1C_263/2022 05.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_263/2022  
 
 
Urteil vom 5. März 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiberin Hänni. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. Schweizer Heimatschutz SHS, 
handelnd durch Schwyzer Heimatschutz, 
2. Pro Natura - Schweizerischer Bund für 
Naturschutz, 
Beschwerdeführer, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Ursula Ramseier, 
 
gegen  
 
A.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sergio Giacomini, 
 
Gemeinderat Arth, 
Rathausplatz 6, Postfach 263, 6415 Arth, 
Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 14, 6430 Schwyz, 
Regierungsrat des Kantons Schwyz, 
Bahnhofstrasse 9, 6430 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung Neubau Ferienresidenz mit Restaurant und Verlegung einer Hauszufahrt, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz, Kammer III, vom 25. Februar 2022 (III 2020 215). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 21. April 2017 ersuchte die B.________ AG (ab 19. Juli 2021 als "A.________ AG" firmierend) die Gemeinde Arth um eine Bewilligung für den Neubau einer Ferienresidenz mit Restaurant auf den Grundstücken KTN 2246 und KTN 2260 (Staffelweg 2, Riedboden, Rigi Klösterli). Am 12. August 2019 ersuchte die B.________ AG die Gemeinde Arth zudem um eine Bewilligung für die Verlegung der Hauszufahrt auf denselben Grundstücken. Gegen beide Projekte erhoben u.a. der Schweizer Heimatschutz, der Schwyzer Heimatschutz, Pro Natura - Schweizerischer Bund für Naturschutz sowie Pro Natura Schwyz Einsprache. 
Mit zwei separaten Beschlüssen vom 16. Dezember 2019 wies der Gemeinderat Arth die Einsprachen gegen die Projekte ab, insoweit darauf eingetreten wurde, und erteilte zum einen die Baubewilligung für den Neubau einer Ferienresidenz mit Restaurant unter Auflagen und Bedingungen, zum anderen die Bewilligung für die Verlegung der Hauszufahrt auf den Grundstücken KTN 2246 und KTN 2260. 
 
B.  
Die Beschwerden des Schweizerischen Heimatschutzes, des Schwyzer Heimatschutzes, der Pro Natura - Schweizerischer Bund für Naturschutz und der Pro Natura Schwyz zunächst beim Regierungsrat des Kantons Schwyz und dann beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wurden mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 bzw. mit Urteil vom 25. Februar 2022 abgewiesen. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 9. Mai 2022 haben der Schweizer Heimatschutz und Pro Natura - Schweizerischer Bund für Naturschutz beim Bundesgericht Beschwerde erhoben und beantragen im Wesentlichen die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts und die Nichtbewilligung der beiden Baugesuche. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 10. Juni 2022 erteilte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. 
 
E.  
Mit Eingabe vom 14. Juli 2023 informierte das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz das Bundesgericht über die bevorstehende betreibungsamtliche Grundstücksteigerung der streitbetroffenen Liegenschaften KTN 2246 und KTN 2260. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2023 teilte das Verwaltungsgericht dem Bundesgericht sodann mit, die streitbetroffenen Grundstücke seien am 18. Oktober 2023 versteigert worden. 
In der Folge forderte das Bundesgericht die Beschwerdegegnerin per Verfügung vom 17. November 2023 dazu auf, zu diesem Ereignis Stellung zu nehmen und sich insbesondere dazu zu äussern, ob sie am Bauvorhaben festhalten wolle. Mit Schreiben vom 11. Dezember 2023 teilte der Anwalt der Beschwerdegegnerin dem Bundesgericht mit, er habe noch keine Instruktionen von seiner Klientin erhalten und könne keine Stellungnahme abgeben. 
Mit Verfügung vom 22. Januar 2024 lud das Bundesgericht die neue Eigentümerin der streitbetroffenen Liegenschaften, die C.________ AG, zur Stellungnahme ein. Diese teilte dem Bundesgericht per Schreiben vom 26. Januar 2024 mit, sie werde die beiden Bauvorhaben der bisherigen Eigentümerin gemäss Baubewilligungen vom 16. Dezember 2019 nicht umsetzen, sondern plane, in Zusammenarbeit mit den Umweltverbänden, ein neues Projekt auszuarbeiten und als Baugesuch einzureichen. 
 
F.  
Mit Verfügung vom 2. Februar 2024 wies das Bundesgericht die Parteien darauf hin, dass bei dieser Sachlage ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung der Streitsache a priori nicht mehr anerkannt werden könne und lud sie zur erneuten Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführenden, das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Schwyz haben sich in der Folge dazu geäussert. Die Beschwerdegegnerin hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Nach Art. 32 Abs. 1 BGG entscheidet der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin einzelrichterlich über die Abschreibung von Verfahren zufolge Gegenstandslosigkeit, Rückzugs oder Vergleichs. Es handelt sich dabei um eine Befugnis und keine Pflicht: Abschreibungsentscheide dürfen auch im ordentlichen Verfahren gefällt werden (vgl. z.B. Urteile 9C_749/2019 vom 21. Februar 2020 und 2C_886/2016 vom 16. Februar 2017; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, Commentaire de la LTF, N. 13 ad Art. 32, 3. Aufl. 2022).  
Ein Rechtsstreit wird dann gegenstandslos, wenn im Verlaufe des Verfahrens eine Sachlage eintritt, angesichts derer ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung der Streitsache nicht mehr anerkannt werden kann (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 139 I 206 E. 1.1; AUBRY GIRARDIN, a.a.O., N. 14 ad Art. 32; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 326). 
 
1.2. Vorliegend erteilte der Gemeinderat Arth der Beschwerdegegnerin mit Entscheiden vom 16. Dezember 2019 für die Grundstücke KTN 2246 und KTN 2260 (Staffelweg 2, Riedboden, Rigi Klösterli) zwei Baubewilligungen, die sowohl vom Regierungsrat wie auch vom Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz geschützt wurden. Gegen das kantonal letztinstanzliche Urteil haben zwei Naturschutzorganisationen beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Am 18. Oktober 2023, d.h. im Verlaufe des bundesgerichtlichen Verfahrens, wurden die streitbetroffenen Grundstücke jedoch versteigert. Während die neue Eigentümerin schriftlich erklärte, die Bauvorhaben gemäss Baubewilligungen vom 16. Dezember 2019 nicht umsetzen zu wollen, liess sich die bisherige Eigentümerin, d.h. die Beschwerdegegnerin, trotz wiederholter Aufforderung nicht vernehmen.  
Bei dieser Sachlage kann ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung der Streitsache nicht mehr anerkannt werden: zum einen kann die bisherige Eigentümerin, d.h. die Beschwerdegegnerin, ihr Bauvorhaben aufgrund der Veräusserung der Liegenschaften nicht mehr verwirklichen; zum anderen hat die neue Eigentümerin klar erklärt, die Bauvorhaben gemäss Baubewilligungen vom 16. Dezember 2019 nicht umsetzen zu wollen. Das Verfahren ist somit als gegenstandslos abzuschreiben. 
 
1.3. Die Abschreibung als gegenstandslos des vorliegenden Verfahrens hat zur Folge, dass weder die Baubewilligungen vom 16. Dezember 2019 noch der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 25. Februar 2022 in Kraft treten.  
 
2.  
 
2.1. Art. 32 BGG enthält keine Vorschriften zur Kostenverteilung, weshalb als ergänzendes Recht Art. 72 BZP zur Anwendung kommt (vgl. Art. 71 BGG). Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos, entscheidet nach Art. 72 BZP das Gericht mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes. Lässt sich der mutmassliche Ausgang des Verfahrens nicht feststellen, so sind allgemeine prozessrechtliche Kriterien heranzuziehen. Danach wird jene Partei kosten- und entschädigungspflichtig, welche das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat oder in welcher die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass das Verfahren gegenstandslos geworden ist (BGE 118 Ia 488 E. 4.a; Urteile 2C_655/2023 vom 1. Februar 2024 E. 2.3; 2C_611/2020 vom 3. August 2020 E. 5).  
 
2.2. Vorliegend hat die baugesuchstellende Beschwerdegegnerin die streitbetroffenenen Grundstücke veräussert bzw. wurden diese während des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zwangsversteigert. Die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens ist also der Beschwerdegegnerin zuzurechnen; sie wird sowohl kosten- wie auch entschädigungspflichtig.  
Für die Neuverteilung der Kosten der kantonalen Verfahren ist die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz zurückzuweisen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. 
Weder der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 25. Februar 2022 noch die Baubewilligungen der Gemeinde Arth vom 16. Dezember 2019 treten in Kraft. 
Die Sache wird zur Neuverteilung der Kosten der kantonalen Verfahren an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführenden für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Arth, dem Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz, dem Regierungsrat des Kantons Schwyz, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, und dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 5. März 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Hänni