2C_26/2024 19.01.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_26/2024  
 
 
Urteil vom 19. Januar 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwalt Elias Hörhager, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau, Rechtsdienst, 
Bahnhofplatz 3C, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 8. Dezember 2023 (WBE.2023.278). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1985), von Albanien, heiratete am 30. Oktober 2015 in Grossbritannien eine polnische Staatsangehörige. Diese reiste am 27. September 2017 in die Schweiz ein und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. A.________ wurde am 14. Dezember 2017 eine bis zum 31. Oktober 2022 gültige Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA zum Verbleib bei der Ehefrau erteilt.  
Die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 4. Februar 2021 geschieden. Die Ex-Ehefrau hatte die Schweiz bereits am 21. September 2018 verlassen. 
Am 19. April 2023 verfügte das Amt für Migration und Integration Kanton Aargau (nachfolgend: Migrationsamt) die Nichtverlängerung der am 31. Oktober 2022 abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. 
 
1.2. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen der Rechtsdienst des Migrationsamts mit Einspracheentscheid vom 20. Juli 2023 sowie das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, mit Urteil vom 8. Dezember 2023 ab.  
 
1.3. A.________ gelangt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten bzw. subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 15. Januar 2024 an das Bundesgericht und beantragt, es sei das Urteil vom 8. Dezember 2023 aufzuheben und es sei ihm die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen bzw. zu verlängern. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Prozessual ersucht er um aufschiebende Wirkung.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide ausgeschlossen, welche Bewilligungen betreffen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumen oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartun kann, dass ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht; ob die jeweils erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der inhaltlichen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1). Ist die Zulässigkeit eines Rechtsmittels zweifelhaft, umfasst die Begründungspflicht gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG grundsätzlich auch die Eintretensvoraussetzungen (vgl. BGE 134 II 45 E. 2.2.3; 133 II 249 E. 1.1; Urteil 2C_682/2021 vom 3. November 2021 E. 1.1).  
 
2.2. Verfahrensgegenstand bildet einzig die Nichtverlängerung einer bereits abgelaufenen Aufenthaltsbewilligung und nicht, wie der Beschwerdeführer anzunehmen scheint, (auch) der Widerruf einer Bewilligung, die noch Rechtswirkungen entfaltet. In einem solchen Fall steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur offen, wenn ein Anspruch auf Verlängerung besteht (vgl. Urteil 2C_407/2020 vom 24. August 2021 E. 1).  
 
2.3. Der Beschwerdeführer, dessen Ehe mit einer EU-Staatsangehörigen unbestrittenermassen geschieden wurde, kann keinen Aufenthaltsanspruch mehr aus dem FZA (SR 0.142.112.681) ableiten (vgl. u.a. Urteil 2C_407/2020 vom 24. August 2021 E. 2).  
Ebensowenig kann er sich auf Art. 50 AIG (SR 412.20) berufen, um daraus einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung abzuleiten. Denn die Aufenthaltsansprüche nach Art. 50 AIG knüpfen gemäss dem klaren Wortlaut des Gesetzes an diejenigen von Art. 42 und 43 AIG an und setzen damit voraus, dass der Ehegatte, von dem die Bewilligung abgeleitet wurde, das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung in der Schweiz besass (vgl. Urteil 2C_202/2018 vom 19. Juli 2019 E. 3.1). Zwar hat das Bundesgericht mit Blick auf das Diskriminierungsverbot von Art. 2 FZA festgehalten, dass Art. 50 AIG auch dann anzuwenden ist, wenn der Ex-Ehegatte - wie vorliegend - nur eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und nicht eine Niederlassungsbewilligung besass. Vorausgesetzt wird jedoch, dass der EU-angehörige Ex-Ehegatte noch über ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz verfügt (vgl. zum Ganzen BGE 144 II 1 E. 4). Dies ist hier nicht der Fall, zumal die Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers nach den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz die Schweiz am 21. September 2018 verlassen bzw. sich ins Ausland abgemeldet und in der Folge ihr hiesiges Aufenthaltsrecht verloren hat. 
 
2.4. Art. 77 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201), auf welchen sich der Beschwerdeführer beruft, begründet angesichts seiner potestativen Formulierung keinen Bewilligungsanspruch (vgl. Urteile 2C_516/2023 vom 19. Oktober 2023 E. 2.2; 2C_485/2023 vom 21. September 2023 E. 2.2; 2C_14/2023 vom 12. Januar 2023 E. 2.2). Dass und inwiefern sich aus Art. 2 FZA (allenfalls i.V.m. Art. 77 VZAE) ein Bewilligungsanspruch des Beschwerdeführers, dessen Ex-Ehefrau nach dem Gesagten im Ausland lebt und über kein Aufenthaltsrecht mehr in der Schweiz verfügt (vgl. E. 2.3 hiervor) ergeben soll, wird in der Beschwerde nicht rechtsgenüglich dargetan.  
 
2.5. Ein anderweitiger potenzieller Bewilligungsanspruch ist nicht ersichtlich und wird nicht in vertretbarer Weise geltend gemacht. So kann der Beschwerdeführer, der sich erst seit November 2017 in der Schweiz aufhält, aus BGE 144 I 266 und der darin aufgestellten Vermutung, dass eine ausländische Person nach einem zehnjährigen rechtmässigen Aufenthalt als integriert gelten könne (vgl. dort E. 3.9), keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung gestützt auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) ableiten. Besondere Umstände, wonach in seinem Fall - trotz kürzerer Aufenthaltsdauer - eine besonders ausgeprägte Integration vorliegen soll (vgl. hierzu BGE 149 I 207 E. 5.3), tut er nicht substanziiert dar. Seine Vorbringen, wonach er eine unbefristete Arbeitsstelle habe, über ein grosses Beziehungsnetz verfüge und mit den Gepflogenheiten der Schweiz vertraut sei, reichen nicht aus, um eine über eine normale Integration hinausgehende Verwurzelung bzw. besonders intensive Verbindung zur Schweiz darzutun.  
Im Übrigen fällt die Berufung auf den Schutz des Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 13 Abs. 1 BV von vornherein ausser Betracht, zumal die Beschwerdeführerin über keine Kernfamilie in der Schweiz verfügt. 
 
2.6. Im Ergebnis gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, in vertretbarer Weise darzutun, dass er Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung hat. Die Eingabe erweist sich als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig.  
 
2.7. Zu prüfen bleibt die Zulässigkeit der gleichzeitig erhobenen subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG).  
Mangels Aufenthaltsanspruchs in der Schweiz sind in diesem Rahmen ausschliesslich Rügen bezüglich verfahrensrechtlicher Punkte zulässig, deren Verletzung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann ("Star"-Praxis; vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 137 II 305 E. 2; Urteil 2D_24/2022 vom 16. Juni 2022 E. 5.2). Solche Rügen erhebt der Beschwerdeführer nicht. 
Sollte er mit seinen Vorbringen, wonach die Vorinstanz das Vorliegen wichtiger Gründe für ein Getrenntleben der Eheleute gemäss Art. 49 AIG und Art. 76 VZAE nicht geprüft habe, Verletzungen des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BGG) geltend machen sollen, ist festzuhalten, dass diese Rügen auf die Überprüfung der Rechtmässigkeit der Nichterteilung einer Ermessensbewilligung gemäss Art. 77 VZAE abzielen. Sie können nicht getrennt von der Bewilligungsfrage geprüft werden und sind demzufolge unzulässig (vgl. Urteil 2D_32/2022 vom 26. November 2022 E. 2.2-2.4 mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Die Eingabe erweist sich sowohl als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch als subsidiäre Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unzulässig. Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a) nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos.  
 
3.2. Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Januar 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov