8C_272/2022 28.10.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_272/2022  
 
 
Urteil vom 28. Oktober 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Abrecht, 
Gerichtsschreiberin Berger Götz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, handelnd durch ihre Eltern 
B.________ und C.________, 
und diese vertreten durch Procap Schweiz, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Hilflosenentschädigung, Assistenzbeitrag, Revision), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Februar 2022 (IV.2021.00303, damit vereinigt: IV.2021.00304). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 2010 geborene A.________ leidet an einer Glykogenose Typ Ia, einer angeborenen Störung des Kohlehydrat-Stoffwechsels im Sinne von Ziffer 451 des Anhangs der Verordnung über Geburtsgebrechen (GgV, SR 831.232.21; GgV Anhang). Aufgrund dieser schweren Form einer Glykogenspeicherkrankheit ist sie auf eine strikt galaktose- sowie fruktosefreie Ernährung mit Glukosezufuhr via Sonde sowie auf regelmässige Blutzuckerkontrollen angewiesen und bedarf der besonderen Wachsamkeit im Hinblick auf metabolische Entgleisungen mit Hypoglykämien (Bericht des Prof. Dr. med. D.________, Abteilung für Stoffwechselkrankheiten, Kliniken E.________, März 2011). Die Invalidenversicherung gewährte A.________ verschiedene Leistungen. So übernahm sie insbesondere Behandlungskosten sowie die Kosten für Diätmittel, Ernährungsberatung und Unterstützung durch die Kinderspitex. Mit Verfügung vom 14. Oktober 2014 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich ausserdem ab 1. Juni 2014 eine Hilflosenentschädigung für Minderjährige aufgrund einer Hilflosigkeit leichten Grades zu (bestätigt mit Mitteilungen vom 12. Februar 2015, 21. Oktober 2015 und 12. Januar 2017). Am 9. Mai 2017 erteilte sie Kostengutsprache für eine ambulante Psychotherapie wegen Einschränkungen in der psychosozialen Entwicklung. Seit 10. April 2017 richtete sie zudem einen Assistenzbeitrag von monatlich durchschnittlich Fr. 2514.40 aus (Verfügung vom 29. Juni 2017).  
 
A.b. Im Rahmen einer Revision von Amtes wegen nahm die IV-Stelle Erhebungen zur Hilflosigkeit vor (Abklärungsbericht vom 18. November 2020). Nach Durchführung zweier Vorbescheidverfahren verneinte sie in je einer separaten Verfügung vom 22. März 2021 einen künftigen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung und auf einen Assistenzbeitrag.  
 
B.  
Nachdem gegen beide Verfügungen vom 22. März 2021 separate Beschwerden eingereicht worden waren, vereinigte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Verfahren am 22. Juni 2021. Mit Urteil vom 28. Februar 2022 hob es die Verfügung betreffend Hilflosenentschädigung in Gutheissung der entsprechenden Beschwerde auf. Die Beschwerde gegen die Verfügung betreffend Assistenzbeitrag hiess es in dem Sinne gut, als es auch diese Verfügung aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit diese die erforderlichen Abklärungen zum Ausmass des Hilfebedarfs im Sinne der Erwägungen treffe und hernach über die Höhe des Assistenzbeitrags neu verfüge. 
 
C.  
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, in Aufhebung des kantonalgerichtlichen Urteils vom 28. Februar 2022 seien die Verfügungen vom 22. März 2021 zu bestätigen und es sei festzustellen, dass kein Anspruch auf Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades und Assistenzbeiträge bestehe. Ferner wird um Gewährung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels ersucht. 
A.________ lässt ohne weitere Ausführungen, unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Gerichtsurteil, auf Abweisung der Beschwerde schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
D.  
Mit Verfügung vom 1. Juli 2022 hat der Instruktionsrichter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft die Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 II 153 E. 1.1 mit Hinweis; Urteil 8C_770/2020 vom 21. September 2021 E. 1). 
 
1.1. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG). Gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde hingegen nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.2. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die vorinstanzliche Gutheissung in Bezug auf die Hilflosenentschädigung und Rückweisung an die IV-Stelle hinsichtlich des Assistenzbeitrags, damit nach den notwendigen Abklärungen zum Ausmass des Hilfebedarfs über die Höhe des Assistenzbeitrags befunden werde. Hinsichtlich der Hilflosenentschädigung liegt ein Endentscheid vor, gegen den die Beschwerde ohne weiteres zulässig ist.  
 
1.2.1. Da mit dem Weiterbestehen des Anspruchs auf eine Hilflosenentschädigung auch die Voraussetzungen für einen Assistenzbeitrag erfüllt wären, dient die Rückweisung hinsichtlich des Assistenzbeitrags nur dazu, diesen betragsmässig festzulegen. Diesbezüglich ist nicht von einem Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG auszugehen, da das kantonale Gerichtsurteil das Verfahren nicht abschliesst. Mit der angefochtenen Rückweisung hat das kantonale Gericht die Streitsache in Bezug auf den Assistenzbeitrag weder materiell entschieden noch formell abschliessend behandelt. Vielmehr bleibt die Rechtshängigkeit durch die Rückweisung erhalten und die IV-Stelle, an welche die Sache zurückgewiesen wird, muss das Verfahren nach weiteren Abklärungen mit einer neuen Verfügung bezüglich Assistenzbeitrag abschliessen. Sie ist damit trotz der aus ihrer Sicht fehlenden Ansprüche auf eine Hilflosenentschädigung und auf einen Assistenzbeitrag gezwungen, über die Höhe des Assistenzbeitrags zu befinden.  
 
1.2.2. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist rechtlicher Natur, wobei die blosse Möglichkeit genügt, dass ein solcher besteht (BGE 137 V 314 E. 2.2.1). Dies setzt voraus, dass er durch ein späteres günstiges Urteil nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann. Vorliegend wird im Ergebnis - vom Standpunkt der IV-Stelle aus gesehen - mit der Rückweisung missachtet, dass zufolge eines fehlenden Anspruchs auf Hilflosenentschädigung auch kein Assistenzbeitrag geschuldet ist. Könnte die Verwaltung die kantonalgerichtliche Rückweisung vom 28. Februar 2022 nicht anfechten, wäre sie also gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung über die Höhe des Assistenzbeitrags zu erlassen. Diesen Verwaltungsakt könnte sie in der Folge nicht selber anfechten und die Beschwerdegegnerin wird kein Interesse haben, sich in einem weiteren Rechtsmittelverfahren gegen den Anspruch auf einen Assistenzbeitrag an sich zu wehren. Die Rückweisung bewirkt damit einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil für den Versicherer (vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2).  
 
1.3. Neben dem nicht wieder gutzumachenden Nachteil hinsichtlich des Zwischenentscheids in Bezug auf den Assistenzbeitrag (E. 1.2.2 hiervor) sind auch die weiteren formellen Voraussetzungen erfüllt, weshalb auf die Beschwerde insgesamt einzutreten ist.  
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4). 
 
3.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Aufhebung der Verfügungen vom 22. März 2021 einen Anspruch der Beschwerdegegnerin auf Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades und im Grundsatz auch einen Anspruch auf einen Assistenzbeitrag bejahte sowie die Angelegenheit zur Festlegung der Höhe des Assistenzbeitrags an die IV-Stelle zurückwies. 
 
3.1. Am 1. Januar 2022 traten im Zuge der Weiterentwicklung der IV revidierte Bestimmungen im IVG (SR 831.20) sowie im ATSG (SR 830.1) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535), dies mitsamt entsprechendem Verordnungsrecht. Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Verfügungen ergingen vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV, SR 831.201) sowie des ATSG und der ATSV (SR 830.11) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
3.2. Das kantonale Gericht legte die Bestimmungen und Grundsätze zum Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung (Art. 9 ATSG; vgl. BGE 133 V 450 E. 2.2.1) und die für deren Höhe wesentliche Unterscheidung dreier Hilflosigkeitsgrade (schwer, mittelschwer und leicht; Art. 42 Abs. 1, 2 und 3 IVG; Art. 37 Abs. 1 bis 3 IVV), zur Bemessung der Hilflosigkeit bei Minderjährigen (Art. 37 Abs. 4 IVV), zum Anspruch auf einen Assistenzbeitrag für Minderjährige (Art. 42quater bis 42octies IVG, Art. 39a lit. a IVV; vgl. BGE 147 V 251) sowie zur Revision der Hilflosenentschädigung und des Assistenzbeitrags (Art. 17 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 87 bis 88bis und Art. 35 Abs. 2 Satz 1 IVV; BGE 137 V 424 E. 3.1; 133 V 108 E. 5.4) zutreffend dar. Darauf wird verwiesen.  
 
3.3. Hervorzuheben ist, dass die dauernde persönliche Überwachung (vgl. Art. 37 Abs. 1, Abs. 2 lit. b und Abs. 3 lit. b IVV) ein eigenständiges Bemessungskriterium ist, das sich nicht auf die alltäglichen Lebensverrichtungen bezieht. Sie umfasst vielmehr Hilfeleistungen, die nicht bereits als direkte oder indirekte Hilfe in einer Lebensverrichtung berücksichtigt werden (Urteil 8C_393/2021 vom 13. Oktober 2021 E. 3.2.2.1 mit Hinweisen). Eine dauernde persönliche Überwachungsbedürftigkeit darf angenommen werden, wenn die versicherte Person infolge ihres physischen und/oder psychischen Gesundheitszustands ohne Überwachung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sich selbst oder andere Personen gefährden würde (Urteil 8C_393/2021 vom 13. Oktober 2021 E. 3.2.2.2; Ziff. 8035 des Kreisschreibens des BSV über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSIH]). Um als anspruchsrelevant zu gelten, muss die persönliche Überwachung ein gewisses Mass an Intensität aufweisen. "Dauernd" heisst nicht rund um die Uhr, sondern ist als Gegensatz zu "vorübergehend" zu verstehen. Dies kann nach der Rechtsprechung erfüllt sein, wenn bei einer versicherten Person z.B. Anfälle zuweilen nur alle zwei bis drei Tage auftreten, diese aber unvermittelt und oft auch täglich oder täglich mehrmals erfolgen, sodass tägliche Überwachung vonnöten ist. Das Erfordernis der Dauer bedingt auch nicht, dass die betreuende Person ausschliesslich an die überwachte Person gebunden ist. Ob Hilfe und persönliche Überwachung notwendig sind, ist objektiv nach dem Zustand der versicherten Person zu beurteilen (Urteil 8C_393/2021 vom 13. Oktober 2021 E. 3.2.2.2 mit Hinweis).  
Bei behinderten Minderjährigen ist nur der Mehrbedarf an Hilfeleistung und persönlicher Überwachung im Vergleich zu nicht behinderten Minderjährigen gleichen Alters zu berücksichtigen (Art. 37 Abs. 4 IVV). Diese Sonderregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei Kleinkindern eine gewisse Hilfs- und Überwachungsbedürftigkeit auch bei voller Gesundheit besteht. Für die Bestimmung der Hilflosigkeit Minderjähriger dienen die im Anhang III des KSIH enthaltenen Richtlinien zur Bemessung der massgebenden Hilflosigkeit bei Minderjährigen (BGE 137 V 424 E. 3.3.3.2; Urteil 9C_75/2020 vom 9. Februar 2021 E. 4.2 und vgl. auch E. 6.4.3; zur Tragweite von Weisungen der Aufsichtsbehörde: BGE 136 V 16 E. 5.1.2 in fine; 133 V 257 E. 3.2). 
 
3.4. Die richtige Auslegung und Anwendung des Begriffs der Hilflosigkeit betrifft eine Rechtsfrage. Demgegenüber geht es bei den auf einem rechtsgenüglichen Abklärungsbericht beruhenden Feststellungen über Einschränkungen in bestimmten alltäglichen Lebensverrichtungen um Sachverhaltsfragen (Urteil 9C_381/2020 vom 15. Februar 2021 E. 2.2 mit Hinweis u.a. auf SVR 2017 IV Nr. 43 S. 128, 8C_663/2016 E. 1.2).  
 
4.  
Unter den Parteien ist unbestritten, dass Vergleichsbasis für den Nachweis einer Sachverhaltsänderung im Rahmen der strittigen Revision die Mitteilung vom 12. Januar 2017 betreffend Weitergewährung der Hilflosenentschädigung einerseits und die anspruchsverneinenden Verfügungen vom 22. März 2021 (bezüglich Hilflosenentschädigung und Assistenzbeitrag) andererseits bilden. 
 
4.1. Das kantonale Gericht stellte im Wesentlichen gestützt auf den Abklärungsbericht vom 18. November 2020 fest, vor allem aufgrund des nun normalen Tempos bei der Sondenernährung sei - verglichen mit den Verhältnissen zur Zeit der letzten Abklärung im Jahr 2017 - eine massgebliche Abnahme der Hilfsbedürftigkeit im Bereich des Essens anzunehmen. Darin sei - unabhängig davon, ob die ausgewiesenen Änderungen bei näherer Prüfung zum Dahinfallen der Hilfsbedürftigkeit in diesem Bereich führen würden - ein Revisionsgrund zu sehen. Tatsächlich sei die Beschwerdegegnerin trotz der erzielten Fortschritte auch zur Zeit der Abklärung im November 2020 noch in erheblichem Mass auf Sondennahrung angewiesen gewesen. Die Abklärerin und damit auch die IV-Stelle hätten jedenfalls den Fortbestand einer massgebenden Hilfsbedürftigkeit im Bereich des Essens zu Recht anerkannt. Da aber in den übrigen fünf alltäglichen Lebensverrichtungen keine Hilfsbedürftigkeit (mehr) bestehe und die Voraussetzungen für eine ständige und besonders aufwendige Pflege ebenfalls nicht erfüllt seien, lasse sich die Weitergewährung der Hilflosenentschädigung aufgrund einer leichten Hilflosigkeit weder auf lit. a noch auf lit. c des Art. 37 Abs. 3 IVV stützen. Was die Notwendigkeit einer dauernden persönlichen Überwachung nach Art. 37 Abs. 3 lit. b IVV angehe, sei zu berücksichtigen, dass im Beschwerdeverfahren auf die stete Gefahr einer Unterzuckerung hingewiesen worden sei. Gemäss Abklärungsbericht vom 18. November 2020 habe die Beschwerdegegnerin bis heute nicht verstanden, wie gefährlich ihre Grunderkrankung sei. Es sei ihr immer noch nicht möglich, eine Unterzuckerung anhand von Symptomen rechtzeitig zu erkennen, und sie habe - im Alter von immerhin erst zehn Jahren - ungeachtet des Trainings hierzu auch noch nicht die Fähigkeit und Zuverlässigkeit erlangt, von sich aus regelmässige Blutzuckerkontrollen vorzunehmen und die Nahrung selbstständig der Situation anzupassen. Da auch im Bericht des Spitals F.________ vom 22. Januar 2021 betreffend Psychotherapie die Förderung des Selbstmanagements der Nahrungsaufnahme als weiter bestehendes Behandlungsziel genannt werde, sei nicht davon auszugehen, dass sich an dieser Problematik bis zur Revisionsverfügung vom 22. März 2021 etwas Massgebliches verändert habe. Damit sei zwar von einer reduzierten Häufigkeit tatsächlicher Blutzuckerentgleisungen auszugehen. Zu deren Vermeidung bedürfe es jedoch nach wie vor mehrmals täglich erheblicher, engmaschiger Vorkehren der Kontrolle, Handlungsbereitschaft und Handlungskompetenz, die nicht auf Ausnahmesituationen beschränkt seien, sondern sich über den gesamten Alltag erstreckten. Diese Vorkehren würden einerseits zu den Hilfeleistungen bei der Nahrungsaufnahme hinzutreten und anderseits seien sie auch mit dem Zeitbedarf für den rein medizinisch-pflegerischen Vorgang der Blutzuckermessung nicht hinreichend erfasst. In den Jahren 2013, 2015 und 2017 sei ein Überwachungsbedarf anfänglich unter Hinweis darauf abgelehnt worden, dass auch ein gleichaltriges gesundes Kind der Überwachung bedürfe. Die bei der Beschwerdegegnerin krankheitsbedingt erforderliche Überwachungsbedürftigkeit entfalle nun jedoch bei (gleichaltrigen) nicht behinderten Minderjährigen gänzlich (Art. 37 Abs. 4 IVV), weshalb hier der gesamte Überwachungsbedarf zu berücksichtigen sei. Unter diesen Umständen genüge die Intensität den Anforderungen des Art. 37 Abs. 3 lit. b IVV. Weil folglich im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vom 22. März 2021 (hinsichtlich Hilflosenentschädigung) die Notwendigkeit einer dauernden persönlichen Überwachung im Sinne von Art. 37 Abs. 3 lit. b IVV (immer noch) bestanden habe, sei eine Hilflosigkeit leichten Grades und damit auch ein Anspruch auf eine entsprechende Hilflosenentschädigung weiterhin zu bejahen. Mit dem Weiterbestehen des Anspruchs auf eine Hilflosenentschädigung sei nach Art. 42quater Abs. 1 lit. a IVG und Art. 39a IVV auch der Assistenzbeitrag weiterhin geschuldet. Die Sache gehe an die IV-Stelle zurück, damit sie die erforderlichen Abklärungen zum Ausmass des anerkannten Hilfebedarfs treffe und hernach über die Höhe des Assistenzbeitrags neu verfüge.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Die IV-Stelle rügt, im vorliegenden Fall könne nicht von einer dauernden persönlichen Überwachung nach Art. 37 Abs. 3 lit. b IVV ausgegangen werden. Gemäss Abklärungsbericht vom 18. November 2020 werde die Beschwerdegegnerin jeweils um 7.00, 10.00, 12.30, 16.15, 19.00, 21.00, 6.30 Uhr sondiert (richtig nach besagtem Abklärungsbericht: Sondenernährung jeweils um 7.00, 10.00, 12.30, 16.15 und 19.00 Uhr sowie von 21.00 Uhr abends bis 6.30 Uhr morgens Dauersondierung mittels Sondomat). In der Nacht komme es zwei bis dreimal pro Monat vor, dass die Pumpe einen Alarm gebe, wenn der Durchfluss gestört sei. Zusammen mit den regelmässigen Blutzuckermessungen bei den Sondierungen sowie "ausserhalb der Sondenernährung" sei die Hypoglykämie kein wesentliches Problem, da diese nicht plötzlich und unvorhergesehen zu einer lebensbedrohlichen Situation führe. Unbestritten sei, dass mit den regelmässigen Blutzuckermessungen ein gewisser Aufwand verbunden sei. Die Massnahmen würden jedoch nicht ein Ausmass annehmen, das in der Intensität einer dauernden Überwachung entsprechen würde.  
Bei dieser Argumentation blendet die IV-Stelle allerdings die Angaben im Bericht des Spitals F.________ vom 8. Januar 2021 ohne weitere Begründung aus, auf den sich das kantonale Gericht - nebst anderem - bei der Beurteilung der Notwendigkeit einer dauernden Überwachung stützt. Darin benannten die medizinischen Fachpersonen die potentiell schwerwiegenden Folgen einer Hypoglykämie (Bewusstseinsverlust, komatöser Zustand, Multiorganversagen, Tod) und hielten fest, für Notfälle müsse rund um die Uhr eine kompetente Betreuungsperson verfügbar sein. Ausserdem wiesen sie darauf hin, dass die Aufrechterhaltung des Blutzuckers zwischen den Nahrungsaufnahmen tagsüber stets eine Gratwanderung zwischen Menge, Zusammensetzung und Zeit der Mahlzeit sowie deren gastrointestinaler Verträglichkeit sei. Vor diesem Hintergrund kann die vorinstanzliche Bejahung einer notwendigen dauernden Überwachung nicht als willkürlich gelten (vgl. E. 2 und 3.4 hiervor). Denn aus den eindeutigen fachärztlichen Vorgaben geht klar hervor, dass die alltägliche engmaschige Begleitung der Beschwerdegegnerin unerlässlich ist, um gefährliche Hypoglykämien zu verhindern. Nur weil die Betreuungspersonen in der Vergangenheit offensichtlich zuverlässige Hilfestellungen geleistet haben, um solche lebensbedrohlichen Zustände zu vermeiden, kann keineswegs mit der IV-Stelle angenommen werden, die Hypoglykämien seien "kein wesentliches Problem". 
 
4.2.2. Mit dem Einwand, wonach sich die Beschwerdegegnerin mit anderen Kindern draussen aufhalten könne und eine Beteiligung am "normalen" Unterricht inklusive Turnen möglich sei, weshalb während der Schulzeit nur eine kollektive Aufsicht ausgeübt werde, vermag die IV-Stelle sodann auch nicht durchzudringen. Denn unbestrittenermassen treten im Alltag häufig unvorhersehbare Situationen auf, in denen die Nährstoffabgabe durch die kompetenten Betreuungspersonen zu modifizieren ist, um zum Beispiel der Situation Rechnung zu tragen, dass sich die Beschwerdegegnerin nach dem Schwimmunterricht (für die Nahrungsaufnahme) verspätet einfindet oder überhaupt zuerst auf dem Schulareal gesucht werden muss, wenn es Zeit für eine Sondenzufuhr wäre. Eine kollektive Aufsicht verbunden mit dem Vorhandensein eines Notfallkoffers mit Glukose-Ampullen im Klassenzimmer und der Timerfunktion an der Uhr der Beschwerdegegnerin als Erinnerung für eine Blutzuckermessung würden mit Blick auf die im angefochtenen Urteil umfassend dargelegten konkreten Umstände eben gerade nicht ausreichen, um Hypoglykämien zu verhindern. Denn nach den unbestritten gebliebenen vorinstanzlichen Erwägungen misst die Beschwerdegegnerin den Blutzucker in der Regel nur nach Aufforderung selbstständig. Im Umgang mit den Mahlzeiten ist sie unzuverlässig und vor allem bemerkt sie einen Blutzuckerabfall nicht selber. Deshalb kommt es gemäss Abklärungsbericht vom 18. November 2020 immer wieder vor, dass sie in eine gefährliche Unterzuckerung gerät, die nur durch die engmaschige Überwachung der Betreuungspersonen und entsprechende Anpassung der Nahrung aufgefangen werden kann.  
 
4.2.3. Aus der geringen Motivation oder dem Desinteresse der Beschwerdegegnerin, die Nahrungsaufnahme selbst zu bewerkstelligen, lässt sich ebenfalls nichts für den Standpunkt der IV-Stelle gewinnen. Ebenso wenig ist die Berufung auf eine fehlende kognitive Einschränkung geeignet, zu einer Verneinung der Notwendigkeit einer dauernden persönlichen Überwachung zu führen. Die Vorinstanz verweist in diesem Zusammenhang willkürfrei auf den Umstand, dass die Beschwerdegegnerin eine Unterzuckerung noch nicht selber zu erkennen vermag und sich unter anderem durch die Psychotherapie eine erweiterte Handlungskompetenz erst erarbeiten muss. Die zur Zeit noch mangelnde Fähigkeit im Umgang mit der Krankheit und insbesondere die fehlende Einsicht und Zuverlässigkeit lassen sich nachvollziehbar auf das sehr junge Alter der Beschwerdegegnerin und die Tatsache zurückzuführen, dass die Symptome der Unterzuckerung ohne Messung für sie nur schwer bzw. gar nicht zu erkennen sind. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass eine dauernde persönliche Überwachungsbedürftigkeit angenommen werden darf, wenn die versicherte Person infolge ihres physischen und/oder psychischen Gesundheitszustands ohne Überwachung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sich selbst oder andere Personen gefährden würde (E. 3.3 hiervor). Eine solche (Eigen-) Gefährdung wäre aufgrund der klaren Ausgangslage ohne engmaschige Begleitung der Beschwerdegegnerin im Alltag zweifellos gegeben. Die Beschwerde ist abzuweisen.  
 
5.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Diese hat der Beschwerdegegnerin überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 500.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 28. Oktober 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz