C 351/99 03.05.2000
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[AZA] 
C 351/99 Gi 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiberin Berger 
 
Urteil vom 3. Mai 2000  
 
in Sachen 
 
A.________, 1956, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1.Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt des Kantons Aargau, 
   Rain 53, Aarau, 
 
2.Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahn- 
   hofstrasse 78, Aarau, 
 
Beschwerdegegner, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
    A.- Die 1956 geborene A.________ war seit 1. April 
1995 teilzeitlich als Verkäuferin für die K.________ AG, 
tätig. Mit Schreiben vom 25. September 1997 kündigte die 
K.________ AG das Arbeitsverhältnis per 30. November 1997. 
Am 1. Dezember 1997 beantragte A.________ die Ausrichtung 
von Arbeitslosenentschädigung und meldete sich zur Arbeits- 
vermittlung an. Dabei erklärte sie, höchstens 10 Stunden 
pro Woche arbeiten zu wollen; zufolge ihrer Betreuungs- 
pflichten gegenüber ihren Kindern (geboren 1987 und 1989) 
sei sie zudem nur an Wochenenden einsetzbar. Auf die Auf- 
forderung des Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamtes des 
Kantons Aargau (KIGA) hin teilte sie diesem am 5. März 1998 
mit, dienstags und donnerstags jeweils von 9.00 bis 11.30 
Uhr sowie samstags und sonntags einer ausserhäuslichen Be- 
schäftigung nachgehen zu können. Am 16. März 1998 gab sie 
an, sie sei montags von 10.00 bis 11.45 Uhr und von 13.00 
bis 15.00 Uhr, dienstags von 9.00 bis 11.45 Uhr und 13.00 
bis 15.00 Uhr, donnerstags von 9.00 bis 11.45 Uhr, freitags 
von 8.00 bis 10.00 Uhr und 13.00 bis 15.00 Uhr sowie sams- 
tags und sonntags den ganzen Tag einsatzfähig; in der 
gleichzeitig abgegebenen Obhutserklärung führte sie aus, am 
Samstag befänden sich die Kinder in der Obhut ihres Vaters 
und zu den angegebenen Arbeitszeiten an den übrigen Werkta- 
gen in der Schule. Das KIGA verneinte daraufhin die An- 
spruchsberechtigung mit Wirkung ab 1. Dezember 1997 wegen 
fehlender Vermittlungsfähigkeit (Verfügung vom 24. März 
1998). Die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau 
forderte demzufolge die für den Monat Dezember 1997 er- 
brachten Leistungen in der Höhe von Fr. 521.35 zurück (Ver- 
waltungsakt vom 30. März 1998). 
 
    B.- Die gegen diese Verfügungen erhobenen Beschwerden 
wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Ent- 
scheid vom 31. August 1999). 
 
    C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellt 
A.________ das Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass sie vermittlungsfähig sei; demgemäss sei ihr für die Zeit 
ihrer Arbeitslosigkeit Arbeitslosenentschädigung auszurich- 
ten und die Rückforderungsverfügung der Arbeitslosenkasse 
vom 30. März 1998 sei aufzuheben. 
    Das KIGA verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Ar- 
beitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft 
lässt sich nicht vernehmen. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder 
Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprü- 
fungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich 
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, 
sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der 
angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die 
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachver- 
halts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu 
deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG). 
    Unter Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG 
ist auch die Rückforderung bereits erbrachter Kassenleis- 
tungen zu verstehen (BGE 108 V 247 Erw. 1; ARV 1998 Nr. 15 
S. 78, 1988 Nr. 5 S. 36 Erw. 1). 
 
    2.- Die Vorinstanz hat die vorliegend massgebenden Be- 
stimmungen zum Begriff der Vermittlungsfähigkeit als eine 
der Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenentschä- 
digung (Art. 8 Abs. 1 lit. f in Verbindung mit Art. 15 
Abs. 1 AVIG) und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 125 
V 58 Erw. 6a, 123 V 216 Erw. 3; ARV 1993/94 Nr. 31 S. 225 
Erw. 3a betreffend Versicherte mit betreuungsbedürftigen 
Kindern) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen wer- 
den. 
 
    3.- a) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde widerruft 
die Beschwerdeführerin ihre Erklärung vom 5. und 16. März 
1998, ausser an Wochenenden auch an den übrigen Tagen der 
Woche arbeiten zu wollen. Der Beamte des Arbeitsamtes habe 
sie zu dieser Angabe "förmlich gedrängt". Sie habe zwei 
Kinder, für welche sie verantwortlich sei, und es interes- 
siere den Staat ansonsten auch nicht, wie sie diese Auf- 
sichtspflicht wahrnehme. Damit bringt die Versicherte zum 
Ausdruck, dass für sie eine Fremdbetreuung ihrer beiden 
Kinder während der üblichen Arbeitszeiten nicht in Betracht 
fiel und sich ihre Bereitschaft, einer Erwerbstätigkeit 
nachzugehen, auf Samstage und Sonntage beschränkte, wie 
schon ihrem Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 1. De- 
zember 1997 zu entnehmen ist. Bei dieser Sachlage kann of- 
fen bleiben, wie es sich verhalten hätte, wenn die Ver- 
sicherte tatsächlich willens gewesen wäre, von Montag bis 
Freitag während einzelner Stunden einer ausserhäuslichen 
Beschäftigung nachzugehen. Nicht beantwortet werden muss 
sodann, ob die sonntägliche Betreuung der Kinder tatsäch- 
lich nicht geregelt war, wie die Vorinstanz aus der Obhuts- 
erklärung und dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 
16. März 1998 abgeleitet hat. Denn selbst wenn davon auszu- 
gehen wäre, die Versicherte sei bereit und in der Lage ge- 
wesen, an Samstagen und Sonntagen einer Erwerbstätigkeit 
nachzugehen, war sie mit Bezug auf die Arbeitsplatzwahl und 
die tatsächliche Verfügbarkeit (vgl. Gerhards, Kommentar 
zum AVIG, Bd. I, N 38 ff. zu Art. 15) derart eingeschränkt, 
dass das Finden einer zumutbaren Erwerbstätigkeit äusserst 
ungewiss erschien. Mit dem kantonalen Gericht ist daher die 
Vermittlungsfähigkeit für den vorliegend relevanten Zeit- 
raum vom 1. Dezember 1997 bis 24. März 1998 (BGE 121 V 366 
Erw. 1b mit Hinweisen) im Ergebnis zu verneinen. 
 
    b) Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, ver- 
mag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Ihr Vorbringen, 
sie habe am 1. September 1998 eine teilzeitliche Erwerbstä- 
tigkeit aufgenommen, ist schon deshalb unbehelflich, weil 
diese Entwicklung nicht in den zu beurteilenden Zeitraum 
fällt. Schliesslich kann ihr nicht beigepflichtet werden, 
wenn sie angibt, die Annahme fehlender Vermittlungsfähig- 
keit sei Folge einer zu "engstirnigen" Gesetzesauslegung. 
Indem die Versicherte die Betreuung ihrer beiden Kinder von 
Montag bis Freitag keinen Drittpersonen überlassen wollte, 
hat sie ihre Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 
massiv eingeschränkt. Wie von den übrigen Arbeitslosen muss 
jedoch auch von Müttern, welche auf Grund ihrer Rollentei- 
lung in der Ehe an Werktagen vorwiegend den Haushalt führen 
und die Betreuung ihrer Kinder wahrnehmen, verlangt werden, 
ihr Umfeld so zu organisieren, dass sie in der Lage und fä- 
hig sind, eine ihnen angebotene oder vermittelte Arbeit zu 
den üblichen Bedingungen anzunehmen. 
 
    4.- Ist nach dem Gesagten die Vermittlungsfähigkeit zu 
verneinen, wurde der Beschwerdeführerin für den Monat De- 
zember 1997 zu Unrecht Arbeitslosenentschädigung ausgerich- 
tet. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Tag- 
geldabrechnung vom 20. Januar 1998 im Zeitpunkt der Rück- 
forderungsverfügung vom 30. März 1998 zufolge Andauerns der 
angemessenen Überlegungs- und Prüfungspflicht noch nicht 
rechtsbeständig geworden war, durfte die Verwaltung - unter 
Vorbehalt des Vertrauensschutzes, welchem vorliegend jedoch 
keine Bedeutung beizumessen ist - grundsätzlich frei, d.h. 
ohne Bindung an die Voraussetzungen der Wiedererwägung oder 
der prozessualen Revision, auf die formlos zugesprochene 
Taggeldleistung zurückkommen (BGE 124 V 247 Erw. 2, 122 V 
368 Erw. 3 mit zahlreichen Hinweisen). Einziges Erfordernis 
für die Rückerstattungspflicht der Beschwerdeführerin bil- 
det demnach der - hiervor bejahte - unrechtmässige Bezug 
dieser Versicherungsleistung (Art. 95 Abs. 1 AVIG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.  
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge-  
    richt des Kantons Aargau und dem Staatssekretariat für 
    Wirtschaft zugestellt. 
 
 
Luzern, 3. Mai 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: