9C_728/2023 04.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_728/2023  
 
 
Urteil vom 4. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Bögli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf UR, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Tania Teixeira, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 20. Oktober 2023 (OG V 23 4). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ wurde am xxx bei einem Verkehrsunfall verletzt. Im Mai 2013 meldete er sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 8. Juni 2017 wies die IV-Stelle Uri das Leistungsbegehren ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Uri mit Entscheid vom 21. September 2018 gut und sprach A.________ ab 1. Dezember 2013 eine ganze Invalidenrente zu. Die IV-Stelle erhob gegen dieses Urteil Beschwerde, welche das Bundesgericht mit Urteil 9C_737/2018 vom 15. Februar 2019 teilweise guthiess und die Sache zur Prüfung der Standardindikatoren an das Obergericht zurückwies.  
 
A.b. Das Obergericht holte daraufhin bei Dr. med. B.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, ein psychiatrisch/neuropsychologisches Gutachten ein, das am 28. Mai 2021 erstellt wurde, und wies die Sache mit Entscheid vom 18. Februar 2022 an die IV-Stelle zur Vornahme des Einkommensvergleichs und neuer Verfügung an die IV-Stelle zurück. Diese sprach A.________ mit Verfügungen vom 6. Dezember 2022 eine halbe Invalidenrente vom 1. bis 31. Dezember 2013 und eine ganze Invalidenrente vom 1. Januar bis 30. April 2014 zu.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht teilweise gut, hob die angefochtenen Verfügungen auf und sprach A.________ eine Dreiviertelsrente vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014, eine ganze Rente vom 1. April bis 31. Juli 2014 und eine Viertelsrente ab 1. August 2014 zu (Entscheid vom 20. Oktober 2023). 
 
C.  
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, soweit dem Versicherten eine Viertelsrente ab 1. August 2014 zugesprochen wird. Die Sache sei zur Invaliditätsgradbemessung und zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet zwar das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (BGE 145 V 57 E. 4.2). Zudem legt es seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, welchen die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die vorinstanzlichen Feststellungen seien offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
Eine Sachverhaltsfeststellung oder Beweiswürdigung ist offensichtlich unrichtig, wenn sie sich als willkürlich erweist. Bei der Beweiswürdigung ist das der Fall, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat. Noch keine offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als plausibler erscheint. Sachverhaltsrügen sind auf Grund des strengen Rügeprinzips klar und detailliert in der Beschwerdeschrift aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist nicht einzugehen (BGE 144 V 50 E. 4.2; Urteile 9C_415/2022 vom 14. November 2022 E. 1.2; 9C_752/2018 vom 12. April 2019 E. 1.2). 
 
1.2. Am 1. Januar 2022 trat die Änderung des IVG («Weiterentwicklung der IV») mit der Einführung des stufenlosen Rentensystems in Kraft. In zeitlicher Hinsicht sind - vorbehältlich besonderer übergangs-rechtlicher Regelungen - grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestands Geltung haben (BGE 146 V 364 E. 7.1; 144 V 210 E. 4.3.1; je mit Hinweisen). Rentenansprüche, die vor dem 1. Januar 2022 entstanden sind, werden somit nach im damaligen Zeitpunkt gültigem Recht beurteilt. Vorliegend sind Leistungen mit Anspruchsbeginn vor dem 1. Januar 2022 streitig (vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs. 1 IVG), weshalb für deren Beurteilung die bis 31. Dezember 2021 geltende Rechtslage massgebend bleibt.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdegegner ist unbestritten in seiner angestammten Tätigkeit seit dem Unfall vom xxx zu 100 % arbeitsunfähig. In einer angepassten Beschäftigung (körperlich leichte Tätigkeiten, keine Arbeiten über Kopf oder mit Gewichten über 10 kg und vorgehaltenem Arm, keine Vibrationsbelastungen im Bereich des rechten Armes, fremdbestimmte, isolierte Tätigkeiten ohne Gruppenaktivitäten, ohne Kundenkontakte, in einem belastbaren, wohlwollenden Umfeld) ist er seit dem 15. Mai 2014 ebenso unbestritten zu 100 % arbeitsfähig. Auch der Rentenanspruch bis zum 31. Juli 2014 (Dreiviertelsrente vom 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014, ganze Rente vom 1. April bis 31. Juli 2014) wird von keiner Partei in Frage gestellt.  
Streitig und zu prüfen ist hingegen, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie einen über den 31. Juli 2014 hinausgehenden Rentenanspruch bejaht hat. Dabei ist hauptsächlich die Frage zu beantworten, von welchem Validen- respektive Invalideneinkommen auszugehen ist. 
 
2.2. Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen und die Rechtsprechung zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG) und zum Invaliditätsgrad (Art. 16 ATSG; BGE 130 V 343 E. 3.4; 128 V 29 E. 1; 104 V 135 E. 2a und b) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.  
 
3.  
 
3.1. Zur Ermittlung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten und persönlichen Umstände nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verdient hätte (BGE 145 V 141 E. 5.2.1). In der Regel ist am zuletzt erzielten, nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Lohn anzuknüpfen, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre; Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 144 I 103 E. 5.3 mit Hinweis).  
 
3.2. In Bezug auf das Valideneinkommen erwog das Obergericht im angefochtenen Entscheid, Anknüpfungspunkt sei der letzte vor Eintritt der Gesundheitsschädigung erzielte, der Nominallohnentwicklung angepasste Verdienst. Es sei aber auch die berufliche Weiterentwicklung zu berücksichtigen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ein beruflicher Aufstieg und ein entsprechend höheres Einkommen tatsächlich realisiert worden wäre. Dem Beschwerdegegner sei im April 2012 eine Lohnerhöhung zugesprochen worden. Es seien keine Gründe ersichtlich, die dafür sprächen, dass der Arbeitgeber diese im Gesundheitsfall nicht weiterhin ausgerichtet hätte. Der 13. Monatslohn wäre demnach in den darauffolgenden Jahren höher ausgefallen, da das ganze Jahr hindurch ein höheres Entgelt zur Auszahlung gelangt wäre. Daraus resultiere für das Jahr 2012 ein Jahreseinkommen von Fr. 116'240.50; indexiert auf das Jahr 2014 ein solches von aufgerundet Fr. 117'955.-.  
 
3.3. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Bundesrecht. Der Beschwerdegegner habe von Dezember 2011 bis November 2012 (zwölf Monate vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit) ein Einkommen von Fr. 113'538.- erzielt. Indexiert auf das Jahr 2013 bei einem mutmasslichen Rentenbeginn im Dezember 2013 betrage das Valideneinkommen Fr. 114'476.-. Eine "berufliche Weiterentwicklung" sei nicht zu berücksichtigen.  
 
3.4. Dem Beschwerdegegner wurde ab April 2012 aktengemäss nach einer Beförderung ein rund Fr. 350.- höherer Monatslohn sowie eine knapp Fr. 60.- höhere Teuerungszulage ausgerichtet als in den vorangegangenen Monaten. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, sind keine Hinweise darauf erkennbar, dass diese Lohnerhöhung im Gesundheitsfall nicht weiter ausgezahlt worden wäre; die Beschwerdeführerin macht nichts Gegenteiliges geltend. Das kantonale Gericht hat daraufhin zur Ermittlung des indexierten Validenlohns nicht das Gesamteinkommen des Jahres 2012 als Basis genommen, welches in den ersten drei Monaten ein tieferes Monatsgehalt und damit auch einen geringeren 13. Monatslohn enthielt, sondern das auf zwölf Monate (13 Lohnzahlungen) hochgerechnete höhere Monatseinkommen ab April 2012. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat das Obergericht daher nicht eine zukünftige, ungewisse Lohnentwicklung, sondern eine tatsächlich eingetretene Erhöhung mitberücksichtigt. Ohne diese vorgenommene Hochrechnung wäre das Valideneinkommen zu tief festgesetzt worden, da dem Beschwerdegegner bis März 2012 ein niedrigerer Lohn ausgerichtet wurde. Das Vorgehen des kantonalen Gerichts verletzt kein Bundesrecht.  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdegegner ist in seinem angestammten Beruf unbestritten zu 100 % arbeitsunfähig. Da er keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, ist das Invalideneinkommen mittels Tabellen der schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamts für Statistik zu bestimmen. Streitig ist dabei, auf welches Kompetenzniveau abzustützen ist.  
 
4.2. Das Kompetenzniveau 1 der LSE 2014 umfasst einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art. Im Kompetenzniveau 2 werden praktische Tätigkeiten wie Verkauf/Pflege/Datenverarbeitung und Administration/Bedienen von Maschinen und elektronischen Geräten/Sicherheitsdienst sowie Fahrdienst genannt. Wenn die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität nicht auf einen angestammten Beruf zurückgreifen kann, rechtfertigt sich die Anwendung von Kompetenzniveau 2 praxisgemäss nur dann, wenn sie über besondere Fertigkeiten und Kenntnisse verfügt, beispielsweise Führungserfahrung, zusätzliche formale Weiterbildungen oder andere während der Berufsausübung erworbene besondere Qualifikationen (SVR 2022 UV Nr. 47 S. 188, 8C_156/2022 E. 7.2; Urteil 8C_645/2022 vom 16. Februar 2023 E. 5; je mit Hinweisen). Bejaht wurde dies etwa im Fall einer Versicherten, welche im Laufe ihrer beruflichen Karriere unter anderem als Lehrmeisterin, als Filialleiterin mit Führungsaufgaben, als stellvertretende Teamleiterin und als Prüfungsexpertin tätig war (Urteil 8C_374/2021 vom 13. August 2021 E. 5.4), bei einer Versicherten, welche aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Geschäftsführerin eines Hotels über Berufserfahrung in leitender Funktion mit Administrativaufgaben verfügte (Urteil 8C_368/2021 vom 22. Juli 2021 E. 10), bei einem Verkäufer in einer Bijouterie in teilweise leitender Funktion (Urteil 8C_534/2019 vom 18. Dezember 2019 E. 5.3.2 und 5.3.3), und auch bei einem gelernten Zimmermann, der diese Tätigkeit gesundheitlich bedingt zwar nicht mehr ausüben konnte, jedoch in der Lage war, einen eigenen Betrieb mit mehreren Angestellten zu führen (Urteil 8C_630/2022 vom 3. Mai 2023 E. 6.1 mit Hinweis auf Urteil 8C_732/2018 vom 26. März 2019 E. 8.8.2).  
 
4.3. Das einschlägige Kompetenzniveau ist in rechtlicher Würdigung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zu ermitteln (vgl. BGE 148 V 174 E. 6.5; 146 V 16 E. 4.2).  
 
4.3.1. Zum strittigen Invalideneinkommen führte das kantonale Gericht aus, der Beschwerdegegner verfüge durch seine Lehre als C.________ und die langjährige anspruchsvolle Tätigkeit als D.________ zweifellos über gewisse Fähigkeiten im Sinne der genannten Rechtsprechung. Allerdings seien ihm beide Beschäftigungen nicht mehr zumutbar; zudem sei die Auswahl an praktischen Tätigkeiten stark eingeschränkt, da insbesondere Arbeiten mit Kundenkontakt ungeeignet seien. Daher könne nicht ohne Weiteres von besonderen, auch in anderen Berufen einsetzbaren Fähigkeiten ausgegangen werden, welche die Anwendung des Kompetenzniveaus 2 rechtfertigten. Deshalb sei auf das Kompetenzniveau 1 abzustellen. Gestützt auf die LSE 2014 (Total Männer, Kompetenzniveau 1, 41.7 Stunden pro Woche) ergäbe sich ein Invalideneinkommen von Fr. 66'453.-.  
 
4.3.2. Dem wird in der Beschwerdeschrift lediglich entgegengehalten, der ausgeglichene Arbeitsmarkt umfasse eine Vielzahl von Tätigkeiten, in welchen der Beschwerdegegner sein praktisch und theoretisch in der Lehre und Ausbildung zum D.________ erworbenes Wissen sowie die langjährige Führungserfahrung anwenden könne. In behinderungsangepassten Tätigkeiten sei er somatisch nicht eingeschränkt und seine Verbitterungsstörung sollte sich "nach gesundem Menschenverstand" ausserhalb der Betätigung als D.________ nicht bemerkbar machen.  
 
4.3.3. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, welche Tätigkeiten im Kompetenzniveau 2 dem Beschwerdegegner noch zumutbar sind. Er war zum Zeitpunkt des Unfalls yyy Jahre alt, seit zzz Jahren als D.________ tätig und verfügte lediglich bei dieser Arbeit über Berufserfahrung. Während er bei der Ausübung einer angepassten Beschäftigung somatisch zwar nicht eingeschränkt ist, ist er durch das Zumutbarkeitsprofil bei der Auswahl möglicher Berufe sowohl in physischer (körperlich leichte Tätigkeiten, keine Arbeiten über Kopf oder mit Gewichten über 10 kg und vorgehaltenem Arm, keine Vibrationsbelastungen im Bereich des rechten Armes) als auch in psychiatrischer Hinsicht (fremdbestimmte, isolierte Tätigkeiten ohne Gruppenaktivitäten, ohne Kundenkontakte, in einem belastbaren, wohlwollenden Umfeld) starken Beschränkungen unterworfen. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die Führungserfahrung des Versicherten bezieht, scheint sie zu verkennen, dass Führungsfunktionen gemäss Zumutbarkeitsprofil ebenfalls ausgeschlossen sind (erforderlich sind fremdbestimmte Tätigkeiten). Die Vorinstanz hat demnach kein Bundesrecht verletzt, indem sie davon ausging, der Beschwerdegegner könne seine bisherige Ausbildungs- und Berufserfahrung in einer leidensangepassten Tätigkeit nicht verwerten und somit lediglich Beschäftigungen auf dem Kompetenzniveau 1 ausüben (vgl. dazu Urteile 8C_194/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 7.4.1; 8C_386/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 6.3).  
 
5.  
 
5.1. Wird das Invalideneinkommen auf der Grundlage von statistischen Lohndaten wie namentlich der LSE ermittelt, ist der so erhobene Ausgangswert allenfalls zu kürzen. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale, wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können, und die versicherte Person je nach Ausprägung deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann (BGE 135 V 297 E. 5.2; 126 V 75 E. 5b/aa i.f.). Der Abzug soll aber nicht automatisch erfolgen. Er ist unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen und darf 25 % nicht übersteigen (BGE 135 V 297 E. 5.2; 134 V 322 E. 5.2; 126 V 75 E. 5b/bb-cc). Die Rechtsprechung gewährt insbesondere dann einen Abzug vom Invalideneinkommen, wenn eine versicherte Person selbst im Rahmen körperlich leichter Hilfsarbeitertätigkeit in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Allfällige bereits in der Beurteilung der medizinischen Arbeitsfähigkeit enthaltene gesundheitliche Einschränkungen dürfen nicht zusätzlich in die Bemessung des leidensbedingten Abzugs einfliessen und so zu einer doppelten Anrechnung desselben Gesichtspunkts führen (BGE 148 V 174 E. 6.3; 146 V 16 E. 4.1).  
 
5.2. Ob ein behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist, stellt eine vom Bundesgericht frei überprüfbare Rechtsfrage dar. Dagegen ist die Höhe des Abzugs eine Ermessensfrage und daher letztinstanzlich nur bei Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung korrigierbar (BGE 148 V 174 E. 6.5; 146 V 16 E. 4.2).  
 
5.3. In Bezug auf einen Leidensabzug liess das kantonale Gericht offen, ob ein solcher zu gewähren sei. Um sich auf den Rentengrad auswirken zu können, müsse dieser vorliegend mindestens 15 % betragen, was nicht gerechtfertigt sei.  
 
5.4. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz hätte die Frage nach dem leidensbedingten Abzug nicht unbeantwortet lassen dürfen; damit verletze sie den Untersuchungsgrundsatz. Denn die Einführung des Pauschalabzugs ab 1. Januar 2024 mit den zugehörigen intertemporalrechtlichen Regelungen könnten im hier bestrittenen Fall eines ab 1. August 2014 weiterbestehenden Rentenanspruchs dazu führen, dass sich der Invaliditätsgrad im Rahmen der einzuleitenden Revision um mindestens fünf Prozentpunkte ändere und der Invaliditätsgrad somit nach neuem Recht zu ermitteln wäre.  
 
5.5. Für im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 18. Oktober 2023 laufende Renten mit einem Invaliditätsgrad unter 70 Prozent, bei denen das Einkommen mit Invalidität aufgrund statistischer Werte festgelegt wurde und bei denen vom Einkommen mit Invalidität nicht bereits 20 Prozent abgezogen wurden, ist innerhalb von drei Jahren seit dem 1. Januar 2024 eine Revision einzuleiten (Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung der IVV vom 18. Oktober 2023). Führt die Invaliditätsgradbemessung anhand der Bestimmungen der IVV in der Fassung gültig ab dem 1. Januar 2024 zu einer Änderung von mindestens 5 Prozentpunkten im Invaliditätsgrad, so erfolgt ein Wechsel ins stufenlose Rentensystem (lit. b Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des IVG vom 19. Juni 2020).  
Unter diesen Umständen ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass die Frage nach einem leidensbedingten Abzug und damit dem genauen Invaliditätsgrad auf die Höhe der Rente des Beschwerdeführers ab dem 1. August 2014 zwar keine Auswirkung hat, im Rahmen der vorzunehmenden Revision jedoch durchaus relevant ist. Gemäss Art. 26 bis IVV (in der ab 1. Januar 2024 gültigen Fassung) werden vom statistisch bestimmten Einkommen 10 % abgezogen. Wurde dem Beschwerdegegner nach der altrechtlichen Rechtsprechung kein leidensbedingter Abzug gewährt, so würde der neurechtliche Abzug von 10 % zu einer Änderung des Invaliditätsgrades von 5 % führen (Invaliditätsgrad ohne Abzug 44 % [Fr. 117'955.- - Fr. 66'453.- / Fr. 117'995.- * 100]; Invaliditätsgrad mit 10 % Abzug 49 % [Fr. 117'955.- - Fr. 59'808.- / Fr. 117'955.- * 100]), womit im Rahmen der Revision ein Wechsel ins stufenlose Rentensystem erfolgen würde. Wenn jedoch dem Beschwerdeführer schon nach altrechtlicher Regelung ein Leidensabzug von 5 bis 10 % gewährt wurde, so würde der neurechtliche Abzug von 10 % zu keiner Änderung des Invaliditätsgrades respektive einer solchen von unter 5 % führen.  
 
5.6. Allerdings verkennt die Beschwerdeführerin, dass das Gericht bei der Beurteilung einer Streitsache in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des strittigen Entscheids (hier: Verfügungen der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 2022) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 144 V 210 E. 4.3.1). Zu diesem Zeitpunkt hatte ein Leidensabzug von maximal 10 % keinen gegenwärtigen oder erkennbaren zukünftigen Einfluss auf den Rentenanspruch. Der Beschwerdeführer konnte nach der damaligen Gesetzeslage auch im Falle einer Rentenrevision keinen Pauschalabzug erwarten, da ein solcher nur bei einer funktionellen Leistungsfähigkeit von unter 50 % zu gewähren war (Art. 26 bis Abs. 3 aIVV in der vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2023 gültigen Fassung). Entsprechend war das Obergericht nicht gehalten, einen leidensbedingten Abzug zu prüfen.  
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, das Obergericht habe den Grundsatz "Eingliederung vor Rente" (Art. 28 Abs. 1 lit. a IVG) verletzt, indem sie dem Versicherten eine unbefristete Rente zugesprochen habe, ohne vorgängig die Eingliederungsmöglichkeiten zu prüfen.  
 
6.2. Die Vorinstanz hat in ihrem Urteil vom 18. Februar 2022 rechtskräftig festgestellt, dass der Beschwerdegegner in seiner angestammten Tätigkeit zu 100 % arbeitsunfähig ist. Dass die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdegegners mit Eingliederungsmassnahmen verbessert werden könnte, lässt sich weder den Akten entnehmen, noch wird dies geltend gemacht. Im Übrigen wären entsprechende Abklärungen bereits Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen (vgl. Urteil 9C_380/2021 vom 31. Januar 2022 E. 5.1). Wenn sie entsprechende Abklärungen unterlässt und danach dem Obergericht vorwirft, es habe die Eingliederungsfähigkeit nicht geprüft, verhält sie sich widersprüchlich.  
 
7.  
Zusammenfassend hat die Vorinstanz durch die Ermittlung des Validen- und Invalideneinkommens kein Bundesrecht verletzt und war auch nicht verpflichtet, anstelle der IV-Stelle Abklärungen über Eingliederungsmassnahmen zu treffen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. 
 
8.  
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bögli