6B_671/2022 05.10.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_671/2022  
 
 
Urteil vom 5. Oktober 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiberin Frey Krieger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Krumm, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, Postfach, 8036 Zürich, 
2. B.________, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme (einfache Körperverletzung, eventualiter Tätlichkeiten); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 22. April 2022 (UE210183-O/U/HEI). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ erhob am 25. Januar 2021 Strafanzeige wegen einfacher Körperverletzung, eventualiter Tätlichkeiten, gegen B.________, medizinische Praxisassistentin einer Zürcher Arztpraxis. Diese habe ihr für ein EKG die Dioden mittels Desinfektionsmittel auf die Haut geklebt, anstatt mit Leitungswasser. Darauf habe A.________ allergisch reagiert und Schwellungen im Brustbereich und Gliederschmerzen am ganzen Körper erlitten. Später seien auch die Beine angeschwollen. Am Abend habe sie kaum gehen können. 
 
B.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl nahm die Untersuchung mit Verfügung vom 2. Juni 2021 nicht an die Hand. Dagegen führte A.________ Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 22. April 2022 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Sie beantragt, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 22. April 2022 sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl sei anzuweisen, die Strafuntersuchung gegen B.________ an die Hand zu nehmen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Zur Beschwerde ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG) und (kumulativ) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG die Privatklägerschaft, d.h. die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 und Art. 119 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer "Zivilansprüche" auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR.  
 
Richtet sich die Beschwerde gegen die Einstellung oder Nichtanhandnahme eines Verfahrens, hat die Privatklägerschaft nicht notwendigerweise bereits vor den kantonalen Behörden eine Zivilforderung geltend gemacht. Indessen muss sie in jedem Fall im Verfahren vor Bundesgericht darlegen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Entscheid inwiefern auf welche Zivilforderungen auswirken kann. Das Bundesgericht stellt an die Begründung der Legitimation strenge Anforderungen. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, kann darauf nur eingetreten werden, wenn aufgrund der Natur der untersuchten Straftat ohne Weiteres ersichtlich ist, um welche Zivilforderungen es geht (BGE 141 IV 1 E. 1.1 mit Hinweisen). 
 
1.2. Ungeachtet der fehlenden Legitimation in der Sache kann vor Bundesgericht gerügt werden, im kantonalen Verfahren seien Parteirechte verletzt worden ("Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1.1). Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können; unzulässig sind daher auch Rügen, die im Ergebnis (d.h. indirekt) auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen (BGE 146 IV 76 E. 2 S. 79).  
 
1.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe durch die medizinische Behandlung der Beschwerdegegnerin 2 körperliche Beeinträchtigungen erlitten, die zumindest einer Tätlichkeit nach Art. 126 StGB, wenn nicht sogar einer einfachen Körperverletzung nach Art. 123 Ziff. 1 StGB gleichkommen. Sie wolle im Adhäsionsverfahren Schadenersatz nach Art. 41 bzw. Art. 46 OR und Genugtuung nach Art. 49 OR beanspruchen. Diese Ausführungen genügen für die Begründung der Beschwerdelegitimation in der Sache im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG nicht. Die Beschwerdeführerin beschränkt sich auf abstrakte Definitionen der von ihr behaupteten Anspruchsgrundlagen. Inwieweit ihr durch den angezeigten Sachverhalt hingegen konkret Kosten oder wirtschaftliche Nachteile entstanden sein sollen, führt sie nicht aus. So fehlen Angaben zu ihrer Arbeitstätigkeit, zur Höhe des Erwerbseinkommens, zur Dauer und zum Grad der Arbeitsunfähigkeit und zur Höhe des Erwerbsausfalles. Mit ihren Ausführungen, dass bei Körperverletzung grundsätzlich Auslagen für eine ärztliche Behandlung als Schadensposition "in Betracht" fallen können, ist nicht gesagt, ob, wie oft und weswegen die Beschwerdeführerin medizinische Hilfe in Anspruch genommen bzw. ob und welche (von der Krankenkasse ungedeckten) Kosten sie selbst getragen hat. In der Beschwerdebegründung fehlen schliesslich Angaben, weshalb die geltend gemachten Beeinträchtigungen derart aussergewöhnlich schwer sein sollen und in ihren Auswirkungen das Mass einer Aufregung oder einer alltäglichen Sorge klar übersteigen, so dass eine Genugtuung gerechtfertigt wäre (vgl. Urteile 6B_807/2022 vom 2. August 2022 E. 2; 6B_1105/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 3; 6B_559/2021 vom 29. Juni 2021 E. 1.4; je mit Hinweisen). Die bloss unbelegte Behauptung, sie sei durch die Behandlung bis heute traumatisiert, erfüllt die Begründungsanforderungen nicht.  
 
Eine Beschwerdelegitimation nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG fällt ausser Betracht, da es vorliegend nicht um das Strafantragsrecht als solches geht. 
 
2.  
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die Vorinstanz verletze die Bestimmungen über das Strafantragsrecht (Art. 304 Abs. 1 StPO und Art. 30 StGB), die Nichtanhandnahme (Art. 310 Abs. 1 StPO), den hinreichenden Tatverdacht (Art. 309 Abs. 1 StPO) und das Willkürverbot (Art. 9 BV) bzw. sie habe gültig Strafantrag gestellt, weshalb ein Strafverfahren nach dem Prinzip "in dubio pro duriore" durchzuführen sei bzw. es hätten Aussagen der Beschwerdegegnerin 2 erhoben werden müssen, lassen sich ihre Ausführungen nicht von der materiellen Beurteilung der Sache trennen. Auf diese Vorbringen ist nicht einzutreten. 
 
3.  
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. Oktober 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger