5A_443/2023 12.10.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_443/2023  
 
 
Urteil vom 12. Oktober 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Beeler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Livio Stocker, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Anwendbarer Güterstand (Ehescheidung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, vom 11. Mai 2023 
(Z1 2022 18). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.A.________ (geb. 1942) und B.A.________ (geb. 1952) heirateten am xx.xx.1990 vor dem Zivilstandsamt U.________/ZG. Sie haben keine gemeinsamen Kinder.  
 
A.b. Am 5. September 1998 schloss das Ehepaar einen öffentlich beurkundeten Ehevertrag ab. Gemäss Ziff. 3 des Vertrags wählten sie als ihren (neuen) Güterstand die Gütertrennung nach Art. 247 ff. ZGB. In Ziff. 13 erklärten sie, der Ehevertrag habe bei Auflösung der Ehe durch Ehescheidung keine Gültigkeit.  
 
A.c. Mit Entscheid vom 25. November 2015 hob der Einzelrichter am Bezirksgericht Willisau den gemeinsamen Haushalt der Ehegatten rückwirkend per 1. Juli 2015 auf.  
 
A.d. Am 26. März 2021 reichte A.A.________ beim Kantonsgericht Zug gegen B.A.________ die Scheidungsklage ein. Nachdem die Einigungsverhandlung vom 15. Juni 2021 erfolglos geblieben war, beschränkte das Kantonsgericht mit Entscheid vom 29. Juni 2021 das Verfahren einstweilen auf die Frage des anwendbaren Güterstands. Mit Entscheid vom 14. September 2022 stellte es fest, dass die Parteien gemäss Ehevertrag vom 5. September 1998 dem Güterstand der Gütertrennung unterstehen.  
 
A.e. Mit Urteil vom 11. Mai 2023 wies das Obergericht des Kantons Zug die von A.A.________ gegen diesen Entscheid gerichtete Berufung ab und wies die Sache zur Weiterführung des Verfahrens an das Kantonsgericht zurück.  
 
B.  
A.A.________ (Beschwerdeführer) wendet sich mit Beschwerde in Zivilsachen vom 12. Juni 2023 an das Bundesgericht. Diesem beantragt er, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die güterrechtliche Auseinandersetzung im laufenden Scheidungsverfahren vor dem Kantonsgericht Zug unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung durchzuführen sei. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dem Begehren, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, entsprach der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung mit Verfügung vom 3. Juli 2023. Im Übrigen hat sich das Bundesgericht die Akten des kantonalen Verfahrens überweisen lassen, in der Sache jedoch keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 89 E. 1; 145 II 168 E. 1; 144 II 184 E. 1). 
 
2.  
Angefochten ist der Entscheid, mit dem das Obergericht den erstinstanzlichen Entscheid bestätigt, dem zufolge die Parteien gemäss dem Ehevertrag vom 5. September 1998 dem Güterstand der Gütertrennung unterstehen. Unter Vorbehalt des im Folgenden Gesagten sind die Voraussetzungen für das Eintreten erfüllt (Art. 72, 74-76 und 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 45 Abs. 1 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Gegenstand des bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ist ein Rückweisungsentscheid. Rückweisungsentscheide kantonaler Rechtsmittelinstanzen schliessen das Verfahren nicht ab und sind somit nach der Rechtsprechung keine End-, sondern Vor- und Zwischenentscheide (BGE 144 III 253 E. 1.3 und 1.4 mit Hinweisen). Abgesehen vom hier nicht gegebenen Spezialfall nach Art. 92 BGG ist die Beschwerde gegen solche Entscheide nur zulässig, wenn der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 Bst. b BGG).  
Im vorliegenden Fall könnte die Gutheissung der Beschwerde keinen Endentscheid herbeiführen: Weder würde mit dem Entscheid, die Beschwerde gutzuheissen, das Scheidungsverfahren abgeschlossen noch die güterrechtliche Auseinandersetzung zum Abschluss gebracht. Geklärt würde einzig die (Vor-) Frage, nach welchen Regeln das Kantonsgericht die güterrechtliche Auseinandersetzung vornehmen muss. Schon deshalb scheidet die Möglichkeit aus, dass das Bundesgericht gestützt auf Art. 93 Abs. 1 Bst. b BGG auf die Beschwerde eintritt. Zu prüfen bleibt so einzig, ob dem Beschwerdeführer ein nicht wieder gutzumachender Nachteil (Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG) droht, wenn der Prozess auf der Basis seine Fortsetzung findet, dass die Parteien auch im Fall der Scheidung dem Güterstand der Gütertrennung unterliegen. 
 
3.2. Der drohende nicht wieder gutzumachende Nachteil muss rechtlicher Natur sein. Das setzt voraus, dass er sich auch mit einem späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigen lässt. Ausschlaggebend ist also, wie sich der Zwischenentscheid auf die Hauptsache auswirkt. Die blosse Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur genügt. Dagegen reichen rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung nicht aus (BGE 141 III 395 E. 2.5; 138 III 190 E. 6; 137 III 380 E. 1.2.2 mit Hinweisen). Der blosse Umstand, zu einer Geldleistung verpflichtet zu werden, stellt grundsätzlich keinen rechtlichen Nachteil im beschriebenen Sinn dar (BGE 138 III 333 E. 1.3.1; 137 III 637 E. 1.2). Nach der Rechtsprechung obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen nach Art. 93 Abs. 1 BGG im konkreten Fall erfüllt sind, es sei denn, deren Vorliegen springe geradezu in die Augen (BGE 141 III 395 E. 2.5; 137 III 324 E. 1.1; 134 III 426 E. 1.2 mit Hinweisen). Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 142 III 798 E. 2.2; 141 III 80 E. 1.2). Die Ausnahme ist daher restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2 mit Hinweisen).  
 
3.3. Der Beschwerdeführer begründet den nicht wieder gutzumachenden Nachteil damit, dass das Obergericht Art. 182 Abs. 2 ZGB i. V.m. Art. 1 OR offensichtlich unrichtig anwende. Durch den Vorentscheid des Obergerichts könne das Scheidungsverfahren und die damit verbundene güterrechtliche Auseinandersetzung der Parteien vollzogen werden. Das Urteil des Obergerichts stelle endgültig fest, dass der Ehevertrag der Parteien teilweise ungültig sei und die Parteien dem Güterstand der Gütertrennung unterstünden. Mit dem Vorentscheid werde folglich präjudiziert, dass im hängigen Scheidungsverfahren die güterrechtliche Auseinandersetzung unter dem Güterstand der Gütertrennung durchgeführt werde. Die Parteien könnten den Entscheid des anwendbaren Güterstands erst mit dem Scheidungsurteil anfechten. Die Frage des anwendbaren Güterstands sei jedoch eine zentrale Voraussetzung für den weiteren Verlauf des Scheidungsverfahrens bzw. der güterrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren. Bei Annahme der Gütertrennung gebe es im Gegensatz zur Errungenschaftsbeteiligung keine eigentliche güterrechtliche Auseinandersetzung, da die Auflösung - mit Ausnahme von Art. 251 ZGB betreffend Vermögenswerte im Miteigentum - keine güterrechtlichen Ansprüche entstehen lasse. Die Auflösung des Güterstands beschränke sich auf die Rücknahme der Vermögenswerte und die Regelung der Schulden. Damit das Scheidungsverfahren bzw. die güterrechtliche Auseinandersetzung fortgeführt werden könne, bedürfe es der Feststellung über den massgeblichen Güterstand. Mit dem Vorentscheid des Obergerichts sei festgelegt, dass die Parteien dem Güterstand der Gütertrennung unterstellt sind und die güterrechtliche Auseinandersetzung demzufolge nach diesem Güterstand vorzunehmen ist, was später nicht wieder gutzumachen sei.  
Der Nachteil, den er, der Beschwerdeführer, erleide, liesse sich mit einem ordentlichen Rechtsmittel nur mit "äusserst unverhältnismässigem" Aufwand korrigieren. Genau deshalb habe das Kantonsgericht die Frage nach dem anwendbaren Güterstand bewusst vom Hauptverfahren abgetrennt. Das Scheidungsverfahren dauere nun schon mehr als zwei Jahre. Da die Frage des anwendbaren Güterstands eine zentrale Frage im hängigen Scheidungsverfahren sei, müsse die Frage nun höchstrichterlich entschieden werden, damit das Scheidungsverfahren zu einem Ende geführt werden könne. Der Beschwerdeführer erleide durch das angefochtene Urteil einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, wenn die Frage des anwendbaren Güterstands nicht bereits jetzt, d.h. vor der Durchführung des eigentlichen Scheidungsverfahrens, verbindlich festgelegt werde. 
 
3.4. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zu belegen. Allein die Tatsache, dass das Bundesgericht eine Rechtsfrage noch nicht beantwortet hat, bedeutet nicht, dass dem Beschwerdeführer deswegen ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Dafür genügt es auch nicht, dass die Beantwortung der Frage für die Fortsetzung des Verfahrens von grosser Bedeutung ist. Ebenso wenig ist von Belang, dass die Vorinstanz auf die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Feststellungsentscheid der ersten Instanz eingetreten ist. Die Voraussetzungen, unter denen das Bundesgericht auf eine Beschwerde gegen einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG eintritt, decken sich nicht mit Regeln, nach denen ein Zwischenentscheid im Sinne der ZPO mit Berufung oder Beschwerde angefochten werden kann (s. Art. 237 i.V.m. Art. 308 Abs. 1 Bst. a sowie Art. 319 Bst. a und b ZPO). Im konkreten Fall räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass eine spätere Korrektur des in seinen Augen bundesrechtswidrigen Vor- bzw. Zwischenentscheids nicht ausgeschlossen ist. Schliesslich wird auch die Ehefreiheit nicht ernsthaft in Frage gestellt, wenn die güterrechtliche Auseinandersetzung allenfalls wiederholt werden müsste. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich diesbezüglich vom Fall, dass wegen des Streits um die Nebenfolgen die an sich unumstrittene Scheidung hinausgezögert wird (BGE 144 III 298).  
 
3.5. Die Voraussetzungen sind damit nicht gegeben, um auf die Beschwerde einzutreten (Art. 93 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdeführer bleibt es unbenommen, sein Anliegen nach Vorliegen eines Endentscheids dem Bundesgericht erneut vorzulegen (Art. 93 Abs. 3 BGG).  
 
4.  
Beim geschilderten Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1). Der Beschwerdegegnerin, die sich lediglich zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu vernehmen hatte, mit ihren dort gestellten Anträgen aber unterlag, ist keine Entschädigung geschuldet. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Monn