde F.________ der Stadt V.________ für den Übertritt von der E.________ in die öffentliche Schule angemeldet.  
 
D.b. Mit Schreiben vom 16. September 2022 teilte die Kreisschulbehörde den Eltern mit, dass die Tochter für das begonnene Schuljahr 2022/2023 in einer zweiten Sekundarklasse im Schulhaus G.________ zugeteilt werde. Der Präsident der Kreisschulbehörde wies die dagegen von der Tochter erhobene Einsprache am 27. Oktober 2022 ab. Auch den gegen diesen Entscheid wiederum erhobenen Rekurs wies der Bezirksrat am 12. Januar 2023 ab. Demgegenüber hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 11. Mai 2023 die von der Tochter erhobene Beschwerde gut, hob die Einsprache- und Rekursentscheide auf und gestattete der Tochter, den obligatorischen Unterricht weiterhin bei der E.________ zu besuchen.  
 
D.c. Dagegen führte der Vater am 26. Juni 2023 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht, welches diese mit Urteil vom 6. November 2023 abwies (Verfahren 2C_355/2023).  
 
E.  
 
E.a. Mit als Beschwerde in Zivilsachen sowie subsidiäre Verfassungsbeschwerde vom 10. August 2023 bezeichneter elektronischer Eingabe wendet sich A.________ (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er beantragt, in Aufhebung des obergerichtlichen Urteils vom 10. Juli 2023 sei er zu verpflichten, C.________ (Beschwerdegegnerin 2) an den Unterhalt von B.________ (Beschwerdegegnerin 1) vorläufig für die Dauer des Unterhaltsprozesses einen Beitrag von monatlich Fr. 1'960.--, eventuell Fr. 4'080.-- (jeweils zzgl. allfälliger Familienzulagen) zu leisten, erstmals rückwirkend per 1. April 2022. Eventualiter sei das Obergericht bzw. das Bezirksgericht anzuweisen, eine Unterhaltsbeitragsregelung im vorstehenden Sinne festzulegen.  
 
E.b. Der Präsident der urteilenden Abteilung hat die mit der Beschwerde gestellten Gesuche um Erteilung der aufschiebenden Wirkung sowie um Verfahrenssistierung bis zur Eröffnung des Urteils im Beschwerdeverfahren 2C_355/2023 mit Verfügung vom 31. August 2023 abgewiesen, nachdem die Beschwerdegegnerinnen Gelegenheit erhielten, sich hierzu zu äussern.  
 
E.c. Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten, jedoch keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 149 III 277 E. 3.1 mit Hinweisen), sodass es dem Beschwerdeführer nicht schadet, wenn er sich auf Bestimmungen zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bezieht. Angefochten ist der Endentscheid (Art. 90 BGG; BGE 137 III 586 E. 1.2; Urteil 5A_565/2023 vom 21. März 2024 E. 1 mit Hinweisen) einer letzten kantonalen Instanz, welche auf Rechtsmittel hin (Art. 75 BGG) über vorsorglich an ein minderjähriges Kind nicht verheirateter Eltern zu leistende Unterhaltsbeiträge geurteilt hat. Die für diese zivilrechtliche Angelegenheit (Art. 72 Abs. 1 BGG) massgebende Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 51 Abs. 1 und 4 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG) und hat sie rechtzeitig erhoben (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 2 lit. a und Art. 48 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeschrift ist mit einer gültigen qualifizierten elektronischen Signatur versehen und wurde über eine anerkannte Plattform übermittelt (Art. 42 Abs. 4 lit. b BGG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 des Reglements des Bundesgerichts vom 20. Februar 2017 über den elektronischen Rechtsverkehr mit Parteien und Vorinstanzen [ReRBGer; SR 173.110.29]). Unter Vorbehalt der nachfolgenden Ausführungen ist die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG) grundsätzlich zulässig, sodass für die subsidiäre Verfassungsbeschwerde kein Raum verbleibt. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 98 BGG). Auch die Anwendung von Bundesgesetzen prüft das Bundesgericht im Rahmen von Art. 98 BGG nur auf die Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) hin (Urteil 5A_1025/2020 vom 30. August 2021 E. 2.1 mit Hinweis). In Verfahren nach Art. 98 BGG kommt zudem eine Berichtigung oder Ergänzung der Sachverhaltsfeststellungen nur infrage, wenn die kantonale Instanz verfassungsmässige Rechte verletzt hat (BGE 133 III 585 E. 4.1). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; Rügeprinzip). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern die angerufenen Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 145 I 121 E. 2.1 in fine mit Hinweis). Wird eine solche Rüge nicht vorgebracht, kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine Verletzung von verfassungsmässigen Rechten tatsächlich vorliegt (BGE 142 II 369 E. 2.1 in fine; 142 I 99 E. 1.7.2 mit Hinweisen; 141 I 36 E. 1.3 in fine mit Hinweis). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die Voraussetzungen für eine nachträgliche Einreichung von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein sollen (BGE 143 I 344 E. 3 mit Hinweisen). Nach Erlass des angefochtenen Entscheids entstandene (sog. echte) Noven sind von vornherein unzulässig (BGE 149 III 465 E. 5.5.1 mit Hinweisen).  
 
2.2. Soweit der Beschwerdeführer auf einen Sachverhalt abstellt, der sich nicht aus den Feststellungen im angefochtenen Entscheid ergibt (namentlich der Umstand, dass er seine Tochter ausser kurz im Mai 2019 unverschuldet nicht mehr gesehen habe), ohne hier willkürliche Sachverhaltsfeststellung zu rügen, bleiben seine Ausführungen unbeachtlich.  
 
3.  
Anlass zur Beschwerde gibt die Höhe des der Tochter vorsorglich zugesprochenen Unterhaltsbeitrags. 
 
3.1. Zu weiten Teilen beanstandet der Beschwerdeführer den angefochtenen Entscheid, ohne im konkreten Sachzusammenhang verfassungsmässige Rechte anzurufen. Zwar macht er einleitend eine Verletzung seiner Ansprüche auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und auf ein faires Verfahren (Art. 6 Ziff. 1 EMRK), Willkür (Art. 9 BV) - wohl in der Rechtsanwendung - sowie offensichtlich unrichtige Beweiswürdigung geltend. Indessen ist unklar, auf welche seiner nachfolgenden Beanstandungen sich diese Rügen beziehen sollen, sodass er damit seiner Rügepflicht nicht genügt (vgl. vorne E. 2.1). Auf die Beschwerde ist mithin nicht einzutreten, soweit der Beschwerdeführer einzelne Bedarfsposten der Tochter (Mietkostenanteil, Gesundheitskosten, Schulgebühren) sowie die Verteilung der Unterhaltsschuld auf die Eltern bemängelt.  
 
3.2. Einzig in einem Punkt erhebt der Beschwerdeführer in konkretem Sachzusammenhang die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte. Er beanstandet, dass die Vorinstanz bei der Unterhaltsberechnung keine Schuldentilgung berücksichtigt habe, obwohl er entsprechende Belege eingereicht habe. Damit habe sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt und den Sachverhalt offensichtlich unrichtig ermittelt.  
 
3.2.1. Die Vorinstanz erwog, eine Schuldentilgung könne allenfalls im Rahmen des familienrechtlichen Existenzminimums berücksichtigt werden. Das Bezirksgericht habe darauf hingewiesen, dass die Amortisation von Schulden der Unterhaltspflicht nachgehe. Mithin sei es zum Schluss gekommen, dass die Schuldentilgung nur berücksichtigt werden könne, wenn der Bedarf des Kindes gedeckt sei. Hierzu äussere sich der Beschwerdeführer nicht, womit er den Begründungsanforderungen nicht genüge. Damit brauche nicht geklärt zu werden, ob es sich vorliegend rechtfertige, Schulden zu berücksichtigen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass das Bezirksgericht den Unterhalt ab dem 1. April 2022 festgelegt habe. Selbst wenn eine Amortisation zu berücksichtigen wäre, müsste der Beschwerdeführer die Beträge behaupten und belegen, welche er ab diesem Zeitpunkt geleistet habe. Zudem müsste er aufzeigen, dass die entsprechenden Aufwände auch in der Zukunft anfielen. Dies unterlasse er, womit er den Begründungsanforderungen ebenfalls nicht genüge.  
 
3.2.2. Indem die Vorinstanz dem Beschwerdeführer sowohl hinsichtlich des Vorrangs familienrechtlicher Unterhaltspflichten vor Drittschulden als auch hinsichtlich der Substanziierung der Schuldenamortisationen mangelnde Begründung der Berufung vorwarf, begründete sie ihren Entscheid in diesem Punkt mit zwei voneinander unabhängigen Begründungslinien. Sie müssen unter Nichteintretensfolge beide angefochten werden (vgl. BGE 149 III 318 E. 3.1.3 in fine mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer äussert sich einzig zur zweiten Begründungslinie, sodass auf die Beschwerde in diesem Punkt ebenfalls nicht eingetreten werden kann.  
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG) und hat er die Beschwerdegegnerinnen für den Aufwand zu entschädigen, der ihnen für die Stellungnahme zu den Gesuchen um Verfahrenssistierung und um aufschiebende Wirkung entstanden ist (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. Juni 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller