6B_854/2023 20.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_854/2023  
 
 
Urteil vom 20. November 2023  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Federspiel, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Landesverweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 20. April 2023 (SB220579-O/U/cwo). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte A.________ am 20. April 2023 zweitinstanzlich wegen Verbrechens und mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, Angriffs, Fahrens in fahrunfähigem Zustand, Entwendung eines Motorfahrzeugs zum Gebrauch, Fahrens ohne Berechtigung, Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten und einer Busse von Fr. 500.--, wobei es den Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 24 Monaten aufschob. Zudem ordnete es den Vollzug der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 50.-- an, welche die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl am 6. März 2019 bedingt ausgesprochen hatte. Schliesslich sprach es eine Landesverweisung von 5 Jahren aus, wobei es auf die Ausschreibung im Schengener Informationssystem verzichtete. 
 
B.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei teilweise aufzuheben und auf die Landesverweisung sei zu verzichten. Er ersucht um aufschiebende Wirkung sowie um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Einer Beschwerde in Strafsachen gegen eine Landesverweisung (Art. 66a StGB) kommt in analoger Anwendung von Art. 103 Abs. 2 lit. b BGG von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung zu (vgl. Urteil 6B_506/2017 vom 14. Februar 2018, Sachverhalt lit. D). Das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung erweist sich daher als gegenstandslos. 
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde ist zu begründen, wobei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich Willkür in der Sachverhaltsfeststellung bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
2.2. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1). Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid geradezu unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Erforderlich ist, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1). Für die Willkürrüge gelten erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es genügt nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 148 V 366 E. 3.3; 137 II 353 E. 5.1 mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1). Dem Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel kommt im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot hinausgehende Bedeutung zu (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 146 IV 88 E. 1.3.1).  
 
3.  
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Landesverweisung verstosse gegen Art. 8 EMRK, das Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK, SR 0.107) und das Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681). 
 
3.1.  
 
3.1.1. Gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. b StGB verweist das Gericht den Ausländer, der wegen Angriffs (Art. 134 StGB) verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz. Gleiches gilt nach Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB für den Ausländer, der wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Abs. 2 BetmG) verurteilt wird.  
Die obligatorische Landesverweisung wegen einer Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB greift grundsätzlich unabhängig von der konkreten Tatschwere (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; 144 IV 332 E. 3.1.3). Sie muss zudem unabhängig davon ausgesprochen werden, ob es beim Versuch geblieben ist und ob die Strafe bedingt, unbedingt oder teilbedingt ausfällt (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; 144 IV 168 E. 1.4.1). 
 
3.1.2. Von der Anordnung der Landesverweisung kann nur "ausnahmsweise" unter den kumulativen Voraussetzungen abgesehen werden, dass sie (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB; sog. Härtefallklausel). Die Härtefallklausel dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den "schwerwiegenden persönlichen Härtefall" in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen. Ebenso ist der Rückfallgefahr und wiederholter Delinquenz Rechnung zu tragen. Bei der Härtefallprüfung ist nicht schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz anzunehmen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anerkennt vielmehr das Recht der Staaten, die Einwanderung und den Aufenthalt von Nicht-Staatsangehörigen auf ihrem Territorium zu regeln (BGE 144 I 266 E. 3.2; Urteil 6B_429/2021 vom 3. Mai 2022 E. 3.1.2; je mit Hinweisen). Dabei ist die intendierte "massive Verschärfung" (BGE 145 IV 55 E. 4.3 mit Hinweis) des Ausweisungsrechts nicht aus dem Auge zu verlieren (vgl. BGE 144 IV 332 E. 3.3.3; Urteile 6B_658/2020 vom 23. August 2021 E. 3.4.1; 6B_1424/2019 vom 15. September 2020 E. 3.4.1). Erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteile 6B_429/2021 vom 3. Mai 2022 E. 3.1.2; 6B_759/2021 vom 16. Dezember 2021 E. 4.2.3; je mit Hinweisen).  
Wird ein schwerer persönlicher Härtefall bejaht, entscheidet sich die Sachfrage in einer Interessenabwägung nach Massgabe der "öffentlichen Interessen an der Landesverweisung". Nach der gesetzlichen Systematik ist die obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn die Katalogtaten einen Schweregrad erreichen, sodass die Landesverweisung zur Wahrung der inneren Sicherheit notwendig erscheint. Diese Beurteilung lässt sich strafrechtlich nur in der Weise vornehmen, dass massgebend auf die verschuldensmässige Natur und Schwere der Tatbegehung, die sich darin manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und die Legalprognose abgestellt wird (Urteile 6B_45/2020 vom 14. März 2022 E. 3.3.2; 6B_166/2021 vom 8. September 2021 E. 3.3.2; 6B_1077/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.2.2; je mit Hinweisen). 
 
3.1.3. Von einem schweren persönlichen Härtefall ist in der Regel bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteile 6B_305/2021 vom 28. April 2022 E. 4.3.3; 6B_149/2021 vom 3. Februar 2022 E. 2.3.3; 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.1; je mit Hinweisen). Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (BGE 145 IV 161 E. 3.4; Urteile 6B_1077/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.2.3; 6B_1178/2019 vom 10. März 2021 E. 3.2.5, nicht publ. in: BGE 147 IV 340). Die Staaten sind berechtigt, Delinquenten auszuweisen (vgl. Urteile 6B_305/2021 vom 28. April 2022 E. 4.3.3; 6B_149/2021 vom 3. Februar 2022 E. 2.3.4; 6B_780/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.3). Die nationalen Instanzen haben sich von den im Urteil des EGMR Üner gegen die Niederlande vom 18. Oktober 2006 (Nr. 46410/99) resümierten Kriterien leiten zu lassen (vgl. Urteil des EGMR M.M. gegen die Schweiz vom 8. Dezember 2020, Nr. 59006/18, § 43; zum Ganzen: BGE 146 IV 105 E. 4.2; Urteile 6B_429/2021 vom 3. Mai 2022 E. 3.1.2; 6B_140/2021 vom 24. Februar 2022 E. 6.4.2; je mit Hinweisen).  
Erforderlich ist, dass die aufenthaltsbeendende oder -verweigernde Massnahme gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht (Schutz der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten etc.) und verhältnismässig ist (BGE 146 IV 105 E. 4.2; 143 I 21 E. 5.1; 142 II 35 E. 6.1; Urteil 6B_305/2021 vom 28. April 2022 E. 4.3.3). Nach der Rechtsprechung des EGMR sind bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 EMRK insbesondere Art sowie Schwere der Straftat, die Dauer des Aufenthalts im Aufnahmestaat, die seit der Tat verstrichene Zeit sowie das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit und der Umfang der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- sowie im Heimatstaat zu berücksichtigen (Urteil des EGMR M.M. gegen die Schweiz vom 8. Dezember 2020, Nr. 59006/18, § 49-51 mit zahlreichen Hinweisen; BGE 146 IV 105 E. 4.2; Urteile 6B_1258/2020 vom 12. November 2021 E. 4.2.4; 6B_780/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.3). Die Konvention verlangt, dass die individuellen Interessen an der Erteilung bzw. am Erhalt des Anwesenheitsrechts und die öffentlichen Interessen an dessen Verweigerung gegeneinander abgewogen werden (BGE 142 II 35 E. 6.1; 139 I 330 E. 2.2; Urteil 6B_1258/2020 vom 12. November 2021 E. 4.2.4; je mit Hinweisen).  
Der EGMR geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es nach dem Subsidiaritätsprinzip in erster Linie in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt, die von der EMRK garantieren Rechte und Freiheiten zu achten und zu schützen. Den nationalen Behörden kommt hierbei ein Ermessensspielraum zu ("marge d'appréciation"), da sie aufgrund ihrer demokratischen Legitimation besser in der Lage sind, die lokalen Bedürfnisse und Gegebenheiten zu beurteilen als der EGMR als internationaler Gerichtshof (Urteile des EGMR Affaire relative à certains aspects du régime linguistique de l'enseignement en Belgique vom 23. Juli 1968, Serie A Bd. 5, § 10 in fine; Handyside gegen Vereinigtes Königreich vom 7. Dezember 1976, Serie A Bd. 21, § 48; Hatton gegen Vereinigtes Königreich vom 8. Juli 2003, Recueil CourEDH 2003-VIII S. 243, § 97; Lings gegen Dänemark vom 12. April 2022, Nr. 15136/20, § 44). Mit dem 15. Zusatzprotokoll zur EMRK wurde diese Rechtsprechung in der Präambel der Konvention verankert (für die Schweiz in Kraft getreten am 1. August 2021, AS 2021 461, Art. 1: "[...] affirmant qu'il incombe au premier chef aux Hautes Parties contractantes, conformément au principe de subsidiarité, de garantir le respect des droits et libertés définis dans la présente Convention et ses protocoles, et que, ce faisant, elles jouissent d'une marge d'appréciation, sous le contrôle de la Cour européenne des Droits de l'Homme instituée par la présente Convention, [...]"). Dieser Beurteilungsspielraum wird vor allem dort relevant, wo die Anwendung der EMRK Abwägungs- oder Wertungsfragen bedingt, so im Rahmen der Ausnahmeregelungen der jeweiligen Absätze 2 der Artikel 8-11 EMRK (Botschaft vom 6. März 2015 zur Genehmigung des Protokolls Nr. 15 über die Änderung der EMRK, BBl 2021 2353 Ziff. 2; KELLER/MÜLLER, Das Zusammenspiel von Bundesgericht und EGMR analysiert aus dem Blickwinkel der Subsidiarität, Justice - Justiz - Giustizia 1/2012 Rz. 50, mit Hinweisen). Entsprechend verbleibt den Vertragsstaaten bei der Beurteilung der Verhältnismässigkeit eines Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ein Ermessensspielraum (grundlegend zu den Leitprinzipien der marge d'appréciation im Kontext von Art. 8 Abs. 2 EMRK: Urteil des EGMR M.A. gegen Dänemark vom 9. Juli 2021, Nr. 6697/18, § 140-163 mit Hinweisen; Urteil 6B_134/2021 vom 20. Juni 2022 E. 5.3.3).  
 
3.1.4. Das Recht auf Achtung des Familienlebens ist gemäss ständiger Rechtsprechung tangiert, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_140/2021 vom 24. Februar 2022 E. 6.4.2; je mit Hinweisen).  
 
3.1.5. Sind Kinder involviert, ist bei der Interessenabwägung als wesentliches Element dem Kindeswohl Rechnung zu tragen (BGE 143 I 21 E. 5.5.1; Urteile 6B_140/2021 vom 24. Februar 2022 E. 6.4.2; 6B_1258/2020 vom 12. November 2021 E. 4.2.3; je mit Hinweisen). Nach Art. 9 KRK achten die Vertragsstaaten das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt lebt, regelmässige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen pflegen zu können, soweit dies nicht seinem Wohl widerspricht (BGE 143 I 21 E. 5.5.1 mit Hinweisen). Art. 16 Abs. 1 KRK gewährleistet u.a. das Recht auf Schutz der Familie im Zusammenleben sowie bei aufenthaltsbeendenden Massnahmen, die das Kind von den Eltern trennen (Urteile 6B_1037/2021 vom 3. März 2022 E. 6.2.2; 6B_1275/2020 vom 4. März 2021 E. 1.4.3).  
Die Rechtsprechung berücksichtigt insbesondere die sorge- und obhutsrechtliche Stellung des von der Landesverweisung betroffenen Elternteils (Urteile 6B_1037/2021 vom 3. März 2022 E. 6.2.2; 6B_1258/2020 vom 12. November 2021 E. 4.2.3; 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.3; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2 mit Hinweisen). Minderjährige Kinder teilen das ausländerrechtliche Schicksal des obhutsberechtigten Elternteils. Wird ein Kind deshalb faktisch gezwungen die Schweiz zu verlassen, sind insbesondere auch die Schwierigkeiten zu berücksichtigen, auf die es im Zielland treffen könnte, wobei Kindern im anpassungsfähigen Alter der Umzug in das Heimatland grundsätzlich zumutbar ist (vgl. BGE 143 I 21 E. 5.4; Urteil 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR). Bei intakten familiären Verhältnissen mit gemeinsamem Sorge- und Obhutsrecht der Eltern führt die Landesverweisung zum Abbruch der eng gelebten Beziehung des Kindes zu einem Elternteil, wenn den übrigen Familienmitgliedern und insbesondere dem anderen, ebenfalls sorge- und obhutsberechtigten Elternteil ein Wegzug in das Heimatland des anderen Elternteils nicht zumutbar ist. Dies ist nicht im Interesse des Kindeswohls und spricht daher grundsätzlich gegen eine Landesverweisung. Eine Landesverweisung, die zu einer Trennung der vormals intakten Familiengemeinschaft von Eltern und Kindern führt, bildet einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens, der im Interesse des Kindes nur nach einer eingehenden und umfassenden Interessenabwägung und nur aus ausreichend soliden und gewichtigen Überlegungen erfolgen darf (vgl. Urteile 6B_1319/2020 vom 1. Dezember 2021 E. 1.2.3; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.3.2; je mit Hinweisen). 
 
3.1.6. Ob eine Landesverweisung anzuordnen ist, bestimmt sich zunächst nach dem Schweizer Recht. Ist nach dem massgebenden Recht eine Landesverweisung anzuordnen, stellt sich gegebenenfalls die weitere Frage, ob ein völkerrechtlicher Vertrag, wie das Freizügigkeitsabkommen, einen Hinderungsgrund für die Landesverweisung bildet (Urteile 6B_1384/2021 vom 29. August 2023 E. 1.6.2; 6B_149/2021 vom 3. Februar 2022 E. 2.7.1; 6B_780/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.4; 6B_300/2020 vom 21. August 2020 E. 3.2.1; je mit Hinweisen).  
Nach Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA dürfen die im Abkommen eingeräumten Rechte nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden. Die Landesverweisung nach Art. 66a ff. StGB ist als Institut des Strafrechts und nach der Intention des Verfassungs- und des Gesetzgebers primär als sichernde strafrechtliche Massnahme zu verstehen (vgl. Art. 121 Abs. 2 und Abs. 5 BV; Urteile 6B_149/2021 vom 3. Februar 2022 E. 2.7.1; 6B_780/2020 vom 2. Juni 2021 E. 1.3.4; 6B_75/2020 vom 19. Januar 2021 E. 2.5.1; je mit Hinweisen). 
Ob die öffentliche Ordnung und Sicherheit (weiterhin) gefährdet ist, folgt aus einer Prognose des künftigen Wohlverhaltens. Es ist nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer die Gefährdung, desto niedriger die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr. Ein geringes, aber tatsächlich vorhandenes Rückfallrisiko kann für eine aufenthaltsbeendende Massnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA genügen, sofern dieses Risiko eine schwere Verletzung hoher Rechtsgüter wie beispielsweise die körperliche Unversehrtheit beschlägt (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2; Urteile 6B_1384/2021 vom 29. August 2023 E. 16.2; 6B_234/2021 vom 30. März 2022 E. 2.2; 6B_316/2021 vom 30. September 2021 E. 2.5). 
 
3.2. Der Beschwerdeführer ist portugiesischer Staatsangehöriger und bestreitet nicht, dass zwei Katalogtaten vorliegen, nachdem er sich des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz und des Angriffs schuldig gemacht hat. Er anerkennt, dass er grundsätzlich des Landes zu verweisen ist. Allerdings macht er geltend, dass ein schwerer persönlicher Härtefall gemäss Art. 66a Abs. 2 StGB vorliegt. Davon geht auch die Vorinstanz aus. Sie gewichtet aber die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung höher als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz. Diese Interessenabwägung greift der Beschwerdeführer an.  
Im Einzelnen trägt der Beschwerdeführer vor, die Vorinstanz begründe das überwiegende öffentliche Interesse an der Landesverweisung nur mit dem Umstand, dass er zwei Katalogtaten begangen habe. Die umgesetzte Drogenmenge und die "genau betrachtet geringfügigen" Vorstrafen hätten kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Landesverweisung zur Folge. Er sei lediglich mit einer teilbedingten Strafe belegt worden, was nur bei einer guten Legalprognose möglich sei. Er habe nur einmal eine mengenmässig qualifizierte Menge Kokain besessen. Vorher habe er sich jahrelang redlich verhalten und sich auch nach der Verhaftung nichts mehr zuschulden kommen lassen. In den Drogenhandel sei er nur wegen seiner eigenen Sucht eingestiegen. Mittlerweile sei er davon losgekommen und lebe mit seiner Partnerin und seiner Tochter in gefestigten persönlichen Verhältnissen. Bei der Interessenabwägung sei auch dem Kindeswohl Rechnung zu tragen. Er kümmere sich um die Tochter, damit seine Partnerin zu 70% arbeiten könne. Auch zu den beiden älteren Kindern pflege er regelmässigen und intensiven Kontakt. Eine Übersiedlung des Beschwerdeführers in einen Nachbarstaat der Schweiz sei erschwert, weil er gesundheitlich angeschlagen und ein IV-Verfahren pendent seien. 
 
3.3. Die Rügen des Beschwerdeführers sind unbegründet. Die Vorinstanz begründet ausführlich und sorgfältig, weshalb die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz überwiegen.  
 
3.3.1. Die Vorinstanz hält unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Erwägungen fest, dass der 1975 geborene Beschwerdeführer seit 35 Jahren in der Schweiz lebt, mit seinen Kindern aus erster Ehe eine regelmässige Beziehung pflegt und nun mit seiner Lebenspartnerin zusammen ein gemeinsames Kind hat. Daraus leitet die Vorinstanz einen schweren persönlichen Härtefall ab.  
 
3.3.2. Was die Abwägung der öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz betrifft, betont die Vorinstanz zu Recht, dass sich das Bundesgericht bei Straftaten von Ausländern gegen das Betäubungsmittelgesetz hinsichtlich der Ausweisung stets rigoros gezeigt hat ("sempre mostrato particolarmente rigoroso"), um neue Straftaten zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zu verhindern. Diese Strenge bekräftigte der Gesetzgeber mit Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB. Drogenhandel führt von Verfassungs wegen in der Regel zur Landesverweisung (Art. 121 Abs. 3 lit. a BV; Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 4.3; 6B_1468/2020 vom 13. Oktober 2021 E. 1.1; 6B_188/2021 vom 23. Juni 2021 E. 2.1.1 und 2.2.6). Angesichts der Schwere der Straftat muss auch eine bloss geringe Rückfallgefahr nicht hingenommen werden (Urteile 6B_1024/2021 vom 2. Juni 2022 E. 4.3; 6B_1245/2020 vom 1. April 2021 E. 2.2.1 mit Hinweis).  
Hinzu kommt, dass sich der Beschwerdeführer zusätzlich des Angriffs schuldig gemacht hat, mithin zwei Katalogtaten begangen hat, was das öffentliche Interesse an seiner Landesverweisung erhöht. 
 
3.3.3. Die Vorinstanz übersieht nicht, dass das private Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz wegen seiner familiären Situation, insbesondere wegen der erneuten Vaterschaft, als gewichtig erscheint, da nicht nur er selbst, sondern auch seine Kinder, von einer Landesverweisung stark betroffen wären und entsprechend das Recht auf Familienleben berührt ist. Die Vorinstanz weist aber zu Recht darauf hin, dass der Beschwerdeführer bereits vor der Zeugung der Tochter wusste, dass wegen seiner Delinquenz die Landesverweisung droht. Dieses Risiko ging er sehenden Auges ein. Darüber hinaus steht es der Partnerin frei, dem Beschwerdeführer nach Portugal, in Nachbarstaaten der Schweiz oder andere ausländische Staaten zu folgen. Die Tochter ist hier jedenfalls noch nicht verwurzelt. Der älteren 14-jährigen Tochter und dem volljährigen Sohn wäre es möglich, den Beschwerdeführer zu besuchen und den Kontakt mittels elektronischer Kommunikationsmittel zu halten.  
 
3.3.4. Auf der anderen Seite steht die Gefährdung der Öffentlichkeit und damit das Interesse an der Landesverweisung. Die Vorinstanz verweist zu Recht auf die umgesetzte Drogenmenge sowie den vollzogenen und geplanten Drogenhandel des Beschwerdeführers. Zudem berücksichtigt sie seine teilweise einschlägigen Vorstrafen und die getrübte Legalprognose. Zum Nachteil des Beschwerdeführers durfte die Vorinstanz auch gewichten, dass er mit dem Angriff eine weitere Katalogtat beging. Hier streicht die Vorinstanz hervor, dass der Angriff brutal war und das Verschulden des Beschwerdeführers nicht mehr leicht. Zudem sind das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz und der Angriff im Katalog von Art. 66a Abs. 1 StGB bei den schwerwiegendsten Kategorien einzureihen. Wie bereits die Vorinstanz betont, unterstreichen diese Umstände die Gefährdung der Öffentlichkeit durch den Beschwerdeführer und untermauern entsprechend das überwiegende öffentliche Interesse an der Landesverweisung.  
 
3.3.5. Der Beschwerdeführer beruft sich auf das Freizügigkeitsabkommen. Dabei übergeht er, dass er seit mehreren Jahren keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht und Unterstützung von der Sozialhilfe bezieht. Mit dem Abschluss des Freizügigkeitsabkommens hat die Schweiz den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der EU im Wesentlichen ein weitgehendes und reziprokes Recht auf Erwerbstätigkeit eingeräumt. Das FZA berechtigt lediglich zu einem doppelt bedingten Aufenthalt in der Schweiz, nämlich einerseits nach Massgabe der spezifischen Vertragsvereinbarungen als Voraussetzung eines rechtmässigen Aufenthalts und andererseits nach Massgabe des rechtskonformen Verhaltens im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA. Demnach dürfen die aufgrund des Abkommens eingeräumten Rechte nur durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden. Der schuldig gesprochene Straftäter hat sich evidentermassen nicht an diese Konformitätsbedingungen gehalten (BGE 145 IV 364 E. 3.4.4 und E. 3.5, 55 E. 3.3; Urteil 6B_177/2020 vom 2. Juli 2020 E. 2.4.5 mit Hinweisen). Entsprechend fällt die Anwendung von Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, ausser Betracht. Die Landesverweisung ist auch im Licht des Freizügigkeitsabkommens völkerrechtlich zulässig.  
 
3.3.6. Nach dem Gesagten ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung höher gewichtet als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz. Es liegt kein Verstoss gegen Art. 8 EMRK, die Kinderrechtskonvention oder das Freizügigkeitsabkommen vor. Zudem trägt die Vorinstanz den privaten Interessen des Beschwerdeführers Rechnung, indem sie die Landesverweisung für die Minimaldauer von 5 Jahren ausspricht und auf eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem verzichtet.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen, da sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege als aussichtslos abzuweisen ist. Seinen finanziellen Verhältnissen ist bei der Kostenfestsetzung Rechnung zu tragen (Art. 64, Art. 65 und Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 1'200.--. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. November 2023 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt