5A_916/2022 06.07.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_916/2022  
 
 
Urteil vom 6. Juli 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, Bundesrichter Bovey, 
Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Dürst. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Emmental, 
Dunantstrasse 7C, 3400 Burgdorf. 
 
Gegenstand 
Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 21. November 2022 (ABS 22 321). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde am 20. Oktober 2022 der Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Emmental-Oberaargau, Dienststelle Emmental, zugestellt. A.________ erhob am 3. November 2022 Rechtsvorschlag. Mit Verfügung vom gleichen Tag qualifizierte das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag als verspätet. 
 
B.  
 
B.a. Am 15. November 2022 (Postaufgabe 16. November 2022) gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen und reichte eine als Beschwerde bezeichnete Eingabe ein. Er stellte das Rechtsbegehren, die Verfügung des Betreibungsamts vom 3. November 2022 sei aufzuheben und der Rechtsvorschlag sei anzuerkennen. Er begründete sein Begehren im Wesentlichen damit, dass er am 27. Oktober 2022 notfallmässig ins Spital eingewiesen worden sei und bis am 2. November 2022 habe bleiben müssen. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die Rechtsvorschlagsfrist einzuhalten.  
 
B.b. Das Obergericht qualifizierte die Eingabe von A.________ vom 15. November 2022 als Gesuch um Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist. Es erachtete dieses als verspätet und trat darauf mit Entscheid vom 21. November 2022 nicht ein.  
 
C.  
A.________ ist mit Eingabe vom 30. November 2022 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des Entscheids des Obergerichts des Kantons Bern vom 21. November 2022 und die Wiederherstellung der Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags. 
Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Emmental, hat sich nicht vernehmen lassen. 
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde, mit welchem ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags beurteilt worden ist. Entscheide kantonaler Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 19 SchKG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Missachtung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
2.  
Anlass zur Beschwerde geben die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags. 
 
2.1. Die Vorinstanz hat erwogen, der Gesuchsteller mache als unverschuldetes Hindernis geltend, dass er notfallmässig ins Spital habe eingeliefert werden müssen. Am 2. November 2022 sei er wieder entlassen worden. Die Vorinstanz schloss daraus, dass das Hindernis an diesem Tag weggefallen sei. Einen Tag später habe der Gesuchsteller denn auch Rechtsvorschlag beim Betreibungsamt erhoben. Die als Wiederherstellungsgesuch zu qualifizierende Eingabe an die Aufsichtsbehörde habe er erst am 16. November 2022 der Post übergeben, womit er die zehntägige Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlags verpasst habe. Unter Berücksichtigung des Wochenendes hätte der Gesuchsteller bis am 14. November 2022 Zeit gehabt, um das Wiederherstellungsgesuch bei der Post aufzugeben.  
 
2.2. Der Beschwerdeführer moniert, er sei am 3. November 2022 beim zuständigen Betreibungsamt persönlich am Schalter vorstellig geworden, um Rechtsvorschlag zu erheben. Ihm sei erklärt worden, dass er ein Schreiben vom Betreibungsamt erhalten werde und darauf zu reagieren habe. Das Schreiben des Betreibungsamts, datiert ebenfalls am 3. November 2022, sei ihm am 6. November 2022 zugestellt worden. Er habe die 10-tätige Frist gemäss der Rechtsmittelbelehrung dieses Schreibens für seine Beschwerde beim Obergericht eingehalten. Das Obergericht habe nicht berücksichtigt, dass er das Schreiben erst am 6. November 2022 erhalten habe. Auch das Betreibungsamt habe ihm nicht erklärt, dass eine allfällige Frist früher begonnen hätte. Die Frist habe erst mit Erhalt des Schreibens des Betreibungsamts bzw. der Verfügung vom Betreibungsamt zu laufen begonnen.  
 
2.3. Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden.  
 
2.3.1. Gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG kann derjenige, der durch ein unverschuldetes Hindernis davon abgehalten worden ist, innert Frist zu handeln, die Aufsichtsbehörde oder die in der Sache zuständige richterliche Behörde um Wiederherstellung der Frist ersuchen. Er muss vom Wegfall des Hindernisses an, in der gleichen Frist wie der versäumten ein begründetes Gesuch einreichen und die versäumte Rechtshandlung bei der zuständigen Behörde nachholen. Das Fristversäumnis muss im Rahmen von Art. 33 Abs. 4 SchKG gänzlich schuldlos gewesen sein und jede Form von Schuld bewirkt, dass keine Wiederherstellung zu gewähren ist (Urteile 5A_520/2022 vom 6. Dezember 2022 E. 3.4; 5A_673/2017 vom 22. März 2018 E. 2.3.1; 5A_30/2010 vom 23. März 2010 E. 4.1). Der Fristenlauf für das Wiederherstellungsgesuch wird durch den Wegfall des Hindernisses ausgelöst und nicht dadurch, dass die verspätete Eingabe aus dem Recht gewiesen wird (Urteile 5A_972/2018 vom 5. Februar 2019 E. 5.1; 5A_673/2017 vom 22. März 2018 E. 2.3.1; 5A_801/2013 vom 21. Januar 2014 E. 3.3 und 3.4).  
 
2.3.2. Die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer inhaltlich um Wiederherstellung der Frist für den Rechtsvorschlag ersuchte. Der Beschwerdeführer verwechselt die Auslösung des Fristenlaufs gemäss Art. 17 Abs. 2 SchKG mit derjenigen gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG. Es mag nachvollziehbar sein, dass dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer diese Unterscheidung nicht bekannt war und er seiner Ansicht nach durch die Rechtsmittelbelehrung gemäss der Verfügung vom 3. November 2022 in seinem Rechtsirrtum bestärkt wurde. Der Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung des Betreibungsamts über die Rechtzeitigkeit des Rechtsvorschlags ist indes auch vorliegend nicht von Bedeutung. Entgegen seiner Annahme hat der Beschwerdeführer auf eine Belehrung über die Möglichkeit der Fristwiederherstellung keinen Anspruch; vielmehr stellt eine solche lediglich eine Dienstleistung des Betreibungsamts dar (Urteil 5A_673/2017, a.a.O., E. 2.3.1). Dass das zuständige Betreibungsamt in der vom Beschwerdeführer behaupteten Interaktion eine falsche Rechtsauskunft erteilt haben soll, auf die er sich nach den Umständen verlassen durfte, und damit einen (weiteren) unverschuldeten Hindernisgrund gesetzt hätte, wird vom Beschwerdeführer nicht belegt (vgl. BGE 111 Ia 355 S. 357; 98 Ia 602 E. 4; 96 II 69 S. 72). Die Vorinstanz hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Fristenlauf für das Wiederherstellungsgesuch durch den Wegfall des (vorliegend unstrittigen) Hindernisses am 2. November 2022 ausgelöst wurde und nicht dadurch, dass die Eingabe des Beschwerdeführers aus dem Recht gewiesen wurde. Der Vorinstanz kann somit keine Rechtsverletzung zum Vorwurf gemacht werden, wenn sie auf das verspätete Wiederherstellungsgesuch vom 16. November 2022 nicht eintrat.  
 
3.  
Aus den dargelegten Gründen ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Betreibungsamt Emmental-Oberaargau, Dienststelle Emmental, und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Juli 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Dürst