1C_167/2022 15.08.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_167/2022  
 
 
Urteil vom 15. August 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Merz, 
Gerichtsschreiber Gelzer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Markus Husmann, 
 
gegen  
 
Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern (lawa), Centralstrasse 33, 6210 Sursee. 
 
Gegenstand 
Revision, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 31. Januar 2022 (7S 21 2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 1149, Grundbuch Flühli (nachstehend: Baugrundstück). Dieses liegt teilweise im Gebiet "Schöniseischwand/Spierweid", einem Flachmoor, das Bestandteil des Bundesinventars der Flachmoore von nationaler Bedeutung bildet. Der Kanton Luzern hat die parzellenscharfe Abgrenzung dieses Flachmoors in der Verordnung vom 2. November 1999 zum Schutz der Moore des Kantons Luzern (Moorschutzverordnung/LU; SRL 712c) und dem entsprechenden Schutzplan geregelt. 
 
B.  
Der Gemeinderat Flühli erteilte A.________ am 18. August 2006 die Bewilligung, auf dem Baugrundstück eine Remise zu errichten. Bei der Prüfung eines weiteren Baugesuchs von A.________ stellte die Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern (lawa) fest, dass diese Remise inklusive Zufahrt nicht am bewilligten Standort, sondern in der Zone Mahd, einem Flachmoor von nationaler Bedeutung, erstellt worden war. Mit Entscheid vom 11. Dezember 2018 verpflichtete die Dienststelle lawa A.________, die Remise mit Zufahrt innert sieben Monaten ab Rechtskraft des Entscheids zurückzubauen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Dagegen erhob A.________ beim Kantonsgericht Luzern Beschwerde, mit der er geltend machte, die Fläche, auf der die Remise inklusive Zufahrt stehe, komme keine Flachmoorqualität zu und sei daher in den bundesrechtlichen sowie kantonalen Schutzplänen nicht korrekt eingetragen worden. Das Kantonsgericht führte am 13. Mai 2020 einen Augenschein durch und wies die Beschwerde mit Urteil vom 31. August 2020 ab. Eine dagegen von A.________ eingereichte Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 1C_551/2020 vom 5. Juli 2021 ab, soweit es darauf eintrat. 
Mit Eingabe vom 28. Oktober 2021 stellte A.________ beim Kantonsgericht in Bezug auf dessen Urteil vom 31. August 2020 ein Revisionsgesuch, auf welches das Kantonsgericht mit Urteil vom 31. Januar 2022 nicht eintrat. 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das Urteil des Kantonsgerichts vom 31. Januar 2022 aufzuheben und das Revisionsgesuch vom 28. Oktober 2021 gutzuheissen oder die Vorinstanz anzuweisen, darauf einzutreten und materiell darüber zu entscheiden. 
Das Kantonsgericht und die Dienststelle lawa beantragen, die Beschwerde abzuweisen. 
Der Beschwerdeführer hält in seiner Replik an den Beschwerdeanträgen fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerdeführung legitimiert, da er am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und er ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Urteils hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
 
1.3. Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren voneinander unabhängigen Alternativbegründungen, müssen für eine Gutheissung der Beschwerde alle selbständigen Begründungen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzen (BGE 142 III 364 E. 2.4; 136 III 534 E. 2; 133 IV 119 E. 6.3; je mit Hinweisen). Hat eine Vorinstanz in einer Eventualbegründung erwogen, selbst wenn auf ein Rechtsmittel einzutreten wäre, wäre es in materieller Hinsicht abzuweisen, beurteilt das Bundesgericht auch die materielle Rechtslage und hebt den angefochtenen Entscheid nur auf, wenn die Vorinstanz zu Unrecht auf die Beschwerde nicht eintrat und auch die Eventualbegründung in der Sache unzutreffend ist (BGE 139 II 233 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
2.  
 
2.1. Im vorinstanzlichen Verfahren machte der Beschwerdeführer geltend, er habe bei der Ausarbeitung der Beschwerde (vom 2. Oktober 2020) an das Bundesgericht ein Luftbild aus dem Jahr 1980 aufgefunden, das insbesondere den Bestand eines Grabens im Südwesten der Remise vor dem Jahr 1999 und die optische Erscheinung des Geländes sowie dessen Nutzung zum Zeitpunkt vor der massgeblichen Kartierung durch den Bund nachweise. Das Bundesgericht sei auf dieses erstmals bei ihm vorgelegte Beweismittel mutmasslich aufgrund des Novenverbots nicht eingegangen. Sodann habe er im Oktober 2021 bei der Vorbereitung des Revisionsgesuchs als weiteres Beweismittel namentlich eine Luftbildaufnahme der Spierweid aus dem Jahr 1975 gefunden. Auch dieses Beweismittel hätte im Verfahren vor Bundesgericht, wenn es damals bereits gefunden worden wäre, wohl ebenfalls dem Novenverbot unterlegen. Der Beschwerdeführer hätte fühestens mit der am 4. August 2021 erfolgten Zustellung des begründeten Urteils des Bundesgerichts vom 5. Juli 2021 Kenntnis davon erhalten, dass sich dieses nicht mit dem neuen Beweismittel auseinandergesetzt habe. Damit sei diesbezüglich die 90-tägige Frist für die Einreichung des Revisionsgesuchs gewahrt. Dies gelte auch für die später entdeckten Beweise.  
 
2.2. Die Vorinstanz kam zum Ergebnis, auf das Revisionsgesuch sei nicht einzutreten. Dennoch prüfte sie dieses Gesuch inhaltlich, indem sie in einer Eventualerwägung ausführte, die vom Beschwerdeführer zur Begründung eingereichten Beweismittel hätten bei ihrer materiellen Berücksichtigung an der Rechtslage nichts geändert. So habe das Bundesgericht im Urteil vom 5. Juli 2021 (E. 3 und 4) klar festgehalten, dass der Beschwerdeführer seine Auffassung, die Moorschutzzone sei in den bundesrechtlichen und kantonalen Nutzungsplänen nicht korrekt eingetragen worden, beim Erlass dieser Pläne vor über 25 Jahren hätte vorbringen müssen, weshalb eine vorfrageweise Überprüfung dieser Pläne im Baubewilligungsverfahren nicht mehr in Betracht komme.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Vorinstanz setze sich bei ihrer materiellen Prüfung des Revisionsgesuchs in einem obiter dictum in Verletzung des rechtlichen Gehörs in keiner Weise mit seinen Vorbringen zum Einspracheverfahren aus dem Jahr 1996 auseinander.  
Damit rügt der Beschwerdeführer sinngemäss eine Verletzung der aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV abgeleiteten gerichtlichen Begründungspflicht. Diese Rüge einer Grundrechtsverletzung wird jedoch nicht rechtsgenüglich substanziiert, weshalb darauf inhaltlich nicht einzugehen ist (vgl. E. 1.2 hievor). 
 
2.4. Weiter bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, die Vorinstanz habe bei der materiellen Prüfung seines Revisionsgesuchs übersehen, dass das Bundesgericht die verspätete Geltendmachung der fehlerhaften Grenzziehung des streitbetroffenen Flachmoors in seinem Urteil vom 5. Juli 2021 vor allem damit begründet habe, dass im Bereich der Remise seit der parzellenscharfen Abgrenzung des Perimeters dieses Moors im Jahr 1996 keine Veränderungen mehr erfolgt seien. Die Möglichkeit, dass die Grenze des Flachmoors nicht aufgrund nachträglicher Veränderungen, sondern aufgrund neuer Beweise bezüglich der vorbestehenden tatsächlichen Gegebenheiten fehlerhaft sein könnte, habe das Bundesgericht nicht in Erwägung gezogen. Es sei auf die ihm neu vorgelegte Luftbildaufnahme aus dem Jahr 1980 mutmasslich aufgrund des Novenverbots nicht eingegangen.  
 
2.5. Das Bundesgericht führte in seinem Urteil vom 5. Juli 2021 aus, die vom Beschwerdeführer verlangte akzessorische Überprüfung der Abgrenzung des Flachmoorperimeters in einem Nutzungsplan hätte nicht mit grundlegenden Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit der parzellenscharfen Abgrenzung im Jahr 1996 gerechtertigt werden können (E. 4.3). Bezüglich des früheren Zustands nahm es an, für den Beschwerdeführer sei es möglich und zumutbar gewesen, die seiner Ansicht nach falsche Grenzziehung des Bundesinventars und die darauf basierende kantonale Abgrenzung in seiner im Jahr 1996 gegen die planerische Festsetzung des Perimeters des Flachmoors erhobenen Einsprache zu rügen. Dass er darauf verzichtet habe, müsse er sich nun anrechnen lassen, weshalb eine ausnahmsweise akzessorische Überprüfung dieser Abgrenzung nicht mehr in Betracht komme (Urteil 1C_551/2020 vom 5. Juli 2021 E. 4, insb. 4.2). Damit hat das Bundesgericht bezüglich der strittigen Rückbauverfügung den tatsächlichen Zustand des Bereichs der Remise vor der parzellengenauen Festlegung des Flachmoorperimeters im Jahr 1996 als nicht rechtserheblich qualifiziert, weshalb es auf das vom Beschwerdeführer zum Beleg für diesen Zustand neu eingereichte Luftbild aus dem Jahr 1980 unabhängig vom Novenverbot nicht einzugehen brauchte.  
Demnach durfte die Vorinstanz das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers materiell als unbegründet qualifizieren, weil die zur Begründung eingereichten Luftbilder aus den Jahren 1980 und 1975 eine Korrektur des Flachmoorperimeters im Rahmen einer akzessorischen Überprüfung der Schutzpläne ohnehin nicht hätten rechtfertigen können. 
 
2.6. Neben den genannten materiellen Ausführungen der Vorinstanz zum Revisionsgesuch kommt ihren Erwägungen zu den Eintretensvoraussetzungen keine entscheiderhebliche Bedeutung zu (vgl. E. 1.3 hievor). Auf die dagegen gerichtete Kritik des Beschwerdeführers braucht daher inhaltlich nicht eingegangen zu werden.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern (lawa) und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. August 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Gelzer