5A_76/2022 10.10.2022
Avis important:
Les versions anciennes du navigateur Netscape affichent cette page sans éléments graphiques. La page conserve cependant sa fonctionnalité. Si vous utilisez fréquemment cette page, nous vous recommandons l'installation d'un navigateur plus récent.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_76/2022  
 
 
Urteil vom 10. Oktober 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer L. Fringeli, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Beat Vögtli, 
c/o Bezirksgericht Kriens, Villastrasse 1, 6010 Kriens, 
Beschwerdegegner, 
 
1. B.________ AG in Liquidation, 
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hauenstein, 
2. C.________. 
 
Gegenstand 
Ausstand (Widerspruchsklage), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 10. Dezember 2021 
(1C 21 34). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Widerspruchsklage vom 31. Mai 2021 beantragte die A.________ AG vor Bezirksgericht Kriens, es sei festzustellen, dass sie Eigentümerin der in den Betreibungen Nr. vvv und Nr. www des Betreibungsamts Horw gegen D.________ gepfändeten Vermögenswerten sei, und es seien in den Betreibungen Nr. vvv und Nr. www diverse Vermögenswerte aus den Pfändungsgruppen Nr. xxx, Nr. yyy und Nr. zzz des Betreibungsamts Horw zu entlassen. Prozessual verlangte die A.________ AG unter anderem, das mit ihrer Widerspruchsklage rechtshängig gemachte Verfahren sei einstweilen zu sistieren und der Präsident der Abteilung 1 des Bezirksgerichts Kriens, Beat Vögtli, sei anzuweisen, in den Ausstand zu treten. Beat Vögtli beantragte in seiner Stellungnahme die Abweisung des Ausstandsbegehrens, soweit darauf einzutreten sei. 
 
B.  
Mit Entscheid vom 11. August 2021 wies der zuständige Einzelrichter des Bezirksgerichts Kriens das Ausstandsgesuch der A.________ AG ab und auferlegte dieser die Verfahrenskosten. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Luzern mit Entscheid vom 10. Dezember 2021 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.  
Gegen diesen Entscheid hat die A.________ AG am 1. Februar 2022 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, es sei der kantonsgerichtliche Entscheid aufzuheben und Bezirksrichter Beat Vögtli (Beschwerdegegner) anzuweisen, in den Ausstand zu treten. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Zudem ersucht sie für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege und Gewährung der aufschiebenden Wirkung bzw. Anordnung von vorsorglichen Massnahmen. 
Mit Präsidialverfügung vom 28. Februar 2022 wurde angeordnet, dass während des bundesgerichtlichen Verfahrens das Widerspruchsverfahren durch den Beschwerdegegner nicht fortgeführt werden darf. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, in der Sache hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz, die auf Rechtsmittel hin über ein Ausstandsbegehren entschieden hat (Art. 75 und Art. 92 Abs. 1 BGG). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1). Die Hauptsache - der Prozess nach Art. 106 ff. SchKG - unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG; Urteil 5A_113/2018 vom 12. September 2018 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 144 III 541). Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit grundsätzlich auch gegen den Zwischenentscheid gegeben. Die Beschwerdeführerin ist gemäss Art. 76 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt und die Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Insofern kann auf die Beschwerde eingetreten werden.  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher auszuführen ist (BGE 133 III 393 E. 3).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat zum streitgegenständlichen Ausstandsgesuch erwogen, die Beschwerdeführerin begründe ihre Beschwerde über weite Strecken mit neuen Tatsachenbehauptungen, mit welchen sie aufgrund des im Beschwerdeverfahren geltenden umfassenden Novenverbots nicht zu hören sei. In ihrer Widerspruchsklage vom 31. Mai 2021 habe die Beschwerdeführerin ihr Ausstandsgesuch lediglich pauschal unter Verweis darauf begründet, dass der Beschwerdegegner offensichtlich befangen sei und deshalb in den Ausstand zu treten habe, weil vor Bezirksgericht Kriens ein weiteres Verfahren mit ähnlichem Prozessstoff hängig sei, in dessen Rahmen der Beschwerdegegner mit den von ihm erlassenen Verfügungen ein Verhalten offenbart habe, das daran zweifeln lasse, dass er die in der Widerspruchsklage vorgetragenen Tatsachenbehauptungen und angerufenen Beweismittel einer objektiven Würdigung zuführen werde. Wie das Bezirksgericht zutreffend festgehalten habe, stelle die Mitwirkung beim Entscheid über die unentgeltliche Rechtspflege und die Sicherheitsleistung für sich allein jedoch keinen Ausstandsgrund dar. Ein solcher könne vorliegend um so weniger angenommen werden, als dass diese Verfügungen in einem anderen Prozess ergangen seien. Im Übrigen würde auch die Berücksichtigung der neuen Tatsachenbehauptungen am Ausgang des Verfahrens nichts ändern.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin rügt Verletzungen von Art. 47 ZPO, Art. 29 BV, Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 9 BV, Art. 6 EMRK und Art. 14 Ziff. 1 UNO-Pakt II. Neben allgemein gehaltenen Vorwürfen betont sie, dass bei gegebenem Ausstandsgrund die Gerichtsperson gemäss Art. 48 ZPO von sich aus in den Ausstand zu treten habe. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Art. 326 Abs. 1 ZPO für die Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO vorschreibt, dass neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel ausgeschlossen sind. Auch wenn die Vorschrift Ausnahmen kennt und nach der Rechtsprechung im Lichte von Art. 99 Abs. 1 BGG ausgelegt wird, der es im bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren gestattet, neue Tatsachen und Beweismittel so weit vorzubringen, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (BGE 145 III 422 E. 5.2; 139 III 466 E. 3.4), kann das Tatsachenfundament, welches den Anschein der Befangenheit nahelegen soll, somit grundsätzlich nicht erst mit Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO vorgebracht werden. Inwiefern die Vorinstanz vorliegend zu Unrecht zum Schluss gelangt sein soll, dass die Beschwerdeführerin die neuen Tatsachenbehauptungen nicht in prozessual zulässiger Weise vorgebracht hat, ist daher weder dargetan noch ersichtlich. Keine Verletzung der angerufenen Bestimmungen vermag die Beschwerdeführerin im Übrigen mit der blossen Wiederholung ihres Vorbringens aufzuzeigen, dass der Beschwerdegegner das Hauptbegehren von E.________ in einem konnexen Verfahren als aussichtslos erachtet und deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege deshalb nicht stattgegeben habe. Mit der exemplarischen Aufzählung typischer Situationen, die für sich allein genommen den Ausstand nicht begründen sollen, stellt Art. 47 Abs. 2 ZPO klar, dass gewisse Vorbefassungen zur Annahme von Befangenheit der betreffenden Gerichtsperson nicht genügen, sondern zusätzliche Umstände hinzutreten müssen. Namentlich scheint ein Richter nicht schon deswegen als voreingenommen, weil er ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abgewiesen hat (vgl. Art. 47 Abs. 2 lit. a ZPO; BGE 131 I 113 E. 3.7).  
 
3.  
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Wie die vorstehenden Erwägungen aufzeigen, muss die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos betrachtet werden. Damit mangelt es an einer materiellen Voraussetzung für die unentgeltliche Rechtspflege (Art. 64 Abs. 1 BGG). Das entsprechende Gesuch ist abzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der B.________ AG in Liquidation, C.________ und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. Oktober 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss