8C_288/2022 07.12.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_288/2022  
 
 
Urteil vom 7. Dezember 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Walther. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rolf Thür, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Schaffhausen, Oberstadt 9, 8200 Schaffhausen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 29. März 2022 (63/2021/5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1990 geborene A.________ leidet an einer primären autoimmunen pulmonalen Alveolarproteinose (PAP), welche im August 2014 erstmals diagnostiziert wurde. Bei der Durchführung einer therapeutischen bronchoalveolären Lavage (BAL) im Spital B.________ erlitt sie am 24. Februar 2015 eine lebensbedrohliche Verletzung der Trachea (Luftröhre) mit einer ca. sieben bis neun Zentimeter langen Ruptur der Tracheahinterwand, in deren Folge eine Notoperation durchgeführt werden musste. Am 9. November 2017 meldete sich A.________ unter Hinweis auf ständige Brustschmerzen infolge dieser Operation bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Schaffhausen tätigte erwerbliche und medizinische Abklärungen und teilte ihr am 6. Dezember 2019 mit, eine polydisziplinäre Begutachtung zu veranlassen. Am 20. Januar 2020 liess A.________ durch ihren Rechtsvertreter Zusatzfragen an die Gutachter stellen, welche die IV-Stelle der Gutachterstelle (SMAB AG, Bern, nachfolgend: SMAB) zusammen mit dem Gutachtensauftrag übermittelte. Gestützt auf das Gutachten vom 23. Juli 2020 verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 4. Januar 2021 den Anspruch auf eine Invalidenrente. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen ab (Entscheid vom 29. März 2022). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids seien ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen. Eventualiter seien die aufgetretenen Beschwerden im Rahmen einer medizinischen Begutachtung umfassend und präzise zu erheben und zu beurteilen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4). 
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 4. Januar 2021 verfügte Verneinung eines Rentenanspruchs bestätigte. 
 
3.  
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgebenden Grundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz verneinte zunächst eine Gehörsverletzung durch die IV-Stelle. Zwar seien die Zusatzfragen, in welchen sich die Beschwerdeführerin auf "act. 18" im Sinne des Hausarztberichts von Dr. med. D.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, vom 19. März 2018 bezogen hatte, für die Gutachter aufgrund einer zwischenzeitlich von der IV-Stelle vorgenommenen Neunummerierung der Akten nur zum Teil verständlich gewesen. Gleichwohl hätten sie die Zusatzfragen nicht einfach ausser Acht gelassen und sich weitestgehend auch mit den von der Beschwerdeführerin gegenüber dem Hausarzt geschilderten Schmerzlokalisationen und -auslösemechanismen, der medizinisch-somatischen Erklärbarkeit und zur Glaubhaftigkeit der Schmerzlokalisationen auseinandergesetzt. Es bestehe kein Grund, die Verfügung deshalb als rechtsfehlerhaft oder gar als nichtig zu bezeichnen.  
 
4.2. In medizinischer Hinsicht stellte das kantonale Gericht sodann fest, im beweiswertigen Gutachten der SMAB vom 23. Juli 2020 seien als Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit die PAP und der Status nach Trachea-Hinterwandverletzung bei Intubation, thorakoskopischer und zervikaler Trachealnaht am 24. Februar 2015 erhoben worden. Als funktionelle Einschränkungen habe der Gutachter Dr. med. C.________, Facharzt für Pneumologie, eine Dyspnoe bei Anstrengungen sowie eine Müdigkeit und Husten erhoben, bei welchen es sich um Symptome der nicht abgeheilten Grunderkrankung (PAP) handle. Zusätzlich eingeschränkt sei die Beschwerdeführerin durch eine als Folge des notfallmässigen chirurgischen Eingriffs vom 24. Februar 2015 zu betrachtende Schmerzsymptomatik. Aufgrund der Atemnot bei Anstrengungen und Schmerzen bei Thoraxbewegungen bestehe in der früheren Tätigkeit als Pflegeassistentin eine Arbeitsunfähigkeit von 100 %. In einer stationären Tätigkeit mit lufthygienisch einwandfreier Umgebung ohne körperliche Anstrengung und ohne Notwendigkeit von häufigen Thoraxbewegungen sei die Beschwerdeführerin jedoch zu 100 % arbeitsfähig. Betreffend die erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung bejahte die Vorinstanz die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit. Schliesslich bestätigte sie die von der IV-Stelle anhand der Tabellenlöhne der Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik des Jahres 2018 (Tabelle TA1, Ziff. 86-88 [Gesundheits- und Sozialwesen], Kompetenzniveau 1, Frauen) ermittelten Validen- und Invalideneinkommen von Fr. 60'799.- bzw. Fr. 54'681.-, was im Einkommensvergleich einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von rund 10 % ergab.  
 
5.  
Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, ist unbegründet. 
 
5.1. Entgegen ihrer letztinstanzlich neu vorgebrachten Rüge beschlagen die Vorwürfe hinsichtlich der Zusatzfragen nicht das Gebot des Handelns nach Treu und Glauben, sondern den bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren geltend gemachten Anspruch auf rechtliches Gehör. Wie die Vorinstanz diesbezüglich feststellte, betrafen die Zusatzfragen der Beschwerdeführerin in erster Linie die gegenüber Dr. med. D.________ geschilderten Schmerzen im Brustbereich, u.a. jene, welche bei krafterfordernden Bewegungen der Arme und Hände von der Drainage-Narbe in den Brustkorb ausstrahlen würden. Gegenüber dem Gutachter Dr. med. C.________ beschrieb sie, bei mässigen Anstrengungen eine Dyspnoe und ausserdem bei Thoraxbewegungen Schmerzen retrosternal und auf der rechten Thoraxhälfte zu empfinden, was der Gutachter für nachvollziehbar hielt und in das Leistungsprofil angepasster Tätigkeiten miteinbezog. Der Vorinstanz ist somit ohne Weiteres beizupflichten, dass die belastungsabhängigen Beschwerden im Thoraxbereich im Rahmen des Gutachtens exploriert und beim Leistungsprofil angepasster Tätigkeiten (stationär, mit lufthygienisch einwandfreier Umgebung, ohne körperliche Anstrengung und Notwendigkeit von häufigen Thoraxbewegungen) berücksichtigt wurden. Auf die Zusatzfragen betreffend den von Dr. med. D.________ attestierten Pausenbedarf von einem bis zwei Tagen nach jedem Arbeitstag ging Dr. med. C.________ zwar nicht ein. Daraus vermag die Beschwerdeführerin jedoch nichts zu ihren Gunsten abzuleiten. Zum einen übernahm der Hausarzt diesbezüglich die Schilderungen der Beschwerdeführerin, ohne dass sich seinem Bericht eine medizinische Begründung für den geltend gemachten Pausenbedarf entnehmen liesse. Zum anderen attestierte er ihr mit Bericht vom 4. September 2019 bereits wieder eine Arbeitsfähigkeit von 8.5 Stunden täglich selbst in der angestammten Tätigkeit. Inwiefern die vorinstanzliche Schlussfolgerung, dass die relevanten Zusatzfragen gutachterlich geklärt worden seien und im Ergebnis keine Gehörsverletzung resultiere, vor diesem Hintergrund Bundesrecht verletzen soll, vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen.  
 
5.2. Im Rahmen ihrer materiellen Rügen gegen den Beweiswert des SMAB-Gutachtens macht die Beschwerdeführerin wiederum geltend, die Thoraxschmerzen und der Ruhebedarf seien darin nicht berücksichtigt worden. Weitergehende diesbezügliche Erörterungen erübrigen sich (vgl. E. 5.1 hiervor). Soweit sie dafür hält, auch eine Anstellung ohne körperliche Belastung sei gescheitert, ist darauf hinzuweisen, dass die damit wohl gemeinte Anstellung bei der E.________ AG das Tragen von Lasten erforderte und vor allem auch auf Ende Dezember 2020 befristet war. Entgegen der Beschwerdeführerin durfte die Vorinstanz - unter willkürfreiem Verzicht auf weitere Abklärungen - auf das SMAB-Gutachten abstellen, ohne Bundesrecht zu verletzen (zur zulässigen antizipierten Beweiswürdigung vgl. BGE 144 V 361 E. 6.5).  
 
5.3. Auch betreffend die vom kantonalen Gericht bejahte Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit verweist die Beschwerdeführerin auf den von der Vorinstanz zu Recht verneinten medizinischen Abklärungsbedarf. Darauf ist nicht weiter einzugehen. Die Rügen, wonach die Vorinstanz einen "maximal möglichen" Leidensabzug hätte gewähren müssen bzw. von einem Valideneinkommen von mindestens Fr. 66'000.- hätte ausgehen sollen, werden in der Beschwerde nicht begründet; von Weiterungen kann diesbezüglich ebenfalls abgesehen werden.  
 
6.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
7.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Walther