1C_34/2023 29.09.2023
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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_34/2023  
 
 
Urteil vom 29. September 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Poffet. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________ und B.A.________, 
Beschwerdeführende, 
beide vertreten durch Prof. Dr. Andreas Abegg und Dr. Oliver Streiff, Rechtsanwälte, 
 
gegen  
 
C.________ AG, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Budliger, 
 
Bausektion der Stadt Zürich, c/o Amt für Baubewilligungen, 
Lindenhofstrasse 19, Postfach, 8021 Zürich. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, 
vom 10. November 2022 (VB.2022.00034). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Beschluss vom 1. Juni 2021 erteilte die Bausektion der Stadt Zürich der C.________ AG die Bewilligung unter anderem für den Umbau und die Aufstockung zweier bestehender Wohnhäuser auf dem Grundstück Kat.-Nr. WI3064 in Zürich-Witikon. 
Dagegen rekurrierten A.A.________ und B.A.________, Eigentümer eines Nachbargrundstücks, beim Baurekursgericht des Kantons Zürich und beantragten die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Das Baurekursgericht hiess den Rekurs nach Durchführung eines Augenscheins mit Entscheid vom 17. Dezember 2021 teilweise gut und ergänzte den angefochtenen Beschluss um eine Auflage betreffend das Attikageschoss. Im Übrigen wies es den Rekurs ab, soweit es darauf eintrat. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde von A.A.________ und B.A.________ mit Urteil vom 10. November 2022 ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 16. Januar 2023 gelangen A.A.________ und B.A.________ an das Bundesgericht und beantragen die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 10. November 2022. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersuchen sie um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. 
Die Bausektion hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Verwaltungsgericht und die Beschwerdegegnerin beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
Das präsidierende Mitglied der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde mit Verfügung vom 8. Februar 2023 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit von Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 333 E. 1 mit Hinweis). 
 
1.1. Die Beschwerde ist zulässig gegen End- und Teilentscheide, die das Verfahren ganz oder teilweise abschliessen, sei es durch Prozess- oder Sachentscheid (Art. 90 und 91 BGG; BGE 146 I 36 E. 2.2 mit Hinweis). Von weiteren, hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen, wird von der Beschränkung der Anfechtbarkeit auf End- und Teilentscheide abgewichen, wenn ein selbstständig eröffneter Vor- oder Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).  
Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Sie ist restriktiv zu handhaben, können Vor- und Zwischenentscheide doch gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG durch Beschwerde gegen den Endentscheid angefochten werden, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken (BGE 144 III 253 E. 1.3 mit Hinweisen). Es obliegt der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (BGE 149 II 170 E. 1.3 mit Hinweis). 
 
1.2. In der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Baubewilligung vom 1. Juni 2021 finden sich unter Dispositivziffer I.B.1 gesamthaft 19 Nebenbestimmungen, die vor Baubeginn zu erfüllen sind. Insbesondere hat die Beschwerdegegnerin im Zusammenhang mit der Anordnung des Attikageschosses (Rückversetzung entlang der Ostfassade), mehreren Abstandsunterschreitungen, einer Gebäudehöhenüberschreitung und der Umgebungsgestaltung (Terrainverlauf entlang der Nord- und Ostfassade des geplanten Anbaus, Wegführung entlang der Grenze zum Grundstück der Beschwerdeführenden) abgeänderte Pläne einzureichen und bewilligen zu lassen. Weiter wurde sie aufgefordert, diverse Bestätigungen und Zeugnisse einzureichen. Das Baurekursgericht ergänzte den Beschluss vom 1. Juni 2021 dahingehend, dass das Ausmass, um welches das Attikageschoss über die ganze Ostseite vom darunterliegenden Vollgeschoss zurückversetzt anzuordnen sei, mindestens zwei Meter zu betragen habe.  
 
1.3. Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei derartigen vor Baubeginn zu erfüllenden Nebenbestimmungen um aufschiebende Bedingungen, welche die praktische Wirksamkeit der Baubewilligung hemmen (vgl. BGE 149 II 170 E. 1.6; Urteile 1C_71/2023 vom 24. Juli 2023 E. 1.2.4; 1C_479/2022 vom 17. April 2023 E. 1.3; je mit Hinweisen). Gleich verhält es sich hier im Übrigen nach dem kantonalen Recht, darf die Beschwerdegegnerin doch nach § 326 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG; LS 700.1) mit der Ausführung des Vorhabens erst beginnen, wenn alle auf den Baubeginn gestellten Nebenbestimmungen erfüllt sind.  
 
1.4. Belässt die Formulierung der Nebenbestimmungen keinen Spielraum für ihre Umsetzung, qualifiziert das Bundesgericht Entscheide im vorgenannten Sinne hinsichtlich ihrer Anfechtbarkeit als Endentscheide (vgl. BGE 149 II 170 E. 1.6 e contrario). Eine ähnliche Praxis gilt im Bereich der Rückweisungsentscheide: Obschon diese das Verfahren formell nicht abschliessen, werden sie bezogen auf ihre selbstständige Anfechtbarkeit ausnahmsweise als (Quasi-) Endentscheide betrachtet, wenn der unteren Instanz kein eigener Entscheidungsspielraum mehr verbleibt (vgl. BGE 149 II 170 E. 1.9 mit Hinweis). Verfügt die Bauherrschaft hingegen über einen Umsetzungs- bzw. Gestaltungsspielraum, wird die Baubehörde prüfen müssen, ob die gewählte Lösung gesetzeskonform und geeignet ist, die beanstandeten Mängel zu beseitigen. Insofern verbleibt der Baubehörde ein Entscheidungsspielraum und gilt das Baubewilligungsverfahren noch nicht als abgeschlossen (so bereits Urteil 1C_407/2008 vom 25. Mai 2009 E. 1.2).  
Vorliegend ist ein Spielraum bei der Umsetzung der Nebenbestimmungen nicht von der Hand zu weisen. Es sind - auch unter Berücksichtigung der Vorgabe eines Mindestmasses für die Rückversetzung des Attikageschosses durch das Baurekursgericht - verschiedene Lösungen denkbar, die zur Behebung der festgestellten Mängel des Bauvorhabens führen können. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich damit um einen Zwischenentscheid, der lediglich unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG selbstständig angefochten werden kann. 
 
1.5. Die Beschwerdeführenden erleiden keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil mit den Bauarbeiten vor Realisierung der Nebenbestimmungen gemäss Dispositivziffer I.B.1 bzw. Bewilligung der abzuändernden Pläne nicht begonnen werden darf und ihnen diese Bewilligung eröffnet werden muss, damit sie sich allenfalls dagegen wirksam zur Wehr setzen können (vgl. Urteile 1C_479/2022 vom 17. April 2023 E. 1.4.1; 1C_513/2020 vom 3. Mai 2021 E. 1.2.1). Sollte ihnen der betreffende Entscheid nicht eröffnet werden, beginnt die Rechtsmittelfrist für sie erst zu laufen, wenn sie tatsächlich von der Bewilligung Kenntnis erhalten haben (BGE 149 II 170 E. 1.10). Dass die Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG vorliegen würden, ist sodann weder dargetan noch ersichtlich.  
 
1.6. Die Voraussetzungen der selbstständigen Anfechtbarkeit des vorinstanzlichen Zwischenentscheids sind somit nicht erfüllt. Er ist jedoch durch Beschwerde gegen den späteren Endentscheid anfechtbar, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Die Beschwerdeführenden werden das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. November 2022 anfechten können, wenn und sobald das Verfahren nach Bewilligung der nachzureichenden Pläne abgeschlossen sein wird (BGE 149 II 170 E. 1.10). Sollten sie keine Einwände gegen die Planänderungen haben, können sie direkt im Anschluss an deren Genehmigung beim Bundesgericht Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Zwischenentscheid erheben, ohne nochmals den kantonalen Rechtsweg beschreiten zu müssen (vgl. Urteile 1C_479/2022 vom 17. April 2023 E. 1.4.1; 1C_513/2020 vom 3. Mai 2021 E. 1.2.1).  
 
2.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführenden kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zudem haben sie der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Für beide Forderungen haften sie solidarisch (Art. 66 Abs. 5 und Art. 68 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführenden haben die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Bausektion der Stadt Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 29. September 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Poffet