6B_1000/2022 14.10.2022
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1000/2022  
 
 
Urteil vom 14. Oktober 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Frey Krieger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mehrfache üble Nachrede etc.; Beweisverwertung; Willkür, rechtliches Gehör; Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 8. Juni 2022 (SB220223-O/U/cwo). 
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Strafbefehl vom 30. November 2020 sprach die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis den Beschwerdeführer der mehrfachen üblen Nachrede im Sinne von Art. 173 Ziff. 1 StGB und der mehrfachen Beschimpfung im Sinne von Art. 177 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn mit einer Geldstrafe in der Höhe von 30 Tagessätzen zu Fr. 100.-- und einer Busse von Fr. 600.--. Der Beschwerdeführer erhob Einsprache, worauf er von der Staatsanwaltschaft zwecks Einvernahme per 12. April 2021 vorgeladen wurde. Mit Schreiben vom 9. April 2021 liess er sich schriftlich zur Sache vernehmen und sodann über seinen Rechtsvertreter mitteilen, dass er an keiner mündlichen Einvernahme teilnehmen werde. Mit dem Hinweis, dass der Beschwerdeführer sich weigere, sich mündlich zum Strafverfahren zu äussern, überwies die Staatsanwaltschaft am 15. April 2021 den Strafbefehl an das Einzelgericht des Bezirksgerichts Dietikon. Zur auf den 28. Mai 2021 anberaumten erstinstanzlichen Verhandlung erschien Rechtsanwalt B.________ als erbetener Verteidiger des Beschwerdeführers; letzterer blieb der Verhandlung fern. Namens des Beschwerdeführers zog Rechtsanwalt B.________ die Einsprache gegen den Strafbefehl zurück, worauf das Verfahren am 28. Mai 2021 als durch Rückzug der Einsprache erledigt von der Kontrolle abgeschrieben wurde.  
 
1.2. Eine gegen die Abschreibungsverfügung vom 28. Mai 2021 erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers hiess das Obergericht des Kantons Zürich wegen Unklarheiten bezüglich des Rückzuges am 7. Januar 2022 gut und wies das Verfahren zur neuen Entscheidung an das Einzelgericht zurück. In Weiterführung der Hauptverhandlung vom 28. Mai 2021 sprach die erste Instanz den Beschwerdeführer am 14. März 2022 der üblen Nachrede und der mehrfachen Beschimpfung schuldig. Es bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 100.-- sowie mit einer Busse von Fr. 600.---. Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Am 12. Mai 2022 wurde er zur Berufungsverhandlung auf den 8. Juni 2022 vorgeladen. Mit Schreiben vom 4. Juni 2022 (Datum Postaufgabe), das am 7. Juni 2022 (Dienstag nach Pfingstmontag) beim Obergericht einging, ersuchte der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 405 Abs. 2 StPO um Dispensation und erschien alsdann nicht zur Berufungsverhandlung. Mit Beschluss vom 8. Juni 2022 wies das Obergericht das Dispensationsgesuch des Beschwerdeführers ab und schrieb das Verfahren als durch Rückzug der Berufung erledigt ab.  
Der Beschwerdeführer wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides bzw. die umgehende Einstellung des gesamten Strafverfahrens und einen vollumfänglichen Freispruch, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Prozessführung. 
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG haben Rechtsschriften die Begehren und deren Begründung zu enthalten. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt schweizerisches Recht verletze (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88 f. mit Hinweisen). Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren selbstständigen Begründungen, die je für sich den Ausgang des Rechtsstreits besiegeln, hat die beschwerdeführende Partei darzulegen, dass jede von ihnen Recht verletzt (BGE 142 III 364 E. 2.4 S. 368; 138 I 97 E. 4.1.4; 138 III 728 E. 3.4 S. 735; 133 IV 119 E. 6.3).  
 
2.2. Das Obergericht begründet den Rückzug der Berufung damit, dass der Beschwerdeführer sein Dispensationsgesuch einen Tag vor der Berufungsverhandlung und ohne Angabe von persönlichen Verhinderungsgründen eingereicht habe. Damit sei es nicht mehr möglich gewesen, vor der Berufungsverhandlung über das Dispensationsgesuch zu entscheiden, geschweige denn, dem Beschwerdeführer den Entscheid vor der Berufungsverhandlung zuzustellen oder mitzuteilen, womit das Gesuch als verspätet zu gelten habe. Dementsprechend habe die Vorladung mit der genannten Androhung gemäss Art. 407 Abs. 1 lit. a StPO weiterhin Bestand gehabt, weshalb der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, persönlich zur Berufungsverhandlung zu erscheinen oder sich vertreten zu lassen. Indem er dies nicht getan habe, sei er unentschuldigt nicht erschienen, weshalb seine Berufung als durch Rückzug erledigt abzuschreiben sei.  
 
Ob die diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerdeschrift den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügen, kann offenbleiben. Festzuhalten ist immerhin, dass sich entgegen seinen Ausführungen weder daraus, dass er mit Schreiben vom 10. Mai 2022 über die Dispensation der Gegenparteien informiert worden ist, noch daraus, dass die Vorinstanz den gegen ihn erhobenen Sachverhalt als "sehr übersichtlich und einfach" qualifiziert hat, eine "Notsituation" und damit Umstände herleiten lassen, welche das Dispensationgesuch als nicht verspätet erscheinen lassen könnten. Daran ändert nichts, dass in der Vorladung - welche dem Beschwerdeführer nachweislich innert der gemäss Art. 202 Abs. 1 lit. b StPO vorgesehenen Frist, konkret am 19. Mai 2022 zuging - keine Fristen für die Einreichung eines Dispensationsgesuches genannt werden. Dass und weshalb die Vorladung schliesslich wegen der geltend gemachten Verletzung von Art. 9, 13 und Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 8 EMRK, Art. 141 StPO, Art. 28 ZGB und Art. 4 Abs. 4 und Art. 12 f. DSG "nichtig" sein sollte, wird vom Beschwerdeführer weder rechtsgenüglich dargetan (Art. 42 Abs. 2 BGG; Art. 106 Abs. 2 BGG), noch ist solches ersichtlich. 
 
Das Obergericht knüpft das unentschuldigte Nichterscheinen des Beschwerdeführers und damit die Annahme von dessen Rückzug der Berufung zudem an die ergangene Abweisung des Dispensationsgesuches. Sie begründet diese Abweisung damit, dass der Beschwerdeführer vor Vorinstanz nicht erschienen sei. Damit sei seine persönliche Befragung vor Berufungsgericht erforderlich und dementsprechend eine Dispensation zum Vornherein bzw. bereits deswegen nicht möglich gewesen. Mangels Anfechtung dieser für sich allein die Annahme des Rückzuges der Berufung rechtfertigenden Erwägung fehlt es im bundesgerichtlichen Verfahren an einer formgültigen Beschwerdebegründung und damit einer notwendigen Eintretensvoraussetzung (vgl. Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). 
 
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten, womit sich Ausführungen zur materiellen Seite der Angelegenheit erübrigen. 
 
3.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der Kostenfestsetzung Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Oktober 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Koch 
 
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger