1C_140/2024 07.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_140/2024  
 
 
Urteil vom 7. März 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Advokat Gabriel Giess, 
 
gegen  
 
Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Deutschland, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer, 
vom 21. Februar 2024 (RR.2024.8). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Freiburg i. Br. (Deutschland) führt u.a. gegen den deutschen Staatsangehörigen A.________ ein Strafverfahren wegen des Verdachts des bandenmässigen Handels mit Betäubungsmitteln. Gestützt auf einen Haftbefehl des Amtsgerichts Lörrach ersuchte Deutschland die Schweiz am 21. November 2023 um Festnahme und Auslieferung des im Kanton Basel-Stadt wohnhaften Beschuldigten. 
A.________ wurde am 21. November 2023 angehalten und vom Bundesamt für Justiz (BJ) in Auslieferungshaft versetzt. Mit Entscheid vom 5. Januar 2024 bewilligte das BJ die Auslieferung für die dem Ersuchen vom 21. November 2023 zu Grunde liegenden Straftaten. 
Mit Entscheid vom 21. Februar 2024 wies das Bundesstrafgericht eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde und ein akzessorisches Haftentlassungsgesuch ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 4. März 2024 beantragt A.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben, die Auslieferung zu verweigern und er selbst aus der Haft zu entlassen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unter den in Art. 84 BGG genannten Voraussetzungen zulässig. Im vorliegenden Fall geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Weiter ist erforderlich, dass es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt. Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Art. 84 Abs. 2 BGG; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).  
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen). Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Art. 84 BGG vorliegt, so ist auch auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen). 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet und es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, es liege ein besonders bedeutender Fall vor, weil das Bundesstrafgericht sein Replikrecht missachtet habe. Der angefochtene Entscheid sei nur fünf Tage nach Eingang der Beschwerdeantwort des BJ bei seinem Rechtsvertreter gefällt worden. Er habe damit keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Eine Heilung dieser Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) falle nicht in Betracht, weil das Bundesgericht nicht über volle Kognition verfüge.  
Soll eine Partei ihr Replikrecht effektiv wahrnehmen können, muss ihr die Behörde ausreichend Zeit für eine Stellungnahme lassen, wenn sie ihr die Eingabe einer anderen Partei zur Kenntnisnahme zustellt. Welche Wartezeit ausreichend ist, hängt vom Einzelfall ab. Das Bundesgericht hat in allgemeiner Weise festgehalten, dass jedenfalls vor Ablauf von zehn Tagen nicht, hingegen nach zwanzig Tagen schon von einem Verzicht auf das Replikrecht ausgegangen werden dürfe (s. im Einzelnen Urteil 1C_191/2022 vom 16. Mai 2023 E. 2.4 mit Hinweisen). Allerdings ist es bspw. in Haftverfahren aufgrund des besonderen Beschleunigungsgebots zulässig, die Wartezeit von zehn Tagen zu unterschreiten. Im Urteil 1B_595/2022 vom 23. Dezember 2022 hat das Bundesgericht sieben Tage als ausreichend erachtet (a.a.O., E. 2.6). Trotz der ebenfalls grossen Dringlichkeit eines Verfahrens betreffend Auslieferung und Auslieferungshaft ist hingegen eine Wartezeit von fünf Tagen zu kurz, insbesondere, wenn sie wie hier ein Wochenende beinhaltet. 
Die Verletzung des rechtlichen Gehörs im schweizerischen Rechtshilfeverfahren kann dazu führen, dass der Fall als besonders bedeutend im Sinne von Art. 84 BGG einzustufen ist. Vorausgesetzt ist allerdings, dass es sich um eine bedeutende Verletzung handelt, was von der beschwerdeführenden Person darzulegen ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5; Urteil 1C_698/2020 vom 8. Februar 2021 E. 2; je mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund hätte der Beschwerdeführer zumindest kurz aufzeigen müssen, inwiefern die Beschwerdeantwort des BJ Anlass zu ergänzenden Ausführungen gab, d.h., was er in einer Replik noch hätte vortragen wollen. Dies tat er jedoch nicht. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeantwort des BJ im Wesentlichen lediglich etwa eine Seite umfasste. Schliesslich ist die Behauptung des Beschwerdeführers betreffend eine Heilung des Verfahrensmangels insofern zu relativieren, als das Bundesgericht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durchaus heilen kann, wenn es in den strittigen Punkten über eine umfassende Kognition verfügt (BGE 147 IV 340 E. 4.11.3 mit Hinweisen). Eine Heilung fiele damit zwar in Bezug auf strittige Sachverhaltsfragen nicht in Betracht, doch behauptet der Beschwerdeführer nicht, dass die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen falsch wären. 
Eine bedeutende Verletzung des rechtlichen Gehörs ist deshalb nicht dargetan. Dass in anderer Hinsicht ein besonders bedeutender Fall anzunehmen wäre, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht erkennbar. 
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung, und dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. März 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold