8C_734/2022 23.02.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_734/2022  
 
 
Urteil vom 23. Februar 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiber Grünvogel. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch BUCOFRAS, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Oktober 2022 (IV.2021.00610). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1978 geborene A.________ meldete sich am 10. Juli 2018 bei der IV-Stelle des Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Nach Durchführung verschiedener Abklärungen, insbesondere der Einholung eines polydisziplinären Gutachtens bei der ABI Ärztliches Begutachtungsinstitut GmbH (nachfolgend: ABI), Basel, vom 10. März 2021, verneinte die IV-Stelle einen Rentenanspruch mit Verfügung vom 10. September 2021. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 6. Oktober 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, es seien das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich und die Verfügung der IV-Stelle vom 10. September 2021 aufzuheben und ihr eine Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung. 
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung wies das Bundesgericht mit Verfügung vom 18. Januar 2023 ab und setzte eine Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 800.-, welcher am 8. Februar 2023 geleistet wurde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellungen können von Amtes wegen oder auf Rüge hin berichtigt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig (vgl. E. 1.2 hernach) sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 und Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 148 V 209 E. 2.2). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft das Bundesgericht - offensichtliche Fehler vorbehalten - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen (vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 304 E. 1.1).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn sie plausibler erscheint. Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung, in welche das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür eingreift (siehe zum Willkürbegriff: BGE 147 V 194 E. 6.3.1), insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt. Derartige Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2). Dazu genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern. Dass die von der Vorinstanz gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt noch keine Willkür (BGE 142 II 433 E. 4.4).  
 
2.  
Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 10. September 2021 verfügte Verneinung eines Anspruchs auf eine Invalidenrente bestätigte. 
 
3.  
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung des Leistungsanspruchs massgebenden Grundlagen richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz mass dem polydisziplinären Gutachten der ABI vom 10. März 2021 Beweiskraft bei. Die Beurteilung der Experten sei angesichts der erhobenen Befunde und der dazugehörigen Erläuterungen einleuchtend und plausibel. In Bezug auf die Berichte der behandelnden Psychiaterin Dr. med. B.________ vom März 2019 und des behandelnden Psychiaters Dr. med. C.________ vom Oktober 2019, die neben einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung nach ICD-10 F45.40 eine mittelgradige depressive Episode nach ICD-10 F32.1 diagnostizierten, habe der psychiatrische Gutachter, Dr. med. D.________, in seinem Teilgutachten in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dargelegt, weshalb zum Zeitpunkt der Begutachtung diagnostisch nur noch von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung auszugehen sei. Diese erlaube es der Beschwerdeführerin, in psychiatrischer Hinsicht eine angepasste Tätigkeit ohne allzu hohe körperliche Anstrengungen mit der Möglichkeit, gegebenenfalls einem erhöhten Pausenbedarf nachzugehen, zu 80 % der Norm auszuüben. Darauf sei abzustellen, zumal die Erfahrungstatsache, dass behandelnde Arztpersonen in Zweifelsfällen eher zu Gunsten ihrer Patientinnen und Patienten aussagen, mitzuberücksichtigen sei und die Beschwerdeführerin überdies keine substanzielle Kritik am psychiatrischen Teilgutachten vorbringe. Auch die gutachterliche Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in somatischer Hinsicht, wonach der Beschwerdeführerin körperlich leichte bis mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeiten zu 100 % zumutbar seien, überzeuge. Insbesondere sei nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb es dem von med. pract. E.________ in einem Bericht vom Februar 2019 genannten, von der Klinik für Immunologie des Spitals F.________ im August 2019 aufgenommenen Erschöpfungszustand unklarer Genese an einem objektivierbaren Substrat fehle und deshalb der darauf basierenden Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nicht gefolgt werden könne.  
Die der Behinderung optimal angepasste Arbeitsstelle umschrieben die Gutachter in der interdisziplinären Konsensbeurteilung als körperlich leichte bis mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeit ohne Schichtdienst und mit regelmässigen Arbeitszeiten; die Arbeits- und Leistungsfähigkeit in einer solchen Tätigkeit gaben sie mit 80 % einer Vollzeitstelle an. 
 
4.2. Hinsichtlich der erwerblichen Auswirkungen der Arbeitsunfähigkeit stellte das kantonale Gericht im Rahmen der Ermittlung des Valideneinkommens auf die Angaben der letzten Arbeitgeberin ab, bei welcher die Beschwerdeführerin zuletzt als Kommissioniererin mit Kontrollfunktion tätig gewesen war, was unter Berücksichtigung der allgemeinen Lohnentwicklung der Frauen bis ins Jahr 2019 zu einem hypothetischen Jahresverdienst als Gesunde von Fr. 58'176.- führte. Dies entsprach der Vorgehensweise der Beschwerdegegnerin im Verwaltungsverfahren. Für die Berechnung des Invalideneinkommens schloss sich die Vorinstanz ebenfalls der Verwaltung an und zog die Tabelle TA1_tirage_skill_level der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik heran. Dabei stellte sie auf den standardisierten Durchschnittslohn für einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art in sämtlichen Wirtschaftszweigen des privaten Sektors ab. Hernach gelangte sie unter Berücksichtigung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit im Jahr 2019 sowie der allgemeinen Lohnentwicklung wie auch des noch zumutbaren 80%-Pensums auf ein Invalidenenkommen von Fr. 44'182.-. Das kantonale Gericht verneinte einen Abzug vom Tabellenlohn mit der Begründung, der ausgeglichene Arbeitsmarkt halte trotz den im Anforderungsprofil genannten Einschränkungen weiterhin ein genügend breites Spektrum an Verweistätigkeiten bereit, und nannte dabei als Referenz das Urteil 8C_725/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 4.4.1 mit Hinweis. Der Vergleich der so bestimmten Einkommen führe zu einem nicht rentenbegründenden Invaliditätsgrad von 24 %.  
 
5.  
Was die Beschwerdeführerin hiergegen vorbringt, verfängt nicht. 
 
5.1. Soweit sie den Beweiswert des ABI-Gutachtens bestreitet, sich dabei aber in der Sache gegen die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts wendet, indem sie die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit durch die behandelnden Ärzte als massgebend bezeichnet, so genügt dies offensichtlich den (qualifizierten) Begründungsanforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG nicht (vgl. E. 1 hiervor). Sodann ist unklar, was sie aus der am 25. März 2020 und damit vor der Auftragserteilung an die ABI-Gutachter getätigten Aussage des RAD-Arztes, Dr. med. G.________, zu ihren Gunsten ableiten will. Demnach sei es wegen des komplexen Krankheitsbildes schwierig, die verbliebene Arbeitsfähigkeit zu schätzen, insbesondere weil (auch) nach wie vor unklar sei, wie der somatische Gesundheitszustand zu beurteilen sei. Der Beweiswert des Gutachtens lässt sich damit nicht erschüttern.  
 
5.2. In erwerblicher Sicht bringt die Beschwerdeführerin vor, die Annahme, sie könne als Invalide ein Einkommen von Fr. 44'182.- generieren, sei illusorisch. Denn ihr Tätigkeitsprofil als Ungelernte erlaube keine schwere Arbeiten, keine Schichtarbeit und erheische einen zusätzlichen Pausenbedarf. Sofern sich überhaupt ein Arbeitgeber finden liesse, der sie mit diesen Defiziten einstelle, dann nur zu sehr schlechten Bedingungen. Dies gelte in besonderem Masse im aktuell ausgesprochen umkämpften Arbeitsmarkt. Dem ist zu entgegnen, dass sich das Invalideneinkommen gemäss Art. 16 ATSG auf der Grundlage eines als ausgeglichen unterstellten Arbeitsmarkts bestimmt (BGE 148 V 174 E. 9.1). Dieser enthält eine hinreichende Anzahl von Stellen, die es auch Personen ohne Ausbildung erlaubt, bei fehlender Möglichkeit zu Schwerarbeit ein Durchschnittseinkommen zu erzielen, wie es in den Tabellenlöhnen im vom kantonalen Gericht herangezogenen Kompetenzniveau 1 abgebildet ist. Je nachdem wie stark die invalide Person in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt ist, kann dies aber Anlass für einen Abzug von Tabellenlohn bilden (dazu a.a.O. E. 9.2.2 oder BGE 146 V 16 E. 4.1; siehe aber auch Urteil 8C_628/2021 vom 23. Januar 2023 E. 5.3; jeweils mit Hinweisen). Dass vorliegend kein solcher zu gewähren ist, hat das kantonale Gericht in letztinstanzlich nicht zu beanstandender Weise dargelegt. Weshalb die geltend gemachten Umstände (bisherige Berufserfahrung, familiäre Situation mit Erziehungspflichten, Alter, fehlende Ausbildung, persönliches Talent) zum gegenteiligen Schluss führen sollen, wird nicht näher ausgeführt (vgl. E. 1 hiervor). Dementsprechend ist nicht ersichtlich, weshalb in dieser Hinsicht eine weitergehende Abklärungspflicht von Seiten der Verwaltung und des Gerichts bestehen sollte.  
 
5.3. Zu guter Letzt kann dem kantonalen Gericht auch keine Verletzung der Begründungspflicht vorgeworfen werden, wenn es sich in seinen Erwägungen - ausgehend von den Vorbringen der Beschwerdeführerin - auf das Wesentliche beschränkte (Näheres dazu BGE 133 III 439 E. 3.3; 126 I 97 E. 2b; 124 V 180 E. 1a; je mit Hinweisen).  
 
6.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt wird. 
 
7.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Februar 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünvogel