2C_618/2023 20.11.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_618/2023  
 
 
Urteil vom 20. November 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern, Abteilung Massnahmen, Arsenalstrasse 45, Postfach 3970, 6002 Luzern, 
2. Bezirksgericht Luzern, Einzelrichterin Abteilung 1, Grabenstrasse 2, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Staatshaftung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 27. September 2023 (1B 23 21/1U 23 2). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Klage vom 29. November 2021 machte A.________ beim Bezirksgericht Luzern Schadenersatz gegen das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern in der Höhe von Fr. 22'800.-- geltend und stellte den Eventualantrag, es sei der Schadenersatz nach richterlichem Ermessen festzulegen.  
Mit Entscheid vom 4. Mai 2022 wies die Einzelrichterin des Bezirksgerichts ein damit verbundenes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit ab. Die beim Kantonsgericht Luzern dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Entscheid vom 23. Juni 2022 abgewiesen. Auf eine dagegen gerichtete Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 2C_616/2022 vom 29. Juli 2022). 
Mit Urteil vom 24. Januar 2023 wies die Einzelrichterin des Bezirksgerichts die Klage ab. 
 
1.2. Gegen dieses Urteil erhob A.________ Berufung beim Kantonsgericht und beantragte unter anderem "Schadenersatz für den Entzug seiner Fahrfreiheit vom 30. November 2020 bis zum 20. Mai 2021".  
 
2. Mit Entscheid vom 27. September 2023 trat der Präsident der 1. Abteilung des Kantonsgerichts auf das Rechtsmittel mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht ein. In einer Eventualbegründung hielt das Kantonsgericht fest, dass selbst wenn auf die Berufung eingetreten werden könnte, diese abzuweisen wäre, da A.________ die für die eingeklagte Schadenersatzforderung erforderliche widerrechtliche Handlung und den dadurch angeblich erlittenen Schaden nicht habe aufzeigen und nachweisen können.  
 
2.1. A.________ gelangt mit einer in deutschen und englischen Sprache verfassten Eingabe vom 4. November 2023 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und beantragt Schadenersatz für den Entzug seiner Fahrerlaubnis vom 30. November 2020 bis zum 20. Mai 2021. Zudem beantragt er "Schadenersatz für die Verdrehung der Ansprüche von 7H 21 19, was zu drei getrennten Fällen 7H 21 85, 1C_354/2021, 7H 21 178" geführt habe. Das Strassenverkehrsamt solle "für die Gerichtskosten, die Zeit und die Energie aufkommen, die für diese Fälle aufgewendet [worden seien]". Schliesslich beantragt er "einen Schiedsspruch, der ihm alle anderen und weiteren Rechtsbehelfe gewährt, die das Gericht für gerecht und angemessen hält". Prozessual ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.  
Es wurden keine Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer hat seine Eingabe in deutscher und englischer Sprache eingereicht. Da Englisch keine Amtssprache ist (vgl. Art. 42 Abs. 1 und Art. 54 Abs. 1 BGG) und die Sache nicht unter Art. 77 Abs. 2bis BGG (Schiedsgerichtsbarkeit) fällt, wird vorliegend einzig auf die in deutscher Sprache verfasste Eingabe abgestellt. 
 
4.  
Ansprüche aus Staatshaftung gelten - mit Ausnahme der Fälle der Haftung für medizinische Tätigkeit (Art. 33 Abs. 1 lit. d des Reglements vom 20. November 2006 für das Bundesgericht [BGerR; SR 173.110.131]) - als öffentlich-rechtlich und sind vor Bundesgericht daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) geltend zu machen. Zuständig ist innerhalb des Bundesgerichts - bis auf hier nicht relevante Ausnahmen - die II. öffentlich-rechtliche Abteilung (vgl. Art. 30 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 BGerR; Urteile 2C_205/2022 vom 8. März 2022 E. 2.1; 2C_16/2017 vom 17. März 2017 E. 1.1 mit Hinweisen). 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist gemäss Art. 85 BGG gegen Entscheide auf dem Gebiet der Staatshaftung ausgeschlossen, wenn der Streitwert weniger als Fr. 30'000.-- beträgt (Abs. 1 lit. a) und sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Abs. 2). Dass die Voraussetzung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erfüllt ist, hat der Beschwerdeführer in der Rechtsschrift darzutun (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. Urteil 2C_262/2020 vom 16. Juli 2020 E. 1.2.1).  
 
5.2. Vorliegend beträgt der Streitwert gemäss dem angefochtenen Entscheid und der Eingabe des Beschwerdeführers Fr. 22'800.--. Damit ist der Ausschlussgrund nach Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt. Dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen soll, wird in der Beschwerde in keiner Weise dargetan. Folglich kann auf die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht eingetreten werden.  
 
6.  
Zu prüfen ist, ob die Eingabe als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) an die Hand zu nehmen sei. 
 
6.1. Vorab ist festzuhalten, dass Rechtsbegehren klar und präzise formuliert sein müssen (vgl. Urteil 5A_950/2016 vom 5. April 2017 E. 1.2.1). Das Rechtsbegehren 3, mit welchem der Beschwerdeführer einen "Schiedsspruch" beantragt, "der ihm alle anderen und weiteren Rechtsbehelfe gewährt, die das Gericht für gerecht und angemessen hält", erfüllt diese Voraussetzungen - selbst unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung (vgl. BGE 144 II 177, nicht publ. E. 1.2; Urteil 2D_30/2020 vom 16. November 2020 E. 2.1) nicht. Darauf ist bereits aus diesem Grund nicht einzutreten.  
 
6.2. Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wobei entsprechende Rügen in der Beschwerde vorgebracht und begründet werden müssen (qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht; Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 146 III 303 E. 2; 142 II 369 E. 2.1; 138 I 274 E. 1.6). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 143 I 1 E. 1.4; 134 II 349 E. 3; 133 II 396 E. 3.2).  
 
6.3. Die Vorinstanz ist auf die Eingabe des Beschwerdeführers nicht eingetreten, weil sie zum Schluss gelangt ist, dass das Rechtsmittel - selbst unter Berücksichtigung des für Laieneingaben geltenden grosszügigeren Massstabs - die Anforderungen an die Berufungsbegründung (Art. 311 Abs. 1 ZPO; vgl. auch BGE 141 III 569 E. 2.3.3; 138 III 374 E. 4.3.1) nicht erfülle. In einer Eventualbegründung hat sie sodann erwogen, dass selbst wenn auf die Berufung eingetreten werden könnte, diese abzuweisen wäre, da der Beschwerdeführer die für die eingeklagte Schadenersatzforderung erforderliche widerrechtliche Handlung des Strassenverkehrsamts und den dadurch angeblich erlittenen Schaden nicht habe aufzeigen und nachweisen können. Dass diese Voraussetzungen erfüllt seien, sei im Übrigen in keiner Weise ersichtlich.  
Der angefochtene Entscheid des Kantonsgerichts beruht somit auf zwei selbständigen alternativen Begründungen, die je für sich den Ausgang des Verfahrens besiegeln. In diesem Fall muss der Beschwerdeführer sich mit beiden Begründungen auseinandersetzen und darlegen, dass jede von ihnen Recht verletzt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 133 IV 119 E. 6.3). Ob dies der Fall sei, lässt sich der teilweise schwer nachvollziehbaren Beschwerdeschrift nicht eindeutig entnehmen. Angesichts des Verfahrensausgangs kann diese Frage jedoch offenbleiben. 
 
6.4. In seiner Eingabe nennt der Beschwerdeführer drei Verfahren (KG 7H 21 19, KG 7H 21 85 und 1C_354/2021 sowie KG 7H 21 178), in welchen das Strassenverkehrsamt den Streitgegenstand geändert haben soll, was dazu geführt habe, dass sein Fall von den höheren Instanzen nicht behandelt worden sei. Das Verfahren KG 7H 21 19 bezieht sich gemäss dem angefochtenen Entscheid auf eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Einspracheentscheid betreffend Gebührenauflage für die praktische Fahrerprüfung. Die Verfahren KG 7H 21 85 bzw. das anschliessende bundesgerichtliche Verfahren 1C_354/2021 sowie KG 7H 21 178 hatten ein Wiedererwägungsgesuch betreffend Verweigerung der Umschreibung und Aberkennung des ausländischen Führerausweises zum Gegenstand.  
Der Beschwerdeführer beschränkt sich im Wesentlichen darauf, über weite Strecken seine eigene Sicht der Dinge darzulegen bzw. auszuführen, weshalb er der Ansicht ist, dass das Strassenverkehrsamt in den genannten Verfahren den Streitgegstand zu seinem Nachteil geändert habe. Ferner wirft er den Vorinstanzen vor, den Streitgegenstand bzw. die Materie nicht richtig verstanden zu haben. Mit seinen Vorbringen tut er indessen nicht substanziiert dar (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG; vgl. auch E. 6.2 hiervor), dass und inwiefern das Kantonsgericht verfassungsmässige Rechte verletzt habe soll, indem es erwogen hat, dass er - auch unter Berücksichtigung der im vorinstanzlichen Berufungsverfahren anwendbaren Novenregelung von Art. 317 Abs. 1 ZPO - nicht rechtsgenüglich aufgezeigt habe, inwiefern die Anspruchsgrundlagen für eine Schadenersatzpflicht des Strassenverkehrsamts gegeben sein sollen. Dass der Beschwerdeführer der Auffassung ist, er habe sehr wohl begründet, weshalb das Strassenverkehrsamt "[seine] Ansprüche absichtlich geändert hat", reicht dazu nicht aus. Keine substanziierten Verfassungsrügen erhebt er zudem mit der Behauptung, die Vorinstanz sei nicht an die Argumente in der Beschwerdeschrift gebunden bzw. müsse sich auch mit Fragen befassen, die über die Argumente des Beschwerdeführers hinausgehen. 
Soweit der Beschwerdeführer verschiedene Verstösse gegen Verfahrensrechte rügt (Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29a und Art. 30 BV), bezieht sich seine Kritik - soweit nachvollziehbar - primär auf das Verhalten des Strassenverkehrsamtes und nicht auf den angefochtenen Entscheid. Jedenfalls vermag der Beschwerdeführer nicht substanziiert darzulegen, dass und inwiefern die Vorinstanz Verfahrensgarantien oder andere verfassungsmässige Rechte verletzt habe, indem sie auf seine Berufung mangels hinreichender Begründung nicht eingetreten ist bzw. erwogen hat, dass diese ohnehin abzuweisen wäre. 
 
7.  
 
7.1. Im Ergebnis erweist sich die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig (Art. 85 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 BGG). Als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entbehrt das Rechtsmittel offensichtlich einer hinreichenden Begründung (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Folglich ist auf die Beschwerde mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a und b) nicht einzutreten.  
 
7.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist zufolge offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Kantonsgericht Luzern, 1. Abteilung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. November 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov