2C_469/2023 19.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_469/2023  
 
 
Urteil vom 19. Oktober 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwalt Andreas C. Huwyler, 
 
gegen 
 
Amt für Migration des Kantons Zug, 
Postfach 857, 6301 Zug, 
Regierungsrat des Kantons Zug, 
Regierungsgebäude, Seestrasse 2, 6301 Zug, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Widerruf Aufenthaltsbewilligung (Nichteintretensentscheid), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, vom 26. Juli 2023 (V 2023 34). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Verfügung vom 10. Februar 2023 widerrief das Amt für Migration des Kantons Zug (AFM; nachfolgend: Migrationsamt) die Aufenthaltsbewilligung von A.________ (geb. 1967), aus Nordmazedonien. Das Migrationsamt versandte die Verfügung per A-Post Plus. Diese wurde gemäss dem "Track & Trace" der Schweizerischen Post am Samstag, 11. Februar 2023, in das Postfach des Rechtsvertreters gelegt. 
Dagegen gelangte A.________ mit Verwaltungsbeschwerde vom 6. März 2023 an den Regierungsrat des Kantons Zug. Mit Verfügung vom 16. März 2023 trat die Sicherheitsdirektion des Kantons Zug darauf nicht ein, da die Rechtsmittelfrist nicht eingehalten worden sei. 
 
B.  
Eine gegen die Verfügung der Sicherheitsdirektion gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, mit Urteil vom 26. Juli 2023 ab. 
 
C.  
A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 1. September 2023 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und es sei der Regierungsrat anzuweisen, auf die Be schwerde vom 6. März 2023 einzutreten. Prozessual ersucht er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt, jedoch keinen Schriftenwechsel angeordnet. 
Mit Verfügung vom 6. September 2023 hat die Präsidentin der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen in dem Sinne gutgeheissen, dass dem Beschwerdeführer gestattet wurde, den Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens in der Schweiz abzuwarten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 90 und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), mit welchem ein Nichteintretensentscheid in einem Verfahren betreffend den Widerruf der Aufenthaltsbewilligungen bestätigt wurde. Insofern handelt es sich um eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG).  
Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen. Die Unzulässigkeit gilt aufgrund der Einheit des Verfahrens auch in Bezug auf Nichteintretensentscheide bzw. Rechtsmittelentscheide, mit denen solche Entscheide bestätigt werden (BGE 145 II 168 E. 3; 135 II 145 E. 3.2). 
Den Akten kann entnommen werden, dass der Beschwerdeführer seine Aufenthaltsbewilligung im Oktober 2014 aufgrund seiner Ehe mit einer Schweizer Bürgerin erhalten hat. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass er gestützt auf Art. 42 Abs. 1 bzw. Art. 50 Abs. 1 und 2 AIG (SR 142.20) einen potenziellen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung geltend machen kann. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist somit zulässig. 
 
1.2. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind ebenfalls gegeben, sodass auf die Beschwerde einzutreten ist (vgl. Art. 42, Art. 89 Abs. 1, und Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Parteien (Art. 42 BGG) prüft es jedoch nur die vorgebrachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu ins Auge springen (BGE 144 V 388 E. 2; 133 II 249 E. 1.4.1). Die Anwendung kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht hingegen - abgesehen von den Fällen gemäss Art. 95 lit. c-e BGG - nur auf Bundesrechtsverletzungen, namentlich auf Willkür hin (BGE 141 I 36 E. 1.3; 138 I 143 E. 2). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich des Willkürverbots, und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge-und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 148 I 104 E. 1.5; 143 II 283 E. 1.2.2; 143 I 321 E. 6.1; 142 I 99 E. 1.7.2).  
 
2.2. Seinem Urteil legt das Bundesgericht den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zu Grunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, die Feststellungen der Vorinstanz seien offensichtlich unrichtig oder beruhten auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
Strittig und zu prüfen ist die Frage, ob der Beschwerdeführer die Rechtsmittelfrist eingehalten habe, indem er seine Beschwerde an den Regierungsrat gegen die Verfügung des Migrationsamts vom 10. Februar 2023 am 6. März 2023 erhoben hat. 
 
3.1. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, die Beschwerdefrist müsse erst am Tag nach Kenntnisnahme bzw. nach dem tatsächlichen Empfang der Sendung zu laufen beginnen. Die Zustellung einer Verfügung mit der Versandart A-Post Plus bzw. der Beginn der Fristenlaufs mit dem Einwurf in das Postfach des Empfängers sei willkürlich und treuwidrig, weil dies unter bestimmten Umständen faktisch eine Verkürzung der Beschwerdefrist zur Folge habe.  
 
3.2. Die Vorinstanz ist - unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. E. 3.4 - 3.6 hiernach) und gestützt auf die entsprechende Sendungsverfolgung der Post ("Track & Trace") - zum Schluss gelangt, dass die hier interessierende Verfügung vom 10. Februar 2023 dem Beschwerdeführer am Samstag, den 11. Februar 2023 rechtsgültig zugestellt worden sei. In der Folge hat sie den Nichteintretensentscheid des Regierungsrats zufolge verspäteter Einreichung des Rechtsmittels bestätigt.  
 
3.3. Gemäss § 43 Abs. 1 des Gesetzes [des Kantons Zug] vom 1. April 1976 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG/ZG; BGS 162.1) ist die Verwaltungsbeschwerde innert 20 Tagen nach der Mitteilung eines Entscheids bei der Beschwerdeinstanz schriftlich einzureichen, soweit das kantonale oder eidgenössische Recht keine andere Frist vorschreibt. Die Berechnung richtet sich nach § 10 VRG/ZG. Danach beginnt die Frist an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tag zu laufen (Abs. 1). Sie läuft um Mitternacht des letzten Tages ab. Ist der letzte Tag ein Samstag, Sonntag oder ein Feiertag, so endet die Frist am nächsten Werktag (Abs. 3).  
Nach § 21 Abs. 1 VRG/ZG ist der Entscheid den Parteien durch die Post zuzustellen. Eine besondere Versandart, so insbesondere durch eingeschriebene Postsendung, ist nicht vorgesehen. Eine entsprechende Verpflichtung lässt sich auch nicht aus dem Bundesrecht ableiten. Unbehelflich ist namentlich der Hinweis des Beschwerdeführers auf Art. 85 Abs. 2 StPO (SR 312.0), zumal diese Zustellregelung rechtsprechungsgemäss in ausländerrechtlichen Verfahren nicht gilt (vgl. Urteile 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 5.2; 2C_587/2018 vom 8. März 2019 E. 3.1). 
 
3.4. Das Bundesgericht hat wiederholt festgehalten, dass die Zustellung einer uneingeschriebenen Sendung bereits dadurch erfolgt, dass sie in den Briefkasten oder in das Postfach des Adressaten gelegt wird und sich damit in dessen Verfügungsbereich befindet. Für die Zustellung nicht erforderlich ist, dass der Adressat die Sendung tatsächlich in Empfang nimmt; es genügt, wenn sie in seinen Machtbereich gelangt und er demzufolge von ihr Kenntnis nehmen kann. Dies hat zur Folge, dass Fristen bereits im Zeitpunkt der ordnungsgemässen Zustellung und nicht erst bei tatsächlicher Kenntnisnahme durch den Adressaten zu laufen beginnen (vgl. Urteil 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 3.2 mit Hinweisen).  
 
3.5. Ebenso hat sich das Bundesgericht verschiedentlich zur Zustellung mittels A-Post Plus geäussert (vgl. u.a. BGE 142 III 599 E. 2.2; Urteil 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 3.3; je mit Hinweisen). Im Unterschied zu herkömmlichen Postsendungen sind A-Post-Plus-Sendungen mit einer Nummer versehen, welche die elektronische Sendungsverfolgung im Internet ("Track & Trace") ermöglicht. Daraus ist u.a. ersichtlich, wann die Sendung in das Postfach oder in den Briefkasten des Empfängers gelegt wird (vgl. im Einzelnen BGE 144 IV 57 E. 2.3.1; 142 III 599 E. 2.2; Urteil 8C_665/2022 vom 15. Dezember 2022 E. 4.5 mit weiteren Hinweisen).  
Rechtsprechungsgemäss gilt die Zustellung der Sendung ins Postfach des Adressaten als fristauslösender Moment selbst wenn diese an einem Samstag erfolgt ist. Der Umstand, dass der betroffene Adressat die Sendung erst am darauf folgenden Montag aus dem Postfach holt, ist unerheblich (vgl. Urteile 8C_665/2022 vom 15. Dezember 2022 E. 4.5; 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 3.3; 2C_1126/2014 vom 20. Februar 2015 E. 2.2). Allfällige Fehler bei der Postzustellung liegen auch bei dieser Zustellungsart nicht ausserhalb jeder Wahrscheinlichkeit. Eine fehlerhafte Postzustellung ist allerdings nicht zu vermuten, sondern nur anzunehmen, wenn sie aufgrund der Umstände plausibel erscheint (BGE 142 III 599 E. 2.4.1; Urteile 8C_665/2022 vom 15. Dezember 2022 E. 4.5; 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 3.3). 
 
3.6. Schliesslich hat das Bundesgericht bereits erwogen, dass die verfügende Behörde durch die Wahl der Zustellungsform nicht in rechtsungleicher Weise Einfluss auf die Dauer der Rechtsmittelfrist nimmt, denn die Rechtsmittelfrist ist bei jeder Zustellform gleich lang. Sie wird stets dann ausgelöst, wenn die Sendung in den Verfügungsbereich des Empfängers gelangt und dieser vom Inhalt der Sendung Kenntnis nehmen kann (vgl. Urteile 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 5.2; 8C_124/2019 vom 23. April 2019 E. 8.2.2; 2C_784/2015 vom 24. September 2015 E. 2.2). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich und wird auch nicht substanziiert dargetan (Art. 106 Abs. 2 BGG), inwiefern die Wahl der Versandart bzw. des Versandzeitpunkts, wie der Beschwerdeführer behauptet, die Beschwerdefrist in treuwidriger Weise (Art. 9 BV) verkürze.  
 
3.7. Vorliegend lässt sich dem angefochtenen Urteil entnehmen, dass die Verfügung des Migrationsamts vom 10. Februar 2023 per A-Post Plus versandt und gemäss Sendungsverfolgung der Post am Samstag, den 11. Februar 2023, in das Postfach des Rechtsvertreters gelegt wurde (vgl. angefochtenes Urteil, Sachverhalt lit. A sowie E. 4.1). Der Beschwerdeführer zeigt keine Umstände auf, die eine fehlerhafte Zustellung als plausibel erscheinen liessen. Vielmehr beschränkt er sich darauf, mit Nichtwissen zu bestreiten, ob sich die Verfügung des Migrationsamts auch tatsächlich am Samstagmorgen im Postfach seines Rechtsvertreters befunden habe. Folglich ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die Sendung am 11. Februar 2023 in den Machtbereich des Beschwerdeführers gelangt ist.  
Im Übrigen macht er nicht substanziiert geltend, dass er keinen faktischen Zugriff auf sein Postfach gehabt habe bzw. dass eine effektive Kenntnisnahme am gleichen Tag nicht möglich gewesen sei. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass das Postfach der Kanzlei seines Rechtsvertreters, wie er behauptet, vom Sekretariatspersonal geleert wird, welches am Wochenende nicht arbeite. Das Bundesgericht hat bereits erwogen, dass es im Verantwortungsbereich des Empfängers liegt, das Postfach selbst an einem Samstag zu leeren. Dies gilt auch, wenn der Empfänger eine Anwaltskanzlei ist (Urteile 8C_665/2022 vom 15. Dezember 2022 E. 4.6; 2C_1032/2019 vom 11. März 2020 E. 5.3.3 mit Hinweisen). 
 
3.8. Im Ergebnis ist die Vorinstanz in bundesrechtskonformer Weise zum Schluss gelangt, dass die Verfügung des Migrationsamts dem Beschwerdeführer am Samstag, den 11. Februar 2023 eröffnet wurde. Folglich begann die 20-tägige Beschwerdefrist am Sonntag, den 12. Februar 2023 zu laufen und endete am Freitag, den 3. März 2023. Die am 6. März 2023 erhobene Beschwerde war somit verspätet. Das angefochtene Urteil ist weder willkürlich noch verletzt es andere verfassungsmässige Rechte des Beschwerdeführers.  
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
4.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat der unterliegende Beschwerdeführer die umständehalber reduzierten Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Verwaltungsrechtliche Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov