6B_872/2023 19.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_872/2023  
 
 
Urteil vom 19. Oktober 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, 
Kirchenstrasse 6, 6300 Zug. 
 
Gegenstand 
Kostenerlass; Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, vom 31. Mai 2023 (BZ 2023 8). 
 
 
Die Präsidentin zieht in Erwägung:  
 
1.  
Das Strafgericht des Kantons Zug sprach den Beschwerdeführer am 17. Dezember 2019 im abgekürzten Verfahren der mehrfachen qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe unter Auflage der Verfahrenskosten. Das Urteil wurde rechtskräftig. 
Am 16. Januar 2023 wies der Präsident der Justizverwaltungsabteilung des Obergerichts des Kantons Zug das vom Beschwerdeführer gestellte Gesuch um Erlass der ihm auferlegten und noch ausstehenden Kosten von Fr. 57'822.50 ab. Im Sinne eines Entgegenkommens gestand man ihm für die Begleichung des offenen Forderungsbetrags monatliche Ratenzahlungen zu und es wurde festgelegt, die ausstehenden Verfahrenskosten seien per 1. Februar 2023 mit Fr. 1'022.50 und ab 1. März 2023 bis und mit Januar 2029 mit Fr. 800.-- pro Monat zu begleichen. Damit ergebe sich ein überschaubarer Abzahlungshorizont von 6 Jahren. 
Eine dagegen gerichtete Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 31. Mai 2023 ab. Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde an das Bundesgericht. 
 
2.  
Forderungen aus Verfahrenskosten können von der Strafbehörde gestundet oder unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der kostenpflichtigen Person herabgesetzt oder erlassen werden (Art. 425 StPO). Art. 425 StPO ist als Kann-Bestimmung konzipiert. Die Strafbehörden verfügen bei der Frage, ob Verfahrenskosten zu stunden oder zu erlassen sind, über einen grossen Ermessens- und Beurteilungsspielraum, in welchen das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung eingreift. Das Bundesrecht belässt die konkrete Ausgestaltung der Voraussetzungen von Stundung oder Erlass zudem weitgehend der kantonalen Ausführungsgesetzgebung. Diese Rechtslage hat zur Folge, dass das Bundesgericht eine Stundung oder den Erlass von Verfahrenskosten lediglich unter Willkürgesichtspunkten prüft, und zwar nicht nur hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, sondern auch der massgebenden Kriterien in den kantonalrechtlichen Ausführungsgesetzgebungen (etwa Härte oder Mittellosigkeit; vgl. Urteile 6B_1523/2022 vom 16. Februar 2023 E. 4.1; 6B_1232/2021 vom 27. Januar 2022 E. 3.4.1; 6B_1180/2021 vom 19. November 2021 E. 3; je mit Hinweisen). 
Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in Strafsachen in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Verletzung des Willkürverbots) besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde ist nur im Rahmen des Streitgegenstands zulässig. Dieser wird durch das Anfechtungsobjekt, d.h. den angefochtenen Entscheid, und die Parteibegehren bestimmt, wobei der angefochtene Entscheid den möglichen Streitgegenstand thematisch begrenzt (BGE 142 I 155 E. 4.2.2). Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer daher, soweit er den Anspruch auf beförderliche Behandlung im Sinne von Art. 29 Abs. 1 BV anruft und eine durch die erste Instanz verursachte Verfahrensverzögerung vorbringt. Diese Rüge hätte er bereits im Verfahren vor Vorinstanz erheben können und müssen. Dass er dies getan und die Vorinstanz sein Vorbringen zu Unrecht nicht behandelt hätte, macht er indessen nicht geltend und ergibt sich auch nicht aus dem angefochtenen Entscheid. Ebenso wenig legt er dar und ist auch nicht ersichtlich, dass und weshalb es ihm nicht möglich oder zumutbar gewesen sein soll, die fragliche Rüge bereits vor Vorinstanz zu erheben. Der erstmals vor Bundesgericht erhobenen Rüge fehlt es - mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs - an einem zulässigen Anfechtungsobjekt. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 80 Abs. 1 BGG).  
 
 
3.2. Der Beschwerdeführer wendet sich im Übrigen gegen die von der Vorinstanz erhobenen finanziellen Verhältnisse und der von ihr ermittelten Höhe der Ratenzahlungen. Im Rahmen seiner Kritik befasst er sich allerdings nicht in einer den Formerfordernissen genügenden Weise mit den Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Er beschränkt sich im Wesentlichen vielmehr nur darauf, eigene Überlegungen und Hypothesen zur wirtschaftlichen Situation anzustellen, namentlich zu seiner Anstellungs- und Einkommenssituation und derjenigen seiner Ehefrau. Daraus ergibt sich allerdings nicht im Geringsten, weshalb und inwiefern die vorinstanzlich vorgenommene Erhebung der finanziellen Lage des Beschwerdeführers und seiner Familie willkürlich sein soll. Soweit er betreffend die Berücksichtigung von Bonuszahlungen namentlich vorbringt, eine solche sei abhängig vom Betriebsergebnis des Unternehmens und nicht von der persönlichen Leistung des Angestellten, vermag er nicht darzulegen, dass die Vorinstanz willkürlich von etwas anderem ausgegangen wäre und sich bei der Festlegung seines durchschnittlichen monatlichen Nettolohnes von nicht massgebenden Gesichtspunkten hätte leiten lassen. Entgegen seiner Behauptungen ist sodann insbesondere auch nicht ersichtlich, dass im angefochtenen Entscheid auf die von ihm mitgeteilte Einkommensreduktion wegen Stellenverlusts der Ehefrau nicht eingegangen worden sein soll. Vielmehr ergibt sich, dass die Vorinstanz die fragliche Mitteilung des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen, indessen nicht darauf abgestellt hat, weil der (angebliche) Jobverlust der Ehefrau mit einhergehender Einkommenseinbusse lediglich behauptet, jedoch nicht belegt worden war. Dass die Vorinstanz mit dieser Beurteilung in Willkür verfallen sein könnte, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Dass er im bundesgerichtlichen Verfahren einen solchen Beleg nunmehr einreicht, ist irrelevant und vermag ihm nicht zu helfen, da die Vorinstanz in einer Doppelbegründung zugleich angenommen hat, die Ehefrau des Beschwerdeführers würde innert nützlicher Frist eine vergleichbare Tätigkeit als Reinigungskraft zu einem vergleichbaren Lohn finden. Auch diese vorinstanzliche Feststellung widerlegt der Beschwerdeführer nicht als schlechterdings unhaltbar, weshalb im Ergebnis offen bleiben kann, ob der genannte Beleg novenrechtlich überhaupt zulässig wäre (vgl. Art. 99 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 133 III 393 E. 3; Urteil 6B_509/2022 vom 5. Oktober 2022 E. 2.4).  
Insgesamt genügt die Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer bloss die eigene Sicht der Dinge aufzeigt, nicht aber Willkür dartut, den gesetzlichen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht. 
 
4.  
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Von einer Kostenauflage kann ausnahmsweise abgesehen werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Oktober 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill