9C_551/2022 04.03.2024
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_551/2022  
 
 
Urteil vom 4. März 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Beusch, Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Stanger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Beatrice Gurzeler, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 21. Oktober 2022 (200 22 309 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1970 geborene A.________ meldete sich im April 2012 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 25. April 2017 verneinte die IV-Stelle Bern einen Anspruch auf eine Invalidenrente (bestätigt mit Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. Oktober 2017 und Urteil des Bundesgerichts 9C_382/2017 vom 6. März 2018). Im August 2020 meldete sich der Versicherte erneut zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen stellte die IV-Stelle mit Vorbescheid vom 24. Februar 2022 die Ablehnung des Rentenanspruchs im Aussicht, wogegen der Versicherte am 31. März 2022 Einwand erhob. Bereits am 30. März 2022 hatte die IV-Stelle wie vorbeschieden verfügt. 
 
B.  
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde mit dem hauptsächlichen Antrag, die Verfügung sei aufzuheben und die Sache sei an die IV-Stelle zur Durchführung des Vorbescheidverfahrens zurückzuweisen, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 21. Oktober 2022 ab. 
 
C.  
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Rechtsbegehren, das Urteil vom 21. Oktober 2022 sei aufzuheben und die Sache sei zur Durchführung des Vorbescheidverfahrens an die IV-Stelle zurückzuweisen; eventualiter sei die Vorinstanz zu verpflichten, ein Obergutachten anzuordnen und anschliessend Leistungen der Invalidenversicherung, namentlich eine Rente, zuzusprechen. Gleichzeitig ersucht der Versicherte um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung. 
Am 5. Mai und 17. Juli 2023 reicht A.________ weitere Eingaben ein. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Mit Vorbescheid vom 24. Februar 2022 stellte die IV-Stelle die Abweisung des Leistungsbegehrens in Aussicht. Mit Verfügung vom 30. März 2022 verfügte sie dem Vorbescheid entsprechend. Nicht berücksichtigt hat sie dabei den Einwand des Versicherten, welcher vom 31. März 2022 datiert und der IV-Stelle am 1. April 2022 zugestellt wurde.  
 
2.2. Das kantonale Gericht wies die gegen die Verfügung vom 30. März 2022 erhobene Beschwerde des Versicherten ab. Dabei liess es offen, ob im Zusammenhang mit dem Vorbescheidverfahren das rechtliche Gehör des Versicherten verletzt wurde. Es erwog, eine allfällige, nicht besonders schwerwiegende Verletzung würde als geheilt gelten, da der Beschwerdeführer sich vor dem angerufenen Gericht, das sowohl den Sachverhalt wie auch die Rechtslage frei überprüfen könne, habe äussern können. Eine Rückweisung würde im Übrigen zu einem formalistischen Leerlauf führen, weshalb davon selbst unter Annahme einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs abzusehen wäre.  
 
3.  
Streitig ist der Anspruch des Versicherten auf eine Rente der Invalidenversicherung. Zu prüfen ist in formeller Hinsicht, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie eine allfällige Gehörsverletzung durch die IV-Stelle als geheilt erachtete. 
 
3.1. Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende rentenablehnende Verfügung erging am 30. März 2022.  
 
3.2. Auf den 1. Januar 2021 wurden im Rahmen einer Revision des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) verschiedene (Verfahrens-) Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) neugefasst (AS 2020 5137). Weiter trat am 1. Januar 2022 das unter dem Titel "Weiterentwicklung der IV [WEIV]" revidierte IVG in Kraft (AS 2021 705).  
 
3.3. Entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1) ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist. Demgegenüber ist die - verfahrensrechtliche - Frage, ob das Vorbescheidverfahren bundesrechtskonform durchgeführt wurde, nach den damals gültigen Bestimmungen zu prüfen (vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.2).  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 57a Abs. 1 IVG (in der seit 1. Januar 2021 in Kraft stehenden Fassung) teilt die IV-Stelle der versicherten Person den vorgesehenen Endentscheid über ein Leistungsbegehren, den Entzug oder die Herabsetzung einer bisher gewährten Leistung sowie den vorgesehenen Entscheid über die vorsorgliche Einstellung von Leistungen mittels Vorbescheid mit (Satz 1); die versicherte Person hat Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 42 ATSG (Satz 2). Gemäss Art. 57a Abs. 3 IVG können die Parteien innerhalb einer Frist von 30 Tagen Einwände zum Vorbescheid vorbringen. Ist die Abklärung der Verhältnisse abgeschlossen, so beschliesst die IV-Stelle gemäss Art. 74 Abs. 1 und 2 IVV über das Leistungsbegehren; die Begründung des Beschlusses hat sich mit den für den Beschluss relevanten Einwänden zum Vorbescheid der Parteien auseinanderzusetzen.  
 
4.2. Sinn und Zweck des Vorbescheidverfahrens besteht darin, eine unkomplizierte Diskussion des Sachverhalts zu ermöglichen und dadurch die Akzeptanz des Entscheids bei den Versicherten zu verbessern (BGE 134 V 97 E. 2.7 mit Hinweisen; Urteil 8C_25/2020 vom 22. April 2020 E. 3.1.1). Das Vorbescheidverfahren dient zwar auch der Ausübung des rechtlichen Gehörs, geht aber über den verfassungsrechtlichen Mindestanspruch (Art. 29 Abs. 2 BV) hinaus, indem es Gelegenheit bietet, sich zur vorgesehenen Rechtsanwendung sowie zum beabsichtigten Endentscheid zu äussern (Urteile I 584/01 vom 24. Juli 2002 E. 3a und I 302/99 vom 21. Februar 2000 E. 2c; Meyer/Reichmuth, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 4. Aufl. 2022, Rz. 4 zu Art. 57a IVG). Die Nichtbeachtung der gesetzlichen Pflicht zum Erlass des Vorbescheids im umschriebenen Rahmen wie überhaupt Verstösse gegen die bei der Durchführung des Vorbescheidverfahrens zu beachtenden Regeln über die Gehörs- respektive Akteneinsichtsgewährung sind, soweit es sich nicht um blosse Ordnungsvorschriften handelt, nach den Grundsätzen über die Verletzung des rechtlichen Gehörs zu sanktionieren (BGE 116 V 182; Meyer/Reichmuth, a.a.O.).  
 
4.3.  
 
4.3.1. Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Es kommt mit andern Worten nicht darauf an, ob die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der materiellen Streitentscheidung von Bedeutung ist, d.h. die Behörde zu einer Änderung ihres Entscheids veranlasst wird oder nicht (BGE 126 V 130 E. 2b mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kann eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn die betroffene Person die Möglichkeit erhält, sich vor einer Beschwerdeinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie die Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus - im Sinne einer Heilung des Mangels - selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung des Gehörs von einer Rückweisung der Sache an die Verwaltung abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 137 I 195 E. 2.3.2; 136 V 117 E. 4.2.2.2; 132 V 387 E. 5.1; je mit Hinweisen; Urteil 9C_555/2020 vom 3. März 2021 E. 4.4.1).  
 
4.3.2. Nach der Rechtsprechung erweist sich die Verletzung der Anhörungspflicht schon dann als schwerwiegend, wenn ein nach Erlass des Vorbescheids ergangenes Begehren um Aktenedition oder eine Stellungnahme zum Vorbescheid unberücksichtigt geblieben ist, indem auf die vorgebrachten Einwendungen nicht eingegangen wurde. Dies hat erst recht für den Fall zu gelten, dass überhaupt kein Vorbescheidverfahren durchgeführt und ohne Gewährung des rechtlichen Gehörs eine rentenablehnende Verfügung erlassen wird (Urteile 9C_555/2020 vom 3. März 2021 E. 4.4.2 und I 584/01 vom 24. Juli 2002 E. 2). Es kann lediglich in speziell gelagerten Ausnahmefällen auf das Vorbescheidverfahren verzichtet werden (BGE 134 V 97 E. 2.8.2 und 2.9.1 mit Hinweisen; Urteil 9C_356/2011 vom 3. Februar 2012 E. 3.4 [beide Urteile noch zur bis Ende 2011 in Kraft gestandenen Rechtslage]; vgl. nunmehr Art. 74ter IVV [Leistungszusprache bezüglich bestimmter Leistungen ohne Erlass eines Vorbescheids oder einer Verfügung]). Die Möglichkeit der Heilung einer entsprechenden Unterlassung im Rahmen des nachfolgenden Beschwerdeprozesses wird sodann nur sehr zurückhaltend angenommen (BGE 134 V 97 E. 2.9.2 mit weiteren Hinweisen; Urteile 9C_555/2020 vom 3. März 2021 E. 4.4.2, 9C_356/2011 vom 3. Februar 2012 E. 3.4 und I 584/01 vom 24. Juli 2002 E. 2).  
 
5.  
 
5.1. Das kantonale Gericht hat nicht beurteilt, ob die Eingabe des Versicherten vom 31. März 2022 innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgt war und demzufolge seine Einwände im Rahmen des Vorbescheidverfahrens hätten geprüft werden müssen. Es ging davon aus, dass eine allfällige Gehörsverletzung durch die Verwaltung als geheilt gelte.  
 
5.2. Der Versicherte machte bereits vor dem kantonalen Gericht geltend, der Vorbescheid vom 24. Februar 2022 sei mit B-Post versandt worden und erst am 1. März 2022 bei seiner Rechtsvertreterin eingetroffen, weshalb seine Eingabe vom 31. März 2022 rechtzeitig erfolgt sei. Indem die IV-Stelle die leistungsablehnende Verfügung bereits am 30. März 2022 - und damit ohne Berücksichtigung seines Einwands - erlassen habe, habe sie seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Die IV-Stelle bestritt zwar die Rechtzeitigkeit der Eingabe vom 31. März 2022, ohne jedoch auf die Ausführungen des Versicherten zum zeitlichen Ablauf einzugehen. Des Weiteren brachte sie vor, der erst im Nachgang zur angefochtenen Verfügung eingereichte Einwand sei nur rudimentär begründet und daher nicht geeignet gewesen, die Schlussfolgerung der IV-Stelle in Frage zu stellen.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Nach der Rechtsprechung obliegt der Beweis der Tatsache sowie des Zeitpunktes der Zustellung von Verfügungen der Verwaltung, welche die entsprechende (objektive) Beweislast trägt. Wird die Tatsache oder das Datum der Zustellung uneingeschriebener Sendungen bestritten, muss im Zweifel auf die Darstellung des Empfängers abgestellt werden, sofern der Beweis für die Zustellung nicht anderweitig erbracht werden kann (Urteil 9C_815/2015 vom 8. August 2016 E. 2.2 mit Hinweisen). Eigenen Angaben zufolge wurde der Rechtsvertreterin des Versicherten der Vorbescheid am 1. März 2022 zugestellt. Auf dieses Datum ist für die Eröffnung des Vorbescheids und den Beginn der Rechtsmittelfrist abzustellen, da die Verwaltung eine frühere Zustellung des Vorbescheids nicht belegen kann. Der am 31. März 2022 der Post übergebene Einwand wurde damit rechtzeitig innert der Frist von 30 Tagen (vgl. Art. 57a Abs. 3 IVG) bei der IV-Stelle eingereicht. Indem die Verwaltung bereits am 30. März 2022 - und somit ohne Berücksichtigung des Einwands des Versicherten - die rentenablehnende Verfügung erliess, verletzte sie das rechtliche Gehör in schwerwiegender Weise (vgl. E. 4.3.2 in initio).  
 
5.3.2. Die Vorinstanz führt - ohne nähere Begründung - aus, dass auch bei einer schwerwiegenden Verletzung des rechtlichen Gehörs von einer Rückweisung abzusehen wäre, da dies zu einem formalistischen Leerlauf führen würde. Mit dieser Betrachtungsweise übersieht sie, dass rechtsprechungsgemäss eine Rückweisung der Angelegenheit in Konstellationen wie der vorliegenden selbst dann zu erfolgen hat, wenn die gerichtliche Instanz eine solche angesichts der sich präsentierenden materiellen Sachlage von vornherein als formalistischen Leerlauf erachtet. Anders zu entscheiden hiesse, das Vorbescheidverfahren und den damit verbundene Anspruch auf rechtliches Gehör seines Sinngehalts zu entleeren (vgl. Urteil 9C_555/2020 vom 3. März 2021 E. 5.3). Ein speziell gelagerter Ausnahmefall, welcher einen Verzicht auf die Durchführung eines Vorbescheidverfahrens rechtfertigen würde (vgl. E. 4.3.2), liegt nicht vor. Auch kann nicht gesagt werden, die Rückweisung würde zu unnötigen Verzögerungen führen, welche mit dem (der Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht vereinbar wäre (vgl. E. 4.3.1), war es doch der Versicherte selbst, der bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren eine Rückweisung an die IV-Stelle zur Durchführung des Vorbescheidverfahrens verlangte (vgl. Sachverhalt lit. B).  
 
5.4. Nach dem Gesagten verletzt das vorinstanzliche Urteil Bundesrecht und ist aufzuheben, ohne dass die vom Beschwerdeführer darüber hinaus geltend gemachten (materiellen) Rügen zu prüfen wären. Die Sache ist an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese das Vorbescheidverfahren bundesrechtskonform durchführe.  
 
6.  
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneutem Entscheid (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1; statt vieler: Urteil 9C_434/2021 vom 29. Juni 2022 E. 4.2 mit Hinweisen). Die Gerichtskosten sind daher der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Ferner hat sie dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten. Dessen Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung wird damit gegenstandslos. Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens ist die Sache an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zurückzuweisen (Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 21. Oktober 2022 und die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 30. März 2022 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung an die IV-Stelle Bern zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 4. März 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Stanger